Frühere Gemeinde | KapG der KG Rheden | Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Hildesheimer Land-Alfeld, Amtsbereich Elze | Patrozinium: vielleicht Cosmas und Damian1| KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte
Heinum, Kirche, Nordosten

Kirche, Blick von Nordosten, 2023, Foto: Sonja Schoske, CC BY-SA 3.0 de

Das Dorf wird urkundlich erstmals im Jahr 1255 als Heynen erwähnt.2 Im Jahr 1321 besaß das Hildesheimer Kloster St. Michael in Heynem einen Hof mit vier Hufen Land (iiii mansos cum curia).3 Wesentlicher Grundbesitzer waren jedoch die Herren von Rehden, deren Heinumer Güter überwiegend Lehen der Bf. von Hildesheim waren. Die Herren von Rehden hatten auch die Niedergerichtsbarkeit inne.4 Das Dorf Heinum zählte zur Niederen Börde im Amt Winzenburg des Hochstifts Hildesheim und fiel zusammen mit den übrigen Amtsdörfern nach Ende der Hildesheimer Stiftsfehde (1519–1523) an das welfische Teilfsm. Braunschweig-Wolfenbüttel. Im Winzenburger Erbregister von 1578 heißt es „Das dorff Heinem, da haben die von Rheden das Unter Gerichte in dem dorffe und 120 Werckschue draußen, ohne die freÿen Landstraßen, und auf Ill[ustrissi]mi M[eines] G[nädigen] F[ürsten]5 Herrn dienstpflichtigen Höeffen, auch über dieselbige Dienst leüthe haben Sie nichts zu gebiethen.“6 Mit der Restitution des Großen Stifts kehrte Heinum 1643 zurück unter die Landesherrschaft des Bf. von Hildesheim. Die Dörfer der Niederen Börde kamen 1690 zum Amt Gronau. Nach den Bestimmungen des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 fiel das Gebiet des Hochstifts an das Kgr. Preußen. In den Jahren des französischen Satellitenkgr. Westphalen (1807–1813) zählte Heinum zum Kanton Gronau im Distrikt Hildesheim des Departements Oker. Danach zählte das Dorf, nun im Kgr. Hannover, wieder zum Amt Gronau. Nach der preußischen Annexion von 1866 blieb die Ämterstruktur zunächst bestehen; bei der Einführung der Kreisverfassung 1885 kam Heinum zum neuen Kr. Gronau (1932 Kr. Alfeld, 1977 Lkr. Hildesheim). 1974 wurde der Ort nach Rheden eingemeindet, das Teil der Samtgemeinde Gronau (Leine) war (2016 nach Gronau eingemeindet und Teil der Samtgemeinde Leinebergland). Die ländlich geprägte Straßensiedlung besaß von 1792 bis 1898 eine Ziegelei.7 Um 1810 lebten etwa 130 Menschen in Heinum, 1939 gut 140 und 2016 knapp 170.

