Frühere Gemeinde | KapG der KG Woltershausen | Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Hildesheimer Land-Alfeld, Amtsbereich Alfeld | Patrozinium: – | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Als Ermensulle ist der Ort schriftlich erstmals in einer Urkunde aus dem Jahr 1298 erwähnt.1 Seinerzeit besaßen die Herren von Steinberg Güter in Irmenseul. Im gleichen Jahr erscheint auch ein Conradus de Ermensulle in einer Hildesheimer Urkunde.2 1321 ist das Ort als Armesul belegt.3 Rittergut und Dorf waren wohl seit dem 15. Jh. als Lehen der Bf. von Hildesheim im Besitz der Herren von Stöckheim (1442).4 Nachdem die Familie mit August Friedrich von Stöckheim 1726 in männlicher Linie ausgestorben war, verkaufte seine Witwe Johanna Sabina von Stöckheim geb. von Rauchhaupt das Gut 1734 an die Familie von Wrisberg (seit 1817 Gf. von Schlitz genannt von Görtz und von Wrisberg).5 Irmenseul lag im Amt Winzenburg des Hochstifts Hildesheim, die Niedergerichtsbarkeit hatten jedoch die Herren von Stöckheim inne. Nach Ende der Hildesheimer Stiftsfehde (1519–1523) fiel das Amt Winzenburg an das welfische Teilfsm. Braunschweig-Wolfenbüttel. Im Winzenburger Erbregister von 1578 heißt es: „Das dorff Armensüll mit dem Unter Gerichte im Dorffe und 120 werck schuhe außerhalb Dorffs gehöret Lippoldt von Stockheim“.6 Mit der Restitution des Großen Stifts 1643 kehrte Irmenseul unter stifthildesheimische Landesherrschaft zurück. Nach den Bestimmungen des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 kam das Gebiet des Hochstifts an das Kgr. Preußen. Von 1807 bis 1813, in den Jahren des französischen Satellitenkgr. Westphalen, gehörte Armseul zum Kanton Alfeld im Distrikt Hildesheim des Departements Oker.7 Ab 1815 war das Dorf, nun im Kgr. Hannover, wieder Teil des Amtes Winzenburg, seit den 1820er Jahren des Amtes Bilderlahe mit Sitz in Lamspringe und von 1852 bis 1859 des Amtes Lamspringe, das dann im Amt Alfeld aufging. Mit der Annexion von 1866 kam Irmenseul erneut unter preußische Herrschaft und wurde bei der Einführung der Kreisverfassung 1885 dem Lkr. Alfeld zugeteilt (1977 Lkr. Hildesheim). Seit 1965 gehörte Irmenseul zur Samtgemeinde Lamspringe und wurde 1974 innerhalb dieser Samtgemeinde nach Harbarnsen eingemeindet. Seit der Auflösung der Samtgemeinde 2016 ist Harbarnsen mit Irmenseul Ortsteil des Fleckens Lamspringe. Um 1810 hatte Irmenseul knapp 200 Einwohner, 1925 gut 240 und 2014 etwa 270.

