Sprengel Osnabrück, KK Melle-Georgsmarienhütte | Patrozinium: Christophorus1 | KO: Keine Kirchenordnung

Orts- und Kirchengeschichte

Als Nyenkerken ist der Ort, heute Teil der Stadt Melle, erstmals 1160 urkundlich nachgewiesen.2 Obwohl Neuenkirchen 1883 fast vollständig abbrannte, ist die Struktur der Kirchhöfersiedlung noch klar erkennbar, denn der Wiederaufbau behielt Straßenverlauf und Parzellen weitgehend bei.3 Neuenkirchen zählte seit dem 14. Jh. zum Amt Grönenberg des Hochstifts Osnabrück. Nach Ende des Dreißigjährigen Krieges wechselten sich kath. und luth. Bischöfe in der Regierung des Hochstifts ab; letztere stammten stets aus dem welfischen Hause Braunschweig-Lüneburg.4 Nach den Bestimmungen des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 fiel das Hochstift als Fsm. Osnabrück an das Kfsm. Braunschweig-Lüneburg (Hannover). In der französischen Zeit war Neuenkirchen zunächst von 1807 bis 1810 Hauptort des gleichnamigen Kantons im Distrikt Osnabrück des Departements Weser im Kgr. Westphalen; von 1811 bis 1813 zählte es zum Kanton Melle im Arrondissement Osnabrück des Departements Obere Ems im Kaiserreich Frankreich. Danach kam Neuenkirchen, nun im Kgr. Hannover, wieder zum Amt Grönenberg, das 1859 mit dem 1852 abgetrennten Amt Melle zum neuen Amt Melle vereinigt wurde. Seit 1852 bildeten die acht Ortschaften Holterdorf, Insingdorf, Küingdorf, Neuenkirchen, Ostenfelde, Redecke, Schiplage und Suttorf die Samtgemeinde Neuenkirchen. Nach der preußischen Annexion von 1866 blieb die Ämterstruktur zunächst bestehen. Bei Einführung der Kreisverfassung 1885 kam Neuenkirchen zum Kr. Melle, der 1972 im Lkr. Osnabrück aufging. Gleichzeitig wurde das gesamte Gebiet des ehemaligen Kr. Melle in die Stadt Melle eingemeindet. Anlässlich der Visitation 1951 schrieb der Sup. des KK Buer, Neuenkirchen sei „eine Bauerngemeinde mit vielen grossen Höfen auf bestem Boden“.5 In Neuenkirchen lebten 1821 knapp 1.150 Menschen, 1905 knapp 1.290 und 2014 gut 2.660. Im Gebiet der Samtgemeinde Neuenkirchen lag die Bevölkerungszahl 1950 bei 2.030, 1961 bei knapp 1.890, 1970 bei 2.230 und 2014 bei knapp 4.780.

Kirche, Ansicht von Nordwesten, Luftbild

Kirche, Ansicht von Nordwesten, Luftbild

Die Ersterwähnung des Ortes Neuenkirchen ist auch gleichzeitig die Ersterwähnung der örtlichen Pfarrkirche und des Kirchspiels: 1160 übertrug Bf. Philipp von Osnabrück das Archidiakonat über die Kirche in Nyenkerken sowie über acht weitere Kirchen dem Propst von St. Johann in Osnabrück.6 Das Gotteshaus in Neuenkirchen war die Kirche für Insingdorf, Ostenfelde7, Schiplage, Suttorf, Küingdorf, Holterdorf und Redecke. Olricos plebanus de Nigenkerken, belegt im Jahr 1263, ist der erste namentlich bekannte Geistliche der Pfarrkirche.8 1285 lässt sich Fredericus rector ecclesie Nienkerken nachweisen.9 Im Jahre 1401 inkorporierte Papst Bonifaz IX. die Kirche in Nyenkerken prope Ravensbergh dem Benediktinerkloster Iburg.10 Das Patronatsrecht über die Kirche war schon länger im Besitz des Klosters, allerdings konnte Abt Maurus Rost im späten 17. Jh. nicht mehr feststellen seit wann und aus welchem Grund.11 1431 bezeichnete sich Gotfridus Amelungi de Varendorpe als Pfarrherr der Kirche; um das gleiche Amt hatte sich 1425 auch der Kleriker Conradus Berendink bemüht.12 Ein Johannes Keerl bat 1432 um die Pfarrstelle in Nienkerken prope Ravensberg; sie sei unbesetzt, entweder weil Conrad Berendink die Stelle aufgegeben habe oder aufgrund des Todes von Johannes Scedebrund oder weil Gotfridus de Varendorpe das Amt niedergelegt habe.13 Weitere vorref. Geistliche lassen sich im 16. Jh. belegen: 1533 war dominus Gotfrigdus Brummelowe pastor parrochialis ecclesie in Nygenkercken prope Woldenbrügge und 1535 übertrug der Iburger Abt die Pfarrstelle in Neuenkirchen an Gerhardus Westorpe alias de Sledehusen, presbyter Osnaburgenis diocesis.14 Seinerzeit stritten der Iburger Abt und der Osnabrücker Bf. über das Besetzungsrecht für die Pfarrstelle in Neuenkirchen.15 Mit der Gründung der St. Annen-Kapelle in Schiplage erhielt das Kirchspiel 1505 ein zweites Gotteshaus.16

