Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Harzer Land | Patrozinium: Georg | KO: Lüneburger KO von 1643

Orts- und Kirchengeschichte

Das Dorf an der Söse (1972 zur Samtgemeinde Bad Grund, seit 2013 Ortsteil von Bad Grund) erscheint erstmals 953 als Agesthorp in einer Schenkungsurkunde Ks. Ottos I. für das Moritzkloster in Magdeburg.1 In der gleichen Urkunde wird auch das benachbarte Willensen (Vuillienhusun) zum ersten Mal genannt. Der Edelhof in Eisdorf war Sitz eines bis 1340 belegten, gleichnamigen Adelsgeschlechts. 1244 schenkte der Mainzer Ebf. Siegfried den Zehnten zu Eisdorf dem Kloster St. Mariae et Jacobi zu Osterode. Das Dorf stand später unter welfischer Herrschaft (Fsm. Grubenhagen, Amt Herzberg, 1755 mit dem Gericht Eisdorf zum Amt Osterode).

Kirche, Ansicht von Nordosten, um 1950

Kirche, Ansicht von Nordosten, um 1950

Hzg. Philipp von Braunschweig-Grubenhagen führte 1537 die Reformation in seinem Land ein. 1590 veranlasste Hzg. Wolfgang von Braunschweig-Grubenhagen auf Wunsch der Eisdorfer Parochianen die Loslösung von der Muttergemeinde Nienstedt und stellte Land für die Ausstattung einer eigenen Pfarrstelle zur Verfügung. Damals erhielt die KG auch die heute noch bestehende Kirchenforst (mit 63,23 Hektar eine der größten in Südniedersachsen). Erster luth. Prediger in Eisdorf war vielleicht Johann Schaper, dessen Witwe dort um 1560 nachweisbar ist.2 Doch beginnt die sicher belegte Series pastorum erst mit der Verselbständigung der Gemeinde und der Einführung von P. Jacobus Christiani (amt. 1590–1597), der zeitweilig auch die Pfarrstelle in Förste betreute. Seine Nachfolger waren Gregorius Dommes (amt. 1598–1618) und der frühere Osteröder Rektor Andreas Schmiedekind (amt. 1619–1626). Nach der Verwüstung des Dorfes 1626 durch dänische Soldaten, bei der auch Kirche und Pfarrhaus vollständig zerstört wurden, wurde das Pfarramt zunächst von Osterode aus versehen. Schmiedekind wurde nach Hattorf versetzt. Die GD in Eisdorf hielt vorübergehend der Osteröder Kantor Tobias Schwartz, zunächst wohl als Prädikant, ehe er Anfang 1630 auf die Pfarrstelle berufen wurde.
1635 wurde das Dorf Willensen von Nienstedt nach Eisdorf umgegliedert. Das Verhältnis der beiden Gemeinden kennzeichneten jedoch noch bis ins 20. Jh. hinein häufige Konflikte um Lasten und Rechte. Willensen erhielt 1882 mit dem früheren Schulhaus ein eigenes KapGb, in dem heute einmal monatlich GD gehalten wird.
Die um 1590 errichtete Fachwerkkirche in Eisdorf wurde nach der Zerstörung von 1626 zunächst mit bescheidenen Mitteln wieder aufgebaut. Der heutige massive Kirchenbau stammt aus dem Jahr 1772.
Von 1892 bis 1924 amtierte P. Ludolf Parisius in Eisdorf, der als Erfinder der Ansichtskarte gilt und eine KG-Chronik hinterließ. P. Oskar Kühner (amt. 1932–1957) war Mitglied der BK und stand zeitweilig im Gegensatz zum KV, der sich teilweise aus Nationalsozialisten zusammensetzte (darunter der Ortsgruppenleiter, der auch dem KKV angehörte). 1937 legten vier Kirchenvorsteher ihr Amt nieder. Die Arbeit des Jungmädchenbundes konnte bis 1939 aufrechterhalten werden. Bis in die Kriegsjahre fanden volksmissionarische Vortragsabende und Bibelstunden für Männer und Frauen statt. Kirchenkampf und Krieg wirkten sich insgesamt negativ auf das Gemeindeleben aus. Die ev. Bekenntnisschule wurde 1940 auf Anordnung des Bürgermeisters stillschweigend in eine Gemeinschaftsschule umgewandelt.
1978 wurden das alte Pfarrhaus (gotisierender Backsteinbau von 1869–70) und das Jugendheim (ehemalige Pfarrscheune, 1913 umgebaut) abgerissen. Für die Gemeindearbeit steht seit 1981 ein neues Gemeindehaus zur Verfügung. Die KG ist seit 1995 Träger der Kita St. Georg; 2014 ging die Trägerschaft über auf den neu gegründeten Ev.-luth. Kindertagesstättenverband Harzer Land.3 Seit 2000 besteht der Verein „Die Kirche bleibt im Dorf e. V.“ zur Förderung der kirchengemeindlichen Arbeit. Seit 2013 ist die KG Eisdorf pfarramtlich mit der KG Nienstedt-Förste verbunden; Sitz des gemeinsamen Pfarramts ist Eisdorf.

