Sprengel Hannover, KK Stolzenau-Loccum | Patrozinium: Martin | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Die Rehburg, erbaut wohl von den welfischen Hzg. zu Braunschweig-Lüneburg auf Grund und Boden des Klosters Loccum, ist urkundlich erstmals im Jahr 1320 als reborgh belegt, als Hzg. Otto II. von Braunschweig-Lüneburg und Gf. Adolf VII. von Schaumburg ein Bündnis gegen den Bf. von Minden schlossen.1 Seit 1387 befand sich die Burg im Pfandbesitz der Familie von Münchhausen; 1586 verzichteten sie auf die Rehburg, die damit wieder an die welfischen Hzg. von Braunschweig-Lüneburg fiel (Fsm. Calenberg-Göttingen, seit 1692 Kfsm. Braunschweig-Lüneburg bzw. „Kurhannover“). Eine Siedlung bei der Burg entstand wohl schon in der ersten Hälfte des 14. Jh., wie 1332 die Formulierung castrum in Reborch (Burg in Rehburg) nahelegt.2 Im 15. Jh. besaß der Ort Fleckenrechte, Borger tor Reborch sind 1472 nachweisbar. Rehburg war Zentrum eines kleinen Amtes im Fsm. Calenberg, das die Orte Brokeloh, Mardorf, Schneeren, Winzlar und später Bad Rehburg umfasste. Stadtrechte erhielt Rehburg wohl 1648.3 Im Jahre 1692 begann beim Rehburger „Gesundbrunnen“ die Entwicklung des heutigen Bad Rehburg (nach 1750/52 Ausbau zum königlichen Bad, Proclama 1752).4 Von 1810 bis 1813/14 war Rehburg Sitz des gleichnamigen Kantons im Distrikt Hannover des Allerdepartements im französischen Satellitenkgr. Westphalen. Danach wurde Rehburg, nun im Kgr. Hannover, wieder Amtssitz; das Amt Rehburg wurde 1852 um das Königliche Gericht Loccum erweitert und 1859 aufgelöst; Rehburg kam zum Amt Stolzenau. Mit der Annexion des Kgr. Hannover fiel Rehburg 1866 an das Kgr. Preußen. Bei Einführung der Kreisverfassung kam der Ort zum Kr. Stolzenau, der 1932 im Kr. Nienburg/Weser aufging. Seit 1974 bildet Rehburg zusammen mit Bad Rehburg, Loccum, Münchehagen und Winzlar die Stadt Rehburg-Loccum. Ende 1952 wurde, „nachdem die Heilquellen versiegt sind“, der Badebetrieb im bisherigen Staatsbad Bad Rehburg eingestellt.5 Um 1812 lebten rund 1.220 Menschen in Rehburg, 1964 etwa 2.980 und 2019 gut 3.700 (Rehburg-Loccum: 10.265).