Kirche, Ansicht von Nordosten, 1934

Kirche, Ansicht von Nordosten, 1934

Im Jahr 1543 führte Bf. Franz von Waldeck die luth. Lehre im Osnabrücker Land ein. In seinem Auftrag hatte der Lübecker Sup. Hermann Bonnus eine Kerckenordnung vor de landkercken des stifts Osenbrugge erarbeitet und besuchte danach einige Gemeinden, um die Kirchenordnung bekannt zu machen und die Eignung der Pfarrer zu prüfen.17 Allerdings setzte das Domkapitel 1548 die Rücknahme der Reformation durch. Da jedoch keine vollständige Rekatholisierung gelang, blieben die konfessionellen Verhältnisse in den Gemeinden des Hochstifts Osnabrück vorerst ungeklärt und vielfältig. Als der Jesuit Albert Lucenius die Gemeinde Neuenkirchen im Januar 1625 besuchte, war P. Eberhard Voss (amt. seit 1614) dort Pfarrer, ein „ungebildeter und mehr dem Bauch als den Büchern“ zugeneigter Mann, wie Lucenius urteilte.18 Er sei kath., habe aber seit neun Jahren keine Messe mehr gefeiert, da man ihn mit Steinen aus der Kirche vertrieben hätte. Den Pfarrdienst versah der zweite Prediger, Kaplan Heinrich Sussieck, „durch den alles in der Kirche nach lutherischem Brauch ausgeführt wurde“, wie Lucenius berichtete. Auch der Küster sei Lutheraner und der Schulmeister habe „vor nicht so langer Zeit wegen eines begangenen Mordes sein Heil in der Flucht gesucht.“19
Während des Dreißigjährigen Krieges zerstörte Mitte der 1630er Jahre ein Dorfbrand auch die Kirche in Neuenkirchen. Nach Ende des Krieges teilten Lutheraner und Katholiken die Kirchspiele des Osnabrücker Landes untereinander auf. Verhandlungsgrundlage dabei war nach Vorgabe des Westfälischen Friedens (1648) der konfessionelle Stand im ‚Normaljahr‘ 1624, über den Zeugenaussagen gesammelt wurden. Das Ergebnis der langwierigen Verhandlungen ist in der Capitulatio perpetua Osnabrugensis (1650) festgehalten: „In Neuenkirchen bey Melle pleibt der Augspurgischen confession die pfarrkirch, den catholischen aber die der enden gelegene capella st. Annae.“20 1657 teilten ev. und kath. Gemeinde das Vermögen auf (Divisions zettul).21 Während des späten 17. und frühen 18. Jh. kam es mitunter zu Konflikten, da einige ev. Familien auch zum Unterhalt der kath. Kapelle beitragen mussten.22
In den 1660er und 1670er Jahren schaffte die Gemeinde eine Orgel sowie neue Glocken an und ließ ein neues Pfarrhaus errichten.23 Das älteste erhaltene Kirchenbuch legte P. Herbord Hoffmann (amt. 1678–1717) im Jahr 1691 an; ältere Bücher sind vermutlich beim Brand des Küsterhauses 1684 verbrannt. 1694 bat die Gemeinde darum, die zweite Pfarrstelle wieder zu besetzen.24 Sie sammelte Kapital, um die Stelle aus den Zinsen finanzieren zu können. Herr von Ledebur, Inhaber des Hauses Königsbrück, erhielt für seinen Beitrag zum Grundkapital der Pfarrstelle das Patronatsrecht. Zu den Aufgaben des zweiten Pfarrers – als erster übernahm P. Heinrich Johann Mylius die Stelle (amt. 1695–1700) – gehörte auch ein Teil des Schuldienstes, so dass Neuenkirchen nun eine Kantor- und eine Pfarrschule besaß. Letztere war dabei als Vorbereitungsanstalt für die höheren Schulen in Osnabrück oder Herford gedacht (1872 wurde der Schuldienst endgültig von der zweiten Pfarrstelle gelöst).
Mit P. Eduard Niemann (amt. 1825–1829, zweiter Pfarrer) predigte ein spätpietistisch geprägter Geistlicher in der Gemeinde. Zudem wirkte auch das benachbarte Jöllenbeck im Ravensberger Land, ein Zentrum der luth. Erweckungsbewegung, prägend auf Neuenkirchen.25 Im Gemeindebuch des KK Buer heißt es 1954: „Noch heute zehrt die Gemeinde von dieser Erweckungszeit.“26 1884 gründete sich der Posaunenchor der Gemeinde.

