Sprengel Osnabrück, KK Osnabrück | Patrozinium: Christus (seit 1989) | KO: Keine Kirchenordnung

Orts- und Kirchengeschichte
Kirche, Ansicht von Südwesten, Postkarte (Ausschnitt)

Kirche, Ansicht von Südwesten, Postkarte (Ausschnitt)

Das alte Ksp. Belm setzte sich aus neun Bauerschaften des Fbm. Osnabrück (Amt Iburg) zusammen, die erst 1853 zur Samtgemeinde Belm zusammengeschlossen wurden. In der ersten Hälfte des 13. Jh. wurde, unter Einbeziehung älterer Bauteile, die heute kath. Kirche am Tie errichtet. Die Reformation hielt in der Region 1543 Einzug. Vermutlich predigte in (Alt-) Belm auch der Reformator Hermann Bonnus. Als erster nahm Johann Hoetmer/Hoetmar (I.) das neue Bekenntnis an und heiratete. Nach seinem Tod folgt sein Sohn Caspar Hoetmar. Nahezu das gesamte Ksp. war 1614 ev. Das Domkapitel scheiterte mit seinen Bemühungen um Durchsetzung eines kath. Geistlichen am Widerstand der adeligen Grundherren.1 Der ab 1622 in dritter Generation amtierende Johann Houtmar (II.) gab jedoch bei der Visitation durch den Jesuiten Albert Lucenius 1624 an, dass er kath. sei und blieb ihm Amt2, wurde dann aber 1628 von den Schweden vertrieben. Nach der Erhebung des Normaljahrs 1624 wurde das Ksp. Belm in der Capitulatio perpetua 1650 trotz eindeutiger ev. Bevölkerungsmehrheit (1662: 1.190 evangelisch, 369 kath.) den Katholiken zugeteilt. Die ev. Einwohner besuchten seither die GD in den Kirchen Achelriede, Venne und Osnabrück sowie (bis zu ihrem Verbot) die Privat-GD auf den Gütern Arenshorst, Schelenburg und Haus Astrup. In Astrup wurden die Privat-GD erst eingestellt, als das Gut 1777 an einen kath. Besitzer fiel.3
Anfang des 19. Jh. gab es verstärkt Sammlungsbewegungen der ev. Einwohner und Bestrebungen zur Einrichtung eines Simultaneums nach dem Vorbild von Schedehausen. Ab 1806 gab es sonntägliche Andachten im Schulhaus von Belm. 1806/08 wurden zwei Köttereien erworben, abgebrochen und eine Pfarrwohnung mit GD-Raum errichtet. 1809 erwirkten die Lutheraner von Belm die Genehmigung, ihre Leichen unter Begleitung ihrer Schule und Zuziehung eines ev. Predigers beisetzen zu lassen. Die Stolgebühren waren aber weiterhin an den kath. Pfarrer. und Küster zu entrichten. Kasualien nahm der Osnabrücker Hof- und Garnisonprediger sowie Konsistorialrat Lasius vor, der dann auch die Erlaubnis erhielt, Abendmahls-GD im ev. Schulhaus am Schmiedebrink abzuhalten. 1811 verpflichteten sich 95 Glieder der ev. Gemeinde zur Leistung jährlicher Beiträge zur Fundierung einer Kirche. Die Genehmigung der französischen Regierung zur Verselbständigung der KG wurde am 20. September 1812 ausgestellt. In den Jahren 1815 bis 1819 wurde das KGb nach Entwürfen des Baumeisters Lasius aus Oldenburg, einem Bruder des P. Lasius, neu erbaut (Einweihung am 20. September 1819).
In Gretesch-Lüstringen bestand eine Pfarrkollaboratur und seit 1951 eine KapG. Fortschreitende Industrialisierung und eine rege Bautätigkeit sowie die Integration der Heimatvertriebenen nach dem zweiten Weltkrieg führten schließlich zur Abtrennung der Petrus-KG Gretesch-Lüstringen (1959) und der Johannes-KG Vehrte (1968).
Partnerschaften mit den KG Elterlein (Erzgebirge) ab 1961 und Sensburg (Masuren) ab 1981.
Die KG ist Trägerin eines KiGa (seit 2012 auch Familienzentrum). Für den Bauunterhalt der Kirche wurde 2004 eine Stiftung ins Leben gerufen.

Pfarrstellen

I: 18. Januar 1811. – II: 1. April 1951 (vorher Pfarrkollaboratur)4; 1. April 1959 auf die KG Gretesch-Lüstringen übergegangen; 1. April 1962 Errichtung einer Pfarrvikarstelle5; 1. Januar 1968 auf die neu errichtete KG Vehrte übergegangen; 1. Mai 1994 Neuerrichtung der Pfarrstelle.6

Umfang

Das Dorf Belm, die Bauerschaften Darum, Gretesch, Haltern, Icker, Lüstringen, Powe, Vehrte und Wellingen, das Landgut Astrup und die Papiermühle Gretesch. Mit dem 1. April 1959 wurde die KG Gretesch-Lüstringen7, am 1. Januar 1968 die KG Vehrte abgetrennt und verselbständigt.8 1. Januar 1971 Grenzänderung zwischen den KG Belm und Gretesch-Lüstringen.9

Aufsichtsbezirk

Bf. Adolf von Osnabrück übertrug die Archidiakonatsgerichtsbarkeit dem Dekan des Stifts St. Johann in Osnabrück (Bestätigung durch Kardinallegat Konrad von Urach 29. November 1224).10 – Die neu gegründete ev.-luth. KG unterstand vor der Einführung der Insp. im Fsm. Osnabrück 1821 der Aufsicht des Amts Osnabrück und kam 1821 zur 1. Insp. des Fsm. Osnabrück mit Sitz in Dissen. Ab 1886 Insp. (1924: KK) Georgsmarienhütte; 1. Januar 2013 in den KK Osnabrück umgegliedert.

