Frühere Gemeinde | Sprengel Osnabrück, KK Osnabrück | Patrozinium: Martin | KO: Osnabrücker KO von 1652

Orts- und Kirchengeschichte

Der spätere Osnabrücker Stadtteil Hellern lässt sich erstmals als Helren in einem Verzeichnis der Einkünfte der Osnabrücker Domkirche nachweisen, das Dompropst Lentfrid um 1200 angelegt hat.1 Das Dorf zählte seit Ende des 14. Jh. zum Amt Iburg des Hochstifts Osnabrück und ab 1814 zum Amt Osnabrück, zunächst im Kgr. Hannover und ab 1866 im Kgr. Preußen. Bei Einführung der Kreisverfassung kam Hellern 1885 zum Kr. Osnabrück. 1937 wurde Hörne eingemeindet und 1940 kamen Teile Hellerns zur Stadt Osnabrück, in die der Ort 1972 schließlich ganz eingemeindet wurde. Hellern war bis in die erste Hälfte des 20. Jh. hinein landwirtschaftlich geprägt und entwickelte sich dann, besonders nach 1945, zu einer Stadtrandwohnsiedlung von Osnabrück. Zur „Bauerngemeinde Hellern“ kamen so einerseits „Industriearbeiter, für die in Gestalt von Werkssiedlungen Wohnungen geschaffen wurden“, hinzu und andererseits „solche Osnabrücker Beamten [sic], Angestellte und Geschäftsleute, die außerhalb wohnen wollten“.2 1821 lebten etwa 480 Menschen in Hellern, 1885 gut 1.030 (davon knapp 960 ev.), 1950 dann rund 2.360 und 2016 gut 6.960.

Kirche, Ansicht von Südwesten

Kirche, Ansicht von Südwesten

Kirchlich gehörten Hellern und Hörne bis zur ersten Hälfte des 15. Jh. zur Osnabrücker Katharinengemeinde, Hellern spätestens ab 1442 dann zu St. Marien. Seit 1898 zählten die Gebiete links (südwestlich) des Flüsschens Düte zur neu gegründeten KG Hasbergen.3 Für die wenigen kath. Familien war die Dompfarrei zuständig, für die ref. die Bergkirchengemeinde.4 Nach Ende des Zweiten Weltkriegs erhielten die ev. und die kath. Gemeinden jeweils eigene Kirchen in Hellern: 1955 wurde die ev. Martinskirche eingeweiht, 1956 die kath. St. Wiho-Kirche.5 Im Jahr 1960 lebten im Gebiet der KG Hellern knapp 2.500 Lutheraner, etwa 800 Katholiken und rund 300 Reformierte.6
Nach Kriegsende hatten die Pfarrer der Mariengemeinde in Hellern zunächst Gottesdienste in der Trauerhalle des Krematoriums am Heger Friedhof gehalten, seit 1954 dann in der Pausenhalle der Schule. Für die Betreuung der Gemeinde war P. Erwin Müller (amt. 1948–1972) von der Mariengemeinde zuständig. In Hellern gründete sich ein Kirchenbauausschuss, der zusammen mit dem KV St. Marien den Bau eines eigenen Gotteshauses und die Gründung einer eigenständigen KG vorantrieb. Nach der Grundsteinlegung im Juni 1955 konnte der KV der Mariengemeinde dem Landeskirchenamt bereits im Dezember des gleichen Jahres die Fertigstellung melden: „Die Kirche soll den Namen ‚Martinskirche‘ erhalten. Die Begründung liegt darin, dass Hellern vor dem Martinitor in Osnabrück und an der Verlängerung der Martinistraße liegt.“7 Am vierten Advent 1955 feierte die Gemeinde die Einweihung; in seiner Predigt bezog Sup. Heinrich Grimm den Namen der neuen Kirche eher auf Martin Luther.
Knapp ein Jahr später, zum 1. Oktober 1956, gründete sich die eigenständige „Ev.-luth. KG Hellern“. Sie setzte sich zusammen aus Gebieten, die zuvor zur Mariengemeinde (Hellern), zur Katharinengemeinde (Hörne) und zur KG Hasbergen (Hellern und Hörne südwestlich der Düte) gehört hatten.8 Die neu eingerichtete Pfarrstelle der Gemeinde übernahm Sup. a. D. P. Franz Chappuzeau (amt. 1956–1964). Ein Kirchenchor hatte sich in Hellern bereits 1955 gegründet, noch vor der Grundsteinlegung der Kirche; der Posaunenchor folgte 1959. Der als südlicher Anbau des Kirchengebäudes errichtete Gemeindesaal erwies sich schnell als zu klein und Anfang der 1960er Jahre plante die Gemeinde eine Erweiterung. Das Gemeindehaus konnte 1967 eingeweiht werden.

Orgel im Bau, 1959/60

Orgel im Bau, 1959/60

Die ref. Gemeinde, deren Glieder ebenfalls für den Kirchenbau gespendet hatten, nutzte die Martinskirche in den 1960er Jahren etwa einmal im Monat. Seit Anfang der 1970 tauschten der ref. Pfarrer der Bergkirche und der luth. Pfarrer in Hellern jeden Monat einmal die Kanzeln.9 Auch das seit 1972 erscheinende Gemeindeblatt „Martinsbote“ richtete sich ursprünglich sowohl an die luth. als auch an die ref. Gemeinde in Hellern. Die Gemeinde eröffnete 1969 einen ev. Kindergarten, der nach einem provisorischen Beginn im Gemeindehaus 1972 einen Neubau bezog.10 Im Jahr 2011 übernahm die KG zudem die Trägerschaft der Kinderkrippe Finkennest (seit 2014 ist der KK Osnabrück Träger beider Einrichtungen).
Im Jahr 2007 gründete sich die „Stiftung Martinskirche“, um der Gemeinde langfristig eine ganze Pfarrstelle zu erhalten. Der Stellenplan sieht für Hellern seit 2008 eine Dreiviertelstelle vor; das verbleibende Viertel will die Gemeinde selbst finanzieren. Zudem unterstützt bereits seit 1990 ein Förderverein das kirchliche Leben in der Gemeinde. Zum 1. Juli 2015 verließ die KG Hellern den Gesamtverband Osnabrück.11
Zum 1. Januar 2024 fusionierte die KG Hellern mit der Bonnus-KG Osnabrück; gemeinsam gründeten beide die neue Emmaus-KG Osnabrück.12