Kirche St. Martini, Ansicht von Nordosten, um 1948

Kirche St. Martini, Ansicht von Nordosten, um 1948

Für den Gottesdienst in der Burgkapelle Rehburg war zunächst der Pfarrer von Münchhausen am Haarberg zuständig. 1335 ist Munchusen als Kirchdorf erwähnt (parrochia) und 1386 wird die Kirche als verfallen beschrieben (penitus quasi dirutam ac suis edificiis destitutam).6 Der Ort wurde spätestens Anfang des 16. Jh. aufgegeben (Hildesheimer Stiftsfehde) und seine Bewohnerinnen und Bewohner siedelten sich vermutlich zum Teil in Rehburg an.7 1454 und 1458 ist Bertold Dangmers (Dancmari) als Pfarrer in Rehburg belegt (kerckher tor Reborch), 1522 war ein Hiniricus Vizepleban in Reborch.8 Etwa zu dieser Zeit wurde anscheinend ein neues Kirchengebäude errichtet, denn im CB von 1670 heißt es, die Kirche sei 150 Jahre alt.9 Aus vorref. Zeit hat sich der gotische Taufstein erhalten, angefertigt um 1300 wohl für die Kirche in Münchhausen, der zwischenzeitlich im Pfarrhaus eingemauert war und sich mittlerweile wieder in der Kirche befindet.10
Im Fsm. Calenberg führte Hzgn. Elisabeth von Calenberg-Göttingen als Vormund ihres minderjährigen Sohnes Erich die Reformation ein: 1542 setzte sie die von Antonius Corvinus verfasste Kirchenordnung in Kraft und 1542/43 ließ sie die Gemeinden, Stifte und Klöster des Fürstentums visitieren.11 Nachdem Elisabeths nunmehr volljähriger Sohn 1545 als Erich II. die Regierungsgeschäfte im Fsm. Calenberg übernommen hatte, wechselte er 1547 zum kath. Glauben. Die Calenbergischen Stände widersetzten sich jedoch seinen Rekatholisierungsbestrebungen und konnten 1553/55 die Beibehaltung der luth. Lehre sicherstellen. Nach dem Tod Erichs II. fiel das Fsm. Calenberg 1584 an Braunschweig-Wolfenbüttel und Hzg. Julius führte seine 1569 aufgestellte KO auch hier ein.12 Details zur Entwicklung in Rehburg sind nicht bekannt. Die erste ev. Predigt hier soll bereits P. Diedericus Lieffeisen (amt. vor 1539) gehalten haben.13 Nachdem P. Tilemann Wöpsen (amt. 1556–1589) das Pfarramt in Rehburg übernommen hatte, übertrug Clamor von Münchhausen 1556 sein Erbgut auf dem Haarberg an die Pfarre Rehburg.14
In der zweiten Hälfte des 16. Jh. erhielt die Kirche einen neuen Kirchturm; im Corpus bonorum von 1670 heißt es: „Der Thurm ist ein herrliches Gebäude, so vor Hundert Jahren, von unßern Vorfahren erbauet worden, und ist eine feine lange Spitze, mit schiffersteinen bedecket und stehet gottlob annoch in guten Stande“; am Kirchturm selbst findet sich die Jahreszahl 1585. Über die Kirche ist zu lesen: Sie „ist vor anderthalb Hundert Jahren erbauet, von schlechtem Holtze“; auch die „stühlen und bäncken darinnen“ seien schlicht.15 Während der Amtszeit von P. Justus Süßschlaf (amt. 1632–1674) erwarb die Gemeinde im Jahr 1644 in Nienburg eine Orgel und ließ 1647/48 einen neuen Altar errichten. Der heutige Kirchenbau entstand ein Jahrhundert später und konnte 1748 eingeweiht werden.
Jüdische Einwohner in Rehburg lassen sich erstmals 1707 nachweisen.16 Bei Festlegung des Synagogenbezirks Rehburg 1843 zählte die Gemeinde 14 Familien; seit etwa 1835 bestand eine Synagoge, 1855 fand die erste Beisetzung auf dem jüdischen Friedhof statt.
Mit der Entdeckung und Nutzung des „Gesundbrunnens“ im heutigen Bad Rehburg kamen für den Rehburger Pastor neue Aufgaben hinzu. Schriftlich wird der Brunnen erstmals im Jahr 1690 erwähnt; die Quelle sei „sieder Menschen Gedencken her, daselbst gangbar gewesen, ohne daß Jemand von derselben Wirkung einige Notiz gehabt“.17 Noch 1692 wurde vermutlich ein erstes Brunnenhaus errichtet. Und als im gleichen Jahr Ernst August, Hzg. und seit 1692 Kfs. zu Braunschweig-Lüneburg und die fürstliche Familie den Rehburger Brunnen besuchten, hielt P. Heinrich Meyer (amt. 1685–1713) hier erste Zeltgottesdienste.18 Während der Amtszeit von P. Friedrich Andreas Crome (amt. 1739–1758) versammelten sich die Brunnengäste zu Betstunden mit Laien als Vorbetern. P. Crome nahm mitunter daran teil, um sicherzustellen, „daß keine verdächtigen Gebete und Lieder gebraucht werden“.19 Regelmäßige Gottesdienste hielt er seit dem 15. Juli 1753 in einer hölzernen Wandelhalle. Er notierte: „Noch an keinem Tag, als eben an dem selben, da ich gepredigt hatte, war die Nacht hindurch beim Spiel so geschwärmt, gesoffen und getanzet, fast bis an den hellen Morgen.“20 Neben dem städtischen Pfarramt oblag den Rehburger Pastoren fortan das Amt des „Brunnenpredigers“.21 P. Johann Friedrich Wilhelm Mehliß (amt. 1793–1802) im königlichen Bad zu Sonntagsgottesdiensten und zu Mittwochsandachten („Erbauungsstunden“) ein. Unter dem Titel „Predigten und Erbauungs-Reden am Rehburger Gesundbrunnen“ veröffentlichte er zwei Predigtsammlungen.22