Umfang

Die Dörfer Eisdorf und Willensen.

Aufsichtsbezirk

Archidiakonat Nörten (Sedes Berka) der Erzdiözese Mainz. – Um 1726/274 zur Insp. (1924: KK) Osterode (1. Januar 2013 im KK Harzer Land aufgegangen).

Patronat

Der Landesherr (bis 1871).

Kirchenbau

Einschiffige Bruchsteinsaalkirche (1772) mit hölzernem Tonnengewölbe. Sakristeianbau aus dem 19. Jh. Verputzte Holztonne. Dreiseitige Emporenanlage, im Westen darüber zusätzlich eine Orgelempore. Innenrenovierung 1961, 1985 und 1996.

Fenster

Ornamentale Buntglasfenster an der Nord- und Südseite (1903/04). Die beiden abstrakten Chorfenster („Gott erschafft die Welt“ und „Gott bewahrt die von den Menschen gestaltete Welt“) beiderseits des Altars an der Ostwand wurden 1996 durch den Bildhauer Norbert Labenz (Hemmingen) gestaltet.

Turm

Verschieferter Giebelreiter mit Glockenhelm und achtseitiger offener Laterne im Westen.

Ausstattung

Klassizistischer Kanzelaltar. – Gedenktafel für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs, von Bildhauer Ose (Osterode).

Orgel

Ein älteres Positiv mit sieben Reg. aus dem 18. Jh. wurde 1843 an die KapG Uehrde verkauft. 1842 Neubau durch Orgelbauer Engelhardt (Herzberg). 1906 Neubau hinter dem klassizistischen Prospekt von 1842 durch P. Furtwängler & Hammer (Hannover), 19 II/P, pneumatische Traktur, Kegellade. 1983 Instandsetzung durch Firma Schmidt & Mappes (Hannover).

Geläut

Zwei LG, I: e’ (Sonderbronze, Gj. 1950, Albert Junker, Brilon5); II: gis’ (Bronze, Gj. 1923, J. J. Radler, Hildesheim). – Zwei SG, I: e’’; II: g’’ (beide Eisen, Gj. 1920, J. F. Weule, Bockenem). – Früherer Bestand: Ursprünglich nur eine LG unbestimmten Alter, die 1648 um eine größere LG zu einem zweiteiligen Geläut ergänzt wurde. Die größere wurde im Ersten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgeliefert. 1923 wurde sie durch eine neue LG der Firma J. J. Radler & Söhne (Hildesheim) ersetzt; zugleich die kleine LG umgegossen. Die große im zweiten Weltkrieg erneut eingeschmolzen und 1950 ersetzt. Zwei SG wurden 1920 mit der Turmuhr von der Firma Weule geliefert.

Kapellenbau – Christuskapelle Willensen

Holzverkleideter Rechteckbau, errichtet in den 1880er Jahren; diente zeitweise auch als Schule. Satteldach. Großes, rechteckiges Fensterfeld nach Süden; Rechteckportal nach Süden. Dunkelroter Außenanstrich. 1952 Sanierung.

Turm

Kleiner Rechteckturm, aufgesetzt auf die Südostecke der Kapelle. Vierseitiges Pyramidendach bekrönt mit Wetterfahne (Jahreszahl 1888). Vertikale Holzverschalung; hochrechteckige Schallfenster mit horizontalen Lamellen.