Kirche, Ansicht von Südwesten, 1927

Kirche, Ansicht von Südwesten, 1927

Dem Ortsbrand im Mai 1883, der den größten Teil Neuenkirchens zerstörte, fiel auch die Kirche zum Opfer.27 Lediglich der 1876 nach einem Blitzeinschlag neu erbaute Turm blieb teilweise erhalten. Zum Gottesdienst versammelte sich die Gemeinde vorerst in einem „schmucklosen hölzernen Notkirchlein“.28 Nachdem der Oberpräsident der Provinz Hannover eine Haussammlung für den Kirchenneubau genehmigt hatte, brachen im November 1883 „40 Mitglieder des Kirchenvorstandes und der Gemeinde nach allen Seiten“ auf und zogen einige Wochen mit Sammelbüchsen durchs Land. Die Sammlung erbrachte 30.000 Mark.29 Nach „ausgegangenen Ausschreibens einer Konkurrenz behufs Erlangung von Projekten zum Neubau einer Kirche“ gingen bis Januar 1885 insgesamt 52 Entwürfe beim Kirchenvorstand ein. Der Zuschlag ging an Alexander Tappen (Bielefeld), dessen Entwurf den zweiten Preis erhalten hatte (gewonnen hatte den Wettbewerb der gemeinsame Entwurf der Architekten August Hartel, Leipzig, und Bruno Schmitz, Düsseldorf).30 Die Kirche, so hatte der KV entschieden, solle im gotischen Stil erbaut werden, „damit diese im Einklang stehe mit dem nur zur Hälfte abgebrannten erst 7 Jahre alten Turm“.31 1885 feierte die Gemeinde die Grundsteinlegung ihrer neuen Kirche, 1887 die Einweihung. Die Gemeinde unterstützte den Bau u. a. mit verschiedenen Stiftungen (Fenster, Holz für Kirchenbänke); zudem kamen beim Verkauf der Kirchenplätze 60.000 Mark zusammen.32
Im Jahre 1902, während der Amtszeit von P. Conrad Julius Otto Thiele (amt. 1891–1922), gründete die Gemeinde ein ev. Krankenhaus, das Lazarushaus (später Alten- und Pflegeheim).33 Nach der Visitation 1933 urteilte der Sup. des KK Buer, die Gemeinde gehöre „zu den kirchlichsten im Kirchenkreis Buer“. Die Kirche war seinerzeit noch nicht freisitzig, das heißt bestimmte Plätze waren im Besitz bestimmter Gemeindeglieder. Dies habe „schon viel Unruhe in die Gemeinde gebracht“.34 Sechs Jahre später heißt es dann im Visitationsbericht, die Kirche sei „unter stillschweigender Zustimmung der Sitzberechtigten für freisitzig erklärt“ worden.35 Während der NS-Zeit wirkten P. Ernst August Crusius (amt. 1912–1954), P. Hans Tienken (amt. 1925–1934) und P. Karl-Hermann Goebel (amt. 1938–1947) in der Gemeinde. Nach den Angaben, die P. Crusius 1947 im „Fragebogen zur Geschichte der Landeskirche von 1933 bis Kriegsende“ machte, gehörte er selbst zur BK und lehnte den Nationalsozialismus ab; P. Tienken habe der nationalsozialistischen Bewegung nur bis zum Beginn des Kirchenkampfes nahe gestanden; auch P. Goebel sei „Gegner des Nationalsozialismus“ gewesen.36