Kirchenbau
Kirche, Blick zum Altar, 1983

Kirche, Blick zum Altar, 1983

Rechteckige, verputzte Saalkirche mit Sandsteingliederung. Hölzerne flachgewölbte Decke. Die kassettenartige, ornamentale Deckenbemalung und das großflächige Wandgemälde an der Stirnseite des Kirchenschiffs über dem Altar (Bergpredigt) stammen von Heinrich Bücker, Hannover (1921). Die bisher dort angebrachten Fenster wurden vermauert. An West-, Nord- und Ostseite dreiseitig umlaufende Emporenanlage. 1988/89 wurde die Kirche grundlegend renoviert.

Turm

Westturm mit barockem Helm (1818). Dabei handelt es sich um den ehemaligen Turm des Klosters Marienstätte in Osnabrück, der dort vollständig abgetragen und in B. wieder aufgebaut wurde.

Ausstattung

Zweistöckiger, barocker Altaraufsatz (Anfang 18. Jh., 1819 aus der Kloster- und Stiftskirche Levern erworben). Im Hauptbild die Kreuzigung, darüber die Grablegung. –Farbig gefasste, hölzerne Kanzel mit den vier Evangelisten auf den Brüstungsfeldern (gestiftet 1819 durch den Provisor Johannes Gerhard Hagebusch in Darum). – Sandsteintaufe mit achteckiger Kuppa auf einem gedrungenen Schaft, umgeben von kleineren Säulchen aus Marmor. Stifterinschrift der Konfirmanden 1891/92 und des Colon (Bauern) H. Möllenbrock in Vehrte. – Porträt des P. Lasius von Heinrich Neelmeyer (Osnabrück).

Orgel, vor 1970 (?)

Orgel, vor 1970 (?)

Orgel

Die erste Orgel von der Osnabrücker Marienkirche angekauft. Später erhielt die Kirche einen Neubau der Firma Rohlfing, 16 II/P, pneumatische Traktur, Bälgchenlade. 1970/71 Neubau durch Firma Alfred Führer (Wilhelmshaven), 17 II/P (HW, BW), mechanische Traktur, Schleifladen.

Geläut

Vier LG, I: d’ (Bronze, Gj. 1958, Gebrüder Rincker, Sinn); II: f’ (Bronze, Gj. 1922, J. J. Radler, Hildesheim); III: g’ (Bronze, Gj. 1958, Gebrüder Rincker, Sinn); IV: a’ (Bronze, Gj. 1958, Gebrüder Rincker, Sinn). – Zwei SG, I: g’ (Stahl); II: b’ (Stahl).

Friedhof

Friedhof an der Lindenstraße, wurde bald nach Bau der Kirche für die ev. Gemeindeglieder angelegt. Eigentum der KG. FKap (kommunal).

Liste der Pastoren (bis 1940)

1634–1650 Henricus Hupenius. – 1812–1819 Albrecht Friedrich Ludolph Lasius. – 1820–1842 Hermann Carl Krochmann. – 1843–1882 Bernhard Christian Wilhelm Viktor Sergel. – 1882–1889 Georg Friedrich Wilhelm Wackermann. – 1890–1909 Heinrich Friedrich Wilhelm Kanne. – 1909–1933 Georg Jakob Friedrich Mahler. – 1933–1967 Walter Carl August Ferdinand Heise.
Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 77, ebd. III, S. 10

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 3 Nr. 44–59 (Kons. Osnabrück, Pfarroffizialsachen); A 5 Nr. 240 (Spec. Landeskons.); A 6 Nr. 659–662 (Pfarrbestallungsakten); A 9 Nr. 2791aDigitalisat (Visitationen); A 12e Nr. 89Digitalisat(GSup. Hannover); D 84 (EphA Georgsmarienhütte).

Quelle

Mitteilung Wolfgang Braune (KV) vom 24. März 2016.

Kirchenbücher

Taufen: ab 1810
Trauungen: ab 1810
Begräbnisse: ab 1813
Kommunikanten: ab 1883
Konfirmationen: ab 1810

vorher katholisch

Literatur

A: Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 206; Weichsler, Hdb. Sprengel Osnabrück, S. 121.
B: Konrad Hinze (Hg.): 160 Jahre der ev. Kirche zu Belm bei Osnabrück. Eine kurze Festschrift zum Jubiläum im Jahre 1979, Belm 1979; Ev.-luth. Christus-Kirchengemeinde Belm (Hg.): Festschrift 170 Jahre Evangelisch-lutherische Christus-Kirchengemeinde Belm 1819-1989, Belm 1989; Konrad Hinze: 150 Jahre evangelische Kirche Belm. Festvortrag zum Jubiläum 1969, 1969.


Fußnoten

  1. Wöbking, Konfessionsstand, S. 145.
  2. Bär, Protokoll Albert Lucenius, S. 246.
  3. Meyer, Pastoren I, S. 36.
  4. KABl. 1951, S. 37.
  5. KABl. 1962, S. 29 f.
  6. KABl. 1994, S. 84.
  7. KABl. 1959, S. 57.
  8. KABl. 1968, S. 7 f.
  9. KABl. 1971, S. 13 f.
  10. Schwarz, Papsturkunden, Nr. 170.