Nach ihrem Kuraufenthalt in Bad Rehburg im Jahr 1840 stiftete Kgn. Friederike von Hannover († 1841) eine Kapelle, die Kg. Ernst August I. nach ihrem Tod vollenden ließ. Der Bau wurde aus der Privatschatulle der Königin finanziert und wurde später staatliches Eigentum.23 Im August 1842 weihte P. Karl Christian Theodor Rudolf Steinmetz (amt. 1837–1845) den kleinen, neugotischen Bau in Anwesenheit des Königs ein; das Gotteshaus erhielt den Namen Friederiken-Kapelle. Im Jahr 1863 bemühten sich die Bad Rehburger erfolglos darum, von Rehburg nach Loccum umgepfarrt zu werden.24 1905 richtete das Hannoveraner Konsistorium in der KG Rehburg eine ständige Kollaboratur mit Sitz in Bad Rehburg ein, die als erster P. Georg Ludwig Johannes Holthusen (amt. 1905–1907) übernahm.25
Die Synagoge der jüd. Gemeinde wurde im November 1938 verwüstet und 1939 verkauft. Im März 1942 wurden die letzten jüd. Einwohner Rehburgs nach Warschau deportiert, niemand von ihnen überlebte.26 Im Visitationsbericht 1935 hatte der Sup. des KK Loccum-Stolzenau den Rehburger P. Arnold Meyer (amt. 1934–1940) als „politisch (Pg.) und kirchenpolitisch (‚deutscher Christ‘) stark interessiert“ beschrieben.27 Auch der Predigt habe man „ganz deutlich die politische und kirchenpolitische Einstellung des Predigers“ angemerkt; die Mitglieder des KV versorge er regelmäßig mit den Schriften der DC. In seinen Antworten auf die Visitationsfragen bezeichnete sich P. Meyer selbst als „alter Kämpfer der Partei“.28 In der Friederiken-Kapelle hielt P. Meyer 1935 „vierzehntägig Gottesdienste für die Kurgäste“, an denen aber auch „die ortsansässigen Gemeindeglieder Bad Rehburgs teilnehmen dürfen“.29 Bereits seit der Wende zum 20. Jh. fanden in Bad Rehburg für kath. Kurgäste und Personal auch kath. Gottesdienste statt; 1928 mietete die kath. Gemeinde den Friedrichspavillon als Kapellenraum (1955 erworben).30 Mit dem Zuzug Geflüchteter während der Nachkriegszeit wuchs die kath. Bevölkerung im gesamten Kirchspiel an. Bis 1957 nutzte die kath. Gemeinde die ev. St. Martini Kirche und zog – als hier Sanierungsarbeiten begannen – 1958 in eine Behelfskirche um. 1973 konnte die kath. St. Marien Kirche Rehburg geweiht werden (seit 2008 Teil der Pfarrgemeinde St. Bonifatius Wunstorf).
Während der Amtszeit von P. Walter Hapke (amt. 1942–1970) führte die KG Rehburg seit Ende der 1950er Jahre einen Rechtsstreit mit der Stadt Rehburg über die städtischen Baulastverpflichtungen an Kirche und Pfarrhaus. Die Auseinandersetzungen schufen „innergemeindlich eine schwierige Situation“.31 Der Streit endete in einem Vergleich (Baulast zu 3/5 bei Stadt, zu 2/5 bei KG) und Anfang der 1980er Jahre löste die Stadt ihre Verpflichtungen schließlich ab.32
Nach Ende des Staatsbadbetriebs in Bad Rehburg im Jahr 1952 erwarb das Ev. Altenheim Borstel e. V. die Kurgebäude und auch die Friederiken-Kapelle; 1962 überließ das Altenheim die Kapelle der KG Rehburg.33 Zur Gründung einer eigenständigen KapG Bad Rehburg, die verschiedentlich in Akten genannt wird, kam es nicht.34 Neben dem Rehburger Pastor sind seit der zweiten Hälfte der 1970er Jahre auch die Pastoren der KG Münchehagen und Wiedensahl in Bad Rehburg tätig; ihnen obliegt die Krankenhausseelsorge (1977: Wohnheim der Paritätischen Gesellschaft Behindertenhilfe (PGB), Haus Viktoria-Luise, Kinderheim Brunnenhof, Haus Sonnenberg und Tannenhof, Marienheim sowie eine Abteilung des Landeskrankenhauses Wunstorf).35
Im Rahmen der Partnerschaft zwischen den Landeskirchen Sachsens und Hannovers knüpfte die KG Rehburg in der zweiten Hälfte des 20. Jh. Kontakte zur sächsischen Kirchgemeinde Radeburg (nordöstlich von Meißen).36 In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre kam eine Partnerschaft mit der „St. Pauls Lutheran Church of Rehburg“ in Texas hinzu.
2007 gab sich St.-Martini-KG ein missionarisch geprägtes Leitbild, dessen Kerngedanken sie in den Sätzen zusammenfasste: „Unser Ziel ist es, dass möglichst viele Menschen zu einer lebendigen Beziehung zu Jesus Christus finden und von Gottes Liebe begeistert werden. Wir laden dazu ein, den Glauben zu entdecken, im Glauben zu wachsen und christliche Gemeinschaft zu erleben“.

