Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Leine-Solling | Patrozinium: Mauritius | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Geschlossenes Haufendorf, in den Fuldaer Traditionen erstmals erwähnt (Gotescalc trad. deo et sco Bon. sua in locis que uocantur […] Etisheim).1 1141 hatte das Blasiuskloster zu Northeim in Edishem einen Besitz von sechs Hufen.2 Der Edelhof zu Edesheim war Sitz eines gleichnamigen Adelsgeschlechts, das 1286 mit den Brüdern Werner und Arnold von Edesheim erscheint und wohl Anfang des 15. Jh. erloschen ist. Später war das Dorf Zubehör des welfischen (göttingischen) Amts Brunstein (ab 1840 Amt Northeim). – Seit 1973 Ortsteil der Stadt Northeim.
Gründungsjahr und Stifter der Kirche sind unbekannt. Ein Geistlicher wird 1208 mit Iohannes presbiter in Edissem genannt.3 1335 bezeugt der Pfarrer von Edesheim eine Besitzübertragung in Einbeck.4 1466 und 1474 war Johann Hevenhusen, Kalandsherr des Northeimer Kaland, Pfarrer in Edesheim.5 Die Kirche erscheint 1519 im Subsidienregister der Propstei Nörten (Edessen XXII schilling).6 Die Einführung der Reformation erfolgte mit dem Fsm. Calenberg-Göttingen (Visitation des Amts Brunstein im Dezember 1542).7 Als erster luth. Geistlicher wird Christoph Heveld geführt, angeblich ein unehelicher Sohn Hzg. Wilhelms des Jüngeren, der seit 1533 Propst des Klosters Wiebrechtshausen war, 1541 wegen Misswirtschaft abgesetzt wurde und die Pfarre in Edesheim erhielt.8 In seiner Amtszeit besserte die Gemeinde die Pfarrdotation durch den Kauf von 30 Morgen Land im Sultmerfeld an der Northeimer Landwehr (sogenannte Rischenau) auf, deren Besitz allerdings später zwischen der Pfarre und dem Kloster Wiebrechtshausen strittig war. 1674 entschied der Landesherr den Konflikt zugunsten der Pfarre.
1720 wurde P. Johann Oldendorp zum Sup. der Insp. Hohnstedt ernannt, der Sitz aber nach seinem Tod (1740) wieder nach Hohnstedt zurückverlegt. Unter den nachfolgenden Pastores ragt Ernst Friedrich Wyneken (amt. 1883–1905) als Verfasser theologischer, philosophischer und politischer Schriften heraus (Die weltgeschichtliche Bedeutung des modernen Socialismus, 1876; Das Ding an sich und das Naturgesetz der Seele, 1901).
Das Dorf Edesheim war schon ab 1928 stark vom Nationalsozialismus beeinflusst, was sich auch auf die Kirchlichkeit, insbesondere der Jugend, auswirkte.9 Sämtliche Kirchenvorsteher waren Mitglied der NSDAP. Aus den kirchlichen Gruppen konnte während der NS-Zeit nur die Frauenarbeit durchgehend weitergeführt werden. Der Jungmädchenkreis löste sich auf. Die ev. Bekenntnisschule wurde in eine Gemeinschaftsschule umgewandelt.
Die Gemeinde setzte sich nach dem Zweiten Weltkrieg überwiegend aus Landwirten, Eisenbahnern und Arbeiter zusammen10, später auch vermehrt Pendler nach Northeim und Göttingen. Das bäuerliche Element blieb jedoch lange bestimmend.
Mit dem 1. August 1999 wurden die KG St.-Martini in Hohnstedt und St. Georgi in Vogelbeck unter einem gemeinschaftlichen Pfarramt mit der KG Edesheim verbunden.11

Umfang

Das Dorf Edesheim mit dem Wegekrug und der Mühle.

Aufsichtsbezirk

Archidiakonat Nörten (Sedes Hohnstedt12) der Erzdiözese Mainz. – 1588 zur neu gebildeten Insp. (1924: KK) Hohnstedt. 1925 umbenannt in KK Hohnstedt-Northeim. 1. Januar 1958 KK Northeim. Seit 1. Januar 2001 KK Leine-Solling.

Patronat

Gf. von Hardenberg-Hardenberg. Die Besetzung der Pfarrstelle erfolgt seit 1798 je dreimal durch Ernennung durch die Landeskirche und einmal durch Präsentation durch den Patron.

