Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Hildesheimer Land-Alfeld, Amtsbereich Alfeld | Patrozinium: Johannes der Täufer | KO: Braunschweigische KO von 1709

Orts- und Kirchengeschichte

Das Dorf Bodenburg, seit 1974 Ortsteil von Bad Salzdetfurth, fiel nach dem Erlöschen der Gf. von Winzenburg Mitte des 12. Jh. unter stiftshildesheimische Herrschaft. Eine hildesheimische Ministerialenfamilie, die sich nach dem Ort nannte, stellte im 12. Jh. die Gf. im Flethigau (Meinfridus comes de Bodenburg, 1142). Wohl im 14. Jh. wurde Bodenburg als hildesheimisches Lehen der Familie von Steinberg übertragen. Die Grafschaftsrechte zog dagegen der Hildesheimer Bf. zu seiner Landesherrschaft (Amt Winzenburg). 1360 trugen die von Steinberg ihren Besitz in Bodenburg den Göttinger Welfen zu Lehen auf. Nach der Hildesheimer Stiftsfehde wurde der Hzg. von Braunschweig-Wolfenbüttel neuer Landesherr. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde Bodenburg von kaiserlichen Truppen zerstört (1641). Spätestens seit dem Wiederaufbau, der auch das Gebiet vor dem Sehlemschen Tor und den nordöstlich gelegenen Schattenberg einbezog, gilt Bodenburg als Flecken. Auch nach der Restituierung des Großen Stifts an Hildesheim (1643) blieb Bodenburg als calenbergisches Lehen bei Braunschweig-Wolfenbüttel (gesonderte Vereinbarung von 1649) und bildete bis 1807 eine braunschweigische Enklave innerhalb des Stiftsgebiets (Amt/Kreis Gandersheim).

Kirche, Blick zum Altar, 1910

Kirche, Blick zum Altar, 1910

In Bodenburg bestanden ursprünglich zwei KG (Johannes und Laurentius), die 1912 unter einem Pfarramt vereinigt wurden. Die St.-Johannis-Kirche am Westausgang des Orts vor dem Sehlemer Tor war die eigentliche Pfarrkirche, St. Laurentius ging aus der früheren Schlosskapelle hervor. Auffällig ist die abseitige Lage der Johanniskirche außerhalb der früheren Umwallung im Nordwesten der jetzigen Gemeinde. Dazu kam es vermutlich durch die Abwanderung der Einwohner des ursprünglichen Dorfes und Anlage einer planmäßigen Neusiedlung neben dem älteren. 1444 wurde die Kirche durch die Brüder von Werder mit einem Zins und einer halben Hufe Land dotiert.
Mit dem Priester (sacerdos) Eckehardus de Bodenburc wird 1207 ein erster Geistlicher erwähnt.1 Zu den wenigen weiteren vorref. Geistlichen, über die uns ausführlichere Nachrichten vorliegen, gehört Heinrich Sprinckmann, gegen den das Stift Hameln 1486 ein Gerichtsverfahren einleitete.2 Um 1490 wird er im Indulgenz- und Memorienverzeichnis der Kapelle zu Wangelist als eyn kerckhere is ghewest tho Bodenborch, genannt.3
Die Reformation wurde wohl auf Betreiben der von Steinberg eingeführt, die schon früh Anhänger des luth. Bekenntnisses waren. Bei der Visitation von 1542 (unter der Besatzung des Schmalkaldischen Bundes) wird Georg Schuman als arrendarius (Mietgeistlicher) genannt, 1544 Henricus Lackemann.4 Inhaber der Pfründe war 1542 der Hildesheimer Stiftsherr Hermann Gordeler. 1568 war Heinrich Barteldes Pfarrer.5
Schon 1820 gab es (zunächst ergebnislose) Bemühungen um die Vereinigung der beiden Pfarren. Letzter Pfarrer an St. Johannis war Arnold Peters († 1911), ein Bruder des Kolonialisten und Afrikaforschers Carl Peters. Nach seinem Tod leitete das Konsistorium in Wolfenbüttel erneut Verhandlungen über die Vereinigung der beiden Pfarrstellen ein. 1912 wurde die Pfarrstelle von St. Johannis aufgehoben und mit der von St. Laurentii vereinigt. 1942 wurde die KG aus der braunschweigischen in die hannoversche Landeskirche umgegliedert. Sie war nach dem Zweiten Weltkrieg in ihrer Struktur stark durchmischt. Neben der adeligen Gutsherrschaft setzte sich die Bevölkerung vorwiegend aus Bauern, Handwerkern, Kaufleuten, aber auch Freiberuflern und Industriearbeitern zusammen. Durch den Zuzug von Ostflüchtlingen stieg die Einwohnerzahl stark an.6
Mit dem 1. Januar 1976 wurde die Pfarrstelle der KG Wehrstedt mit der zweiten Pfarrstelle der St.-Johannis-KG Bodenburg vereinigt und der Sitz nach Wehrstedt verlegt.7 Zum 1. Oktober 1995 wurde die pfarramtliche Verbindung wieder gelöst und die zweite Pfarrstelle in Bodenburg aufgehoben.8 Seit dem 1. August 2001 ist die KG Bodenburg erneut pfarramtlich mit der KG Wehrstedt verbunden.9 Die KapG Östrum wurde bereits mit dem 1. April 1984 aufgehoben.10
Seit 2007 besteht die Johannis-Stiftung Bodenburg-Östrum zur Förderung der kirchlichen Jugend- und Gemeindearbeit.

