Sprengel Stade, KK Wesermünde | Patrozinium: Katharina1 | KO: Keine Kirchenordnung
Orts- und Kirchengeschichte

Kirche, Ansicht von Südwesten, Ausschnitt aus dem Tafelgemälde von 1735, Darstellung der hl. Katharina und der Kirche von Misselwarden
Die älteste schriftliche Erwähnung des Dorfes findet sich vielleicht als Midlistanfadaruurde in den Miracula Sancti Willehadi, die der Bremer Ebf. Ansgar um 860/65 verfasst hat.2 Er berichtet darin über das Leben und die Wunder des ersten Bremer Ebf. Willehad († 789). Urkundlich ist der Ort erst 1365 als Mitzelworde nachgewiesen.3 Misselwarden zählte zum Land Wursten (universitas terre wursacie, urkundete 1238 als Landesgemeinde, im späten Mittelalter „faktisch selbständig“).4 Im Jahr 1524 unterwarfen Truppen des Bremer Ebf. Christoph (amt. 1511–1558) das Land Wursten endgültig (1525 Stader Frieden).5 Als Vogteigericht Land Wursten gehörte die Region nun zum Erzstift Bremen, dem weltlichen Territorium der Bremer Erzbischöfe. Nach Ende des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) blieb das Gebiet der säkularisierten Hochstifte Bremen und Verden unter schwedischer Herrschaft (vereinigte Herzogtümer Bremen-Verden). Im Großen Nordischen Krieg (1700–1721) besetzte Dänemark 1712 die Hzm. Bremen und Verden und 1715 konnte das welfische Kfsm. Braunschweig-Lüneburg (Kurhannover) die beiden Territorien erwerben (1719 von Schweden gegen weitere Zahlung anerkannt). In französischer Zeit zählte Misselwarden im Jahr 1810 kurzzeitig zum Kgr. Westphalen und kam dann zum Kaiserreich Frankreich (Département des Bouches du Weser, Arrondissement Bremerlehe, Kanton Dorum 1811–1814). Ab 1815 war Misselwarden, nun im Kgr. Hannover, wieder Teil des Vogteigerichts des alten Landes Wursten zu Dorum (seit 1819 nebst Amt Nordholz), das 1852 als Amt Dorum neu verfasst wurde. Mit der Annexion des Kgr. Hannover fiel der Ort 1866 an das Kgr. Preußen. Bei Einführung der Kreisverfassung 1885 kam Misselwarden zum Kr. Lehe, der 1932 im Lkr. Wesermünde aufging; dieser wiederum ging 1977 im neuen Lkr. Cuxhaven auf. Ab 1974 zählte Misselwarden zur Samtgemeinde Land Wursten, seit 2015 ist das Dorf Ortsteil der Einheitsgemeinde Wurster Nordseeküste. Zur Sozialstruktur der Gemeinde schrieb der zuständige Pastor 1968: „Der überwiegende Teil der männlichen Gemeindeglieder besteht aus Arbeitnehmern, die in der nahen Stadt Bremerhaven im Arbeitsverhältnis stehen, sog[enannte] Pendler. Das nächste Kontingent stellt [sic] die in der Landwirtschaft Tätigen. Kaufmännische Berufe im Ort stellen eine kleine Minderheit.“6 Um 1810 lebten knapp 120 Menschen in Misselwarden, 1910 gut 540, 1950 fast 970 und 2017 etwa 430.
Misselwarden war vielleicht ursprünglich nach Mulsum eingepfarrt.7 Möglicherweise erhielt der Ort zunächst eine Kapelle, die später in den Rang einer Pfarrkirche erhoben wurde. Die heutige Backsteinkirche geht im Kern auf das 13. Jh. zurück. Urkundlich ist das Kirchspiels Misselwarden – parrochia Mitzelworde – erstmals 1365 belegt.8 Das bronzene Taufbecken stammt aus der Zeit um 1400, die große, von Ghert Klinghe gegossene Glocke aus dem Jahr 1459. Die Misselwardener Kirche war der hl. Katharina geweiht; es bestanden zwei Vikarien (Nikolaus und Margarethe) sowie eine Kommende (Anna).9 Namen vorref. Geistlicher sind nicht überliefert.
