Frühere Gemeinde | KapG der KG Lachem | Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Hameln-Pyrmont | Patrozinium: kein mittelalterliches Patrozinium bekannt1 | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Schriftlich ist der Ort erstmals in einer Urkunde aus dem Jahr 1289 belegt: Gf. Gerhard I. von Schauenburg († um 1352/53) übertrug dem Kloster Rinteln zwei Höfe in Haverbeke.2 Das Dorf gehörte zur Gft. Schaumburg (Vogtei Lachem im Amt Schaumburg). Bei Aufteilung des Erbes der in männlicher Linie ausgestorbenen Gf. von Schaumburg fiel Lachem 1640/47 an die welfischen Hzg. zu Braunschweig-Lüneburg; Haverbeck zählte zur nunmehrigen Amtsvogtei Lachem im Fsm. Calenberg-Göttingen (1692: Kfsm. Braunschweig-Lüneburg bzw. Kurhannover).3 In französischer Zeit gehörte Haverbeck von 1810 bis 1813/14 zum Kanton Aerzen im Distrikt Rinteln des Leinedepartements im Kgr. Westphalen. Danach war Haverbeck, nun im Kgr. Hannover, zunächst wieder Teil des Amtes Lachem, das 1823 im neuen Amt Hameln aufging. Mit der Annexion des Kgr. Hannover fiel Haverbeck 1866 an das Kgr. Preußen. Seit Einführung der Kreisverfassung 1885 gehörte der Ort zum Kr. Hameln, der 1922 im Lkr. Hameln-Pyrmont aufging. 1928 wurde das Gut Helpensen nach Haverbeck eingemeindet und zum 1. Januar 1973 wurde Haverbeck nach Hameln eingemeindet. Um 1810 lebten etwa 300 Menschen in Haverbeck, 1903 gut 400, 1939 knapp 390, 1950 rund 820 und 2016 gut 750.

Kapelle, Ansicht von Südosten, 1936

Kapelle, Ansicht von Südosten, 1936

Kirchlich zählte Haverbeck ebenso wie Lachem und Fuhlen ursprünglich wohl zur Parochie Hemeringen und kam dann zur neuen Pfarrei Lachem.4 Laut Bauinschrift über dem Südfenster stammt die kleine Kapelle in Haverbeck aus dem Jahr 1495. Wohl ebenfalls in dieser Zeit entstand, vielleicht im Kreis des Lübecker Malers Hermen Rode, der Haverbecker Flügelaltar, der sich seit Ende des 19. Jh. im Landesmuseum Hannover befindet.5 Das Dorf gehörte bis in die erste Hälfte des 16. Jh. zum Kirchspiel Lachem, dann wechselte es zur Parochie Hemeringen – angeblich, weil der Lachemer Priester Heseling (oder Hesching) sich während eines Pestausbruchs geweigert hatte, die Kranken des Dorfes zu besuchen und stattdessen ins Kloster Oberkirchen geflohen war. So notierte es rund hundert Jahre später der Lachmer P. Johannes Cunovis (amt. 1645–1647).6 Der Hemeringer Priester soll die Seelsorge in Haverbeck (und Halvestorf) unter der Bedingung übernommen haben, dass die beiden Dörfer fortan zu seinem Kirchspiel zählten.
Die luth. Lehre übernahm die KapG Haverbeck vermutlich zusammen mit der Muttergemeinde Hemeringen, als Gf. Otto IV. († 1576) 1559 die Reformation in der Gft. Schaumburg einführte.7 Der erste namentlich bekannte Altarmann (Kapellenvorsteher) war der 1610 bis 1621 belegte Hans Schuttmann.8 Einen eigenen Lehrer hatte Haverbeck vermutlich seit der Mitte des 17. Jh., der erste war vermutlich der Küster Tönnies Loman († 1658); nach seinem Tod übernahm zeitweise seine Frau das Amt (in den Kirchenrechnungen Hemeringens finden sich 1659 Ausgaben für die „Schulmeisterin“ in Haverbeck).9 Ein eigenes Schulhaus wurde 1761/62 errichtet.
Gegen den Widerstand der Gemeinde und des Hemeringer P. Bernhard Alberti (amt. 1659–1687) verlegte das Konsistorium Hannover die Kapelle Haverbeck 1660 zurück zum Kirchspiel Lachem, um das Einkommen der dortigen Pfarre zu verbessern. Pastor und Gemeinde hatten gewarnt, dass „solche Dismembration viel incommoditeten, inconvenientien etc. mit sich führen würde“.10