Umfang

Die Stadt Rehburg und Bad Rehburg.

Aufsichtsbezirk

Archidiakonat Mandelsloh der Diözese Minden. – 1588/89 zur Insp. Neustadt am Rübenberge, 1825 zur neuen Insp. Holtorf. 1869 Wechsel zur Insp. Stolzenau, 1924: Aufsichtsbezirk Stolzenau, Kreiskirchenverband Loccum-Stolzenau. Seit 1. April 1976 KK Stolzenau-Loccum (Rehburg zählte bis 31. Dezember 2022 zum Amtsbereich Stolzenau).37

Patronat

Der Landesherr (bis 1871).

Kirchenbau – St. Martini in Rehburg

Fünfachsiger Rechteckbau, ostsüdöstlich ausgerichtet, neu errichtet 1748. Krüppelwalmdach. Bruchsteinmauerwerk mit Eckquaderung; an den Längsseiten große, flachbogige Sprossenfenster; in der zweiten Achse von Westen flachbogige Portale nach Norden und Süden, darüber kleines, flachbogiges Sprossenfenster, über dem Nordportal Inschrift: „O civis gavde tibi templam parantvr in anno regia qvo popvlis pax reparata fvit“ (O Bürger freue dich, dir werden Tempel errichtet in dem Jahr, da den Völkern der Friede wiederhergestellt wurde; die als römische Zahlen zu lesenden Buchstaben ergeben addiert 1748)38, über dem Südportal: „Dei Gratia rege Georgio II Templum hoc Rehburg exstructum MDCCXXXXVIII. Redde posteritas! Deo T[rino] O[ptimo] M[aximo] gloriam et laudem nobis gratam memoriam tibi ipsi ex evangelio animae salutem“; in der Ostwand zwei große, flachbogige Sprossenfenster, dazwischen flachbogiges Portal, darüber Inschriftentafel und kleines, flachbogiges Sprossenfenster, im Giebelfeld ebenfalls kleines, flachbogiges Sprossenfenster; Sonnenuhr nach Süden. Im Innern flaches Spiegelgewölbe, Emporen an West-, Nord- und Ostwand. 1957/58 Renovierung. 1991–2001 Sanierung (u. a. neues Fundament).

Turm

Quadratischer Westturm aus Bruchsteinmauerwerk mit Eckquaderung, erbaut wohl 1585 (Inschrift).39 Verschieferter Turmhelm mit quadratischem Ansatz und hoch ausgezogener, schlanker Achteckspitze, bekrönt mit Kugel und Wetterhahn, nach Osten zwei Auslegestühle für Uhrschlagglocken, Uhrerker nach Nord- und Südosten. Im Glockengeschoss je ein rechteckiges Schallfenster nach Norden, Süden und Westen. Inschriftentafel: „Anno Domini 1585 mvrvs hic edificatvs per Gerhardum Bekemannum“ (Im Jahre 1585 sind diese Mauern von Gerhard Bekemann errichtet worden). 1670 Turmuhr und Uhrglocke vorhanden.40

Vorgängerbau

Fachwerkbau, errichtet um 1520, nach einer Beschreibung von 1670 „ist an ständern die Hohe fünffzehn Fues hoch, undt ist fünffundtzwantzig fueß die Breite, undt fünffundtsiebenzig fueß biß an den thurm lang, undt von schlechten Stühlen undt Bäncken darinnen, eß sein Priechen darinnen gemacht worden.“41 1748 abgebrochen.