Im Zeitalter der Reformation regierte mit Ebf. Christoph von Braunschweig-Lüneburg (amt. 1502–1558) zunächst ein entschiedener Gegner der luth. Lehre im Stift Bremen (und gleichzeitig im Stift Verden). Trotzdem fasste der Protestantismus während seiner Regierungszeit Fuß in den Gemeinden des Erzstifts.10 Ebf. Christophs Bruder und Nachfolger in beiden Bistümern, Ebf. Georg (amt. 1558–1566), duldete den neuen Glauben. Der Bremer Ebf. Heinrich III. von Sachsen-Lauenburg (amt. 1567–1585) schließlich war Protestant, verfolgte jedoch eine vorsichtige Kirchenpolitik. Im Erzstift Bremen hat sich, zugespitzt formuliert, „eine allmähliche Reformation“ vollzogen, „die meistens auf Gemeindeebene begann“.11 Im Land Wursten finden sich erste Anzeichen der luth. Lehre in den Jahren um 1530.12 In der ersten Hälfte der 1550er Jahre erhielten die Wurster Kirchspiele ev. Prediger. Die Agenda Wursatorum ecclesiastica offte handbook unde ordeninge der hilligen kerken im lande to Wursten, von der nur die Vorrede abschriftlich überliefert ist, stammte wahrscheinlich aus dem Jahr 1574.13
Einzelheiten zur Entwicklung in Misselwarden sind nicht bekannt. Laut der Pastorenliste auf dem Rahmen eines Gemäldes von 1735 war P. Johann Eccius (amt. 1563–1574) der erste luth. Geistliche in Misselwarden. Das Vikariat bestand noch bis in die zweite Hälfte des 17. Jh. fort: Der letzte Vikar in Misselwarden war Erasmus Scheffel (amt. 1650–1659); die Dotierung der Vikarie ging auf die Pfarrstelle über.14 Im 17. Jh. erhielt die Kirche ihre wesentlichen, bis heute erhaltenen Ausstattungsstücke: Die Kanzel (um 1623/25) und das Altarretabel (1671). Mit dem Bau des Turmhelms 1750 erhielt die Kirche äußerlich ihr heutiges Aussehen; das ursprüngliche Turmdach ist auf einem Tafelbild von 1735 zu sehen. Im Corpus bonorum von 1791 ist das Kirchengebäude als „massiv und in guten Stande“ beschrieben.15 Die Kirche besaß seinerzeit u. a. eine alte Orgel (wohl von 1591) und eine alte Turmuhr.16
Im ersten Jahrzehnt des 20. Jh. zählte die KG Misselwarden gut 500 Gemeindeglieder.17 Nach der Emeritierung von P. Klaus Maria Georg Ungewitter (amt. 1920–1928) blieb die Pfarrstelle vakant. Zunächst übernahm das benachbarte Pfarramt Imsum die Versorgung der kleinen Gemeinde, ab 1941 dann das Pfarramt Wremen.18 Nach den Angaben im „Fragebogen zur Geschichte der Landeskirche von 1933 bis Kriegsende“ gehörte einer der vier 1933 neu gewählten Kirchenvorsteher der NSDAP an.19
Aufgrund des Zuzugs Geflüchteter nach Ende des Zweiten Weltkriegs stieg die Zahl der Gemeindeglieder von 540 im Jahr 1942 auf 900 im Jahr 1950 an.20 Mit dem Ostgeistlichen P. Ludwig Reimer (amt. 1945–1953, Versehungsauftrag) erhielt Misselwarden noch einmal einen eigenen Geistlichen, seit 1954 lag die Versorgung wieder beim Pfarramt Wremen. Nach der Visitation 1956 schrieb der Sup. des KK Wesermünde: „Was die pfarramtliche Versorgung angeht, hat die Kirchengemeinde Misselwarden seit längerem nicht ihr Recht bekommen. Dennoch ist in der Gemeinde ein gesunder Kern geblieben.“21 Das Pfarrhaus vermietete die Gemeinde teilweise, teilweise nutzte sie es als Gemeindehaus.22 Im Rahmen der Partnerschaft zwischen der hannoverschen und der sächsischen Landeskirche knüpfte die KG Misselwarden Kontakte zur Kirchgemeinde Schrebitz (nördlich von Döbeln).23