Ausstattung

Hölzerner Altartisch mit schlichtem Retabel in stilisierten, gotischen Formen, drei Bildfelder, die Gemälde zeigen Paulus, Johannes und Petrus, Inschrift: „Für den Betsaal zu Willensen a. H. gestiftet zum Gedächtnis und gemalt von Ludolf Parisius, Pastor 1904/05“. – Niedrige, polygonale Holzkanzel. – Hölzerner, achteckiger Taufständer, pokalförmig. – Vier bemalte Glasscheiben, aufgehängt vor den Fenstern (um 1985, Gertrud Weström, Willensen), dargestellt sind Christus, Gottesmutter Maria sowie Engel. – Kupferrelief mit Darstellung der Arche Noah (um 1981, Gertrud Weström, Willensen), auf der Rückseite lange Inschrift zum Schicksal der Familie der Künstlerin.

Geläut

Eine Lg, as’’ (Bronze, Gj. 1859, Johann Heinrich Bartels, Hildesheim), Inschriften: „Gegossen von J. H. Bartels in Hildesheim 1859“ und „E. Zieseniss Schull[ehrer], G. A. Gieseler Bauerm[ei]st[e]r, F. Grützemacher Beigeordn[e]t[e]r. Gemeinde Willensen“.

Friedhof

Am westlichen Ortsrand (Steinweg). In Trägerschaft der Gemeinde Bad Grund. FKap (Bj. 1967, nach Plänen von Bauing. Joachim Hartig). – Der Friedhof in Willensen (seit 1812) befindet sich ebenfalls im Besitz der Kommune. FKap (Bj. 1984/85).

Liste der Pastoren (bis 1940)

1590–1597 Jakob Christiani. – 1598–1618 Gregorius Dommes. – 1619–1626 Andreas Schmiedekind (Schmedekindt). – 1630–1639 Tobias Schwarz, v. Kantor in Osterode. – 1639–1664 Lorenz Barnstorf (Bernstorff). – 1666–1684 Heinrich Hattenbuer (Hattenbauer). – 1684–1691 Andreas Flörcke. – 1691–1731 Zacharias Arend (Arens). – 1731–1760 Andreas Werner. – 1760 Johann Philipp Engelbrecht. – 1760–1763 Johann Heinrich Pralle. – 1764–1769 Heinrich Julius Flottwell. – 1769–1772 Johann Friedrich Zschorn. – 1773–1785 Christian Ludwig Lodemann. – 1786–1808 Johann Heinrich Schambach. – 1810–1820 Heinrich Karl Franke. – 1820–1830 Johann Heinrich Gottfried Steffen. – 1830–1840 Wilhelm August Eberhard Kindervater. – 1842–1858 Franz Heinrich Friedrich Schomburg. – 1858–1872 D. Dr. Ernst Friedrich Maul. – 1873–1884 Christoph Friedrich Ludwig Münch. – 1885–1892 Friedrich Ludwig Wilhelm Noltemeyer. – 1892–1924 Karl Johann Ludolf Parisius. – 1924–1931 August Georg Wilhelm Hoyer. – 1931– Oskar Hermann Ludwig Raphael Kühner.

Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 242–243

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 2808–2847 (Pfarroffizialsachen); A 5 Nr. 726 (Spec. Landeskons.); A 6 Nr. 2092–2101 (Pfarrbestallungsakten); A 9 Nr. 578Digitalisat, 579Digitalisat, 580Digitalisat, 581Digitalisat, 582Digitalisat (Visitationen); D 47 (EphA Osterode).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1685 (Lücken: 1713–1742)
Trauungen: ab 1685 (Lücken: 1713–1742)
Begräbnisse: ab 1685 (Lücken: 1713–1742)
Kommunikanten: ab 1685 (Lücken: 1713–1742, 1821–1838), Erstkommunikanten: 1692–1712 (Lücken: 1875)
Konfirmationen: ab 1761 (Lücken: 1875)

Literatur

A: Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 435; Gemeindebuch KK Osterode, S. 17 f.; Kayser, Inspektion Osterode, S. 62–67; Max, Grubenhagen II, S. 214; Schäfer, Orgelwerke, S. 14

B: Michael Gajewski: Chronik Eisdorf/Willensen 1932–2000, [Eisdorf 2001]; Ludolf Parisius: Geschichte der Pfarrgemeinde Eisdorf am Harz unter Berücksichtigung des Parochialverhältnisses von Eisdorf-Willensen, Osterode a. Harz 1931.


Fußnoten

  1. Casemir/Ohainski, Niedersächsische Orte, S. 98. Vgl. MGH DD O I 165 [Digitalisat].
  2. Parisius, S. 24.
  3. KABl. 2014, S. 103 ff.
  4. Müller, Kirchen und Klöster, S. 96.
  5. Hardege, Glockenneuerwerbungen, S. 49.