Sprengel Stade, KK Stade | Patrozinium: Martin von Tours1 | KO: Keine Kirchenordnung

Orts- und Kirchengeschichte

Dorf im Land Kehdingen, südöstlich von Drochtersen unmittelbar an der alten Elbdeichlinie gelegen. Kam mit Kehdingen 1236 an das Erzstift Bremen, im Westfälischen Frieden (1648) an Schweden, 1712 an Dänemark und 1715 an Kurhannover. – Seit 1972 Ortsteil der Gemeinde Drochtersen.

Kirche, Ansicht von Osten, 1948

Kirche, Ansicht von Osten, 1948

Die 1124 erstmals erwähnte Kirche ist neben der von Hamelwörden die älteste des Landes Kehdingen. Sie war 1233 Sendkirche im Bann des Bremer Dompropstes, dem auch das Kollationsrecht zustand. 1350 wird sie als parrochia Asele […] in terra Kedingie erwähnt.2 1400 verfügte Papst Bonifatius IX. die Inkorporierung in das Kloster Zeven3, gegen die sich die Einwohner von Assel erfolgreich zur Wehr setzten. Neben dem Hochaltar verfügte die Kirche über vier Nebenaltäre, die mit eigenen Vikarien ausgestattet waren. Vorref. Geistliche waren Borchard, Kirchherr in Asvlete (Assel), 1323 als Zeuge in einer Urkunde des Propsts Nikolaus von St. Georg in Stade4; Heinrich, rector ecclesie in Asle (1350)5; Johann Oldendorp rector in Asle (1400, 1409)6; Johann Tybbingh (1400/02)7; dominus Theodericus peynis rector ecclesie parochialis in Assle (ab 1445 Propst in Zeven).8 Die Reformation wurde wohl 1552 eingeführt. Erster luth. Pfarrer war P. Martin Warnecke (bis 1601). Bei der Visitation von 1581/83 wurde er „in allen Artikeln vermöge der Augsburgischen Konfession rein befunden.“9 Ein Vikar versah den Schuldienst. Das Vikariat wurde 1754 in eine zweite Pfarrstelle umgewandelt und 1796 aufgehoben.
Seit Januar 2024 ist Assel Teil der „Ev.-luth. Gesamtkirchengemeinde Kehdingen“.10

Pfarrstellen

I: Vorref. – II: Vor 1581 (bis 1754 Vikariat), 1796 aufgehoben.

Umfang

Das Dorf Assel, die Ortschaften Asseler Moor, Barnkrug, Deichreihe, Deichshörne, Felde, Ritsch, Ritscher Moor, Ritscherdorf, Ritscher Schleuse und Weethe; das Landgut Gauensieck, der Hof Ringwisch, die Insel Asseler Sand.

Aufsichtsbezirk

Archidiakonat des Bremer Dompropstes. – Unter schwedischer Herrschaft 1651 zur Präpositur des Landes Kehdingen und mit der Neuordnung der Aufsichtsbezirke in den Hzm. Bremen und Verden am 1. Januar 1827 zur Insp. (1924: KK) Land Kehdingen11 (Suptur.-Sitz ab 1875 in Oederquart, 1905 in Drochtersen). Am 1. Januar 1976 wurde der KK Kehdingen in den KK Stade eingegliedert.

Patronat

Der Bremer Dompropst (noch 1581/83), dann der Landesherr (bis 1871). Die zweite Pfarrstelle (Vikariat) wurde zunächst ebenfalls durch den Bremer Dompropst besetzt, später durch die Gemeinde.

Kirchenbau

Langgestreckte Saalkirche, im Westen Reste eines romanischen Feldsteinbaus (erste Hälfte des 12. Jh.), Mitte des 13. Jh. in Backstein erhöht. Um 1500/50 Erweiterung um drei Fensterachsen nach Osten und Bau des polygonalen Chors. Der von einer Balkendecke des 19. Jh. geschlossene Innenraum wurde 1909 nach Anleitung des Kirchenmalers Reinhold Ebeling (Hannover) neu ausgemalt. 2004/09 statische Sicherung und Sanierung des Außenmauerwerks.

Turm

Viergeschossiger Backstein-Westturm mit ins Achteck überführter Spitze nach Entwurf des Stader Landbaumeisters Giesewell (1845). Der heutige Turm steht auf den Fundamenten eines älteren Rundturms aus Feldsteinen.

Kirche, Blick zum Altar, 1923

Kirche, Blick zum Altar, 1923

Ausstattung

Von den 1581/83 erwähnten fünf Altären ist nur der spätgotische Hochaltar (um 1510/25, wohl aus einer Hamburger Werkstatt) erhalten. Kreuzigung (im Hauptbild) und Passionsgeschichte (auf den Flügeln), in der Predella Christus und die zwölf Apostel; als Aufsatz Maria, der heilige Georg und ein heiliger Bf. Die Schnitzarbeiten wurden 1911 restauriert und ergänzt. – Renaissance-Kanzel (1626, Schalldeckel mit dem Auferstandenen, 1696). – Zylindrische Taufe aus Kalkstein (Mitte 13. Jh.), in acht Rundbogennischen Szenen aus dem AT und NT. Farbig gefasster sechseckiger Deckel aus Lindenholz (dat. 1685). – Holzepitaph des Meinhard Gustav Polemann. – Messingkronleuchter (dat. 1695). – Eine geschnitzte Kreuzigungsgruppe wurde 1898 an das Provinzialmuseum in Hannover verkauft.