Kapelle, Ansicht von Südwesten, 1935

Kapelle, Ansicht von Südwesten, 1935

Ältestes Zeugnis der örtlichen Kirchengeschichte ist das Kapellengebäude, dessen Westteil wohl auf das 13. Jh. zurückgeht. Das Dorf war keine eigenständige Pfarrgemeinde, sondern gehörte wohl auch in vorref. Zeit zum Kirchspiel Rheden. Eine Inschrift am östlichen Teil der Kapelle erinnert an Umbau und Vergrößerung des Gebäudes Anfang des 16. Jh. Zusammen mit der Muttergemeinde wechselte Heinum 1542/68 zur luth. Lehre. In den Berichten zur Visitation 1542 ist Heynen neben Wallenstede als „die andre filia der pfar zu Reden“ genannt (Tochtergemeinde).8 Im Winzenburger Erbregister von 1578 ist der Landbesitz verzeichnet: „Die Capelle hat 12 morgen“.9
Im Rechnungsbuch der KapG findet sich aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges der Eintrag „die Glocke zu Theile weggenommen, alß hatt eine Annere und Neue Nothwendig“ (1639).10 Vermutlich hatten kaiserliche Truppen die Glocke zerschlagen und einige Bruchstücke verkauft. P. Warnerus Oporinus (amt. 1607–1643) ließ 1639 unter Verwendung der Glockenreste in Hildesheim eine neue Glocke gießen. Mitten im Dreißigjährigen Krieg erhielt sie die Inschrift pax Jesv fac in orbe redvx vigeat petite omnes (Jesus, bewirke, dass Friede im Erdkreis wieder einziehe und erstarke, bittet alle darum).11
Ähnlich wie in der einige Kilometer entfernt liegenden Kapelle Lübbrechtsen haben sich in Heinum mehrere Totenkronenkonsolen erhalten, vorwiegend aus der ersten Hälfte des 19. Jh. Totenkronen dienten bei der Beerdigung von Kindern und Unverheirateten als Sargschmuck und fanden dann ihren Platz auf einer entsprechenden Konsole an den Wänden der Kapelle oder Kirche. Nachdem die Heinumer Konsolen lange Jahre auf dem Kapellenboden lagerten, hängen sie mittlerweile wieder in der Kirche.12
Zum 1. Juni 2000 löste sich die KapG Heinum auf, Rechtsnachfolgerin wurde die KG Rheden.13

Umfang

Das Dorf Heinum.

Patronat

Herren von Rehden zu Rehden.14

Kirchenbau
Kapelle, Grundriss, vor 1939

Kapelle, Grundriss, vor 1939

Einschiffiger Rechteckbau, Westteil 13. Jh., Ostteil wohl 1503 (schwer lesbare Bauinschrift). Satteldach, verputztes Bruchsteinmauerwerk, Rechteckfenster und Spitzbogenfenster; in Ostwand unterhalb des Fensters Nische mit Bauinschrift: „A[nno] D[omini] M d jjj jn vigil[i]a cosme [et] damiani“ (Im Jahr des Herrn 1503 am Tag vor Cosmas und Damian)15, Rechteckportal im Südwesten. Im Innern flache Balkendecke, Emporen an West- und Südseite.

Fenster

Zwei ornamentale Glasfenster, gestiftet 1907 von Elfriede von Rheden (wohl Firma Henning & Andres, Hannover). Innenrenovierung 1908 (Weihekreuze an Wänden des Ostteils restauriert und ergänzt). Instandsetzung 1961.

Turm

Viereckiger, verschieferter Dachreiter mit Zeltdach über Westgiebel, bekrönt mit Kugel und Kreuz, 18. Jh.

Heinum, Kirche, Innenraum

Innenraum der Kirche, Blick zum Altar, 2023, Foto: Sonja Schoske, CC BY-SA 3.0 de

Ausstattung

Vorref. Altarmensa aus Sandstein, mit drei Weihekreuzen; auf der linken Schmalseite Graffito, schwer lesbar, möglicherweise „M vᶜ x ii Alfert“ (1512 Alfert).16 – Altarretabel (um 1660), flachbogiges Mittelfeld mit geschnitztem Kruzifix, flankiert von korinthischen Säulen, über dem Gebälk zwei kleine Engelsfiguren und gesprengter Giebel; in Predella Inschrift „Renovat[um] 1726 – 1908“ (Erneuert 1726 und 1908); Mittelfeld ursprünglich mit Bild, Kruzifix früher vor Giebelfeld. – Kanzel an Nordwand (um 1600), Wandungen verziert mit aufgeklebten Holzschnitten, die „aus größeren Blättern willkürlich ausgeschnitten sind“.17 – Taufstein, viereckiges Becken auf viereckigem Schaft mit geböschtem Sockel. – Vier geschnitzte Figuren (wohl 15. Jh., zwei Engel, Anna selbdritt, Bischof). – Mehrere Totenkronenkonsolen bzw. -kästen (19. Jh.). – Grabstein von Johann Kristian Vilibs (?) (1770–1834), aufgestellt außen an der Ostwand der Kapelle.