Ausstattung

Rokokoalter (1749) mit Kreuzigungsbild, flankiert von zwei kleinen, leicht schräg gestellten, korinthischen Säulen, als Bekrönung geschwungener Giebel mit mehreren Putten (zwei halten die Gesetzestafeln) sowie Gottesauge in Wolken- und Strahlenkranz. – Gotisches Taufbecken (um 1300), verziert mit Blendmaßwerk, ohne Fuß; ursprünglich in Münchhausen, etwa seit Mitte des 16. Jh. in Rehburg, zeitweise im Pfarrhaus vermauert, seit Ende der 1990er Jahre wieder in der Kirche.42 – Pokalförmiger Taufstein aus rotem Sandstein (1959), vierseitiges Becken mit abgeschrägten Ecken. – Hohe Holzkanzel mit Schalldeckel (1674/75, Bildhauer Johan Nikolaus und Kurt Heinrich Hägefort, Maler Ludolf Hoyer), an den Wandungen des Kanzelkorbs Gemälde Christi (Salvator Mundi) und der Evangelisten, vor den Ecken Säulchen, Inschriften: „Iohan Niklages Hägefort et Cuhrt Heinrich Hägefort sculpserunt Ao 1674“ und „Ludolff Hoyer pinxit Ao 1675“. – Großes, hölzernes Kruzifix. – Gemälde „Letztes Abendmahl“ (wohl um 1748), ehemaliges Altarbild, 1999 entdeckt, um 2002 restauriert (Paul Uwe Dietzsch, Grasberg), seit 2021/22 wieder in Rehburg.

Orgel

1644 in Nienburg Orgel für 60 Reichstaler erworben. 1698 Orgelneubau. 1867 Orgelneubau, ausgeführt von Ernst Wilhelm Meyer & Söhne (Hannover), 16 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen; aufgestellt auf der Ostempore über dem Altar. Seit Ende der 1950er Jahre nicht mehr spielbar.43 1968 Restaurierung, Emil Hammer (Arnum), 16 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen. 1986 Restaurierung, Martin Haspelmath (Walsrode). 2000 Überholung, Jörg Bente (Suthfeld-Helsinghausen), zwölf Register von Meyer erhalten.

Geläut

Zwei LG, I: esʼ (Bronze, Gj. 1902, Franz Schilling, Apolda), Inschriften: „Mich goss Franz Schilling in Apolda 1902“, „Ehre sei Gott in der Hoehe!“ und „O Land, Land, Land, hoere des Herrn Wort“; II: asʼ (Bronze, Gj. 1911, Franz Schilling & Söhne, Apolda), Inschriften: „Friede auf Erden“, „Jauchzet dem Herrn alle Welt“ und „Franz Schilling Soehne in Apolda gossen mich A[nno] D[omini] 1911“. Zwei SG, I: cʼʼ (Bronze, Gj. um 1700), Stundenglocke; II: gʼʼʼ (Bronze, Gj. vielleicht 14. Jh.), Viertelstundenglocke. – Früherer Bestand: 1670 waren zwei Glocken vorhanden: „eine große undt eine kleine“.44

Kapellenbau – Friederiken-Kapelle in Bad Rehburg
Bad Rehburg, Friederiken-Kapelle, Blick zur Orgel

Bad Rehburg, Friederiken-Kapelle, Blick zur Orgel

Seit 1962 im Besitz der KG Rehburg.45 Zweiachsiger, neugotischer Bau mit halbrunder, nicht eingezogener Apsis, ausgerichtet nach Südsüdosten, erbaut 1841/42 (Architekt: wohl Oberlandbaumeister Christian Adolph Vogell, Hannover). Verkupfertes Satteldach, über der Apsis mit halbem Kegeldach abgeschlossen. Mauerwerk aus hellen Bruchsteinen, Fassade gequadert; zweibahnige Spitzbogenfenster an Längsseiten und an Apsis. An der nordnordwestlichen Giebelseite monumentales Portal, verziert mit Wimperg und Fialen, im Tympanon Inschrift „Friederiken Capelle“, oberhalb des Portals zwei Konsolen mit knienden, betenden Engeln, mit Fialen überdacht. Im Innern verputzte Holztonne, Westempore. 1964–68 Instandsetzung. 1999 Sanierung.

