Sprengel Hannover, KK Stolzenau-Loccum | Patrozinium: – | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Schriftlich ist der Ort erstmals 1183 in einer päpstlichen Urkunde genannt: Lucius III. nahm das Kloster Loccum in seinen Schutz und bestätigte verschiedene Besitzungen des Klosters, u. a. auch den Ort Hage.1 Münchehagen zählte zum Gerichtsbezirk des Klosters Loccum (seit 1530 kaiserliches, freies Stift). In französischer Zeit war Münchehagen 1810 bis 1813/14 Teil des Kantons Rehburg im Distrikt Hannover des Aller Departements im Kgr. Westphalen. Danach gehörte der Ort, nun im Kgr. Hannover, zum Königlichen Gericht Loccum, das seit 1852 Teil des Amtes Rehburg war, welches wiederum 1859 im Amt Stolzenau aufging. Mit der Annexion des Kgr. Hannover wurde Münchehagen 1866 preußisch und kam bei Einführung der Kreisverfassung 1885 zum Kr. Stolzenau, der 1932 in den Kr. Nienburg/Weser eingegliedert wurde. 1974 wurde Münchehagen in die Stadt Rehburg-Loccum eingemeindet. In den 1920er Jahren war Münchehagen ein Seefahrerdorf (Heringsfang, „Von allen Dörfern im Binnenlande hatte Münchehagen die meisten Seeleute“).2 1961 wird es im Visitationsbericht beschrieben als „eine Gemeinde von kleinbäuerlichen und handwerklichen Betrieben und von vielen Arbeitern, die in der weiteren Umgebung ihren Arbeitsplatz haben“.3 Um 1812 lebten etwa 690 Menschen in Münchehagen, 1905 gut 1.600, 1950 fast 2.600 und 2019 gut 1.950 (Rehburg-Loccum: 10.265).

Altarrückwand

Altarrückwand, Entwurf von Oberstudienrat Hanns-Fr. Lackner, Großburgwedel, um 1974

Münchehagen war nach Loccum eingepfarrt. Eine Kapelle besaß das Dorf bereits in vorref. Zeit: 1463 ist „de kerken tom Monnichagen“ erwähnt.4 Die Kapelle unterstand dem Kloster Loccum. Die Reformation setzte sich in Münchehagen durch, als das Kloster Loccum gegen Ende des 16. Jh. zur luth. Lehre wechselte. Um 1615 sollen durchziehende niederländische Soldaten die Kapelle geplündert haben; 1626 wird sie als baufällig bezeichnet.5 Eine erste Beschreibung liegt aus dem Jahr 1678 vor: Die alte Kapelle, die vor vier Jahrzehnten noch nutzbar gewesen sei, sei „im Kriegswäsen gantz ruiniret undt heruntergebrochen“ worden (gemeint ist der Dreißigjährige Krieg 1618–1648). Das Gebäude sei „von Holtz aufgebawet gewesen und inwendig fein vermahlet“.6 Vier Mal im Jahr habe ein Loccumer Konventuale hier Gottesdienst gehalten. Der heutige Kapellenbau wurde 1713 errichtet, der Dachreiter etwa um 1750.
Im Jahr 1896 übernahm P. Karl Wilhelm Arthur Meyer als Hilfsgeistlicher (Pfarrkollaborator) die Betreuung der Gemeinde in Münchehagen. Über die NS-Zeit schrieb P. Gerhard Tergau (amt. 1929–1971) rückblickend im „Fragebogen zu Geschichte der Landeskirche von 1933 bis Kriegsende“, dass bei der Kirchenwahl 1933 die NSDAP bestimmend gewesen sei: „sämtliche gewählten Kirchen- und Kapellenvorsteher waren Parteigenossen“.7 Kirchenpolitisch gehörte P. Tergau der Hannoverschen Bekenntnisgemeinschaft an.
1965 schließlich pfarrte das Landeskirchenamt die KapG Münchehagen auf Antrag von Abt, Prior und Konvent des Klosters Loccum aus der Stiftskirchengemeinde Loccum aus und errichtete die eigenständige „Ev.-luth. KG Münchehagen“.8 Erster Pfarrer der neuen Gemeinde wurde P. Gerhard Tergau (amt. 1929–1971), der bislang als Pfarrkollaborator in Münchehagen tätig gewesen war.
Im ersten Jahrzehnt des 21. Jh. löste das Kloster Loccum die Baulast an der Kirche Münchehagen ab. Die KG Münchehagen trägt das Siegel „Diakonische Gemeinde“.