Kapelle, Ansicht von Nordosten (?), um 1960

Kapelle, Ansicht von Nordosten (?), um 1960

Kirchlich gehörte Irmenseul zu Woltershausen und wechselte zusammen mit seiner Muttergemeinde 1542/68 zur luth. Lehre. In den Protokollen der Visitation, die Hzg. Julius, Fs. von Braunschweig-Wolfenbüttel 1568 durchführen ließ, ist das Dorf zusammen mit Harbarnsen als Tochtergemeinde von Woltershausen verzeichnet („zwei filial, Armessen und Harbergessen“).8 Im Winzenburger Erbregister von 1578 ist dann explizit ein eigenes Kapellengebäude genannt: „Die Capelle ist filia in die Pfarre zu Wolterhaußen, hat Landt 23 morg[en].“9 Diese Kapelle ließ der Gutsherr Lippold von Stöckheim 1594 erneuern oder gänzlich durch einen Neubau ersetzen: Über ihrem rundbogigen Portal trug sie die Inschrift „Anno Domini 1594“ sowie die Wappen der Familien von Stöckheim, von Münchhausen, von Salder und von Landsberg.10 Die Herren von Stöckheim sahen die Kapelle als private Gutskapelle an.11 Ihre Nachfolger, die Herren von Wrisberg, gestatteten in den 1730er Jahren P. Arnold Henning Dörrien von Woltershausen (amt. 1728–1753), fortan in der Kapelle auch Abendmahlsgottesdienste für „alte und schwache Leute in Irmenseul“ zu feiern.12 Eine eigene Schule besaß das Dorf vermutlich seit dem späten 17. Jh.13
In der zweiten Hälfte des 19. Jh. war die Kapelle baufällig und da die Gutsfamilie von Goertz-Wrisberg nicht für Besserung sorgte, erlaubte das Konsistorium der KapG, Klage zu erheben. Dem Gf. von Goertz-Wrisberg wurde auferlegt, die Kapelle zu sanieren oder sie abzureißen. Seit 1867 war das Gebäude geschlossen und 1873 begannen die Abbrucharbeiten. P. August Gottlieb Theodor Wedekind (amt. 1897–1930) schrieb knapp 50 Jahre nach dem Abriss: „an dem stattlichen, umfangreichen Gotteshause mit seinem schlanken, schönen Turme, der den alten Woltershäuser Kirchturm überragte und weithin sichtbar war, hingen vieler Herzen“.14 Als Gottesdienststätte diente nun ein Betsaal in der 1882 erbauten Schule.15 Dieser lag jedoch „gerade nach Süden und ist ziemlich niedrig, sodaß der Aufenthalt daselbst, besonders an heißen Sommertagen fast unerträglich ist.“16 Der Beschluss zum Neubau einer Kapelle fiel noch in der Amtszeit P. Wedekinds (1928), P. Otto Heinrich Ernst Lücke aus Adenstedt (amt. 1914–1931) konnte das neue Gotteshaus im Mai 1931 einweihen.17 1954 hielt der Pfarrer von Woltershausen alle drei Wochen einen Gottesdienst in der Irmenseuler Kapelle.18
Im Zuge der Fusion der KG Harbarnsen und Woltershausen sowie der Gründung der neuen St.-Marien-Kirchengemeinde Woltershausen löste sich die KapG Irmenseul 1974 auf.19

Kapellenbau
Kirche, Blick zum Altar, um 1960

Kirche, Blick zum Altar, um 1960

Südwestlich ausgerichteter, verputzter Rechteckbau, errichtet 1931. Satteldach, Rechteckfenster, vorgezogener Eingangsbereich unter Schleppdach an Ostecke, Sakristeianbau unter Pultdach an Südwestseite. Im Innern flache Holzdecke.

Turm

Dachreiter mit verkupfertem Zeltdach über Nordostgiebel.

Vorgängerbau

Massivbau mit dreiseitigem Chorschluss, errichtet oder erneuert 1594 (Inschrift). Rechteckfenster, rundbogiges Portal, verschieferter Dachreiter, Turmuhr. Karte von 1794 zeigt die Kirche südlich der Dorfstraße. Gebäude wegen Baufälligkeit seit 1867 nicht mehr genutzt, ab 1873 abgebrochen.20 Reste eines Epitaphs der Familie von Stöckheim, das in der Kapelle stand, befinden sich im Landesmuseum Hannover (um 1600, Werkstatt Ebert Wulf des Jüngeren, Hildesheim). Vier Grabsteine (16./17. Jh.) aus dem Chor nach Abbruch der Kapelle in die Kirche Wrisbergholzen gebracht.

Ausstattung

Schlichter Steinaltar. – Relief als Altarbild in Ostwand eingelassen (Kreuzigungsszene). – Niedrige, gemauerte Kanzel mit zwei Schmucksäulen.

