Sprengel Stade, KK Wesermünde | Patrozinium: Jakobus der Ältere1 | KO: Keine Kirchenordnung
Orts- und Kirchengeschichte
Der Flecken Bederkesa entwickelte sich wohl als Dammsiedlung im Schutz der herrschaftlichen Burg und wird 1287 als Ausstellungsort einer Urkunde erstmals genannt. Der archäologische Befund deutet auf eine Besiedelung vor 1000 hin. Durch seine Lage an der Straße von Bremervörde zu den Marschen von Hadeln und Wursten erlangte Bederkesa schon im Mittelalter Bedeutung als Markt- und Handwerkersiedlung mit einer stadtähnlichen Funktion für die Umgebung. Grundherr war das gleichnamige ritterliche Geschlecht, das 1159 mit Marcwardus de Bederkesa erstmals belegt ist.2 Als Herren über die Börden Ringstedt und Debstedt sowie Ministerialen und Lehnsmannen der Bremer Ebf. gehörten die Ritter von Bederkesa zu den einflussreichsten Familien des Elbe-Weser-Raums. Sie stellten wiederholt hohe Würdenträger, darunter Erich von Bederkesa, der 1257-1289 Archidiakon von Rüstringen war. Der umfangreiche Grundbesitz auf der Geest der Hohen Lieth und die urkundlich Überlieferung lassen auf eine uradelige altsächsische Herkunft und eine dominierende Stellung im Gau Haduloha schließen. Vermutlich haben sich die einst freien Herren von Bederkesa in die Lehnsabhängigkeit der Ebf. von Bremen begeben. Sie verloren noch im 14. Jh. an Bedeutung. 1381 brachte die Stadt Bremen die Hälfte von Schloss und Herrschaft Bederkesa unter ihre Hoheit. Die andere Hälfte befand sich im Besitz der Hzg. von Sachsen-Lauenburg (nicht vor 1378 nachweisbar) und kam 1411 als Pfand gleichfalls an Bremen (1542 endgültiger Verzicht). Die Börde kam nach dem Bremischen Krieg im Stader Vergleich von 1654 zum schwedischen Hzm. Bremen-Verden, 1712 an Dänemark, 1715 an Kurhannover (Amt Bederkesa, ab 1859 Amt Lehe). – Die früher selbständige Gemeinde (seit 1996 Bad Bederkesa) wurde am 1. Januar 2015 Ortsteil der Stadt Geestland.
Bederkesa war ursprünglich nach Ringstedt eingepfarrt. Als erster eigener Sakralbau entstand vermutlich eine von einem Kaplan versorgte Burgkapelle der Ritter von Bederkesa. Vor 1295 stifteten dieselben auf ihrem Grundbesitz eine Eigenkirche. Der erste urkundliche Beleg datiert auf den 13. November 1295, als der Knappe Gebhard von Bederkesa seiner Kirche dort aus seinen Gütern eine Roggenernte übereignete.3 Mit Bernard plebanus in Bederkesa, der in der Urkunde als Zeuge aufgeführt wird, erscheint zugleich der erste Geistliche.4 Bernard seinerseits begründete um 1300 aus seinen Besitzungen testamentarisch eine Vikarie und stattete sie mit einer neben der Pfarre gelegenen Hofstelle aus (9. Oktober 1312 durch den Archidiakon von Hadeln und Wursten bestätigt). In einer undatierten Urkunde des Jahres 1300 bestätigte Ebf. Giselbert einen 40tägigen Ablass für die Besucher der St.-Jakobis-Kirche in Bederkesa an den Fest- und Heiligentagen.5 Für das 14. Jh. sind mehrere Geistliche urkundlich belegt: 1312 bestätigte der Archidiakon von Hadeln und Wursten ein Vermächtnis eines Hofes nahe der Kirche in Bederkesa durch den verstorbenen Pfarrer Bernhard und seinen Nachfolgers Conrad.6 1313 bezeugten dominus Meynardus et dominus Hinricus, capellani in Bederkesa, dass der Ritter Marquard Stacke von Bederkesa den Pfarrer in Flögeln und Bederkesa einen Kornzins zu Lehe verpfändet.7 1325 verkauft Otto von Bederkesa dem dortigen Kirchherrn Meynard 18 junge Hühner jährlich von zwei Höfen in Sinstedt und einen halbem Hof. Als Zeuge tritt u. a. der Kaplan Ludolf in Bederkesa auf.8 1337 erscheinen der Pfarrre Meinard aus Bederkesa, sein Kaplan Gerhard und sein ständiger Vikar Thiderich in einer Urkunde des Knappen Lüder von Osten.9 Offenbar kam es zu dieser Zeit zu einem Konflikt um die Rechte und