Sprengel Ostfriesland-Ems, KK Norden | Patrozinium: Arche | KO: Ostfriesische KO von 1716

Orts- und Kirchengeschichte

Norddeich bezeichnete ursprünglich einen Deich nördlich der Streusiedlung Lintelermarsch und entwickelte sich zum Ortsnamen für die Ansiedlung hinter diesem Deich. Lintelermarsch lässt sich urkundlich erstmals 1450 als Lyntelen nachweisen. Die Region zählte zum Amt Norden der Gft. Ostfriesland, die seit 1744 zum Kgr. Preußen gehörte, ab 1807 zum Kgr. Holland, ab 1810 zum Kaiserreich Frankreich, ab 1813 wieder zum Kgr. Preußen, ab 1815 zum Kgr. Hannover und ab 1866 erneut zum Kgr. Preußen.1 1972 wurden Norddeich und Lintelermarsch in die Stadt Norden eingemeindet. Ursprünglich prägten Bauern und Fischer den Ort; im 18. Jh. kam der Fährbetrieb zu den ostfriesischen Inseln hinzu, der Badebetrieb setzte Anfang des 19. Jh. ein und 1892 erhielt Norddeich einen Bahnanschluss. Besonders in der zweiten Hälfte des 20. Jh. entwickelte sich Norddeich zu einem touristisch geprägten Küstenort; 2010 erhielt der Ort das Prädikat „Nordseeheilbad“. 1821 lebten in Norddeich knapp 300 Menschen, 1905 rund 710, 1946 knapp 1.340 (davon knapp 250 Geflüchtete) und 2018 gut 1.540.

Kirche, Glockenträger

Glockenträger, 2015, Foto: fentjer, CC BY-NC-ND 4.0

Kirchlich gehörten Norddeich, Lintelermarsch und Westermarsch ursprünglich zur Stadt Norden. Die zum 1. Januar 1978 verselbständigte KG Norddeich ist nach Süderneuland die zweite Tochtergemeinde der Norder Ludgerigemeinde.2 Den Bau des Gemeindezentrums „Die Arche“ hatte 1974/75 noch die Muttergemeinde initiiert und betreut; das Gebiet zählte zum Seelsorgebezirk von P. Christian Knoke (amt. 1971–1990). Mit ihrer Verselbständigung erhielt die KG Norddeich eine eigene Pfarrstelle, die als erster P. Horst Gerke (amt. 1978–1984) übernahm.
Charakteristisch für die Arbeit in der KG Norddeich sind eine kleine (einheimische) Wintergemeinde und eine große (Urlauber-) Sommergemeinde. Der Wunsch nach einem Zentrum für die Kurseelsorge hatte Mitte der 1970er Jahre auch den Ausschlag für den Bau des Gemeindehauses in Norddeich gegeben. Die einheimische Bevölkerung nahm die „Arche“ zunächst als Urlauberkirche wahr; Trauungen fanden Mitte der 1990er Jahre noch regelmäßig in der Norder Ludgerikirche statt.3 Seit 1978 fanden während der Sommermonate auch kath. Gottesdienste in der Arche statt und seit der zweiten Hälfte der 1990er Jahre ist die Urlauberseelsorge ökumenisch geprägt (Zusammenarbeit mit der kath. Regionalstelle „Kirche an der Küste“).

Kirche, Südansicht

Kirche, Blick von Süden, 2015, Foto: fentjer, CC BY-NC-ND 4.0

Ausstellungen moderner Kunst machten seit den 1980er Jahren das Gemeindezentrum „Arche“ auch über Norddeich hinaus bekannt. Ende der 1990er Jahre baute die Gemeinde eine Partnerschaft mit der ev. KG Toruń in Polen auf (Parafia Ewangelicko-Augsburska w Toruniu). Von August 2000 bis November 2006 war die KG Norddeich mit der Norder Andreasgemeinde pfarramtlich verbunden. Nach Ende dieser Verbindung stockte das Landeskirchenamt die 2000 auf die Hälfte reduzierte Pfarrstelle auf eine Dreiviertelstelle auf.4 Im Jahr 2007 gründete sich der Förderkreis „Leben in der Arche“, der das gemeindliche Leben in der KG Norddeich unterstützen will. Beim Projekt „Die Arche schreibt“ entstand 2009 das „Norddeicher Evangeliar“, eine handschriftliche Abschrift des Lukasevangeliums. 2013 stellten die Gemeindeglieder den „Norddeicher Psalter“ fertig, eine ebenfalls handschriftliche Ausgabe der 150 biblischen Psalmen. Seit dem 1. November 2018 ist die KG Norddeich erneut pfarramtlich mit der Andreasgemeinde Norden verbunden.

Umfang

Die Norder Stadtteile Norddeich, Lintelermarsch und Westermarsch II.

Aufsichtsbezirk

Mit Gründung der KG 1978 zum KK Norden.

Kirchenbau
Kirche, Südansicht

Kirche, Blick von Süden, 2015, Foto: fentjer, CC BY-NC-ND 4.0

Gemeindehaus „Die Arche“ mit Kirchsaal, erbaut 1974/75 (Architekt: Hans-Heinrich von Oppeln, Norden), erweitert 1995. Sechseckiger Kirchsaal mit flachem, kupfergedecktem Faltdach, bekrönt mit stilisiertem Schiff. Flache Giebeldreiecke der sechs Seiten als Oberlichter. Im Innern offener Dachstuhl.

Turm

Freistehender Glockenträger, südlich vor dem Gemeindezentrum, erbaut 1980.

Ausstattung

Hölzerner Altartisch (2005, Detlef Abel, Osnabrück). – Wandbehang als Altarbild (1998, Amalie Rieken, Norddeich). – Lesepult. – Hölzerner Taufständer (1999, Andreas Schobert, Norden). – Geschnitzte Arche (Henryk Tarka).

Orgel

Kleinorgel, erbaut 1961 von Paul Ott (Göttingen), 4 I/aP, mechanische Traktur, Schleifladen (hinterspieliges Positiv); Geschenk der Muttergemeinde St. Ludgeri (1978).

Geläut

Eine LG, d’’ (Bronze, Gj. 1980, Firma Rincker, Sinn), Inschrift aus 1 Mos 8,22: „Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht“.

Weitere kirchliche Gebäude

Pfarrhaus (Bj. 2009/10; Vorgängerbau Bj. 1962, erworben 1985, verkauft 2009/10).

Friedhof

Kein kircheneigener Friedhof.

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

L 5i Nr. 328 (LSuptur. Aurich); D 82 (EphA Norden).

Literatur

A: Otte/Rohde, Ostfriesland II, S. 456.
B: Gretje Schreiber: Lintelermarsch, in: Historische Ortsdatenbank für Ostfriesland, 11.06.2019.


Fußnoten

  1. Ostfriesisches UB I, Nr. 622; Vgl. auch Schreiber, S. 2 (Ersterwähnung dort mit 1553 angegeben).
  2. KABl. 1978, S. 6. Die neue KG erhielt nicht das ostfriesische Interessentenwahlrecht, über die Besetzung der Pfarrstelle entscheiden also im Wechsel Landeskirchenamt (Ernennung) und Gemeinde (Wahl).
  3. LkAH, L 5i, Nr. 328 (Visitation 1994).
  4. KABl. 2000, S. 142; KABl. 2007, S. 50.