Zum 1. Januar 1978 fusionierte das Landeskirchenamt die Pfarrstellen Misselwarden und Wremen und verband die beiden Gemeinden pfarramtlich; Sitz des Pfarramtes war Wremen.24 Die Zahl der Gemeindeglieder lag 1980 bei knapp 500. 1988 bestanden zwei Kinder- und ein Jugendkreis in der Gemeinde, ein Männer- und ein Altenkreis.25 In der ersten Hälfte der 1990er Jahre kooperierten KV und Ortsgemeinderat, um das alte Pastorenhaus in Misselwarden zu erhalten; 1993/94 wurde das Gebäude saniert und zum Dorfhaus umgebaut. Es dient „als Dorfgemeinschaftshaus, als Gemeindehaus, als Freizeitstätte, als Treffpunkt für Jung und Alt, als Ort für Feste und Feiern, für Gruppen und Kreise, für geistige und körperliche Aktivitäten, für Sitzungen und Versammlungen, für kulturelle und kirchliche Veranstaltungen“.26 1995 gründete sich der Verein „Bürger für die Erhaltung des Alten Pastorenhauses in Misselwarden e. V.“
Der Pfarrverbund Wremen-Misselwarden vergrößerte sich 1996 um die KG Mulsum.27 2014 zählte die Gemeinde Misselwarden gut 280 Gemeindeglieder (Wremen: 1.110, Mulsum: 350). Seit 2023 gehört die KG Misselwarden zum neu errichteten verbundenen Pfarramt der Nordregion im KK Wesermünde; das Pfarramt umfasst drei Pfarrstellen und ist für die neun Gemeinden Cappel, Dorum, Midlum, Misselwarden, Mulsum, Nordholz, Padingbüttel, Spieka und Wremen zuständig.
Umfang
Misselwarden sowie Engbüttel, Twendamm und Vierhausen.
Aufsichtsbezirk
Archidiakonat Hadeln-Wursten der Erzdiözese Bremen.28 – Seit der Gründung des Kons. Stade 1651/52 gehörte Misselwarden zur Präpositur des Landes Wursten. Bei der Neuordnung der Aufsichtsbezirke in den Hzm. Bremen und Verden 1827 zur Insp. Land Wursten, 1924 KK Land Wursten. 1940 zum neuen KK Wesermünde-Nord.29 Seit dessen Fusion mit dem KK Wesermünde-Süd gehört Misselwarden seit 1. Januar 2013 zum KK Wesermünde.30
Patronat
Archidiakon von Hadeln und Wursten, später der Landesherr (bis 1871).
Kirchenbau
Rechteckiger Saalbau, erbaut im 13. Jh., mit eingezogenem, trapezförmigem Chor, erbaut um 1500. Satteldächer. Backsteinmauerwerk. An der Nordseite des Schiffs fünf hochliegende Rundbogenfenster, darunter im Westen und Osten je ein weiteres, kleineres Fenster (im Osten segmentbogig, im Westen rundbogig); an der Südseite drei kleine Rundbogenfenster, dazwischen zwei große, rundbogige Sprossenfenster, im Westen und Osten je ein kleineres, tieferliegendes Fenster (im Westen rundbogig, im Osten rechteckig), mehrfach abgetreppte Rundbogennische mit Sprossenfenster (ursprünglich Portal); am Chor je ein Rundbogenfenster nach Norden und Süden, zwei spitzbogige Fenster nach Osten, im Giebel ein drittes, segmentbogiges; rundbogiges Portal nach Norden, am Chor segmentbogiger Nebeneingang nach Norden. Im Innern segmentbogige, holzverschalte Decke im Schiff, Gewölbe im Chor; spitzer Triumphbogen zwischen Chor und Schiff; Westempore. Wandmalereien an der Südseite des Chors (um 1575, 1979 entdeckt, 1988 freigelegt): Kreuzigung und der auferstandene Christus, jeweils mit großen Pflanzen (Lilie, Aloe, „Paradiesblumen“)31; Wandmalereien an der Nordwand des Schiffs (Ende 16. Jh., 1979 entdeckt, 1982/83 freigelegt): vier überlebensgroße Figuren auf illusionistisch gemalten Wandkonsolen (Kg. David, Asaph und vielleicht zwei Evangelisten); Fragment einer Wandmalerei an der Nordwand des Schiffs (Anfang 15. Jh.): vielleicht Grablegung Christi.32 Um 1500 Chor neu errichtet, Lettner erbaut. Um 1541 Holz für Dachwerk gefällt.33 Vor 1735 im Osten der Südseite ein Fenster vergrößert. Nach 1735 Südportal zu Fenster umgestaltet. 1790 Lettner abgebrochen. 1878 im Westen der Südseite ein Fenster vergrößert. 1895/96 neues Gestühl. 1903 Balkendecke mit Bemalung (um 1660: Geburt und Taufe Christi, Heilung des Sohns des Hauptmanns von Kapernaum, Auferstehung des Jünglings von Naim) entfernt und Segmentbogentonne eingebaut. 1977–87 Kirchen- und Turmsanierung.