Orgel

1965 Neubau von Ludwig Hoffmann (Betheln), 3 I/aP, mechanische Traktur, Schleifladen.

Geläut

Eine LG e’’ (Bronze, Gj. 1639, Heinrich Quenstedt, Hildesheim), Inschriften: „Tile Sivers und Bartold Norden p[ro] t[empore] Altarleut zu Heinen. M[eister] Hinrich Quenstedt in Hildesheimb goes mich 1639“ und „Anno pax Jesv fac in orbe redvx vigeat petie omnes. Warnerus Oporinus P[astor] eccl[es]i[ae] Rhed[enae]“ (Im Jahr 1639: Jesus, bewirke, dass Friede im Erdkreis wieder einziehe und erstarke, bittet alle darum. Werner Oporinus, Pastor der Rhedener Kirche).18 – Früherer Bestand: Eine LG, 1639 zerschlagen und teilweise geraubt, unter Verwendung der Reste Neuguss heutiger LG.

Friedhof

Ehemaliger kirchlicher Friedhof rund um die Kapelle, bis in die zweite Hälfte des 20. Jh. genutzt, eingeebnet, einige historische Grabsteine erhalten (ältester 17. Jh.). Neuer, kommunaler Friedhof südwestlich des Dorfes, FKap. (Bj. 1967).

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 9441 (Pfarroffizialsachen); D 22b (EphA Elze); D 122a (KapA Heinum); S 11a Nr. 7957 (Findbuch PfA).

Literatur

A: Jürgens u. a., KD Kr. Alfeld II, S. 143–146.

B: Johannes Hahn & Konstanze Weinmeister: Die Samtgemeinde Gronau (Leine). Ein Bildband, Leipzig 2013, bes. S. 47–49.

Weitere Bilder

Fußnoten

  1. Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien I, S. 109.
  2. UB HS Hildesheim II, Nr. 964. Zusammen mit Wallenstide und Dothessem (Wallenstedt und Dötzum).
  3. UB HS Hildesheim IV, Nr. 638 (S. 351). 1331/33 nur noch eine Hufe (ebd. Nr. 1155, S. 622 und Nr. 1336, S. 727).
  4. Rheden-Dohna, Rittersitze, S. 71.
  5. Gemeint ist Hzg. Julius von Braunschweig-Lüneburg, Fs. von Braunschweig-Wolfenbüttel.
  6. Junker, Winzenburger Erbregister, S. 568.
  7. Hahn/Weinmeister, S. 49.
  8. Kayser, Kirchenvisitationen, S. 226.
  9. Junker, Winzenburger Erbregister, S. 569.
  10. Zit. nach LkAH, S 9/Rheden (Material der Geschichtswerkstatt Rheden, 2009).
  11. DI 88, Landkreis Hildesheim, Nr. 391 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di088g016k0039109.
  12. Jürgens u. a., KD Kr. Alfeld II, S. 145: „auf dem Kapellenboden“ (1939).
  13. KABl. 2000, S. 9.
  14. Jürgens u. a., KD Kr. Alfeld II, S. 143.
  15. DI 88, Landkreis Hildesheim, Nr. 85 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di088g016k0008502.
  16. DI 88, Landkreis Hildesheim, Nr. 100 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di088g016k0010004.
  17. Jürgens u. a., KD Kr. Alfeld II, S. 144.
  18. DI 88, Landkreis Hildesheim, Nr. 391 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di088g016k0039109. Die fett hervorgehobenen Buchstaben x, i, v, c, i, d, v, x, v, i, i und m ergeben als römische Ziffern gelesen addiert 1639.