Orgel, nach 1958

Orgel, nach 1958

Orgel

Neubau 1958, ausgeführt von Lothar Wetzel (Hannover), 5 I/aP, mechanische Traktur, Schleifladen.

Geläut

Eine LG, d’’ (Stahl, Gj. 1874, Bochumer Verein), ursprünglich in Glockenträger auf Friedhof. Eine SG, desʼʼ, Inschrift: „Da pacem Domine“ Herr, gib Frieden (Bronze, Gj. 1643), vielleicht aus der ehemaligen Kapelle Irmenseul, in den 1960er Jahren vom Gut Irmenseul an KapG übergeben.21 – Früherer Bestand: Bis Ende der 1960er Jahre „minderwertige Stahlglocke“22 als SG, dann auf Empfehlung des Glockenrevisors durch ehemalige LG von 1643 ersetzt (seinerzeit ungenutzt).

Friedhof

1872/75 kirchlicher Friedhof angelegt, Beerdigungen zuvor in Woltershausen; 1874 Glockenstuhl mit Stahlglocke. 1912 neuer, kommunaler Friedhof angelegt, FKap (Bj. 1973).23

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

D 24 Nr. 548 (Gustav-Adolf-Werk); D 43 (EphA Alfeld); E 5 Nr. 574 (Konsistorialbaumeister); S 11a Nr. 7478 (Findbuch PfA).

Literatur

A: Graff, Geschichte Kr. Alfeld, S. 472–476; Kiecker/Graff, KD Kr. Alfeld, S. 174–175; Reden-Dohna, Rittersitze, S. 166–167.
B: Dieter Korn: Irmenseul. Von der Frühgeschichte bis in die heutige Zeit, Wrisbergholzen 2007; August Gottlieb Theodor Wedekind: Kapelle und Betsaal in Irmenseul, in: Der Bote aus der Börde. Heimatblatt aus dem alten Amte Winzenburg 5 (1921), S. 66–67 und 73–75.


Fußnoten

  1. UB HS Hildesheim VI, Nachtrag Nr. 28. Eine Ableitung des Namens vom germanischen Heiligtum Ermensul, das Karl der Große laut den Fränkische Reichsannalen 772 hatte zerstören lassen (MGH SS 1, S. 150 [Digitalisat]), erscheint unwahrscheinlich, vgl. Reden-Dohna, Rittersitze, S. 167.
  2. UB S Hildesheim I, Nr. 527.
  3. UB S Hildesheim I, Nr. 735; UB HS Hildesheim IV, Nr. 637.
  4. Graff, Geschichte Kr. Alfeld, S. 473.
  5. Reden-Dohna, S. 168.
  6. Junker, Erbregister Winzenburg, S. 515.
  7. Hassel, Repertorium, S. 6.
  8. Spanuth, Quellen, S. 276.
  9. Junker, Erbregister Winzenburg, S. 515.
  10. Mithoff, Kunstdenkmale III, S. 188; Wedekind, S. 66 f.
  11. Graff, Geschichte Kr. Alfeld, S. 475; Wedekind, S. 66 f.
  12. Wedekind, S. 67.
  13. Graff, Geschichte Kr. Alfeld, S. 475; Korn, S. 36 f.
  14. Wedekind, S. 66.
  15. Wedekind, S. 74.
  16. LkAH, D 24 Nr. 548 (31. Januar 1929).
  17. Korn, S. 34.
  18. LkAH, L 5h, unverz., Woltershausen, Visitation 1954.
  19. KABl. 1974, S. 204 f.
  20. Wedekind, S. 66 f.; Mithoff, Kunstdenkmale III, S. 188 f.
  21. Wedekind, S. 67 f.; Kiecker/Graff, KD Kr. Alfeld, S. 175.
  22. LkAH, L 5h, unverz., Woltershausen, Visitation 1967.
  23. Korn, S. 34 f.