Kirchenbau

Die im Ortszentrum gelegene St.-Mauritius-Kirche wurde 1824 neu errichtet und am 19. Dezember 1824 eingeweiht.13 Spätklassizistischer, fünfachsiger Putzbau mit zweiteiligen, rundbogigen Sprossenfenstern aus rotem Buntsandstein. 2002–04 renoviert.

Turm

Westturm aus verputztem Bruchsteinmauerwerk. Laterne mit welscher Haube als Bekrönung.

Grablege

Die Kirche war Grablege von P. und anderen höhergestellten Personen; u. a. wurde Sup. Johann Oldendorp († 1740) unter dem Chor der alten Kirche beigesetzt. In einem Erbbegräbnis des Amtmanns Schirmer (der selbst nicht dort beigesetzt wurde) fand der Major von Breitenbach seine letzte Ruhestätte.14

Ausstattung

Klassizistischer Kanzelaltar.

Orgel

1833 Neubau durch Eduard Meyer (Hannover).15 1860 wohl Instandsetzung durch den Orgelbauer Giesecke in Göttingen (durch das Konsistorium bewilligt).16 1912 Neubau durch P. Furtwängler & Hammer (Hannover). 1962 Reparatur durch Firma Dutkowski (Braunschweig). 1986 Renovierung durch Firma Schmidt & Mappes (Langenhagen), 22 II/P, pneumatische Traktur, Taschenlade. 2004 Restaurierung durch Firma Werner Bosch (Niestetal), 21 II/P.

Geläut

Drei LG, I: d’; II: e’; III: fis’ (alle Bronze, Gj. 1966, Gebrüder Bachert, Bad Friedrichshall). – Zwei SG, I: f’’/ fis’’; II: a’’/as’’ (beide Eisenhartguss, Gj. 1949, J. F. Weule, Bockenem17). – Früherer Bestand: Die älteste nachweisbare Glocke (in cis) stammte von 1628. 1743 bewilligte das Konsistorium einen Zuschuss zum Umgießen einer geborstenen Glocke18; 1823 ist eine weitere (die kleine) Glocke geborsten und wurde 1825 durch einen Neuguss in h ersetzt. Beide LG wurden 1907 von einem neu beschafften Dreiergeläut im h-Moll-Dreiklang h°, d’ und fis’ abgelöst (Lutherglocke, Paul-Gerhardt-Glocke und Christusglocke, alle gegossen von J. J. Radler & Söhne, Hildesheim). Die beiden größeren Glocken wurden im Ersten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgeliefert, die d-Glocke im Herbst 1924 ersetzt, im Zweiten Weltkrieg aber ebenfalls eingeschmolzen. 1962 war nur noch eine fis’-Glocke der Firma J. J. Radler (Hildesheim) erhalten.19 – 1784 Beschaffung einer Turmuhr mit SG in a’’ (Bronze, Gj. 1784, Peter August Becker, Hildesheim). 1873 neue Turmuhr mit SG von Weule (Bockenem). Die beiden SG wurden 1942 abgeliefert. 1949 beschaffte die KG zwei neue Eisenhartguss-SG in f’’ und as’’ bei J. F. Weule (Bockenem). Die noch erhaltene Glocke von 1784 wurde nach dem Krieg an die Gemeinde zurückgegeben und später an die KG Nesse in Ostfriesland verkauft.20

Friedhof

Eigentum der KG. 1869 im Zuge der Verkoppelung an der Trift neu angelegt. FKap (Bj. 1966).

Weitere kirchliche Gebäude

Pfarrhaus, 1702 an der Stelle des Vorgängerbaus neu errichtet, 1720 um einen Anbau erweitert und 1894 vollständig umgebaut (Umwandlung des Stalls in einen Gemeindesaal). – Ein 1660 errichtetes Pfarrwitwenhaus erwies sich bald als zu klein, weshalb die Gemeinde 1722 das Haus des kinderlosen Schmieds Claus Lüdecken ankaufte. Es wurde 1731 durch Brand zerstört und 1738 durch einen Neubau ersetzt, der zuletzt fremdvermietet war und 1885 verkauft wurde.21 – Gemeindehaus (Holzfachwerk, 1874).