Turm
Vierseitiger Westturm, erbaut 1603 (zuvor hölzerner Glockenturm). Kupferhelm mit vierseitigem Ansatz und achteckig ausgezogener Spitze, bekrönt mit Kugel und Wetterfahne. Backsteinmauerwerk, zahlreiche Maueranker. Im Glockengeschoss je eine rundbogige Schallöffnung nach Norden, Süden und Westen, darunter je ein rundbogiges Schallfenster nach Norden und Süden. Rundbogiges Portal nach Norden, Inschriftentafel: „Bi tiden vnd regerde Siade [?] Lvde Pastor vnd H[err] Niclawes Johan Pekes Vaget, Johann Lubbe Pekes, Siade Johans vnde Johan Siates Kerkswaren is disse Karkthorn grvndet Godt to Ehren vnd dem Carspel Miszelwerden thom besten gebvwet worden Anno 1603“. Inschriftentafel: „Zur Erinnerung an Gustav von der Osten Geschichtsschreiber des Landes Wursten *19.4.1866 z[u] Misselwarden, † 9.11.1923 in Hannover“. Um 1541 Holz für Dachwerk gefällt.34 1750 Staffelgiebel und Satteldach durch achtseitigen ausgezogenen Turmhelm ersetzt.35 1791 alte Turmuhr vorhanden.36 Um 1800 Stützpfeiler an Westwand errichtet. 1920 Westwand neu verblendet. 1838 neuer Glockenstuhl erbaut. 1977–87 Kirchen- und Turmsanierung, u. a. Neudeckung Turmdach, statische Sicherung (Betonfundament, Westwand erneuert), Stützpfeiler abgebrochen.
Vorgängerbau
Bei Grabungen im Kircheninnern 1980, Anzeichen entdeckt, die auf einen hölzernen Vorgängerbau hinweisen könnten.37
Ausstattung
Holzverschalter Blockaltar. Barockes, reich verziertes Retabel (1671, Jürgen Heidtmann d. J., Otterndorf), im Hauptfeld Relief mit Kreuzigungsgruppe, links und rechts je zwei gedrehte Säulen und eine Tugendfigur, die verkröpftes Gebälk tragen; im oberen Feld Auferstehungsrelief, flankiert von zwei Karyatidhermen, die Gebälk tragen, außen zwei Tugendfiguren; als Bekrönung drei Tugendfiguren; in der Predella Abendmahlsrelief; seitliches Schnitzwerk, davor jeweils eine Konsole mit einer männlichen Figur; 1736 neue Farbfassung (Inschrift: „Vorsteher Johann Dürels hat das Altar nebst seiner Ehefrau, Vorsteherin Geebe Helena Dürels, anlegen lassen. Anno 1736 d. 30 Juni“.38 – Reich verzierte Kanzel mit Aufgang und Tür (vielleicht um 1623/25, Michael Ringkmacher, Otterndorf) sowie Schalldeckel (1671, Jürgen Heidtmann d. J., Otterndorf), polygonaler Kanzelkorb, vor den Ecken und am Aufgang Säulen mit korinthischen Kapitellen; gekrönten Katharina als Trägerinfigur des Kanzelkorbs; Kanzelportal mit gedrehten Säulen und verkröpftem Gebälk; An der Tür, am Aufgang und an den Wandungen des Kanzelkorbs Relieftafeln (weiß mit Vergoldungen), jeweils mit Inschriften (Erläuterung und Stiftername), an der Tür: allegorische Frauenfigur „Timor Dei“ (Gottesfurcht) und Schöpfungsszene „De Schepping“, am Architrav Stifterinschriften: „Eibe Aies“ und „Har eide Ludders“, am Aufgang: Gott, Adam und Eva unter dem Baum der Erkenntnis „Dat Gebot Adams“ und „Johan Pekes zu Dudding“, Sündenfall „De Fal Ade und Eve“ und „Eibe Brandes“, Vertreibung aus dem Paradies „De Vdtdrivunge“ und „Alrich Frers“, am Kanzelkorb: Kreuzigung „Dat Lident Christi“ und „Peke Sibes“, Grablegung „De Begrefnis Chri.