Pflichten des Pfarrstelleninhabers, denn die Ritter und Knappen auf den Schlössern Bederkesa und Elmlohe bestätigten 1339 ihrem Pfarrer Friedrich zu Bederkesa, dass er nicht verpflichtet sei, Schreibarbeiten und andere Geschäfte für sie zu erledigen oder an ihren Tagfahrten teilzunehmen, mit Ausnahme der Verhandlungen mit dem Ebf. oder Domkapitel zu Bremen.10 Friedrich wird noch 1355 genannt. Weitere Pfarrherren waren Johannes (Kirchherr, 1372) und Iacobus Feld (rector cappelle in Bederkesa, 1444).11 1345 war Johann, Sohn des bremischen Bürgers Wolbern von Stuhr, ständiger Vikar an der Kirche. Die Vikarie St. Johannis wurde zuletzt auch als Pfründe an Auswärtige verliehen, so 1484 an den Nikolaus Mynstede, den Klosterpropst von Neuenwalde.12
Sowohl die Stadt Bremen als auch die Bremer Kirche bemühten sich im 14./15. Jh. um Erweiterung ihres Einflusses nach Norden. Nachdem die Stadt Bremen Bederkesa unter ihre Herrschaft gebracht hatte, setzte sich wohl 1534 wie in Bremen auch in Bederkesa die Reformation durch, und damit früher als im übrigen Erzstift. Vermutlich wurde auch die bremische KO von 1534 in Bederkesa eingeführt. Ebenfalls nach Bremer Vorbild gelangte ab 1580 das ref. Bekenntnis nach Bederkesa. Im Stader Vergleich, der 1654 den kurzen bewaffneten Konflikt zwischen der Stadt Bremen und den schwedischen Landesherren im Hzm. Bremen-Verden beendete, fiel das Amt Bederkesa an die schwedische Krone. Hinsichtlich der konfessionellen Verhältnisse wurde bestimmt, dass die ref. Prediger in den sechs betroffenen KG auf Lebenszeit im Amt bleiben, die Wiederbesetzung der Pfarrstellen aber durch die Regierung in Stade erfolgen solle. In Bederkesa übernahm nach dem Ableben des ref. Predigers Bernhard Crabäus zunächst der ebenfalls ref. Inhaber der zweiten Pfarrstelle, Johann Hinrich Guturf, die seelsorgerliche Betreuung. Nach dessen Tod (1665) ernannte das Konsistorium in Stade allerdings gegen den Willen der Einwohner einen luth. Geistlichen und führte somit das luth. Bekenntnis in der Gemeinde wieder ein.
Über die Küsterschule liegen erste Nachrichten aus dem letzten Viertel des 16. Jh. vor. Sie war wohl die älteste der Börden Ringstedt und Debstedt. Neben der Küsterschule hat ab ungefähr 1745 für etwa 100 Jahre eine Nebenschule bestanden. Das zweiklassige Schulhaus mit Wohnung für den ersten Lehrer und Organisten wurde 1851 neu erbaut. 1855 rief P. H. O. von Hanffstengel eine „Gehobene Lehranstalt des Fleckens Bederkesa“ ins Leben, deren Unterricht durch den Pfarrer und einen seminaristisch vorgebildeten Lehrer erteilt wurde. Sie wurde zeitweilig überwiegend von Mädchen besucht und vor dem Ersten Weltkrieg in eine Art Progymnasium überführt. Von 1876 bis 1925 bestand in Bederkesa außerdem ein ev. Schullehrerseminar.
Das Gemeindeleben wurde durch den 1929 gegründeten Posaunenchor und den Frauenkreis (1944) bereichert. Seit den 1970er Jahren folgten Bibelkreis, Dritte-Welt-Gruppe, Besuchskreis und Kirchenchor. Mit dem 1. Januar 1976 wurden die KG Bederkesa und Flögeln pfarramtlich verbunden13 1977 erhielt Bederkesa einen ev. KiGa.
Umfang
Der Flecken Bederkesa und das Forsthaus Holzurburg. Mit dem 1. Januar 1973 wurde der Ortsteil Ankelohe der politische Gemeinde B. aus der KG Ringstedt in die KG Bederkesa umgepfarrt.14
Aufsichtsbezirk
Archidiakonat Hadeln-Wursten der Erzdiözese Bremen. – Visitationen führte nach der Reformation der stadtbremische Sup. durch. Unter schwedischer Herrschaft ab 1654 zur Präpositur Bederkesa. Durch Neuordnung der Aufsichtsbezirke in den Hzm. Bremen und Verden ab 1. Januar 1827 zur Insp. Bederkesa, nach deren Aufhebung 1853 zur Insp. (ab 1924: KK.) Lehe. 1. April 1940 KK Wesermünde-Nord. Seit 1. Januar 2013 KK Wesermünde (Sitz der Suptur.).