Umfang

Bodenburg, Östrum (seit 1912) und Maiental.

Aufsichtsbezirk

Archidiakonat Detfurth der Diözese Hildesheim. – Kam im Zuge der Neuordnung der kirchlichen Aufsichtsbezirke 1569 zur Insp. Lamspringe/Groß Freden der Generaldiözese Alfeld. Nach dem Verlust von Alfeld (1642/48) zur Insp. Seesen/Seesen-Gittelde (noch 1910), wohl 1935 Propstei Gandersheim. Am 1. Oktober 1942 wurde die KG von der braunschweigischen in die hannoversche Landeskirche umgegliedert11 und mit dem 1. April 1943 dem KK Bockenem zugeteilt12 (1. Januar 1978 umbenannt in KK Bockenem-Hoheneggelsen). 1. Januar 2005 KK Hildesheimer Land. 1. Januar 2011 KK Hildesheimer Land-Alfeld, Amtsbereich Elze.

Patronat

Das Domkapitel in Hildesheim, ab 1282 (durch Tausch) die von Werder zu Bisperode, die noch im Visitationsprotokoll von 1542 und 1568 als Inhaber des Kollationsrechts genannt werden.13 1626 (durch Kauf) die von Steinberg (hildesheimisches, später herzogliches Lehen). Mit dem Erlöschen der Familie im Mannesstamm (Ernst von Steinberg, † 1911) trat die Familie von Cramm in das Erbe ein. Das Patronat bezog sich ursprünglich auf die St.-Laurentii-Kirche, galt aber schon vor 1800 für beide Kirchen.14

Kirchenbau

Rechteckige Saalkirche aus Bruchsteinmauerwerk. Die jetzige Form der Kirche entstand durch Umbau und Sanierung in den Jahren 1861/62 (Erhöhung der Außenmauern, neue Fenster). Weitere Renovierungen 1937/38 und 1992/95. Innenraum seit 1693 mit hölzernem Tonnengewölbe. Priechen an der Ost- und Westseite, in den Brüstungsfeldern biblische Szenen.

Turm

Der Turm wurde 1675 entfernt; auf dem Westende des Satteldachs ein verschieferter oktogonaler Dachreiter mit welscher Haube.

Grablege

Erbbegräbnis der Familie von Steinberg unter dem westlichen Teil der Kirche.

Ausstattung

Die sakrale Ausstattung entstand im Wesentlichen 1689/99 im Zuge der Neugestaltung des Innenraums durch den Maler Siegfried Schultze, den Tischler Hermann Roleves (beide aus Bodenburg) und den Bildschnitzer Daniel Bartels (Hildesheim). Reich verzierter doppelstöckiger Barockaltar mit Akanthusgerank und gedrehten Säulen. Im Zentrum eine plastische Kreuzigungsszene, flankiert von Johannes dem Täufer und Johannes dem Evangelisten als Hauptfiguren; darüber die Kreuzabnahme, begleitet von Putti und weiteren Assistenzfiguren. Auf der Spitze Christus mit der Siegesfahne. In der Predella ein Abendmahlsrelief. – Hölzerne Kanzel im Knorpelstil; Moses als Träger des Kanzelkorbs, am Korpus sechs vollplastische Figuren der Evangelisten, des Apostels Paulus und Christus’ als Erlöser. Schalldeckel mit vierseitigem baldachinartigem Aufbau, Engelsfiguren, der triumphierende Christus als Bekrönung. – Farbig gefasste barocke Sandsteintaufe (wohl vor 1696 aus der Werkstatt des Hildesheimer Bildhauers Bartels). – Hölzernes Kruzifix (16. Jh.) – Epitaphe für die von Steinberg (Mitte 17. Jh.). – Von den früher in der Kirche befindlichen Grabplatten wurden 18 im Gutspark aufgestellt.