“ und „Peke Eites. Jurate“, Auferstehung „De Uperstandi“ und „Eide Hannike Frers, Jurat“, Himmelfahrt „De Hemmelfart d[es] H[errn]“ und „Hanneke Eggers“, Pfingstszene „De Sending d[es] H[eiligen] G[eistes]“ und „Eide Hars Sehlinger“, Jüngstes Gericht „Dat jungste G[e]r[icht]“ und „Tante Hars“; auf den Schalldeckel sechs Figuren, u. a. Christus mit Weltkugel.39 – Bronzenes Taufbecken (um 1400) mit pyramidenförmigem Holzdeckel (um 1620), glockenförmiger Kessel, zwei Köpfe am oberen Rand (Deckelhalter), vier Trägerfiguren; an der Wandung des Kessels Medaillons und Inschrift: „o rex gloria veni cum pace. ave maria gra[tia plena]“ (O König der Ehren komm mit Frieden. Sei gegrüßt Maria, voll der Gnade).40 – Geschnitzte Kreuzigungsgruppe (um 1500), holzsichtig; um 1900 auf dem Dachboden der Kirche gefunden. – Lesepult (1624), Vierseitige Pyramide, Vierkantschaft, kreuzförmiger Fuß mit Voluten; Inschrift: „Diese volgende Persone alss der doct. D[omi]n[u]s Matthevs Kippivs D. D. M. Unter der ehrnvester Her Vaget vnd Ivrath Eibe Siade Joha[n]sock De ehrbaren Eide Hanneke Frers, Joha[n] Peck Eits, Siade Hanneke Eg[e]rs Se[m]ptlike Juraten hebben dissen Pvlpitvm vpgerichtet Ano 1624. Lavs deo.41 – Tafelgemälde (1735), Darstellung der hl. Katharina und der Kirche von Misselwarden, Inschriften: „A[nn]o 1735 Vogt“ und „Templum Misselwardensis, Catharinae pictae olim dedicatum“ (Kirche Misselwardens, früher der dargestellten Katharina gewidmet) sowie „Templi Misselwardensus Pastores lutheranes et Vicarii […]“ (Die lutherischen Pastoren und Vikare der Kirche Misselwardens…) mit Namensliste. – Tafelmalerei am Triumphbogen (1736), Triptychon, Sündenfall und Vertreibung aus dem Paradies, Kreuzigung, Jüngstes Gericht; Inschrift: „Hr. Vorsteher Johan[n] Dürels und deßen Ehe Liebste haben zur Ehre Gottes dieses anlegen lass A[nn]o 1736“ und „Frau Vorsteherin Geebe Helena Dürrels nebst ihren Ehe Man[n] haben zu Zierde der Kirchen dieses anlegen lassen d. 30. Juni“. – Kreuzigungsgemälde (18. Jh.). – Opferstock (1744), Holz, Eisenbeschläge, Inschrift: „Anno 1744“. – Gestühl im Chor (1575, wohl Tischler Habakuk Weidenauer), wohl Juraten-, Pastoren- und Beichtstuhl, Frontseite mit Faltwerk, Hausmarken und Wappen; Inschriften u. a.: „[a]nno [15]75“, „Vn dat dv bewgt werdest vor der Hellen Pein“ (Und dass du bewahrt werdest vor der Höllenpein), „Heus homo disce pie vt vivas nec non moriaris. anno domini…“ (Mensch, lerne in Frömmigkeit zu leben, dass du leben du nicht sterben wirst. Im Jahr des Herrn…) und „Abacvc wedenaver Lvth de sin hvs meret mit fromden Gvt“; außerdem zwei bemalte Schranktüren: Sündenfall und Verkündigung („Diese kleinen Ölbilder sind die ältesten nach der Reformation gemalten Bildtafeln im Land Wursten“).42 – Prieche an der Nordseite des Schiffs (18. Jh.). – Grabstein für Ide Tiark Steders († 1585), mit ganzfigurigem Relief des Verstorbenen. – Grabstein für Oberdeichgraf Johann Dürels (zweite Hälfte 18. Jh., vielleicht David Benjamin Opitz). – Spätgotischer Schrank im Chorraum (um 1600). – Gemeindegestühl (1895/96), unter der Empore zwei ältere Wangen (1595 und 1596). – Hölzerne Gedenktafel (nach 1918), Relief des Erzengels Michael, Inschrift: „Dem Andenken unserer Helden die im Krieg 1914–18 ihr Leben für uns opferten. Die dankbare Gemeinde Misselwarden“ sowie zwölf Namen und „Niemand hat größere Liebe denn die, daß er sein Leben lässet für seine Freunde“. – Außen: Sonnenuhr (1754), Inschrift: „Tempore plvr. rev. Dni. Pastoris W. M. Brvno et Siade Lvd. Adieckes, Jvr[at], Johann Harr Adieckes, Jvrat, Meridionale hoc positum“.