Patronat
Die Herren von Bederkesa. Nach dem Übergang der Herrschaft B. an die Stadt Bremen der Rat der Stadt, zuletzt der Landesherr (bis 1871).
Kirchenbau
Die an der Westseite des Markts gelegene Kirche, ursprünglich ein kleiner, wohl aus Feldsteinen errichteter Massivbau, geriet im Laufe des Dreißigjährigen Krieges zunehmend in Verfall. 1644 wurde der alte Bau abgebrochen und durch eine schlichte Fachwerkkirche mit zwei Türmen (freistehender Glockenturm im Westen, Uhrturm im Osten) ersetzt. Bei der Einnahme des Fleckens durch den in schwedischen Diensten stehenden Gf. Königsmarck (November 1654) wurde sie beschädigt. Mitte des 19. Jh. war das KGb einsturzgefährdet und wurde abgerissen. Der 1859/61 nach Plänen des bremischen Baumeisters Simon Loschen errichtete Neubau gilt als einer der bedeutendsten Gewölbebauten des Historismus im Lkr. Cuxhaven. Gotisierende, einschiffige Saalkirche aus Backstein mit Westturm und zweijochigem, polygonalem Chor mit 5/8-Schluss, das Langhaus zu fünf Jochen mit querrechteckigen Kreuzrippengewölben. Der Chor ist mit einem blauen Sternenhimmel ausgemalt. Sakristeianbau an der Südseite. Innen eine hölzerne Empore vor der Westwand.
Turm
Neugotischer Westturm mit Seitengiebeln und oktogonalem Helm, der wegen der starken Verwitterung 1895 eine Kupferverkleidung erhielt (im Ersten Weltkrieg abgenommen, 1923 erneuert). Die Turmhalle wurde 1953 von Kirchenmaler Oetken (Delmenhorst) als Gedenkstätte für die Gefallenen der Weltkriege gestaltet. Weitere Gefallenenehrung (für die Toten des Ersten Weltkriegs) außen an der Kirche.
Ausstattung
Die sakrale Ausstattung des Altarraums wurde 2006 von Madeleine Dietz (Landau) neu gestaltet: Dreiteiliger Tischaltar aus Stahl und gebranntem Ton; Taufstele aus Stahl mit Taufschale aus gebranntem Ton; Osterleuchter. – Antependien von Susanne Reinke (Bederkesa) nach Entwurf von M. Dietz. – Schlichte Holzkanzel (Mitte 19. Jh.). – Farbig gefasste, achteckige Sandsteintaufe in Pokalform, mit Dekor aus Wappen, Fruchtwerk und Engelsköpfen (um 1644, Stiftung des Ratsherrn Jakob Hüneken).15 Messingdeckel mit Taube (modern).
Orgel
In der alten Kirche stand bis 1767 nur ein Handpositiv ohne P, das in diesem Jahr durch den Orgelbauer Marcus Hinrich Petersen (Bederkesa) repariert und um ein Pedal ergänzt wurde. 1861 Neubau durch Johann Hinrich Röver (Beverstedt) unter Verwendung von Material der alten Orgel, 14 Reg. 1911/12 Neubau durch P. Furtwängler & Hammer (Hannover), 26 II/P, pneumatische Traktur. 1969/81/92 Neubau hinter dem neugotischen Gehäuse durch Firma Hillebrand (Altwarmbüchen) in drei Bauabschnitten; 21 II/P (HW, OW), mechanische Traktur, Schleifladen. Einweihung 1. November 1992.
Geläut
Drei LG, I: as’ (Glaube), II: b’ (Liebe); III: c’’ (Hoffnung), alle Bronze, Gj. 1974, Gebrüder Rincker, Sinn. – Früherer Bestand: Zwei Glocken von 1706 und 1893 (Firma Otto, Bremen-Hemelingen) wurden 1917 zu Rüstungszwecken abgeliefert. Erhalten blieb die kleinste Glocke, die 1696 (Christoph Haupner, Stade) und 1799 aus einer älteren Glocke umgegossen worden war. Sie wurde 1923 an die KG Schellbach (heute Burgenlandkreis, Sachsen-Anhalt) verkauft. 1922 goss die Firma Ulrich & Weule (Apolda-Bockenem) drei Eisenhartgussglocken in fis’ (Kriegsopferglocke), gis’ und c’’, die 1974 durch das heutige Geläut abgelöst wurden.