Liste der Pastoren (bis 1940)

1541–1564 Christoph Heveld. – 1566–1588 Johannes Keydel (Freydell?). – 1588–1598 Stephanus Pilmeyer (Pichelmeyer). – 1598–1609 Lorentz Copicanus. – 1610–1619 Johannes Janus. – 1620–1644 Gebhard Bodenburg. – 1644–1646 Andreas Bönicke (Bönich). – 1646–1658 Karl Janus. – 1659–1675 Heinrich Heisig (Heise). – 1675–1697 Magister Johannes Arstenius. – 1697–1740 Johann Oldendorp. – 1741–1761 Konrad Adolf Müller. – 1761–1790 Otto Gottlieb Schilling. – 1791–1816 Matthias Gottfried Plasse. – 1817–1848 Johann Jatho. – 1842–1849 Rudolf Wolde. – 1849–1850 Johann Georg August Richter. – 1850–1882 Friedrich Karl Eduard Niederstadt. – 1883–1905 D. Dr. Ernst Friedrich Wyneken. – 1906–1924 Heinrich Julius Georg Wilhelm Roese. – 1925–1939 Heinrich Johann Ahlert.

Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 228–229

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 2625–2652 (Pfarroffizialsachen); A 6 Nr. 1993–2000 (Pfarrbestallungsakten); A 8 Nr. 111Digitalisat (CB); A 9 Nr. 534Digitalisat, 535Digitalisat, 536Digitalisat (Visitationen); D 45 c (EphA Hohnstedt-Northeim).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1588 (Lücken: 1625–1644, 1659–1731; unvollständig: 1598–1600)
Trauungen: ab 1597 (Lücken: 1625–1644, 1659–1731)
Begräbnisse: ab 1588 (Lücken: 1625–1644, 1659–1731; unvollständig: 1598–1600)
Kommunikanten: ab 1610 (Lücken: 1626–1644, 1649–1786, Juli 1808–1812, 1818–1824, 1870–1873)
Konfirmationen: ab 1621 (Lücken: 1623–1785, 1803–1817, 1825–1826)

Literatur & Links

A: Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 422; Kämmerer/Lufen, Denkmaltopographie Lkr. Northeim, S. 289; Weigand, Heimat-Buch, S. 269–274.

B: Ludwig Knappwost: Zum 130jährigen Geburtstag der Edesheimer Kirche, in: Aus der Heimat/Aus Heimatpflege und Heimatforschung 47/1954; Ludwig Knappwost: Die Geschichte des Dorfes Edesheim (Leine), Northeim 1956 (zweite, überarbeitete und ergänzte Auflage Edesheim 2021).

Internet: Denkmalatlas Niedersachsen; Familienkunde Niedersachsen: Pastorenliste (.pdf)


Fußnoten

  1. Dronke, Trad. Fuld. § 41, 88. Vgl. auch Casemir/Ohainski, Niedersächsische Orte, S. 86.
  2. Casemir/Menzel/Ohainski, Ortsnamen Lkr. Northeim, S. 113.
  3. Casemir/Menzel/Ohainski, Ortsnamen Lkr. Northeim, S. 113.
  4. Urkundenauszüge Einbeck, Nr. 178.
  5. Urkundenauszüge Einbeck, Nr. 1453; Prietzel, Kalande, S. 471.
  6. Kayser, Registrum II, S. 282.
  7. Kayser, Kirchenvisitationen, S. 249, Anm. 503.
  8. Kayser, Kirchenvisitationen, S. 313, Anm. 613.
  9. Vgl. zu dieser Einschätzung und zum Folgenden den „Fragebogen zur Geschichte der Landeskirche von 1933 bis Kriegsende“, den P. Wilhelm Scheile (amt. 1946–1956) für Edesheim beantwortete: LkAH, S 1 H III Nr. 417, Bl. 7. Allgemein zum Fragebogen: Kück, Ausgefüllt, S. 341 ff.
  10. LkAH, L 5c, unverz., Edesheim, Visitation 1968.
  11. KABl. 1999, S. 202.
  12. Kayser, Registrum II, S. 282.
  13. LkAH, D 45c, Spec. Edesheim 511.
  14. LkAH, D 45a, Spec. Edesheim 519.
  15. LkAH, D 45c, Spec. Edesheim 511.
  16. LkAH, D 45c, Spec. Edesheim 5131.
  17. Hardege, Glockenneubeschaffungen, S. 48.
  18. LkAH, D 45c, Spec. Edesheim 51301.
  19. LkAH, L 5c, unverz., Edesheim, Visitation 1962 (Bericht über die amtliche Glockenrevision).
  20. LkAH, L 5c, unverz., Edesheim (Visitation 1962); LkAH, L 5i, Nr. 374 (Visitation 1964).
  21. Knappwost, Edesheim, S. 62.