Orgel
1591 Orgel erbaut.43 1791 Orgel als „alt“ beschrieben.44 1903 Orgelneubau, Eduard Vogt (Korbach), 15 II/P, pneumatische Traktur, Kegelladen. 1959 gebrauchte Orgel erworben, 12 I/aP, mechanische Traktur, Schleifladen, erbaut 1953/54 von Paul Ott (Göttingen) als Rückpositiv für die ev.-ref. Große Kirche in Emden, seit 1957 als Interimsorgel in Winsen (Luhe) , St. Marien, dann als Leihorgel in Stelle, St. Michael, 1959 in Misselwarden aufgestellt von Paul Ott (Göttingen).45 1968 drei Register nicht spielbar. 1989 Instandsetzung, Gustav Steinmann (Vlotho), 10 I/aP, mechanische Traktur, Schleifladen, außerdem zwei Register vakant.
Geläut
Zwei LG, I: Gloriosa, c’ (Bronze, Gj. 1459, Ghert Klinghe, Bremen), Inschrift (Minuskeln): „s. maria magdalena – s. mar[i]a iakobe – s. maria saleme – s. katerina – s. barbara – s. margreta – s. daratea – s. cecilia – s. gerdrud – s. angneta – s. agate – s. tena“, (innerhalb der folgenden Inschrift Heiligenbilder mit Namen im Nimbus) „a[nn] d[omi]ni m (s. pauelus) cccc lix (s. andreus) gloriosa (s. hannes) ik hete de (s. iacobus) van mislev (s. tomas) orde hebet (s. philippius) mi late (s. mateus) ghet[en] (s. bartolem) des (s. dedue) hlg (s. simon) en (s. matias) crvs (s. peter)“ und „me scha mi alle mit daghe lvden dat schal vs de passie bedvden dat cristus let uppe den recht mit dach de dot des helpe vs got vt aller nod iasper malger balteser ghert klinghe mi gheghot had got gheve siner selen rad. ekerickeds kapevrederick. torck peck tants. toreck. s. nicloves. s. urianus“, Bilder: Kreuzigungsgruppe mit „s. maria“ und „s. johannes“, Maria mit Kind und Umschrift: „ave maria“ sowie St. Katharina mit Umschrift „s. katerina“, Kerben am Rand („Nach altem Glauben waren die Feilspäne der Glocke heilkräftig“46), Glocke 1977–87 aus statischen Gründen stillgelegt; II: g’ (Bronze, Gj. 1693, Johann Lehmeyer, Glückstadt), Inschriften (Majuskeln): „Ich preise Gottes Gvht in Frevden undt im Leide. Ich fordere zvr Kirch und fvhr auff Christi Weide. Ich scheide Tag vndt Nacht. Vndt zv der Mittags stvnd er mahn ich zvm Gebeht. Eröffne Hertz vnd Mvnd: Ich dien absonderlich den Misselwardern Kindern Begleite sie zv Grab. Ich werde kunfftig mindern Das Schvtteren der Mavr dan ich ia bin dazv, das meine Mutter soll durch mich geniessen Rvh“ und „Johan. Lehmeyer me fecit glvckstadt. Anno 1693“, Bilder: Erzengel Michael und zwei Wappen mit Beischrift: „D. Joh. Ge. Wolff v. d. Wolffesburg Obervoygt des Landes Wvrsten. Henric Dieckmann Pastor zv Misselwarden et Rev. Ministery Senior“, vier Wappen mit Namen: „Johan Siebe Siade Dvrls Jurat“, „Siebe Fisbeck“, „Siade Johanns“ und „Erich Adick Lvbs“, Glocke im Zweiten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgegeben, nicht eingeschmolzen, seit Dezember 1947 wieder in Misselwarden.