Kirche, Blick zum Altar, 1980

Kirche, Blick zum Altar, 1980

Seit den 1940er Jahren unterhält die KG einen Kindergarten, zunächst in angemieteten Räumen und seit 1958 in einem eigenen Gebäude.37 Seit 1988 unterstützt ein Förderverein den Ev. Christophorus Kindergarten. Zwischen 1974 und 1978 fügte die KG dem Lazarushaus mehrere Altenwohnungen und ein Pflegeheim hinzu.38 Seit Mitte der 1990er Jahre befindet sich das ev. Altenzentrum in Trägerschaft einer Stiftung; nach Abriss des Lazarushauses erhielt das Altenzentrum 2001–05 einen Neubau. Die KG Neuenkirchen baute eine Partnerschaft mit der sächsischen KG Pirna-Copitz auf (1975) und unterhielt Partnerschaften mit verschiedenen südafrikanischen Gemeinden: KG Mpumalanga (seit 1979), KG Hermannsburg (seit 1983) und KG Nhlangakazi (seit 2004). Zudem arbeitete mit P. Thomas Mbuli (amt. 1978–1981) einige Jahre lang ein südafrikanischer Pfarrer in der KG Neuenkirchen und hob damit die „missionarische Einbahnstraße“ ein Stück weit auf.39 Nach der Visitation 1983 schrieb der Sup. des KK Melle, er habe in Neuenkirchen eine „sehr lebendige Kirchengemeinde kennengelernt, in der noch gute Frömmigkeit zu Hause ist, aber auch das Überlegen, wie das Christsein in unserer Zeit verantwortungsbewußt gelebt werden kann.“40 Seit 1997 hat die KG Neuenkirchen nur noch eine Pfarrstelle.41

Pfarrstellen

I: vorref., aufgehoben zum 1. September 1997, gleichzeitig neubegründet aus ehemals II.42 – II: vorref. (Sazellanat), 1678–1695 unbesetzt, um 1981 dauervakant gesetzt, 1997 umgewandelt in I.

Umfang

Das Dorf Neuenkirchen; die Bauerschaften Holterdorf, Insingdorf, Küingdorf, Ostenfelde, Redecke, Schiplage und Suttorf sowie die Landgüter Königsbrück, Oberkampe und Warmenau.

Aufsichtsbezirk

Archidiakonat des Propstes von St. Johann in Osnabrück.43 – Vor der Einführung der Inspektionseinteilung im Fsm. Osnabrück unterstand Neuenkirchen der Aufsicht des Amtes Grönenberg. Im Zuge der Neuorganisation der kirchlichen Aufsichtsbezirke 1821 kam Neuenkirchen zur 1. Insp., 1822 zur 2. Insp. (Sitz der Suptur. in Buer). 1924 KK Buer, Sitz der Suptur. 1973 nach Melle verlegt, seitdem KK Melle.44 Seit Januar 2013 KK Melle-Georgsmarienhütte.45

Patronat

Für die erste Pfarrstelle: Abt des Klosters Iburg, nachgewiesen 1401 (Inkorporation), Patronat aber wohl älter.46 Nach Auflösung des Klosters der Landesherr (bis 1871). Für die zweite Pfarrstelle: Seit Wiederbesetzung 1695 die jeweiligen Besitzer des Hauses Königsbrück (dingliches Patronat): Familie von Ledebur (Gut 1589 von Familie von Nagel geerbt), von dem Bussche-Hünnefeld (1750, Erbe), von Groeben (1828, Kauf), Rentmeister Matzilger (1840, Kauf) und Reichsgrafen von Platen-Hallermund (1862, Kauf).47 Dem Patron oblag die Unterhaltung des zweiten Pfarrhauses, das sein Eigentum war. Clemens Reichsgraf von Platen-Hallermund gab das Patronat 1971 auf und überließ das Pfarrhaus der KG. Das Patronat ist damit erloschen. Die KG ernannte Clemens Reichsgraf von Platen-Hallermund 1971 zum Ehrenpatron auf Lebenszeit.48 1988 ließen die Besitzer die St. Johannis-Kapelle auf Schloss Königsbrück wieder herrichten.49