Umfang

Münchehagen

Aufsichtsbezirk

Mit Errichtung der eigenständigen KG 1965 zum Stiftsbezirk Loccum, KK Loccum-Stolzenau. Seit 1. April 1976 KK Stolzenau-Loccum, Stiftsbezirk Loccum (ein „mit der Wahrnehmung der Ephoralaufgaben im Stiftsbezirk beauftragter Konventual“ versieht das Aufsichtsamt).9 Seit Aufhebung des Stiftsbezirks zum 1. Januar 2023 KK Stolzenau-Loccum.

Kirchenbau

Rechteckiger Bruchsteinbau, errichtet 1713. Satteldach, im Osten abgewalmt. Zwei geböschte Stützpfeiler an den Westecken, zwei weitere an der Südwand; je drei Rechteckfenster mit Mittelstütze nach Norden und Süden, eines nach Osten; rundbogiges Portal nach Westen. Im Innern flache Decke, Westempore. 1936 Renovierung. 1962 Renovierung. 1995–97 Renovierung (u. a. vermauertes Fenster in Ostwand geöffnet). 2013 Sanierung.

Turm

Sechseitiger, verschieferter Dachreiter über dem Westgiebel, erbaut um 1750, neu erbaut 2010/11. Sechseitiger Helm, bekrönt mit Kugel und Kreuz; vier rechteckige Schallöffnungen, Uhrziffernblatt nach Süden. Um 1750 Turmuhr vorhanden. 1908 neue Turmuhr (J. F. Weule, Bockenem).

Vorgängerbau

Kirche 1463 erstmals erwähnt, laut Beschreibung von 1678 ein Holzbau, der innen „fein vermahlet“ gewesen und während des Dreißigjährigen Krieges weitgehend zerstört worden sei.

Ausstattung

Schlichter Blockaltar mit dreiflügeligem Retabel (1997, Werner Petzold, Berlin), im Mittelfeld der Auferstandene Christus am See Tiberias (Joh 21), auf dem linken Flügel Frauen am Grab, auf dem rechten Grablegung Christi; in der Predella Abendmahlsszene; die Außenseiten der Flügel fügen sich zu einem Kreuzigungsbild zusammen. – Leicht erhöhte, hölzerne Kanzel mit Schalldeckel (1601), an den Wandungen Gemälde Christi und der vier Evangelisten; bis 1685 in Klosterkirche Loccum, seit 1713 in Münchehagen, zeitweise Teil eines Kanzelaltars (bis 1936).10 – Taufstein aus Sandstein, rundes Becken, verziert mit Dreipassornamenten, Säulenschaft und runder Fuß modern; Taufstein seit 1936 wieder in der Kapelle. – Kirchenvorsteherbank im Altarraum. – Ehemalige Ausstattung: Abstraktes Altarbild (1974, Hanns-Friedrich Lackner, Großburgwedel), 1995/97 entfernt.11

Orgel

1882 schenkte der Loccumer Prior Karl Friedrich König der Kapelle eine Orgel, erbaut von Ph. Furtwängler & Söhne (Elze), 8 I/P, mechanische Traktur, Kegelladen (Opus 204).12 1962 Orgelneubau, ausgeführt von Emil Hammer Orgelbau (Hemmingen), 8 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen (Opus 1512).13 2013 Orgelneubau, ausgeführt von Firma Claus Sebastian, Geesthacht, 14 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen; die beiden Pedalregister aus Vorgängerorgel übernommen.

Geläut

Eine LG, eʼʼ (Bronze, Gj. 1961, F. Otto, Bremen-Hemelingen), Inschriften: „Semper cum Deo. Anno 1754“ (stets mit Gott, im Jahr 1754“ und „1961 umgegossen von F. Otto, Bremen-Hemelingen). – Früherer Bestand: Eine Glocke (Bronze), 1621 beim Neuguss einer Glocke für das Kloster Loccum mitverwendet. Eine LG (Bronze, Gj. 1754), umgegossen zu heutiger LG.

