Sprengel Lüneburg, KK Walsrode | Patrozinium: Martin1 | KO: Lüneburger KO von 1643

Orts- und Kirchengeschichte

Der im Loingau gelegene Ort wird um 968 in einer Urkunde Papst Benedikts für das Kloster Arneburg erstmals erwähnt, erneut 1006 in einer Urkunde Heinrichs II. Im Jahr 1274 übereigneten Bf. Otto I. von Minden (amt. 1266–1275), der Dechant und das Domkapitel den ihnen von dem Edelherrn Ludolf von Arnheim und dem Ritter Daniel von Hagen resignierten Zehnten in Dorfmark.2 Landesherren waren die Hzg. von Braunschweig und Lüneburg (Fsm. Lüneburg, Amt Fallingbostel). Dorfmark war Sitz eines Gogerichts bzw. einer herzoglichen Vogtei. Die im Mittelalter verliehenen städtischen Rechte sind erloschen, als 1388 Soltau Stadtrecht erhielt. – Seit 1974 ist Dorfmark Ortsteil der Stadt Fallingbostel.

Kirche, Ansicht von Südosten

Kirche, Ansicht von Südosten

Um 1380/81 wird in einem Einnahmeregister das kerspel to dorpmarke erstmals genannt. Die Kirche entstand aber wohl schon um die Jahrtausendwende als Eigenkirche. Die Lage an einem alten Thieplatz, die große Ausdehnung des Ksp. und das Martinspatrozinium sprechen jedenfalls für ein vergleichsweise hohes Alter. Der erste Bau war aus Holz und wurde im 14. Jh. durch einen 1964 bei Renovierungsarbeiten archäologisch nachgewiesenen gotischen Massivbau abgelöst. Er war Anfang des 18. Jh. soweit abgängig, dass er einem Neubau weichen musste (1708).
Als Geistlicher erscheint 1437 her Curd kerkhere to Dorpmarke.3 Unter dem 25. Mai 1462 bestätigen Konrad von der Meiße, Pfarrer zu Dorfmark, und sein Bruder Christoph dem Kaland zu Celle den Besitz einer von ihren Eltern geschenkten Wiese.4 Konrad von der Meiße wird auch 1475 als kerkhere to Dorpmarke genannt.5 Die Reformation wurde um 1527/28 durch Jürgen von der Wense, einen Gefolgsmann Hzg. Ernst des Bekenners, eingeführt. 1531 wurde durch den herzoglichen Amtmann das Vermögen zweier Bruderschaften (Unser Lieben Frauen, St. Nikolaus) eingezogen. Als erster luth. Prediger wird 1534 Johann Crutzmann genannt6, bald nach 1534 Erasmus Bromberger. Zur Zeit der Visitation von 1543 war Erasmus Rotländer P.
Von P. Heinrich Ludwig Ballauf (amt. 1790–1799) erschienen mehrere Predigten im Druck. Mit seinen „Beiträgen zur Kenntnis und Verbesserung des Landschulwesens im Fürstentum Hannover“ (1797), in denen er eigene Beobachtungen in den Außendörfern des Ksp. Dorfmark verwertete, setzte er sich für eine Hebung der Stellung und bessere Ausbildung der Lehrer sowie für den Bau von Schulhäusern ein. P. Georg Haccius (amt. 1879–1887) gründete 1880 den Dorfmarker Posaunenchor.
P. Johannes Samuel Büttner (amt. 1900–1937), grundsätzlich von eher monarchisch-nationalprotestantischer Haltung, war ein Exponent der Dorfkirchenbewegung. Als Mitglied der BK stand er in der NS-Zeit auf Seiten der Regimegegner. Warnungen vor den Gefahren der NS-Propaganda und Kritik an der NS-Rassenideologie in seinen Predigten führten zu einer Anzeige und seiner Suspendierung durch das LKA bis zur Einstellung des Verfahrens.7 Sein Nachfolger, P. Rotermund (amt. ab 1937), war ebenfalls BK-Mitglied. In einer Bußtagspredigt nahm er 1938 deutlich gegen die Ereignisse der Reichspogromnacht Stellung und sah sich daraufhin öffentlichen Angriffen durch den NS-Ortsgruppenleiter und seinen Stellvertreter ausgesetzt. Die DC konnten dennoch keinen Einfluss gewinnen. Der KV war überwiegend bekenntnistreu. Der Patron und die Mehrheit der Gemeinde stellten sich 1934 hinter P. Büttner. Der Kirchenkampf berührte die Gemeinde insgesamt wenig, doch gab es vor allem bei den durch die Hermannsburger Mission geprägten Bauern starke Vorbehalte gegenüber der NS-Bewegung.

