Sprengel Lüneburg, KK Gifhorn | Patrozinium: Epiphanias | KO: Lüneburger KO von 1643
Orts- und Kirchengeschichte
Die beiden nördlich von Gifhorn gelegenen Dörfer lassen sich schriftlich erstmals im 12. und 13. Jh. nachweisen: Kästorf ist 1152 in einer Urkunde Bf. Bernhards von Hildesheim als Ketesdorp erwähnt und Gamsen 1213 in einer Urkunde Ks. Ottos IV. als Gaminhusen.1 Kästorf gehörte zu jenen Dörfern, mit denen Liemar von Flechtorf 1152 das von ihm gestiftete Benediktinerkloster Neubokel ausstattete.2 Gamsen und Kästorf zählten zum Amt Gifhorn im welfischen Teilfsm. Lüneburg, das 1705 an das Kfsm. Braunschweig-Lüneburg (Kurhannover) fiel. In französischer Zeit gehörten beide Dörfer von 1810 bis 1813 zum Kanton Gifhorn (Distrikt Celle, Departement der Aller, Kgr. Westphalen). Danach kamen sie wieder zum Amt Gifhorn, zunächst im Kgr. Hannover und nach der Annexion von 1866 im Kgr. Preußen. Seit Einführung der Kreisverfassung 1885 gehören Gamsen und Kästorf zum Lkr. Gifhorn, 1974 wurden sie in die Stadt Gifhorn eingemeindet. Bis ins 19. Jh. waren die Haupterwerbsquellen der Bewohner Land- und Forstwirtschaft sowie Torfabbau. Die Eröffnung der Oberallertalbahn Gifhorn–Celle (1913–1981/83) und eine verhaltene Industrialisierung (Baustoffindustrie) veränderten die dörflichen Strukturen im 20. Jh. ebenso wie die zunehmende Siedlungstätigkeit. In Gamsen lebten 1821 gut 400 Menschen, 1905 etwa 650, 1950 gut 1.770 und 2017 knapp 5.240. In Kästorf lag die Bevölkerungszahl jeweils zu den gleichen Stichjahren bei gut 210, gut 590, knapp 1.250 und rund 3.100
Kirchlich gehörten Gamsen und Kästorf im Mittelalter zur Parochie Müden (Aller) im Archidiakonat Wienhausen des Bistums Hildesheim.3 Im Einkommensregister der Pfarren und Kirchen der Inspektionen Fallersleben und Gifhorn von 1539 ist der Flurname „Unser lewen Frauwen Camp“ erwähnt, der auf eine Marienkapelle in Gamsen hindeutet.4 Seit der Reformation gehörten Gamsen und Kästorf zur KG Gifhorn.
Nachdem sich das Gemeindegebiet der Gifhorner Nicolaigemeinde in der zweiten Hälfte des 20. Jh. schrittweise verkleinert hatte (1959 Gründung der Martin-Luther-Gemeinde, 1966 Gründung der KG Neudorf-Platendorf) bildeten Gamsen und Kästorf zusammen mit Neubokel, Wilsche und bis 1975 auch Wagenhoff den Pfarrbezirk Gifhorn Land; ausgenommen waren die Kästorfer Anstalten. Im Oktober 1973 konnte am westlichen Rand Gamsens ein Gemeindezentrum für diesen Pfarrbezirk eingeweiht werden. Die weitergehenden Pläne – Bau von Pfarrhaus und Kirche mit Glockenturm – konnten zunächst nicht verwirklicht werden. Erst am Epiphaniastag 1991 weihte die Gemeinde den Kirchsaal ein, der als nördliche Erweiterung des Gemeindehauses errichtet worden war. Zum 1. Januar 1993 schließlich trennten sich Gamsen und Kästorf von der St.-Nicolai-Gemeinde und machten sich als „Ev.-luth. Epiphanias-Kirchengemeinde Gamsen-Kästorf“ selbständig. Die neue Gemeinde übernahm die zweite Pfarrstelle von St. Nicolai; erste Inhaberin der Stelle war Pn. Monika Krösche (amt. 1990–2008).5
Die Epiphaniasgemeinde zählte bei ihrer Gründung gut 4.500 Gemeindeglieder und 1994 entsandte das Landeskirchenamt einen Kandidaten des Predigtamtes zur pfarramtlichen Mitarbeit in die KG, 1997 einen Pfarrer der Landeskirche. Als zweite Predigtstätte neben der Epiphaniaskirche nutzt die Gemeinde die FKap in Kästorf. Eine weitere Kirche im Gemeindegebiet unterhält der Kirchliche Dienst der Diakonie Kästorf (vormals Kästorfer Anstalten bzw. Diakonische Heime Kästorf). Neben der ev. bestehen weitere Gemeinden in Gamsen-Kästorf: Die Philippusgemeinde der SELK, 1996 hervorgegangen aus der Missionsarbeit unter Spätaussiedlern aus der Sowjetunion, richtete 2001 ein Gemeindehaus in Gamsen ein. Und 1999 gründete sich überdies die Adventgemeinde Gifhorn-Kästorf.
