Frühere Gemeinde | KapG der KG Meine | Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Gifhorn | Patrozinium: Kein mittelalterliches Patrozinium bekannt1 | KO: Lüneburger KO von 1643

Orts- und Kirchengeschichte

Schriftlich ist der Ort erstmals in einer Urkunde aus dem Jahr 1291 belegt: Bf. Volrad von Halberstadt gestattete Heidenreich von Scharzfeld, Archidiakon von Meine, den Zehnten in Gravenhorst zu verkaufen.2 Das Dorf gehörte zum Papenteich (nachweislich 1489), der bei der welfischen Landesteilung von 1267/69 an das Teilfsm. Braunschweig gefallen war.3 Die Zugehörigkeit des Papenteichs – und damit auch Gravenhorsts – wechselte im 14./15. Jh. wiederholt zwischen den welfischen Teilfsm., bevor er 1428 endgültig an Lüneburg kam; das Gebiet bildete hier einen Teil des Amtes Gifhorn. Das welfische Teil Lüneburg fiel 1705 an das Kfsm. Braunschweig-Lüneburg (Kurhannover). In französischer Zeit gehörte Gravenhorst zum Kanton Rötgesbüttel im Distrikt Braunschweig des Departements der Oker im Kgr. Westphalen (1810-13). Danach war das Dorf wieder Teil des Amtes Gifhorn – unterbrochen lediglich durch die Zugehörigkeit zum kurzlebigen Amt Papenteich zu Gifhorn (1852–59) – und gehörte zunächst zum Kgr. Hannover, seit der Annexion von 1866 zum Kgr. Preußen. Bei Einführung der Kreisverfassung 1885 kam Gravenhorst zum Lkr. Gifhorn. Seit 1970 ist der Ort Teil der Samtgemeinde Papenteich und wurde 1974 nach Meine eingemeindet. Im Jahr 1821 lebten etwa 110 Menschen in Gravenhorst, 1905 rund 130, 1950 gut 210 und 2006 knapp 300.

Kapelle, Ansicht von Südwesten, nach 1897

Kapelle, Ansicht von Südwesten, nach 1897.

Ältestes Zeugnis der Gravenhorster Kirchengeschichte ist eine kleine gotische Glocke, die heute im Vorraum der Kirche in Meine hängt. Sie wurde im 13. oder 14. Jh. gegossen. Schriftlich lässt sich die Gravenhorster Kapelle erstmals im Lüneburger Pfründenregister von 1534 nachweisen. Dort heißt es: 1 Capelle to Fordorpe, 1 Capelle to Rotheßbüttell, 1 Capelle Wedeßbüttell, 1 Capelle Gravenhorsth horen alle to Meyne In.4 Es ist also davon auszugehen, dass Gravenhorst kirchlich auch in vorref. Zeit zu Meine gehört hatte. Zusammen mit der Muttergemeinde Meine war Gravenhorst wohl Ende der 1520er Jahre zur luth. Konfession gewechselt: Seit 1527 hatte Hzg. Ernst I., später der Bekenner genannt, die Einführung der Reformation im Fsm. Lüneburg betrieben. Das in diesem Jahr gedruckte Artikelbuch diente dabei, obwohl die Landstände es abgelehnt hatten, als Leitfaden.5 Der erste nachweisbare ev. Prediger in Gravenhorst war der im Pfründenregister als Pastor von Meine genannte P. Hinricus Kadenhusen.
In Gravenhorst und den übrigen Kapellen des Kirchspiels Meine fanden jährlich vier Gottesdienste statt. 1734 notierte P. Andreas Jacobus Weigel (amt. 1732–1769) im Corpus bonorum der KG Meine, dass in der Kapelle „quartaliter in der Woche gepredigt, auch denen alten und Schwachen leuten Zu gute communion gehalten“ werde.6 Der baufällige Fachwerkbau wurde 1896 abgebrochen und durch eine kleine neugotische Kapelle ersetzt. Der Neubau war Eigentum der Schulgemeinde und Ende der 1920er Jahren bemühte sich die KG Meine vergeblich, das Gebäude zu erwerben. Mangelnde Bauunterhaltung führte zu einem zunehmenden Verfall. 1958 bot daher der Schulvorstand der politischen Gemeinden Gravenhorst und Ohnhorst der Kirche Kapelle und Grundstück zum Kauf an. In einem Schreiben an das LKA Hannover wies der KV Meine darauf hin, dass zu erwarten sei, „dass der Erwerb des Gebäudes eines Tages auch von Seiten der Katholischen Gemeinde in Meine betrieben wird“, denn seit Ende des Zweiten Weltkriegs diente die Gravenhorster Kapelle auch ihr als Gottesdienststätte.7 Wegen des schlechten Zustands und der Haftung bei etwaigen Unfällen riet das LKA 1966 von einer Übernahme ab – auch auf dem Weg der Schenkung.8 Zu einer Sanierung der Kapelle kam es nicht mehr: 1966 wurde sie baupolizeilich gesperrt und in den 1970er Jahren abgebrochen.
In den Unterlagen zur Visitation der Meiner KG im Jahr 1973 bleibt die KapG Gravenhorst schon unerwähnt; ein KapV bestand nicht mehr.9 Zum 1. Oktober 1987 schließlich hob das LKA Hannover die KapG Gravenhorst formal auf.10