Kirchenbau
Kirche, Blick zum Altar, vor 1957

Kirche, Blick zum Altar, vor 1957

Neugotische Hallenkirche mit fünfseitigem Chor, erbaut 1885–87 (Architekt: Alexander Trappen, Bielefeld). Satteldach, über dem Chor abgewalmt, über den Seitenschiffen Querdächer mit Walm; Mauerwerk aus Sandsteinquadern; hervortretende Strebepfeiler; zweigeschossige Fenstergliederung am Schiff: kleine Dreipassfenster unten, oben große, zweibahnige Spitzbogenfenster mit Maßwerk. Im Innern Kreuzgratgewölbe, Sandsteinemporen im Westen und in den Seitenschiffen, verzierte Bodenfliesen im Chorraum (Evangelistensymbole, Lutherrose). Neuausmalung 1957 (Vorhangmalerei im Chorraum entfernt). Turm- und Kirchendachsanierung 1974–76. Renovierung 1984. Außensanierung 2004.

Fenster

Mehrere Buntglasfenster in Chor und Schiff, mittleres Chorfenster mit Auferstehungsszene; im Maßwerk der übrigen großen Fenster Bildnisse der zwölf Apostel, außerdem geometrische Zierverglasung; Fenster im Schiff gestiftet von den politischen Gemeinden des Kirchspiels, im Chor von Ernst August, Hzg. von Cumberland (Auferstehungsfenster), von Meyer zu Hörden und von P. Rudolf August Konrad Graff (amt. 1878–1891); kleine Buntglasfenster unterhalb der Emporen von verschiedenen Einzelpersonen gestiftet.50

Grablege

Etwa vor dem Altar Gruft der Patronatsfamilie von Ledebur (Haus Königsbrück), nach Brand 1883 zugeschüttet.

Turm

Westturm, Mauerwerk aus Sandsteinquadern, Glockengeschoss aus Bruchsteinmauerwerk mit Eckquaderung, verschieferter, vierseitiger Pyramidenhelm mit leichter Einziehung und vier Erkerhäuschen, bekrönt mit Kugel und Kreuz. Hochrechteckige, gekuppelte Schallfenster, darüber Uhrziffernblätter; spitzbogiges Westportal. Turm nach Blitzeinschlag 1874 abgebrannt, 1876 neu errichtet, bei Brand 1883 „nur zur Hälfte“ abgebrannt51, bei Kirchenneubau zunächst mit flachem Dach geschlossen. 1908 Glockengeschoss und Turmhelm neu errichtet.

Vorgängerbau

Nach Brand Mitte der 1630er Jahre erneuert. Erweitert 1702.52 Turm nach Blitzeinschlag 1874 ausgebrannt und erneuert. Kirche 1883 ausgebrannt.

Ausstattung

Neugotische Ausstattung: Altar mit Altarschranken. – Hölzernes Altarretabel mit Wimperg und Fialen; im Hauptfeld Kruzifix in Mandorla, links und rechts zwei geschnitzte Engelsfiguren, in den Nischen darunter zwei Schnitzfiguren (Moses und Johannes); auf Rückseite des Altars Inschrift: „Gestiftet von J. H. Rahde in Philadelphia“. – Kanzel am südlichen Chorpfeiler, an den Wandungen des Kanzelkorbs Schnitzfiguren der vier Evangelisten. – Achteckige Taufe neben dem nördlichen Chorpfeiler (Fuß und Säule 1957 erneuert, Fuß ursprünglich mit Inschrift: „Gestiftet von Col[on] Twellmann“).

Kirche, Blick zur Orgel, wohl vor 1957

Kirche, Blick zur Orgel, wohl vor 1957

Orgel

Orgel im Chorraum, erbaut 1670/71 von Hinrich Klausing (Herford), Springladen.53 Neue Orgel 1794–96 an Turmseite, erbaut von Just Hinrich Müller (Minden), Prospekt von Georg Heinrich Hollenberg, 12 Reg., auf Nordempore. Orgelneubau 1864, Firma Rohlfing (Osnabrück), 18 Reg., bei Kirchenbrand 1883 zerstört. Neubau 1887, ausgeführt von Firma Rohlfing (Osnabrück), 23 II/P, mechanische Traktur, Kegelladen. Prospektpfeifen (Zinn) 1917 zu Rüstungszwecken abgegeben. Unter Beibehaltung des Prospekts und eines Teils des Pfeifenmaterials 1970/71 Neubau des Orgelwerks, ausgeführt von Firma Steinmann (Vlotho), 25 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen. Prospekt denkmalgeschützt.