Kapelle, Blick zum Altar, 1936

Kapelle, Blick zum Altar, 1936

Im Corpus bonorum der Kirche Lachem aus dem Jahr 1734 fasste P. Jobst Andreas Hemerling (amt. 1724–1752) auch seine Pflichten in der Kapelle Haverbeck zusammen: „Ordinair wird alle Jahr viermahl darinn gepredigt als auf den letzten Weÿnachts- Oster- und Pfingst-Feÿertagen und am Michaelis Feste wird die Quartal Predigt daselbst des Nachmittags gehalten sonsten wird darinn nicht gepredigt als nur beÿ Beerdigung der Leichen aus dasigem Dorffe“.11 P. Johann Anton Schaer (amt. 1774–1780) nennt 1779 zudem wöchentliche Betstunden am Mittwochmorgen.12 Die Mittwochsandachten waren bis zur zweiten Hälfte des 20. Jh. weggefallen, am Gottesdienstrhythmus hingegen hatte sich bis ins 20. Jh. kaum etwas geändert, nur dass die Predigten 1888 an den zweiten und 1939 an den ersten Feiertagen stattfanden.13 P. Edwin Wegner (amt. 1949–1971) führte monatliche Gottesdienste ein und seit 1977 fand alle zwei Wochen ein Gottesdienst statt. Zudem versammelte sich seit Ende des Zweiten Weltkriegs auch regelmäßig die kleine kath. Gemeinde zur Messe in der Kapelle Haverbeck, bis 1966 die kath. Kirche in Hemeringen eingeweiht wurde.14
Der KapV Haverbeck scheint stets Teil des KV Lachem gewesen zu sein: 1888 waren die beiden Mitglieder des Lachemer KV aus Haverbeck und Helpensen gleichzeitig Vorsteher der Kapelle und auch 1908 setzte sich der KV Lachem aus je zwei Gliedern der KG Lachem und der KapG Haverbeck zusammen.15 1973 gehörten dem sechsköpfigen KV zwei Mitglieder aus Haverbeck an, die gleichzeitig Kapellenvorsteher waren.16 Die Auseinandersetzung von Kirchen- und Schulvermögen kam in Haverbeck erst im Dezember 1950 zu einem Abschluss.17
Im Zuge der Fusion der KG Lachem und Hemeringen zur neuen KG Hemeringen-Lachem löste sich die KapG Haverbeck zum 1. Januar 1974 auf.18

Umfang

Haverbeck.

Patronat

Der Landesherr (bis 1871).

Kirchenbau
Kapelle, Grundriss, 1937

Kapelle, Grundriss, 1937

Kleiner Saalbau mit halbrundem Chorschluss, erbaut 1495. Satteldach, über dem Chor Rundwalm, mit Sandsteinplatten gedeckt. Bruchsteinmauerwerk. Nach Süden ein Spitzbogenfenster und ein gekuppeltes Spitzbogenfenster, darüber Bauinschrift: „Anno d[o]m[ini] M CCCC XCV“ (Im Jahr des Herrn 1495), nach Norden ein gekuppeltes Spitzbogenfenster sowie spitzbogiges Portal mit Freitreppe, am Chor Spitzbogenfenster nach Südosten, Fenster und Portal mit Sandsteingewänden; am Westgiebel zwei Schlitzfenster. Im Innern flache Balkendecke; L-förmige Empore an West- und Südseite (17. Jh.), Kastensitz an der Nordseite; an Südseite des Chors Wandnische, ehemals mit Piscina. 1956 Instandsetzungsarbeiten, Blitzableiter angebracht. 1971 Innenrenovierung. Um 2010 Renovierung.

Turm

Über dem Westgiebel vierseitiger, verschieferter Dachreiter, Helm mit vierseitigem Ansatz und achteckiger Spitze, bekrönt mit Kreuz. Je ein spitzbogiges Schallfenster nach Norden und Süden, Uhrziffernblätter nach Westen und Osten. 1919 Dachreiter erneuert.