Orgel

Eine Orgel wurde 1696 von dem Orgelbauer Heidenreich Esaias Kappe (Hildesheim) erworben15, nach anderen Angaben kam sie 1703 in die Kirche.16 Sie befand sich bis 1860 auf der östlichen Prieche rechts des Altars. 1862 Neubau auf der neuen Orgelempore im Westen durch Firma Euler (Gottsbüren), 16 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen. 1917 Ausbau der Prospektpfeifen. 1937/38 Instandsetzung durch die Firma Dutkowski (Braunschweig). 1977 Restaurierung durch Firma Emil Hammer (Arnum). 1993 und 1997 Instandsetzung durch Gebrüder Hillebrand (Altwarmbüchen). – Denkmalorgel.

Geläut

Drei LG, I: g’ (Bronze, Gj. 1956, Friedrich Wilhelm Schilling, Heidelberg, Stiftung durch Gottfried Frhr. von Cramm und seine Frau Barbara, geb. Hutton); II: c’’ (Bronze, Gj. 1220)17; III: a’’ (Bronze, Gj. 149318, abweichende ältere Angaben: 1450, 1483). – Früherer Bestand: Eine 1831 von Heinrich Ludwig Damm (Hildesheim) gegossene Glocke wurde 1942 zu Rüstungszwecken abgeliefert und eingeschmolzen; die ebenfalls abgelieferte LG II kehrte nach Kriegsende zurück.

Kirche der ehemaligen Laurentiusgemeinde, 1973 an kath. Gemeinde verkauft.

Weitere kirchliche Gebäude

Das alte Pfarrhaus (erbaut um 1750) wurde ab 1936 als KiGa genutzt. Ein neues Kindergartengebäude wurde 1968 eingeweiht. Das Predigerwitwenhaus war schon um 1830 wegen Baufälligkeit abgebrochen worden und wurde nicht mehr erneuert. Seit 1974 verfügt die Gemeinde über ein modernes Gemeindezentrum.

Friedhof

St.-Johannis-Friedhof, auf dem Kirchhof. Eigentum der KG, 1956 erweitert. – Der Friedhof in Östrum ist Eigentum der politischen Gemeinde, befindet sich aber in Trägerschaft der KG.

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

D 44 (EphA Bodenburg).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1635 (Lücken: 1706)
Trauungen: ab 1635 (Lücken: 1748; unvollständig: 1767, 1768)
Begräbnisse: ab 1635 (Lücken: 1726–1736)
Kommunikanten: ab 1779 (Lücken: 1913–1926)
Konfirmationen: ab 1681 (Lücken: 1699–1718, 1720–1750, 1752, 1754–1776, 1783–1793, 1814)

Eintragungen seit 1934 in den Kirchenbüchern zu St. Johannis in Bodenburg. Ferner Eintragungen von Harbarnsen, Taufen: 1775–1821, Trauungen: 1792–1815, Konfirmanden: 1818.

Literatur & Links

A: Aye/Kronenberg, Taufbecken, S. 79, Nr. 51; Steinacker, BKD Kr. Gandersheim, S. 17–37; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 234; Kleinau, Ortsverzeichnis Land Braunschweig I, S. 74 f.
B: Bruno Koch: Bodenburg im Wandel der Jahrhunderte, Bodenburg 1956.
Internet: Familienkunde Niedersachsen: Pastorenliste (.pdf)


Fußnoten

  1. UB HS Hildesheim I, Nr. 619.
  2. UB Hameln II, Nr. 564 und 577.
  3. UB Hameln II, Nr. 601, Anm.
  4. Kayser, Kirchenvisitationen, S. 224.
  5. Spanuth, Quellen, S. 276.
  6. LkAH, D 44, Spec. A Bodenburg I 145 (Visitation 1948, Visitationsfrage V.14).
  7. KABl. 1976, S. 7.
  8. KABl. 1995, S. 124.
  9. KABl. 2001, S. 179.
  10. KABl. 1984, S. 10.
  11. KABl. 1943, S. 1–4.
  12. KABl. 1944, S. 7.
  13. Kayser, Kirchenvisitationen, S. 224; Spanuth, Quellen, S. 276.
  14. Stübner, Kirchenverfassung, S. 255.
  15. Steinacker, BKD Kr. Gandersheim, S. 22.
  16. Koch, Bodenburg, S. 113.
  17. Drömann, Glocken Lkr. Hildesheim, S. 40.
  18. LKA, G 9 B/Bodenburg, Bl. 190 (Gutachten von Andreas Philipp, 16.07.2009).