Geläut

Drei LG, I: cis’; II: e’ (beide Bronze, Gj. 2008, Eifeler Glockengießerei Mark, Brockscheid); III: fis’, Inschrift: „O Land, Land, Land, hoere des Herrn Wort. Ierem. xxii xxviv“ (Bronze, Gj. 1887, Petit & Edelbrock, Gescher). Eine SG, fis’’ (Bronze, Gj. 1908, geliefert von Firma Korfhage, Buer). – Ehemaliger Bestand: Glocken bei Kirchenbrand 1637 gesprungen, in 1660er Jahren in Bielefeld umgegossen.54 Bei Turmbrand 1874 Glocken abgestürzt, mittlere gesprungen. Zwei LG im Ersten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgegeben. Zwei LG im Zweiten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgegeben. Zwei LG, I: cis’; II: e’ (beide Eisen, Gj. 1949, Firma Weule, Bockenem), 2008 abgenommen und vor der Kirche aufgestellt.

Weitere kirchliche Gebäude

Pfarrhaus I mit Gemeindebüro (Bj. 1847). – Pfarrhaus II (Bj. 1885). – Gemeindehaus (Bj. 1936/37, erweitert 1967). – Kindergarten (Bj. 1958, erweitert 1974). – Lazarushaus (Bj. 1902, 1972 umgebaut), um 1998 abgerissen.

Friedhof

Ehemaliger kirchlicher Friedhof rund um die Kirche. Neuer Friedhof 1809 angelegt (Sonnenwinkel). Weiterer Friedhof 1844 angelegt (Niedermühlenstraße).55

Liste der Pastoren (bis 1940)

Erste Pfarrstelle: 1607 Jodocus Kramer. – 1613, 1625 Eberhard Voß. – 1633–1678 Gerhard Hoffmann. – 1678–1717 Herbord Hoffmann. – 1717–1743 Johann Joachim Borgstede. – 1743–1766 Johann Gerhard Stipp. – 1766–1802 Johann Heinrich Wilhelm Niemann. – 1802–1829 Carl Wilhelm Arnold Meyer. – 1830–1878 Wilhelm Friedrich Gerding. – 1878–1891 Rudolf August Konrad Graff. – 1891–1922 Conrad Julius Otto Thiele. – 1923–1954 Ernst August Crusius.
Zweite Pfarrstelle: 1616, 1625 Heinrich Sussteck. – 1634–1669 Christian Mund. – 1669–1678 Herbord Hoffmann. – 1695–1700 Heinrich Johann Mylius. – 1700–1720 Johann Hermann Schumacher. – 1720–1732 Petrus Theophilus Schaper. – 1732–1752 Erdwin Johann Kuhlmann. – 1752–1758 Johann Friedrich Kruse. – 1759–1766 Heinrich Julius Wiedebusch. – 1766–1773 Friedrich Wilhelm Kottmeier. – 1773–1807 Johann Friedrich Otto Marmelstein. – 1808–1815 Christoph Leonhard Pagenstecher. – 1815–1825 Justus Friedrich Günther Lodtmann. – 1825–1829 Eduard Friedrich Niemann. – 1829–1835 Rudolf Christian Ledebur. – 1835–1863 Heinrich Carl Ludwig Biermann. – 1863–1874 Georg Heinrich Eduard Ahrens. – 1874–1879 Burghard Philipp August von Lüpke. – 1880 August Daniel Seveker. – 1880–1883 Otto Friedrich Franz von Lengerken. – 1890–1891 Julius Thiele. – 1891–1902 Georg Adolf Ludwig Albrecht. – 1903–1912 Gotthilf Carl Johannes Rasch. – 1912–1923 Ernst August Crusius. – 1925–1934 Hans Tienken. – 1938–1947 Karl-Hermann Goebel.
Angaben nach: Meyer, Pastoren II, S. 183–184