Ehemaliger Kapellenbau

Rechteckiger Fachwerkbau mit zentralem Dachreiter, 1896 abgebrochen. Als Ersatz: Rechteckiger, neugotischer Bau mit polygonalem Chor, errichtet 1896/97.11 Backsteinmauerwerk, im Innern gewölbter Chor. Die Kapelle befand sich 1958 in einem „sehr schlechten, baulichen Zustand“12, wurde 1966 baupolizeilich gesperrt und in den 1970er Jahren abgebrochen.

Kapelle, Blick zum Altar, nach 1897

Kapelle, Blick zum Altar, nach 1897.

Ausstattung

Altar mit vorref. Mensa (Weihekreuze, Reliquiengrube), Verbleib nach Abriss der Kapelle nicht bekannt. – Kanzel (wohl Anfang 19. Jh.), Verbleib nicht bekannt. – Dreiflügeliger Altaraufsatz mit geschnitzten Figuren (um 1514/16 oder 1524), im Mittelschrein Maria mit Jesuskind sowie St. Erasmus und St. Katharina, in den Seitenflügeln zwölf Apostel, fünf weitere Figuren in der Predella; Altar wurde um 1896 ohne Wissen oder Genehmigung der Denkmalbehörde zusammen mit einem romanischen Kruzifix an einen Antiquitätenhändler verkauft; gelangte nach Großbritannien, Verbleib unklar.13

Geläut

Zwei LG, I: h’’ (Bronze, Gj. 13./14. Jh.) ohne Inschrift; im Zweiten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgeliefert, nicht eingeschmolzen und im April 1948 zurück in Gravenhorst, allerdings beschädigt; 1967 repariert (Firma Lachenmeyer, Nördlingen), um 1970 in FKap Meine, erneut geborsten; jetzt im Vorraum der Kirche in Meine aufgehängt; II: f’’’ (Bronze, Gj. 13./14. Jh.), ohne Inschrift, 1970 gestohlen.

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

D 40 (EphA Gifhorn); S 11a Nr. 7889 (Findbuch PfA). – NLA Hannover: Hann. 74 Gifhorn Nr. 4017 (Bau- und Reparationssachen der Kapellen zu Gamsen, Gravenhorst, Röttgesbüttel, Vordorf und Wedesbüttel); Hann. 83 II Nr. 2040 (Reparatur der Kapelle zu Gravenhorst, 1822).

Literatur

A: Kiecker/Lütgens, KD Kr. Gifhorn, S. 151–152; Mithoff, Kirchen und Kapellen Lüneburg, S. 376; Mithoff, Kunstdenkmale V, S. 83; Rund, Ortsverzeichnis Lkr. Gifhorn, S. 97–98.


Fußnoten

  1. Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien II, S. 24.
  2. UB HS Halberstadt II, Nr. 1570.
  3. Zum Papenteich vgl. knapp: Rund, Ortsverzeichnis Lkr. Gifhorn, S. 172 ff.; zu den welfischen Landesteilung 1267/69 Pischke, Landesteilungen, S. 35 ff. Die Gf. von Wohldenberg besaßen Grafschaftsrechte im Papenteich, die sie 1338 an die Welfenherzöge verkauften und als Lehen zurück erhielten.
  4. Salfeld, Pfründenregister, S. 98.
  5. Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 6,1, S. 484 und 492 ff.
  6. LkAH, A 8, Nr. 281, Bl. 10r.
  7. LkAH, B 2 G 9/Gravenhorst Bd. I, Bl. 3 (Ev.-luth. Pfarramt Meine an LKA, 17.04.1958).
  8. LkAH, B 2 G 9/Gravenhorst Bd. I, Bl. 22 (LKA an KapV Gravenhorst, 19.08.1966).
  9. LkAH, L 5a, Nr. 1692 (Visitation 1973).
  10. KABl. 1987, S. 123.
  11. Angeblich ein „Haase-Bau“, vgl. LkAH, B 2 G 9/Gravenhorst Bd. I, Bl. 21.
  12. LkAH, B 2 G 9/Meine Bd. I, Bl. 69.
  13. Kiecker/Lütgens, KD Kr. Gifhorn, S. 152.