Sprengel Osnabrück, KK Osnabrück | Patrozinium: Johannes1 | KO: Keine Kirchenordnung

Orts- und Kirchengeschichte

Die Belmer Ortsteile Vehrte und Icker bilden seit 1968 die KG Vehrte. Schriftlich lässt sich Vehrte erstmals um 1200 in einem Verzeichnis der Einkünfte der Osnabrücker Domkirche als Verete nachweisen.2 Icker ist 1090 als Ickari belegt.3 Beide Ortschaften zählten seit dem 14. Jh. zum Amt Iburg des Hochstifts Osnabrück, seit dem 19. Jh. dann zum Amt Osnabrück (1852-1859 Amt Schledehausen), zunächst im Kgr. Hannover, seit 1866 im Kgr. Preußen. Vehrte und Icker wurden 1972 nach Belm eingemeindet. Seit 1873 besitzt Vehrte einen Bahnhof (Strecke Köln–Hamburg). Beide Orte lassen sich als Pendlersiedlungen beschreiben. 1972/73 entstand eine Hochhaussiedlung für englische Soldaten in Vehrte (NATO-Siedlung), die nach Abzug der Truppen (1997) zu einem Wohngebiet umgestaltet wurde. In Icker lebten 1821 gut 500 Menschen, in Vehrte knapp 620; 1905 lagen die Werte bei knapp 500 (knapp 260 ev., 240 kath.) und etwa 900 (knapp 590 ev., gut 310 kath.) und 1961 bei etwa 600 und bei 1.660.

Einweihung der Johanneskirche, Schlüsselübergabe, 1965 (Mitte: Pastor Wilhelm Borgmeier, rechts: Landessuperintendent Kurt Degener)

Einweihung der Johanneskirche, Schlüsselübergabe, 1965 (Mitte: Pastor Wilhelm Borgmeier, rechts: Landessuperintendent Kurt Degener)

Kirchlich gehörten Vehrte und Icker bis in die zweite Hälfte des 20. Jh. hinein zu Belm. Der Ort zählte nach Ende des Dreißigjährigen Krieges zu jenen Dörfern im Osnabrücker Land, die der kath. Seite zugeschlagen worden waren (1650, Capitulatio perpetua Osnabrugensis). Die ev.-luth. KG Belm gründete sich erst im Jahre 1812, zur Zeit der französischen Herrschaft.
Steigende Bevölkerungszahlen führten in der zweiten Hälfte des 20. Jh. zur Gründung der eigenständigen KG Vehrte. Seit 1961 versammelten sich die ev. Einwohner von Icker und Vehrte zu Gottesdiensten in der Talkamp-Schule.4 Im gleichen Jahr gründete sich ein Kirchenbauverein (Dezember 1963 umbenannt in „Verein zum Bau eines ev.-luth. Gemeindezentrums und zur Förderung des Gemeindelebens in Vehrte e. V.“, aufgelöst 1977). Im Jahr 1962 richtete das Landeskirchenamt eine Pfarrvikarstelle in der KG Belm ein und ihr erster Inhaber, P. Wilhelm Borgmeier (amt. 1962–1997), wurde später auch der erste Pfarrer der KG Vehrte.5 Schon 1963 gründete sich der Posaunenchor. Der Bau des Gemeindezentrums, entworfen von Architekt Werner Johannsen, hatte 1962 begonnen: Ein Jahr später konnte das Gemeindehaus bezogen werden und im März 1965 folgte die Einweihung der Johanneskirche (Glockenweihe September 1965, Orgelweihe März 1971). Im letzten Bauabschnitt entstand das Pfarrhaus (1966/67). Zum 1. Januar 1968 schließlich gründete sich die „Ev.-luth. Johannes-Kirchengemeinde Vehrte“; die Pfarrvikarstelle in Belm wurde aufgehoben und die neue KG Vehrte erhielt eine Pfarrstelle.6 Knapp ein Jahr später urteilte der Sup. des KK Georgsmarienhütte: „Unter den Gemeindegliedern ist das Bewußtsein, zu ihrer Kirchengemeinde zu gehören, deutlich zu spüren.“7
Schon bei der Grundsteinlegung der Johanneskirche wirkte der Pfarrer der kath. KG Icker mit und die ökumenische Arbeit entwickelte sich zu einem Schwerpunktthema der KG (gemeinsames Veranstaltungsprogramm des kath. Bildungswerks Icker und des ev. Bildungswerks Vehrte, seit 1978 jährliches Ökumenisches Seminar).8 Bis Anfang der 1990er Jahre unterhielt die KG Vehrte eine Partnerschaft mit der ev.-luth. KG Oberschöna in Sachsen; 1981 kam eine Partnerschaft mit der KG Uthukela in Südafrika hinzu.
Seit 2010 wurde der Umfang der Pfarrstelle Vehrte schrittweise reduziert: zunächst auf drei Viertel, 2013 auf fünf Achtel und 2016 auf die Hälfte. Von 2010 bis 2016 arbeitete die Pastorin bzw. der Pastor der KG Vehrte gleichzeitig in der KG Belm.

Umfang

Die Belmer Ortsteile Icker und Vehrte.