Kirche, Blick zur Orgel, vor 1964

Kirche, Blick zur Orgel, vor 1964

Mit dem Bau des Truppenübungsplatzes Bergen setzte in der zweiten Hälfte des 1930er Jahre ein Strukturwandel ein. Etwa 1.000 bäuerliche Gemeindeglieder mussten das Gemeindegebiet verlassen oder wurden umgepfarrt. Im Gegenzug kam es zu einem starken Zugang an Arbeitern. Durch den Zuzug von Flüchtlingen stieg die Zahl der Gemeindeglieder nach dem Zweiten Weltkrieg auf über 6.000 an. Für ihre Betreuung waren der Gemeinde zeitweilig Hilfsgeistliche zugewiesen. Für die Katholiken stellte die KG einmal monatlich die FKap zu gottesdienstlichen Zwecken zur Verfügung.
Zur KG Dorfmark gehört auch die 1672 auf Veranlassung von Friedrich von der Wense an der Stelle eines älteren Vorgängers erbaute Gutskapelle in Wense, die sich bis heute in Familieneigentum befindet.
Der Gebäudebestand der KG umfasst neben dem historischen Pfarrhof (Pastorat) in der Hauptstraße (seit 1540 in Kirchenbesitz, 1648 als Hallenhaus neu errichtet) insbesondere das ehemalige Küsterhaus (Eichenfachwerkgebäude, Bj. 1663), das 1959/60 zum Jugendheim/Gemeindehaus umgestaltet wurde.
Seit 2004 unterstützt die Stiftung Ksp. Dorfmark die Arbeit der KG.

Umfang

Die Dörfer Amtsfelde, Bockel, Dorfmark, Düshop, Einzingen, Fischendorf, Frielingen, Fuhrhop, Jettenbruch, Mengebostel, Obernhausen, Riepe, Wense, Westendorf, Winkelhausen und Woltem, die Höfe Allerhop, Avenriep, Aver, Böhme, Brock, Heitmannshof und Lehmberg. Vom alten Ksp. blieben nach der Einrichtung des Truppenübungsplatzes Bergen 1935/36 die Ortschaften Dorfmark, Jettebruch, Fuhrhop, Mengebostel, Riepe und Wense mit etwa 3.000 Gemeindegliedern. Umpfarrungen: Die am Bahnhof Frielingen wohnenden luth. Bewohner der Gemarkung Woltern aus der KG Dorfmark in die KG Neuenkirchen (1. April 1937)8; die luth. Einwohner der Landgemeinde Woltem einschließlich des Ortsteils Frielingen mit Ausnahme der Höfe Eitze und Springhorn sowie der Bewohner nördlich der Bahnstrecke aus der KG Dorfmark in die neu errichtete KG Bommelsen (1. Oktober 1950)9; die luth. Einwohner der politischen Gemeinde Bockel aus der KG Dorfmark in die KG Soltau und Wietzendorf (1. April 1956).10

Aufsichtsbezirk

Archidiakonat Ahlden der Diözese Minden. – Nach der Reformation wechselnder Suptur.-Sitz in Walsrode, Ahlden, Düshorn und Schwarmstedt.11 Dormark blieb bei der Teilung der Insp. um 1815 bei der Insp. (1924: KK) Walsrode.

Patronat

Seit 1816 die Besitzer der Güter Dorfmark und Westendorf, ab 1906 die von der Wense in Wense.