Heutiges Geläut anhören: #createsoundscape
Weitere kirchliche Gebäude
Ehemaliges Pfarr- und Gemeindehaus (Bj. 1707 und um 1850), 1993/94 saniert und umgebaut zu Dorfhaus.47 – Organistenhaus mit Schule (Bj. 1880), vor 1974 verpachtet (Erbpacht).
Friedhof
Kirchlicher Friedhof bei der Kirche.
Liste der Pastoren (bis 1940)
1563–1574 Johann Eccelius. – 1575–1590 Hermann Borgering. – 1591–1594 Johann Kletting. – 1594–1623 Noah Lüders. – 1628–1646 Matthias Kippius. – 1647–1667 Johann Wolders (Wolters). – 1667–1687 Georg Küster. – 1687–1701 Hinrich Dieckmann. – 1702–1703 Christoph Wilhelm Overbeck. – 1704–1729 Hinrich Deterding. – 1730–1750 Samuel Peyke. – 1752–1759 Wilhelm Matthias Bruno. – 1759–1794 Gregorius Johann Wesselhöft. – 1795–1798 Johann Georg Kerstens. – 1799–1831 Johann Friedrich Voigts. – 1832–1852 Karl Friedrich Theodor Mattfeld. – 1853–1873 Heinrich Friedrich Wilhelm Heemsoth. – 1874–1887 Christian Böschen. – 1887–1912 Wilhelm Karl Justus Emil Hanffstengel. – 1913–1915 Theodor Reinhold Wilhelm Borchers. – 1920–1928 Klaus Maria Georg Ungewitter.
Vikariat: 1591–1614(2) Nikolaus Smit. – 15..–1595 Johann Danielis. – 1618–1628 Matthias Kippius. – 1628 Johann Carstenius (Christemius). – 1628–1642 Johann Meyer. – 1642–16.. Johann Danielis. – 1650–1659 Erasmus Scheffel.
Angaben nach: Meyer, Pastoren II, S. 145
Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)
A 2 Nr. 983–996 (Pfarroffizialsachen); A 5 Nr. 962 (Spec. Landeskons.); A 6 Nr. 5555–5558 (Pfarrbestallungsakten); A 8 Nr. 287
(CB); A 9 Nr. 2576
, 2577
, 2695
(Visitationen); B 2 G 9 Nr. 2094–2096 (Baupflege und Bauwesen); D 10 Nr. 88–89 (Depositalsplitter); D 63 (EphA Wesermünde-Nord); L 5g Nr. 233, 913–914 (LSuptur. Stade); S 09 rep Nr. 1734 (Presseausschnittsammlung); S 11a Nr. 7908 (Findbuch PfA).
Kirchenbücher
Taufen: ab 1704
Trauungen: ab 1704
Begräbnisse: ab 1704
Kommunikanten: ab 1759
Konfirmationen: ab 1731 (Lücken: 1753–1759, 1772–1794)
Literatur & Links
A: 50 Jahre KK Wesermünde-Nord, S. 45–46; Böker, Denkmaltopographie Lkr. Cuxhaven, S. 246–247; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 949–950; Diederichs-Gottschalk, Kirchenumgestaltung, S. 87–124; Grote/van der Ploeg/Kellner, Wandmalerei, Katalogband, Nr. 194; Haiduck, Kirchenarchäologie, S. 208–209; Haiduck, Wursten, S. 59–62; Kiecker/Lehe, KD Kr. Lehe, S. 141–152; Körtge, Kirchenglocken, S. 193; Mithoff, Kunstdenkmale V, S. 66–67; Pratje, Bremen und Verden VII, S. 337–341 [Digitalisat]; Talkenberger, Quellen, S. 258; Weiberg, Niederkirchenwesen, S. 122–123; Wiebalck, Kirche Wurstens, S. 128.