Umfang
KG Hellern Gebiet

Gebiet der KG Hellern

Der Osnabrücker Stadtteil Hellern.

Aufsichtsbezirk

Mit Gründung der KG 1956 zum KK Osnabrück.

Kirchenbau

Rechteckbau mit Satteldach, errichtet 1955 (Architekten: Heinz C. Däke, Georgsmarienhütte, und Hermann Simon, Osnabrück). Weiß verputztes Mauerwerk, Gebäudeecken im unteren Teil aus Quadersteinen. Hohe, flachgewölbte Fenster, Rundfenster in Altarwand; dreigeteilte Fenster in Westwand; rundbogiges Portal nach Westen. An der Südseite schließt sich das Gemeindehaus an (ursprünglich nur kleiner Quertrakt, 1967 und 1987/88 erweitert). Im Innern flachgewölbte, holzverschalte Decke, Westempore. Innenrenovierung 1973 (u. a. Neugestaltung Altarraum). Renovierung 1997/98 (u. a. neue Decke).

Fenster

Farbiges Rundfenster in Ostwand (u. a. Taube des Heiligen Geistes), Geschenk der politischen Gemeinde. Buntglasfenster in Westwand.

Turm

Rechteckturm an Nordwestecke. Pyramidendach mit hoher, offener Laterne, bekrönt mit Kugel und Kreuz. Rechteckige, dreigeteilte Schallfenster im Glockengeschoss.

Ausstattung

Schlichter Altartisch (1973, Heinz Heiber, Nürnberg), hölzerne Mensa auf gemauertem Stipes. – Niedrige Holzkanzel (1973, Heinz Heiber, Nürnberg). – Schlichter Taufstein (Sandstein), kelchförmiges Becken, achteckiger Fuß. – Hölzernes Kruzifix (1975, Heinz Heiber, Nürnberg), „Standkreuz als Lastenträger“.13 Ehemalige Ausstattung: Sandsteinkreuz außen vor dem Fenster des Westgiebels.

Orgel

Zunächst Harmonium. Orgelneubau 1959, ausgeführt von Firma Alfred Führer (Wilhelmshaven), 13 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen (Orgelweihe 13. März 1960).

Geläut

Drei LG, I: g’, Inschrift: „O Land, Land, Land, höre des Herrn Wort“; II: b’, Inschrift: „Kommt, denn es ist alles bereit“; III: c’’, Inschrift: „Unser täglich Brot gib uns heute“ (alle Stahl, Gj. 1955, Bochumer Verein).

Weitere kirchliche Gebäude

Pfarrhaus (Bj. 1956). – Gemeindehaus (Bj. 1967, erweitert 1987/88), schließt sich südlich an die Kirche an. – Kindergarten (Bj. 1972).

Friedhof

Heger Friedhof (kommunal).

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

E 9 Nr. 700–704 (Amt für Bau- und Kunstpflege); L 5f Nr. 306–307, 932 (LSuptur. Osnabrück).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1957
Trauungen: ab 1957
Begräbnisse: ab 1957
Konfirmationen: ab 1957

Früher siehe Osnabrück, St. Marien.

Literatur

A: Poppe-Marquard, Kirchenchronik, S. 212–215; Weichsler, Hdb. Sprengel Osnabrück, S. 33; Wrede, Ortsverzeichnis Fürstbistum Osnabrück I, S. 231–233.

B: Hellern. Chronik von Hellern, hrsg. vom Bürgerverein Hellern, 2 Bde., Osnabrück 1972–2003 (Bd. I: Fritz Meyer-Waldheim: Hellern. Geschichte einer Stadtrandgemeinde), Bd. I bes. S. 100–102, Bd. II bes. S. 48–51; Martinskirche Hellern. 30 Jahre. 1955–1985, hrsg. vom Kirchenvorstand der Martinskirche, Osnabrück 1985.


Fußnoten

  1. Möser, Werke VIII, Nr. XC (S. 130).
  2. LkAH, L 5f, Nr. 306 (Visitation 1960).
  3. Zur Geschichte der KG vgl. Martinskirche, [S. 28 ff.].
  4. Wrede, Ortsverzeichnis Fürstbistum Osnabrück I, S. 232, 255; Hellern Bd. I, S. 52 f.
  5. Hellern, Bd. I, S. 100 ff.
  6. LkAH, L 5f, Nr. 306 (Visitation 1960).
  7. LkAH, B 2 G 9/Hellern Bd. I, Bl. 6.
  8. KABl. 1956, S. 149.
  9. LkAH, L 5f, Nr. 306 (Visitation 1966, Visitation 1972).
  10. Koch, Heimat, S. 105 f.
  11. KABl. 2015, S. 146.
  12. KABl. [in Vorbereitung].
  13. Hellern, Bd. II, S. 50.