Kirchenbau

Auf einem Kirchhügel an der Böhme. Bruchsteinsaalkirche mit dreiseitigem Chorschluss auf den Grundmauern des Vorgängerbaus (inschriftlich dat. 1708). 1860 Neubau der Sakristei im Norden an der Stelle eines älteren Fachwerkanbaus. Westlich eine Eingangshalle (1909/10). Der Innenraum ist durch eine bogenförmige Schaldecke geschlossen. Im Schiff eine umlaufende Empore des 19. Jh.; der Chorraum wird durch eine Chorschranke mit Triumphkreuz abgetrennt; Bemalung 1880/81 durch Hermann Schaper (Hannover) nach Entwurf von Conrad Wilhelm Hase. Sanierung der Kirche 1851/52, 1964/65 (dabei u. a. die zweite Empore entfernt) und 2003.

Turm

Nördlich des Chors ein viereckiger freistehender verbretterter Glockenturm (1751, Datierung der Wetterfahne).

Grablege

Erbbegräbnis der von der Wense unter dem Altarraum.

Ausstattung

Unterbau aus verputztem Ziegelmauerwerk; Sandsteinmensa. Darauf eine farbig gefasste, spätgotische Altarwand (1470/75), ursprünglich Flügelaltar. 1851/52 entfernt und durch einen neuen Altar des Tischlermeisters Wilhelm Rauch (Soltau) ersetzt. Der spätgotische Altar wurde 1880/81 auf Veranlassung von Conrad Wilhelm Hase durch den Bildhauer Dreyer (Hannover) wiederhergestellt und ergänzt sowie 1965 durch Restaurator Erich Brüggemann (Winsen/Luhe) erneut restauriert. Dargestellt ist die Passion Christi. Im Hauptfeld der Gekreuzigte zwischen den beiden Schächern, je drei Felder seitlich des Mittelteils: Christus vor dem Hohepriester, Kreuztragung, Abnahme vom Kreuz, Christus in der Vorhölle. In kleinen Feldern darunter Brustbilder von acht Aposteln. In der Predella Christus betend am Ölberg sowie die Heiligen Martin und Ulrich (Reste der ehemaligen Altarflügel). Auf der Altarbekrönung die Auferstehung (1881/82 neu geschaffen). – Hölzerne Kanzel mit Schalldeckel des Kunsttischlers Rudolf Tannhäuser aus Schwarmstedt (1880/81). – Bronzetaufbecken mit niederdeutscher Inschrift, gehalten von vier Wasserträgern, die vielleicht die vier Paradiesströme symbolisieren (1465, Deckel nach 1675 verloren). Bodenring und Einsatz mit Taufschale 1961/63 durch Friedrich Marby (Isernhagen) ergänzt. – Kruzifix (17. Jh., Triumphkreuzbalken und Kreuz 19. Jh.). – Porträt des P. Johannes Wezelius († 1649).

Orgel, nach 1965

Orgel, nach 1965

Orgel

Ältester Nachweis von 1540. Früher vielleicht eine barocke Orgel von 1708. 1861 Reparatur durch den Orgelbaumeister Engelhard (Herzberg). 1874–77 Neubau durch Heinrich Vieth (Celle), 19 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen. 1917 Ausbau der Prospektpfeifen (um 1925 durch Zinkpfeifen ersetzt). 1952 klangliche Umgestaltung (Dispositionsänderung) nach Plänen von KMD Alfred Hoppe (Verden) durch Firma Paul Ott (Göttingen). 1964/65 Verlegung von der zweiten auf die erste Empore und Bau eines neuen Prospekts. 1967 Umbau und Einbau neuer Prospektpfeifen, später Ergänzung auf 20 Reg. durch Paul Ott (Göttingen), mechanische Traktur, Schleifladen.12

Geläut

Drei LG, I: d’; II: f’ (beide Stahl, Gj. 1923, Bochumer Verein); III: fis’ (Bronze, Gj. 1765, Johann Christoph Hautsch, Lüneburg). – Früherer Bestand: Mitte des 17. Jh. sind zwei Bronzeglocken nachgewiesen. 1869 wurde eine kleinere Glocke durch Umguss einer älteren geborstenen gegossen, um 1875 die große Glocke durch Umguss einer geborstenen alten Glocke von 1787 (von P. A. Becker, 1787). Beide wurden im Ersten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgeliefert und 1923 durch Stahlglocken ersetzt. Die verbliebene Bronzeglocke, seither nur noch als Bet- und Feuerglocke genutzt, wurde im Zweiten Weltkrieg ebenfalls abgeliefert, kehrte 1952 jedoch zurück

Friedhof

Eigentum der KG. Ursprünglich auf dem Kirchhof. 1907 Neuanlage auf Ländereien des alten Gutshofs. FKap (Bj. 1911).