Fenster

Kreisfenster in den Giebelfeldern der zweibahnigen Spitzbogenfenster farbig gestaltet (Kronen, umgeben von Punkten und Sternen).

Turm

Über dem Nordnordwestgiebel vierseitiger, offener Dachreiter mit vier Giebeln und vierseitigem, verkupfertem Pyramidenhelm, bekrönt mit Kreuz. An den vier Seiten offene, zweibahnige Maßwerkfenster mit Dreipassbögen und Dreipass im Giebelfeld. 1994 Sanierung Dachreiter.

Ausstattung

Schlichter Blockaltar, holzverkleidet (1842). – Kleines Bild des letzten Abendmahls (nach Leonardo da Vinci) über dem Altar. – Kruzifix in Spitzbogennische in der Altarwand. – Niedrige Holzkanzel (1842), Wandungen mit Dreipassmaßwerk verziert, ursprünglich wohl Lesepult.46 – Achtseitiger, hölzerner Taufständer, die Wandungen verziert mit Dreipassbögen. – Ehemalige Ausstattung: Erhöhte Kanzel links im Altarraum. – zweiteiliges Geländer zwischen Altarraum und Schiff.

Orgel

1853 Neubau auf der Westempore, ausgeführt von Carl Wilhelm und Friedrich Eduard Meyer (Hannover), 8 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen; weitgehend originalzeitlich erhalten. Denkmalorgel.47

Geläut

Eine LG, bʼʼ (Bronze, Gj. 1842, Friedrich Dreyer, Linden bei Hannover), Inschrift: „Verfertigt von Dreyer in Linden. Sacello Fridericae reginae hanc campanam dono dederunt Clausina Lucia et Iohanna Reinholdina de Frese virgines nobiles. Anno Domini M DCCC XLII“ (Der Kapelle der Königin Friederike wurde diese Glocke als Geschenk gegeben von den edlen Jungfrauen Clausina Lucia und Johanna Reinholdina von Frese. Im Jahr des Herrn 1842).

Weitere kirchliche Gebäude

Pfarrhaus (Bj. 1962). – Gemeindehaus (Bj. 1975).

Friedhof

Ehemaliger kirchlicher Friedhof bei der Kirche, letzte Beerdigung 1829.48 Kirchlicher Friedhof nördlich des historischen Ortskerns, angelegt wohl im frühen 19. Jh., FKap. Kommunaler Friedhof in Bad Rehburg.

Liste der Pastoren (bis 1940)

15..–15.. Dietericus Liessen. – 1539–1556 Eggert Bloter. – 1556–1589 Tilemann Wöpsen. – 1589–1596 Bernhardus Nettler. – 1597–1632 Henricus Praetorius (Vogt). – 1632–1674 Justus Süßschlaf. – 1675–1685 Levin Caspar Ludemann. – 1685–1713 Franz Heinrich Meyer. – 1713–1739 Andreas Leopold Eberle. – 1739–1758 Friedrich Andreas Crome. – 1759–1765 Johann Erdwin Kühlmann. – 1765–1776 Johann August Schlegel. – 1776–1786 Georg Heinrich Burggraf. – 1786–1793 Dietrich Heinrich Ritscher. – 1793–1802 Johann Wilhelm Friedrich Mehliß. – 1802–1805 Johann Philipp Ludwig Baldenius. – 1806–1809 Karl Georg Schusser. – 1809–1815 Gottlieb Christian Breiger. – 1815–1821 Johann Dietrich Christian Lauenstein. – 1821–1829 Georg Ernst Heinrich Mehliß. – 1829–1837 Justus Günther Eduard Leopold. – 1837–1845 Karl Christian Theodor Rudolf Steinmetz. – 1845–1850 Johann Heinrich Wilhelm Eduard Twele. – 1850–1863 Heinrich Julius Christoph Friedrich Walther. – 1863–1888 Georg Wilhelm Karl Frank. – 1889–1915 Theodor Adolph Beer. – 1917–1933 Karl Otto Dietrich Langelotz. – 1934–1940 Ferdinand Friedrich Arnold Meyer.
Hilfsgeistliche in Bad Rehburg: 1905–1907 Georg Ludwig Johannes Holthusen. – 1907–1909 Lic. Dr. phil. Hugo Berthold Heinrich Duensing. – 1909–1911 Dietrich Gerhard Oltmanns. – 1911 Martin Siemens. – 1912–1913 Karl Billed. – 1913–1914 Karl Wilhelm Hermann Hauenschild.