Orgel

Im Visitationsprotokoll von 1581/83 bereits belegt (Standort an der Nordseite nahe dem Altar). 1678 Instandsetzung durch Arp Schnitger. 1784 Verlegung des Werks an die Turmwand, 18 II/P (HW, RP), mechanische Traktur, Schleifladen. 1859/60 Neubau durch Johann Hinrich Röver (Beverstedt) mit 19 klingenden Stimmen. 1963/65 Neubau durch Firma Hermann Hillebrand (Altwarmbüchen), 14 II/P (HW, BW), mechanische Traktur, Schleifladen. Der Prospekt wurde 1987 um Seitenflügel und geschnitztes Schleierwerk ergänzt.

Geläut

Zwei LG, I: d’ (Bronze, Gj. 1669, Hermann Benninck, Hamburg); II: f’ (Bronze, Gj. 1694, C. Haupner, Stade).

Weitere kirchliche Gebäude

Pfarrhaus (Bj. 1839). Gemeindehaus und KiGa (Bj. 1972).

Friedhof

Der alte Kirchhof ist aufgelassen. Dort befinden sich noch ein Gedenkstein für die Völkerschlacht bei Leipzig und Gefallenendenkmäler für den Krieg von 1870/71 und die beiden Weltriege. 1883 wurde der neue Begräbnisplatz südlich der Asseler Straße angelegt und 1913 erweitert. Eigentum der Kirchengemeinde. FKap (Bj. 1974, erbaut durch die politische Gemeinde).

Liste der Pastoren (bis 1940)

Erste Pfarrstelle: 1552–1601 Martin Warnecke. – Bis 1647 Paul Neubauer. – 1648–1675 Magister Anton Hoffmann. – 1675–1678 Friedrich Wegehausen. – 1678–1698 Erich Zacharias von Seelen. – 1699–1727 Anton Michael Platja. – 1728–1732 Heinrich Schaars. – 1733–1748 Meinhard Gustav Pohlmann (Polemann). – 1749–1754 Philipp Otto Pollitz. – 1754–1759 Daniel Bernhard Siebe. – 1760–1793 Joachim Hinrich Rieff. – 1794–1802 Friedrich Daniel Werbe. – 1802–1840 Meinhard Friedrich Hollander. – 1841–1868 Johann Heinrich Pratje. – 1869–1898 Christian Friedrich Schmidt. – 1899–1928 Gustav C. R. E. Rauterberg. – 1928–1959 Johann Emil Christian Wehner.
Zweite Pfarrstelle (bis 1754 Vikariat): 1581 Jakob Lessen (r?). – Bis 1669 Dietrich Johannsen. – 1669–1676 Hinrich Hertel. – 1676–1688 Anton Blierstorff. – 1688–1707 Tobias Schepler. – 1707– 1728 Heinrich Schaars. – 1728–1749 Philipp Otto Pollitz. – 1749–1754 Daniel Bernhard Siebe. – 1754–1760 Joachim Heinrich Kieff. V 1760–1763 Johann Jacob Pollitz. – 1763–1765 Johann Nikolaus Schröder. – 1765–1770 Daniel Ernst Martini. – 1771–1796 Christoph Dahlmann.
Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 35–36

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 2 Nr. 84–95 (Pfarroffizialsachen); A 6 Nr. 324–327 (Pfarrbestallungsakten); A 8 Mr. 20Digitalisat(CB); A 9 Nr. 2591Digitalisat (Visitationen).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1660
Trauungen: ab 1696
Begräbnisse: ab 1670
Kommunikanten: ab 1837 (Zahlenregister: 1841–1867)
Konfirmationen: ab 1795

Literatur

A: Albrecht, Denkmaltopographie Lkr. Stade, S. 118 f.; Aye/Kronenberg, Taufbecken, S. 60, Nr. 13; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 142 f.; Fock, Schnitger, S. 29 f.
B: Kreissparkasse Stade und Bürgerverein Assel (Hg.): Assel in Wort und Bild. Eine Bilddokumentation des Bürgervereins Assel e. V., Assel 1986; Tilmann Humburg u. a.: 950 Jahre Assel, Assel 2011.


Fußnoten

  1. Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien I, S. 24.: Mauritius oder Martin. Nach der Visitation von 1581/83: Mauritius.
  2. UB Hamburg IV, Nr. 417.
  3. UB Zeven, Nr. 109; Schwarz, Papsturkunden, Nr. 1248.
  4. UB St. Georg Stade, Nr. 64.
  5. UB Hamburg IV, Nr. 417.
  6. Schwarz, Papsturkunden, Nr. 1257; UB Zeven, Nr. 110.
  7. UB Zeven, Nr. 110 und 112 f.
  8. UB Zeven, Nr. 166.
  9. Zit. bei Poppe, Kehdingen, S. 106.
  10. KABl. [in Vorbereitung].
  11. LkAH, S 8 d, 1826–1836 (Bekanntmachung des Königlichen Consistorii zu Stade die Superintendenturen und Kirchen-Commissionen betreffend, Stade, 19.10.1826).