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 3 Nr. 334–344 (Pfarroffizialsachen); A 5 Nr. 117 (Spec. Landeskons.); A 6 Nr. 5936–5948 (Pfarrbestallungsakten); A 9 Nr. 2812Digitalisat (Visitationen); A 12e Nr. 15Digitalisat, 71Digitalisat(GSuptur. Hannover); D 41 (EphA Melle); L 5f Nr. 32–33, 38–40, 261 (LSuptur. Osnabrück); S 11a Nr. 7653 (Findbuch PfA)

Kirchenbücher

Taufen: ab 1691
Trauungen: ab 1691
Begräbnisse: ab 1691 (Lücken: Aug. 1766–1767)
Kommunikanten: ab 1876 (Zahlenregister seit 1895)
Konfirmationen: ab 1744 (Lücken: 1750–1811)

Literatur

A: Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 971; Gemeindebuch KK Buer, S. 19–20; Meyer, Pastoren II, S. 183–184; Weichsler, Hdb. Sprengel Osnabrück, S. 208–209; Wrede, Ortsverzeichnis Fürstbistum Osnabrück II, S. 67–70.
B: 850 Jahre Neuenkirchen …in Wort und Bild, hrsg. von der Stadt Melle, Melle 2010; Neuenkirchen. Aus Vergangenheit und Gegenwart, hrsg. von Ortsrat Neuenkirchen, Melle 1983; Wilhelm Fredemann: Neuenkirchen. Geschichte der Kirche und Gemeinde (= Grönenberger Heimathefte 8), Melle 1961; Walter Kaufmann: Die Orgeln in Melle und ihre Beziehung zu Hannover, Herford und Osnabrück, in: Osnabrücker Mitteilungen 68 (1959), S. 102v132; Fritz-Gerd Mittelstädt: Innovation und Diffusion. Die Kirche in Neuenkirchen (Stadt Melle) vor dem Hintergrund der Entstehung eines neuen Ideals für den protestantischen Sakralbau im 19. Jahrhundert, in: Osnabrücker Mitteilungen 114 (2009), S. 197–204; Jan Seewald: Neuenkirchen – Christophorus-Kirche. Ein Bericht zur Architektur, Baugeschichte und letzten Renovierung im Jahre 1984, in: Der Grönegau. Meller Jahrbuch 4 (1986), S. 162–168; Hermann Uffmann: 100 Jahre Christophoruskirche. Chronik der Kirchengemeinde Neuenkirchen, [Neuenkirchen 1987] (darin auch: Wilhelm Fredemann: Ein Haus der Nächstenliebe in Ursprung und Wandlung. Festschrift zum 70-jährigen Bestehen des Altenheims „Lazarushaus“ der evang.-luth. Kirchengemeinde Neuenkirchen).

GND

1213688086, Ev.-luth. Christophorus-Gemeinde Neuenkirchen; 1213688515, Evangelische Christophoruskirche (Melle)