Angaben nach: Meyer, Pastoren II, S. 294–295

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 9328–9342 (Pfarroffizialsachen); A 5 Nr. 846 (Spec. Landeskons.); A 6 Nr. 6893–6906 (Pfarrbestallungsakten); A 8 Nr. 313, S. 151–165 (CB); A 9 Nr. 1883Digitalisat, 1884Digitalisat (Visitationen); B 18, Nr. 136 (Orgelsachverständiger); L 5a Nr. 313–315, 1201–1203 (LSuptur Calenberg-Hoya mit Verden-Hoya und Celle); S 09 rep Nr. 1995 (Presseausschnittsammlung); S 11a Nr. 7143 (Findbuch PfA).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1659 (unvollständig: 1661, 1662)
Trauungen: ab 1659 (unvollständig: 1661, 1662)
Begräbnisse: ab 1659 (unvollständig: 1661, 1662)
Kommunikanten: ab 1876 (Lücken: 1887, 1888, 1916)
Konfirmationen: ab 1794

Literatur & Links

A: Kirchen KK Stolzenau-Loccum, [S. 11–12]; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 174–175 und 1110–1111; Dienwiebel, Ortsverzeichnis Hoya/Diepholz II, S. 456–457; Gade, Hoya und Diepholz II, S. 436–446; Meyer, Pastoren II, S. 294; Müller, Orgeldenkmalpflege, S. 70, 88, 94 und 170–171; Pape, Haspelmath, S. 187; Peter, Kirchen, S. 22 und 24.

B: 50 Jahre St.-Marien-Gemeinde Rehburg, hrsg. zum 25jährigen Kirchweihfest 1996; Jens Berthold: Reborgh – Reheburgk – Rehburg. Archäologie und frühe Geschichte (= Schriften der Kommunalarchäologie Schaumburger Landschaft 5), Nienburg 2018; Konrad Droste: 800 Jahre Winzlar. Ortsgeschichte(n) zwischen Haarberg und Steinhuder Meer. 1196–1996, Rehburg-Loccum 1996; Konrad Droste. … der Gesundtheyt wegen und des Vergnuehgens halber … Bad Rehburg 1690–1990. Ein Beitrag zur Medizinalgeschichte der Mittelweser-Region (Historische Schriftenreihe des Landkreises Nienburg/Weser 5), Nienburg/Weser 1989; Werner Hübner: Rehburg. Geschichte einer kleinen Stadt. Heimatgeschichte der Stadt Rehburg, Rehburg 1966; Fritz Mackeben: St. Martini-Kirche Rehburg. die Geschichte der Rehburger Kirche, Rehburg 2022.

Internet: Bildindex der Kunst & Architektur: Taufstein, Friederiken-Kapelle.