Weitere kirchliche Gebäude
Pfarrhaus, 1743 durch Brand zerstört. 1744 Neubau in Fachwerk, wurde 1965 abgerissen und durch einen Klinkerneubau ersetzt. Gemeindehaus im gleichen Stil (Bj. 1974). – Organistenhaus von 1851.
Friedhof
Ursprünglich auf dem Kirchhof. 1839 Anlage des neuen Friedhofs am Mühlenberg, heute – ebenso wie der Friedhof in Ankelohe – in Verwaltung der Stadt Geestland.
Liste der Pastoren (bis 1940)
Bis 1596 Hermann Croesenius. – 1597–1619 Anton Grevenstein. – 1620–1647 Lorenz Rodtbart (Rothbart). – 1647–1655 Bernhardus Crabaeus. – 1648–1675 Johann Hinrich Gutturff. – 1682–1696 Magister Christian Rauschker. – 1696–1699 Magister Hermann Ludwig Wedemeyer. – 1699–1713 Anton Hermann Meiners. – 1715–1751 Thomas Kemna. – 1752–1759 Georg Arnold Mehne. – 1760–1774 Petrus Brandt. – 1775–1790 Johann Friedrich Wehdemann. – 1791–1805 Nikolaus Burchard Geisler. – 1805–1834 Johann Friedrich Karl Daniel. – 1835–1847 Johann Heinrich Broeschen. – 1847–1860 Heinrich Otto von Hanffstengel. – 1860–1868 Philipp Ludwig Meno Valett. – 1869–1892 Georg August Visbeck. – 1892–1907 Johann Karl Heinrich Faß. – 1908–1920 Franz Friedrich Karl Schotte. – 1921–1930 Julius Georg Christian Wilhelm Elster. – 1930 Friedrich Wilhelm Eduard Paulini. – 1931–1950 Konrad Adolf Ferdinand von Hanffstengel.
Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 75–76 (mit Ergänzungen)
Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)
A 2 Nr. 136–150 (Pfarroffizialsachen); A 5 Nr. 580 (Spec. Landeskons.); A 6 Nr. 633–639 (Pfarrbestallungsakten); A 8 Nr. 40 (CB); A 9 Nr. 2575, 2576, 2577, 2598, 2599 (Visitationen); D 63 (EphA Wesermünde-Nord).
Kirchenbücher
Taufen: ab 1743 (unvollständig: 1754)
Trauungen: ab 1743 (unvollständig: 1754)
Begräbnisse: ab 1743 (unvollständig: 1754)
Kommunikanten: ab 1743 (Zahlenregister: 1743–1836)
Konfirmationen: ab 1775
Literatur
A: 50 Jahre KK Wesermünde-Nord, S. 19–22; Böker, Denkmaltopographie Lkr. Cuxhaven, S. 115 f.; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 202; Kiecker/Lehe, KD Kr. Lehe, S. 39–41.
B: Curt Allmers: Geschichte der bremischen Herrschaft Bederkesa, Bremen 1933; Klaus Dobers: Unter dem Dach von St. Jakobi. Bederkesaer Lebenszeugnisse aus 250 Jahren (= Schriftenreihe der Burggesellschaft Bederkesa 10), Bederkesa 1995; Johannes Göhler: Die St.-Jakobi-Kirche, in: Bad Bederkesa in Gegenwart und Vergangenheit. Eine Ortskunde, [Bremerhaven] 2004, 2. Aufl., S. 143–145.
Website der Kirchengemeinde (20.12.2018)
Fußnoten
- Ursprünglich auch Johannes Evangelist geweiht. Vgl. Weiberg, Niederkirchenwesen, S. 93.
- UB Hamburg I, Nr. 219.
- Rüther, Hadler Chronik, Nr. 46.
- Rüther, Hadler Chronik, Nr. 69.
- Rüther, Hadler Chronik, Nr. 54.
- Rüther, Hadler Chronik, Nr. 71.
- UB Bremerhaven I, Nr. 35.
- Rüther, Hadler Chronik, Nr. 91.
- UB Neuenwalde, Nr. 122.
- Rüther, Hadler Chronik, Nr. 134; Regesten Ebf. Bremen II,2, Nr. 653.
- UB Bremerhaven I, Nr. 98.
- Weiberg, Niederkirchenwesen, S. 95.
- KABl. 1976, S. 10.
- KABl. 1973, S. 9.
- Mathies, Taufbecken, S. 114.