Ehemaliger Altaraufsatz, Flügelaltar, Mitteltafel: Kreuzigung Christi, 1936

Ehemaliger Altaraufsatz, Flügelaltar, Mitteltafel: Kreuzigung Christi, 1936

Ausstattung

Blockaltar mit gemauertem Stipes und Mensa aus Sandstein (1970); vorref. Mensa (mit fünf Weihekreuzen) 1970 entfernt. – Neugotisches, hölzernes Altarretabel (1897), verziert mit Fialen; oberhalb der Predella vier runde Schnitzreliefs: Abel, Melchisedek, Isaak und Aaron, als Bekrönung Kruzifix (Korpus aus Gips), darunter Christusmonogramm. – Hölzerner Kanzel (dat. 1572) mit Schalldeckel (dat. 1586), farbig gefasst, an den Wandungen Rundbogenblenden und Querrechteckfelder; über der Kanzeltür Inschrift „A[nn]o 1692 P[astor] L[aurentius] G[arben]“; Kanzel eingebaut in Kastensitz an der Nordseite des Schiffs. – An der Brüstung vor der ersten Bankreihe zwei gemalte Wappen (um 1690), „Adolff Christoff v[on] Megersheimb“ und „Leveke Catharine von Campen“, ursprünglich am Predigersitz, 1970 ins neue Gestühl eingesetzt. – Ehemalige Ausstattung: Flügelaltar mit gemalten Passionsszenen (zweite Hälfte 15. Jh., wohl Werkstatt Hermen Rode, Lübeck), im Mittelfeld Kreuzigungsszene, auf dem linken Flügel Geißelung und Kreuztragung, auf dem rechten Flügel Kreuzabnahme und Auferstehung; auf der Außenseite der Flügel Mariä Verkündigung; Retabel 1897 an das Provinzialmuseum Hannover abgegeben (heute Landesmuseum Hannover, Inventar-Nr. PAM 721).19 – Predigersitz im Chorraum.

Orgel

1936 Harmonium gestiftet von Lehrer Karl Gölitz.

Geläut

Eine LG, d’’ (Bronze, Gj. 1879, F. Dreyer, Linden bei Hannover), Inschrift: „Mich goss F. Dreyer in Linden vor Hannover 1879“ und „Gemeinde Haverbeck“. – Früherer Bestand: Eine Glocke (Bronze, Gj. 1676), um 1878/79 gesprungen und zu jetziger LG umgegossen.20

Friedhof

Ursprünglich kirchlicher Friedhof rund um die Kapelle, genutzt bis 1866. Kirchlicher Friedhof an der Nordwestecke des Dorfes, FKap.

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 6695, 6703–6704 (Pfarroffizialsachen); D 9 (EphA Hameln-Pyrmont); S 09 rep Nr. 1375 (Presseausschnittsammlung); S 11a Nr. 7730 (Findbuch PfA).

Literatur & Links

A: Bühring, KD Lkr. Hameln-Pyrmont, S. 270–273; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 660; Kayser, Inspektion Groß-Berkel, S. 114–120; Köhler & Gelderblom, Dorfkirchen, S. 75–76.
B: Chronik des Dorfes und der Vogtei Lachem, hrsg. von der Heimatgruppe Lachem, Lachem 1979, bes. S. 109–128; Otto Koppe: Chronik Haverbeck, [Haverbeck 1989], bes. S. 186–203.
Internet: Bildindex der Kunst & Architektur: Kapelle; Passionsaltar, Mittelbild.

Weitere Bilder

Fußnoten

  1. Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien I, S. 206.
  2. Aspern, Codex, Nr. 183. UB Rinteln, Nr. 42 und Nr. 43.
  3. Schmidt, Grafschaft Schaumburg, S. 30 und S. 71.
  4. Koppe, S. 186.
  5. Koppe, S. 190 ff.
  6. Kayser, Inspektion Groß-Berkel, S. 115; Koppe, S. 193 (dort ist P. Cunovis irrtümlich als „Hemeringer Pastor“ bezeichnet).
  7. Vgl. dazu: Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 7,2,2, S. 29 ff.
  8. Koppe, S. 201. Bei Koppe findet sich ein Verzeichnis aller Älterleute (Olderlude) und Kapellenvorsteher, ebd. S. 201 ff.
  9. Koppe, S. 209. Zur Geschichte der Schule vgl. ebd., S. 204 ff.
  10. Zit. in Chronik, S. 110.
  11. LkAH, A 8, Nr. 234, Bl. 5v.
  12. Koppe, S. 196.
  13. Koppe, S. 197; LkAH, A 9 Nr. 1335, Bl. 35; LkAH, L 5a, Nr. 237 (Visitation 1939).
  14. Koppe, S. 197.
  15. LkAH, A 9 Nr. 1335, Bl. 43. Kayser, Inspektion Groß-Berkel, S. 117. Siehe auch Koppe, S. 202 f.
  16. LkAH, L 5a, Nr. 238 (Visitation 1973).
  17. Koppe, S. 202 f.
  18. KABl. 1974, S. 21.
  19. Koppe, S. 190 ff.
  20. Koppe, S. 200; LkAH, A 8, Nr. 234, Bl. 5v.