Fußnoten

  1. Sudendorf, UB I, Nr. 334. Vgl. auch Dienwiebel, Ortsverzeichnis Hoya/Diepholz II, S. 456 und Berthold, S. 12 ff.
  2. Sudendorf, UB I, Nr. 529.
  3. Hübner, S. 12.
  4. Droste, Gesundtheyt, S. 17. Vgl. ebd. zur Entwicklung des Bade- und Kurbetriebs
  5. Zit. bei Droste, Gesundtheyt, S. 95.
  6. 1335: Cal. UB III, Loccum, Nr. 755; UB Loccum I, Nr. 966. 1386: Würdtwein, Nova Subsidia XI, Nr. CLXII.
  7. Berthold, S. 10 f.; Droste, 800 Jahre, S. 25 f.
  8. 1454: UB Loccum II, Nr. 1183; 1458: UB Loccum II, Nr. 1213; 1522: UB Loccum II, Nr. 1441.
  9. LkAH, A 8 Nr. 313, S. 158. Vgl. auch Droste, 800 Jahre, S. 25 f.
  10. Droste, 800 Jahre, S. 26: Nach einem Bericht von 1617 wurde vor „60 oder 80 Jahren ongefähr der tauffstein aus der Munchhausischen kirche“ nach Rehburg transportiert.
  11. Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 6,1, S. 708 ff.; Butt, Herrschaft, S. 47 ff.
  12. Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 6,1, S. 83 ff.
  13. Gade, Hoya und Diepholz II, S. 441.
  14. Hübner, S. 59.
  15. LkAH, A 8, Nr. 313, Bl. 158.
  16. Obenaus, Handbuch II, S. 1299; zum Folgenden ebd.
  17. Zit. bei Droste, Gesundtheyt, S. 17.
  18. Zum Folgenden: Droste, Gesundtheyt, S. 47 ff.
  19. Zit. bei Droste, Gesundtheyt, S. 48.
  20. Zit. bei Droste, Gesundtheyt, S. 48.
  21. Gade, Hoya und Diepholz II, S. 445.
  22. Die Schriften tragen die Untertitel „gehalten im Sommer 1794“ (kein Digitalisat) und „in den Jahren 1795 und 1796 gehalten“ (Digitalisat, 16.07.2021).
  23. LkAH, B 2 G 9/Rehburg-Bad, Bd. I, Bl. 1.
  24. Droste, Gesundtheyt, S. 48.
  25. KABl. 1905, S. 32.
  26. Obenaus, Handbuch II, S. 1302.
  27. Dies und die folgenden Zitate: LkAH, L 5a, Nr. 313 (Visitation 1935).
  28. LkAH, L 5a, Nr. 313 (Visitation 1935).
  29. LkAH, L 5a, Nr. 313 (Visitation 1935).
  30. Zur Geschichte der kath. Gemeinde in Bad Rehburg und in Rehburg vgl. 50 Jahre, S. 12 ff.
  31. LkAH, L 5a, Nr. 313 (Visitation 1959).
  32. LkAH, L 5a, Nr. 1202; ebd., Nr. 314 (Visitation 1983).
  33. LkAH, B 2 G 9/Rehburg-Bad, Bd. I, Bl. 1 ff.
  34. Etwa: LkAH, B 2 G 9/Rehburg-Bad, Bd. I, Bl. 71 f.; L 5a, Nr. 314 (Visitation 1972). Auch in den Gemeindeverzeichnissen der Landeskirche 1946, 1959 und 1966 ist Bad Rehburg irrtümlich als KapG verzeichnet, vgl. Verzeichnis 1946, S. 46; Verzeichnis 1959, S. 17; Verzeichnis 1966, S. 18.
  35. LkAH, L 5a, Nr. 314 (Visitation 1977).
  36. LkAH, L 5a, Nr. 314 (Visitation 1977). Allgemein: Cordes, Gemeindepartnerschaften, S. 38 ff.
  37. KABl. 1976, S. 49 f.
  38. Hübner, S. 60; gemeint ist der Friede von Aachen, der den Österreichischen Erbfolgekrieg beendete.
  39. Hübner, S. 59; Gade, Hoya und Diepholz II, S. 439.
  40. LkAH, A 8, Nr. 313, S. 158.
  41. LkAH, A 8, Nr. 313, S. 158.
  42. Droste, 800 Jahre, S. 26 und 40 f.
  43. LkAH, B 2 G 9 B, Nr. 536, Bl. 27.
  44. LkAH, A 8, Nr. 313, S. 158.
  45. LkAH, B 2 G 9/Rehburg-Bad, Bd. I, Bl. 18a: „Sie war vormaliger Besitz von Preußen und Niedersachsen, bis sie im Jahr 1952 dem „Ev. Altenheim Borstel“ zusammen mit dem Kurhause und Kurpark überlassen wurde.“
  46. Ältere Fotographien der Kapelle zeigen eine erhöhte Kanzel links im Altarraum.
  47. Müller, Orgeldenkmalpflege, S. 70 und 94 f.
  48. Hübner, S. 61; Berthold, S. 45.