Aufsichtsbezirk

Mit Gründung der KG 1965 zum KK Georgsmarienhütte. Zum 1. Januar 2013 in den KK Osnabrück umgegliedert.9

Kirchenbau
Kirche, Außenansicht, 1980

Kirche, Außenansicht, 1980

Einschiffiger, zeltartiger Bau mit der Grundfläche eines langen Sechsecks, errichtet 1964/65 (Architekt: Werner Johannsen). Ausgerichtet nach Nordnordosten. Hohes Satteldach, Außenwände und Giebelseiten verklinkert, Altarbereich an nördlicher Giebelseite durch Sandsteinverblendung betont; hochrechteckige, bodentiefe Fenster, Haupteingang in Mittelachse des Südgiebels. Im Innern offener Dachstuhl, Flächen zwischen den blauen Stahlträgern verbrettert; Mittelteil der Altarwand sandsteinverkleidet und von schmalem Fensterband gerahmt; Südempore; Sakristei unter der Empore. Innenrenovierung 1990.

Fenster

Im Schiff ornamental gestaltete Buntglasfenster zum Thema „Mensch“ (Heinz Lilienthal, Bremen). Lichtband aus farbigem Betonglas als Rahmen der Altarwand.

Turm

Südwestlich vor der Fassade freistehender, niedriger Turm, sandsteinverkleidet. Hoher, spitzpyramidenförmiger Turmhelm, bekrönt mit Kugel, Kreuz und Hahn; kupfergedeckt, zwei Uhrziffernblätter an Turmhelm (Turmuhr 1975, Firma Friedrich E. Korfhage, Buer), Glockenstuhl im Turmhelm, horizontale Schallschlitze. Pergola verbindet Turm, Kirche und Gemeindehaus.

Ausstattung

Schlichter Blockaltar, gemauerter Stipes aus Kalksandsteinen, Mensa aus Sandstein. – Altarrelief aus Lindenholz (1965, Heinz Heiber, Nürnberg), Anbetung des Lammes durch die 24 Ältesten. – Altarkreuz (1976, Helmut Seehausen, Hannover). – Niedrige Kanzel aus Sandstein, darauf kupfernes Pult mit Glaseinlagen (1965, Heinz Heiber, Nürnberg), das Relief am Pult stellt das himmlische Jerusalem dar. – Bronzenes Lesepult (1965, Heinz Heiber, Nürnberg). – Schlichte, tonnenartige Taufe aus Sandstein (Taufschale gestaltet von Heinz Heiber, Nürnberg). – Glaswand in Andachtsecke (2011, Tobias Kammerer). – Holzbild „Kreuzigung“ (Reinhard Scholtissek), gekauft 2015, aufgestellt rechts des Altars. – Türgriff am Hauptportal in Form einer Taube (1965).

Orgel

Instrument 1971 erbaut von Firma Alfred Führer (Wilhelmshaven), 16 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen.

Geläut

Drei LG, I: a’, Bet- und Sterbeglocke, Inschrift: „Ich bin die Auferstehung und das Leben“, Bild: Kreuz; II: h’, Trauglocke, Inschrift: „Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit. Hebr. 13,8“, Bild: Kreuz und Trauringe; III: d’’, Taufglocke, Inschrift: „Nahet euch zu Gott, so naht er sich zu euch. Jak. 4,8“, Bild: Taube (alle Bronze, Gj. 1965, Glockengießerei Bachert, Karlsruhe), alle Glocken tragen zudem die Inschrift: „Evang.-luth. Johanneskirche Vehrte 1965“.

Weitere kirchliche Gebäude

Gemeindehaus „Johanneshaus“ (Bj. 1963, südöstlich der Kirche, ursprünglich Flachdach, aufgestockt 1979/80). – Pfarrhaus (Bj. 1966/67, Photovoltaikanlage 2005), östlich der Kirche.

Friedhof

Kommunaler Friedhof am Nordrand Vehrtes (eingeweiht 1962, erweitert 1997). FKap (Bj. 1961/62, Renovierung 1988/89).

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

L 5f Nr. 373–274, 898 (LSuptur. Osnabrück); S 11a Nr. 8205 (Findbuch PfA).

Literatur

A: Weichsler, Hdb. Sprengel Osnabrück, S. 141; Wrede, Ortsverzeichnis Fürstbistum Osnabrück I, S. 294–295 (Icker) und II, S. 246–248 (Vehrte).
B: Ev.-luth. Johanneskirche zu Vehrte. 1965–1990 (25 Jahre Ev.-luth. Johanneskirche zu Vehrte), hrsg. von der Ev.-luth. Johannes-Kirchengemeinde Vehrte, Osnabrück 1990; Wilhelm Borgmeier: Vehrte von damals bis heute. Ein historischer Spaziergang, Osnabrück [2007], bes. S. 8–63; Konrad Hinze: Ev.-luth. Johanneskirche zu Vehrte. 1965–1975 (Zehn Jahre Ev.-luth. Johanneskirche zu Vehrte), Vehrte 1975.


Fußnoten

  1. Apostel Johannes, Borgmeier, S. 21.
  2. Wrede, Ortsverzeichnis Fürstbistum Osnabrück II, S. 246. Eine ältere Nennung (Fariti, um 1050, Osnabrücker UB I, Nr. 146) bezieht sich auf Verth im Lkr. Warendorf, vgl. Wrede, Ortsverzeichnis Fürstbistum Osnabrück II, S. 246.
  3. Osnabrücker UB I, Nr. 205.
  4. Zum Folgenden: Borgmeier, S. 9 ff. und 58 ff.
  5. KABl. 1962, S. 29 f.
  6. KABl. 1968, S. 7 f.
  7. LkAH, L 5f, Nr. 273 (Visitation 1977).
  8. Johanneskirche zu Vehrte, S. 18; Borgmeier, S. 55 ff.; LkAH, L 5f Nr. 274 (Visitation 1989, Visitation 1995).
  9. KABl. 2012, S. 177 f.