Weitere kirchliche Gebäude

Pfarrhaus (Bj. 1933). – Gemeindehaus (Bj. 1930, 1984 erweitert).

Friedhof

Alter kirchlicher Friedhof bei der Kapelle. Neuer kirchlicher Friedhof am westlichen Ortsrand, FKap mit Glockenträger (Bj. 1988/89), eine LG, dʼʼ (Bronze, Gj. 1988, Firma Rincker, Sinn), keine Inschrift, kein Bild (lediglich Gießerzeichen).

Liste der Pastor*innen

1896–1902 Karl Wilhelm Arthur Meyer. – 1902–1903 Julius Heinrich Oskar Burgdorf. – 1904–1907 Alwin Gottlieb Paul Fleisch. – 1907–1911 Ernst Christoph Heinrich Ehlert. – 1911–1912 Heinrich August Wilhelm Giesecke. – 1912–1915 Konrad Adolph Ferdinand von Hanffstengel. – 1917–1910 Friedrich Karl August Koch. – 1920–1921 Eberhard Eduard Paul Johannes Wendebourg. – 1921–1924 Gottfried Richard Bernhard Rehkopf. – 1925–1927 Heinrich Arnold August Brunotte. – 1927–1929 Wilhelm Franz Heinrich Mahner. – 1929–1971 Gerhard Hermann Diedrich Tergau. – 1971–1977 Vakanz. – 1977–1982 Reiner Groth. – 1982–2016 Wolfram Braselmann (Pfarrer der Landeskirche).

Angaben nach: Meyer, Pastoren II, S. 155 und III, S. 32 (mit Ergänzungen)

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

D 118 (PfA Münchehagen); L 5a Nr. 406 (LSuptur. Calenberg-Hoya mit Verden-Hoya und Celle); S 09 rep Nr. 1732 (Presseausschnittsammlung); S 11a Nr. 7883 (Findbuch PfA).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1906
Trauungen: ab 1906
Begräbnisse: ab 1906
Kommunikanten: ab 1906
Konfirmationen: ab 1906

Früher siehe Loccum.

Literatur & Links

A: Kirchen KK Stolzenau-Loccum, [S. 8]; Dienwiebel, Ortsverzeichnis Hoya/Diepholz II, S. 417; Gade, Hoya und Diepholz II, S. 434–436; Müller, Orgeldenkmalpflege, S. 152–153; Peter, Kirchen, S. 25.
B: Horst Hirschler & Ludolf Ulrich (Hg.): Kloster Loccum. Geschichten, Hannover 2012; [Helmut] Strecker: Aus der Geschichte Münchehagens, in: Schaumburg-Lippische Heimatblätter 28/11 (1977), [S. 4].
Internet: Bildindex der Kunst & Architektur: Kirche.


Fußnoten

  1. UB Loccum I, Nr. 7.
  2. Strecker, [S. 4].
  3. LkAH, L 5a, Nr. 406 (Visitation Münchehagen 1961).
  4. UB Loccum II, Nr. 1242 (S. 982).
  5. Kirchen KK Stolzenau-Loccum, [S. 8].
  6. Zit. in Kirchen KK Stolzenau-Loccum, [S. 8].
  7. LkAH, S 1 H III, Nr. 1101, Bl. 23; allgemein zum Fragebogen: Kück, Ausgefüllt, S. 341 ff.
  8. KABl. 1965, S. 202 f.
  9. KABl. 1976, S. 49 f.
  10. Kruhöffer in: Hirschler & Ulrich, Geschichten, S. 171.
  11. Ein alternativer Entwurf von Ferdy Horrmeyer kam nicht zur Ausführung, LkAH, N 79, Nr. 037: Entwurfszeichnung.
  12. Pape/Schloetmann, Hammer, S. 97; Disposition 1944: LKA, G 9 B/Münchehagen Bd. I, Bl. 1v.
  13. Pape/Schloetmann, Hammer, S. 167.