Liste der Pastoren (bis 1940)

1534 Johann Crutzmann. – Bald nach 1534 Erasmus Bromberger. – 1543 Erasmus Rotlaender. – 15..–1564 Henning Schulze. – 1564–15.. Gerhard Bromberg. – 1580 Daniel Bromberg. – 1609 Antonius Bromberg. – 1610–1623 Conrad Meurer. – 1624–1649 Johannes Wetzelius. – 1649–1679 Levin Gebhard Hoppenstedt. – 1680–1703 Heinrich Julius Oppermann. – 1703–17.. Johann Martin Zeidler. – 1717–1745 Johann Konrad Sander. – 1745–1753 Johann Andreas Kiliani. – 1754–1790 Johann Heinrich Hesse. – 1790–1799 Heinrich Ludwig Ballauf. – 1800–1813 Johann Gabriel Bauermeister. – 1814–1821 Johann Friedrich Wilhelm Stützing. – 1822–1840 Johann Wilhelm Sievers. – 1841–1878 Georg Christoph Chappuzeau. – 1879–1887 Georg Carl Ernst Haccius. – 1888–1900 Wilhelm Hermann Johannes Schwerdtmann. – 1900–1937 Johannes Samuel Julius Büttner. – Seit 1938– Hans Martin Rotermund.

Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 202

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 2225–2245 (Pfarroffizialsachen); A 5 Nr.825 (Spec. Landeskons.); A 6 Nr. 1759–1768 (Pfarrbestallungsakten); A 9 Nr. 464Digitalisat, 465Digitalisat, 466Digitalisat (Visitationen); D 99 (EphA Walsrode).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1654 (Lücken: 1711; unvollständig: 1743, 1745, 1746)
Trauungen: ab 1727
Begräbnisse: ab 1712
Kommunikanten: ab 1754 (Lücken: 1762–1790, 1813–Herbst 1814)
Konfirmationen: ab 1755 (Lücken: 1867–1875)

Literatur

A: Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 393 f.; Hahn, Heidekirchen, S. 85 f.; Mithoff, Kirchen und Kapellen Lüneburg, S. 370; Pantel, Denkmaltopographie Lkr. Soltau-Fallingbostel, S. 190–194; Pape, Haspelmath, S. 75; Wolff, KD Kr. Burgdorf und Fallingbostel, S. 114–116.
B: 300 Jahre Kirche Dorfmark, hrsg. von der Evangelischen Kirchengemeinde Dorfmark (= 300 Jahre St. Martinskirche Dorfmark 1708–2008), Dorfmark 2008; Adolf Domeier u. a.: Ortschronik Dorfmark. Fischendorf, Westendorf, Winkelhausen, [Fallingbostel 1994].


Fußnoten

  1. Nicht Udalricus, wie noch Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien I, S. 178, vermuteten, vgl. 300 Jahre, S. 13.
  2. Westfälisches UB VI, Nr. 1034.
  3. Lüneburger UB XV, Walsrode, Nr. 271.
  4. Lüneburger UB XVII, Celle, Nr. 230.
  5. Lüneburger UB XV, Walsrode, Nr. 292.
  6. Kayser, Kirchenvisitationen, S. 458, Anm. 953; Salfeld, Pfründenregister, S. 101.
  7. Lindemann, Stellung, S. 671–673.
  8. KABl. 1937, S. 82.
  9. KABl. 1950, S. 83 f.
  10. KABl. 1956, S. 65.
  11. Siehe LkAH D 99, Bestandsbeschreibung.
  12. Die Angaben bei Pape, Haspelmath, S. 75, zur Erweiterung auf 20 Reg. (1967 oder 1978) sind widersprüchlich.