Im März 1995 übernahm die KG die Trägerschaft des von der Stadt Gifhorn neu erbauten Kindergartens in Kästorf. Zum 1. Januar 2017 ging die Epiphanias-Kindertagesstätte Gifhorn in die Trägerschaft des „Ev.-luth. Kindertagesstättenverbandes Gifhorn“ über.6
Aufsichtsbezirk
Mit Errichtung der KG 1993 zum KK Gifhorn.
Umfang
Die Gifhorner Ortsteile Gamsen und Kästorf, die Wohngebiete nördlich der B 188 ohne das Christinenstift, der nördliche Teil der BGS-Siedlung.
Kirchenbau
Polygonaler, etwa nach Norden ausgerichteter Kirchsaal, erbaut 1990/91 als Erweiterung des südlich anschließenden, L-förmigen Gemeindehauses von 1973 (Architekten: Helmut und Jörg Sievers, Gifhorn). Satteldach, Querdach nach Norden, verdeckte Traufe; Ziegelfassade, in Nordwand ausgespartes Kreuz, Westwand mit Blechverkleidung; vertikale Fensterbänder nach Nordosten und Nordwesten; nach Südosten schmaler, erkerartiger Vorbau mit Dreiecksgiebel und Eingangsportal. An Südseite schließt sich L-förmiges Gemeindehaus an (Bj. 1973). Im Innern Kirchsaal mit holzverkleideter Decke und Empore im Osten. 2019/20 Sanierung Westwand (Wetterseite, Blechverkleidung angebracht).
Fenster
Mehrere Buntglasfenster (1991, Jakobus Klonk, Wetter), im Altarraum links: „Gottes Herrlichkeit in der Welt“, rechts: „Die Wurzel Jesse“, an der Westseite des Kirchenraums: vierteiliges Johannesfenster.
Turm
Kein Glockenturm.
Ausstattung
Schlichter, glasverkleideter Altartisch. – Altarwand mit schlichtem Kreuz. – Lesepultartige Kanzel. – Taufstele mit gläserner Taufschale.
Orgel
Für Gemeindehaus angeschafft: 1978 Neubau von Rudolf Janke (Bovenden), 5 I/aP, mechanische Traktur, Schleiflade.
Geläut
Keine Glocken.
Weitere kirchliche Gebäude
Pfarrhaus (Bj. 2000). – Gemeindehaus (Bj. 1973, Architekt: Rudolf Pramann, Braunschweig).
Friedhof
Kommunaler Friedhof in Kästorf, FKap (Bj. 1953; seit 1970 mit Orgel: Neubau 1970 von Rudolf Janke, Bovenden, 5 I/aP, mechanische Traktur, Schleiflade; zuvor Harmonium).
Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)
S 09 rep Nr. 1049 (Presseausschnittsammlung).
Literatur
A: Rund, Ortsverzeichnis Lkr. Gifhorn, S. 81–82 und 124–125.
B: Arbeitskreis Dorfchronik: Gamsen. Ein Dorf erzählt seine Geschichte, Gifhorn 2007, bes. S. 468–470; Wilhelm Warnecke: Geschichte unseres Dorfes Kästorf, Peine 1987.
Website der Kirchengemeinde (29.01.2020)
Fußnoten
- UB HS Hildesheim I, Nr. 280; Asseburger UB I, Nr. 81; Warnecke, S. 36 ff.; Arbeitskreis Dorfchronik, S. 25 ff.
- Niedersächsische Klosterkarte, http://www.landesgeschichte.uni-goettingen.de/kloester/website/artikel.php?id=544, 29.01.2020. Dolle, Klosterbuch III, S. 1072 f.: „Die Gründung war jedoch nicht erfolgreich, und es fehlen weitere Hinweise.“
- Arbeitskreis Dorfchronik, S. 468; Warnecke, S. 52 f.
- Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien II, S. 41.
- KABl. 1992, S. 186.
- KABl. 2017, S. 102 ff.