Fußnoten

  1. Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien I, S. 228.
  2. Osnabrücker UB I, Nr. 308.
  3. Wrede, Ortsverzeichnis Fürstbistum Osnabrück II, S. 67.
  4. Feldkamp, Bedeutung, S. 79 ff.
  5. LkAH, L 5f, Nr. 32 (Visitation 1951).
  6. Osnabrücker UB I, Nr. 308.
  7. Flurnamen deuten an, dass sich früher hier eine Kirche befand, vgl. Fredemann, S. 2 f.
  8. Osnabrücker UB III, Nr. 281.
  9. Osnabrücker UB IV, Nr. 157.
  10. Osnabrücker UB V, Nr. 206.
  11. Stüve, Annales, S. 44. Dazu Dolle, Klosterbuch II, S. 839: „Auf dem Hof Heringdorf bei Melle, den Benno II. seiner Iburger Klostergründung geschenkt hatte, entstand die Pfarrkirche Neuenkirchen.“
  12. RG Online, RG IV 03738, http://rg-online.dhi-roma.it/RG/4/3738, 21.02.2019; RG Online, RG IV 01616, http://rg-online.dhi-roma.it/RG/4/1616, 21.02.2019.
  13. RG Online, RG V 04204, http://rg-online.dhi-roma.it/RG/5/4204, 21.02.2019.
  14. Osnabrücker UB V, Nr. 353 und Nr. 355.
  15. Stüve, Annales, S. 69
  16. Wrede, Ortsverzeichnis Fürstbistum Osnabrück II, S. 171.
  17. Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 7,1, S. 215 f. und 222 ff.
  18. Laut der Iburger Chronik hatte Eberhard Voss die Pfarrstelle 1614 übernommen und dem Abt gelobt, bei der kath. Religion zu bleiben: „Doch begann unter ihm bald nachher aus unbekannten Gründen das Volk zum neuen Glauben sich zu wenden.“ (Stüve, Annales, S. 98). Vor Eberhard Voss hatte sein Bruder Rudolf die Pfarrstelle innegehabt (Stüve, Annales, S. 225, Anm. 516).
  19. Alle Zitate: Pabst, Nebeneinander, S. 34 f.; Bär, Protokoll Albert Lucenius, S. 250 f.; Fredemann, S. 11 f. Zur Visitation des Albert Lucenius vgl. Steinwascher, Wildwuchs, S. 215 ff.
  20. Fink, Drucke, S. 34; Fredemann, S. 15; Wöbking, Konfessionsstand, S. 131 ff.; Uffmann, S. 80 ff. Zu den Verhandlungen über die Capitulatio vgl. Seegrün, Verteilung, S. 59 ff.
  21. Fredemann, S. 16. Neuenkirchen, S. 51 ff.; Uffmann, S. 82.
  22. Fredemann. S. 16 und 19 ff.
  23. Fredemann, S. 17.
  24. Zum Folgenden Fredemann, S. 17 f. und 33 ff.
  25. Neuenkirchen, S. 109.
  26. Gemeindebuch KK Buer, S. 19.
  27. Uffmann, S. 15 ff.
  28. Neuenkirchen, S. 21. Die Notkirche war in der „Brandruine der früheren Culmeyerschen Seilerei“ eingerichtet. Die Umfassungsmauern wurden auf drei Meter erhöht, dann ein einfaches Dach aufgesetzt, Uffmann, S. 17.
  29. LkAH, S 9/Neuenkirchen, Zitat aus zeitgenössischem Zeitungsbeitrag. Vgl. auch Uffmann, S. 18.
  30. LkAH, S 9/Neuenkirchen (darin kleine Sammlung zeitgenössischer Zeitungsartikel).
  31. Zit. bei Fredemann, S. 44.
  32. Detailliert zum Kirchenbau: Uffmann, S. 4 ff. und 23 f.
  33. Neuenkirchen, S. 74; Uffmann, S. 58 ff. (Festschrift von Wilhelm Fredemann zum 70jährigen Bestehen des Lazarushauses).
  34. Beide Zitate: LkAH, L 5f, Nr. 261 (Visitation 1933). Vgl. auch Uffmann, S. 23 f.
  35. LkAH, L 5f, Nr. 33 (Visitation 1939).
  36. LkAH, S 1 H III Nr. 912, Bl. 43. Allgemein zum Fragebogen: Kück, Ausgefüllt, S. 341 ff.
  37. Uffmann, S. 71 f.
  38. Neuenkirchen, S. 114.
  39. Neuenkirchen, S. 115.
  40. LkAH, L 5f, Nr. 39 (Visitation 1983).
  41. KABl. 1997, S. 249.
  42. KABl. 1997, S. 249.
  43. Kretzschmar, Türkenzehnte, S. 260, 265 und 270.
  44. KABl. 1973, S. 149.
  45. KABl. 2012, S. 177 f.
  46. Wrede, Ortsverzeichnis Fürstbistum Osnabrück II, S. 68, Stüve, Annales, S. 43; Fredemann, S. 3 und S. 7 (ohne Belege).
  47. Wrede, Ortsverzeichnis Fürstbistum Osnabrück I, S. 316.
  48. LKA, G 15/Neuenkirchen (Melle), Bl. 33; Janzik, KK Buer I, S. 133.
  49. 850 Jahre, S. 88.
  50. Uffmann, S. 11 f.
  51. Zit. bei Fredemann, S. 44.
  52. Uffmann, S. 84, 89.
  53. Zum Folgenden: Fredemann, S. 17; Dobelmann, Orgelbauer, S. 92; Kaufmann, S. 106; Uffmann, S. 20 f.
  54. Fredemann, S. 17.
  55. Uffmann, S. 74 ff.