B: Das „Alte Pastorenhaus“ Misselwarden. Eine Dokumentation, Misselwarden [1997]; Hein Carstens: Misselwardens Gloriosa 550 Jahre alt. Nach altem Aberglauben soll sie Heilkräfte besitzen, in: Niederdeutsches Heimatblatt 7/2009, Nr. 715, S. 3–4 [.pdf online]; Matthias Dichter: Die Misselwardener Kirchenglocke „Gloriosa“. Eine sagenumwobene mittelalterliche Großglocke aus der Werkstatt Ghert Klinghes, in: Niederdeutsches Heimatblatt 10/2019, Nr. 838, S. 2–3 [.pdf online]; Hermann Haiduck: Misselwarden: Meister des Altars entdeckt [Bildschnitzer Jürgen Heidtmann], in: Niederdeutsches Heimatblatt 1/1969, Nr. 229, S. 2–3 [.pdf online]; Hans-Joachim Hinners: Die Einwohner von Misselwarden. 1680–1900 (= Familienkunde an Elb- und Wesermündung 2; Deutsches Ortssippenbuch. Reihe B 41), Bremerhaven 1987.
Internet: Bildindex der Kunst & Architektur: Kirche und Ausstattung; Denkmalatlas Niedersachsen: Kirche, Kirchhof, Kirchwurt; Wikipedia: Katharinenkirche (Misselwarden).
Weitere Bilder
- Kirche
- Glocke
- Taufbecken
- Kanzel
- Kanzelkorb
- Kanzelkorb
- Kreuzigungsgruppe
- Grabstein
- Grabstein
- Pfarrhaus
Website der Kirchengemeinde (18.02.2024)
Fußnoten
- Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien I, S. 46.
- MGH SS 2, S. 388 [Digitalisat]; Casemir/Ohainski, Niedersächsische Orte, S. 29; vgl. auch Miracula s. Willehadi, https://www.geschichtsquellen.de/werk/493, 09.05.2025. Das Werk ist in einer Abschrift des 11./12. Jh. erhalten.
- Sudendorf, UB VII, Nr. 3 in Anm. zu Nr. 29 [Digitalisat].
- UB Hamburg I, Nr. 514 [Digitalisat]; Dannenberg & Schulze, Geschichte II, S. 204 (Zitat).
- Lehe, Geschichte, S. 227 ff. und S. 244 ff.
- LkAH, L 5g, Nr. 233 (Visitation 1968).
- Weiberg, Niederkirchenwesen, S. 122.
- Sudendorf, UB VII, Nr. 3 in Anm. zu Nr. 29 [Digitalisat].
- Kiecker/Lehe, KD Kr. Lehe, S. 141 f.
- Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 7,1, S. 7, resümiert: „beinahe das ganze Erzstift“ wurde lutherisch; Otte ist vorsichtiger und hält fest, es bleibt „für diese Jahre weiterhin schwierig zu beurteilen, ob der einzelne Prediger evangelisch predigte oder altgläubig“, da die Pfarrer – nicht zuletzt mit Blick auf Erhalt der eigenen Pfründe – mitunter „zweideutig“ agierten (Dannenberg/Otte, Reformation, S. 32). Für einen knappen Überblick zur Reformation im Erzstift Bremen vgl. Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 7,1, S. 7 ff. sowie die Beiträge in Dannenberg/Otte, Reformation.
- Dannenberg/Otte, Reformation, S. 38.
- Zur Reformation im Land Wursten: Wiebalck, Kirche Wurstens, S. 109 ff.; Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 7,1, S. 9 ff.
- Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 7,1, S. 9 und 16 f.
- Meyer, Pastoren II, S. 145.
- LkAH, A 8 Nr. 287 [Digitalisat, Aufnahme 5].
- LkAH, A 8 Nr. 287 [Digitalisat, Aufnahmen 5 und 6].
- Ahlers, Pfarrbuch (1909), S. 184.
- 50 Jahre KK Wesermünde-Nord, S. 46; LkAH, L 5g, Nr. 339 (Visitation 1943).
- LkAH, S 1 H III, Nr. 820, Bl. 14. Allgemein zum Fragebogen vgl. Kück, Ausgefüllt, S. 341 ff.
- LkAH, L 5g, Nr. 233 (Visitationen 1942 und 1950).
- LkAH, L 5g, Nr. 233 (Visitation 1956).
- Pastorenhaus, S. 7.
- LkAH, L 5g, unverz., Misselwarden, Visitation 1988. Allgemein: Cordes, Gemeindepartnerschaften, S. 38 ff.
- KABl. 1977, S. 145. Vgl. auch LkAH, L 5g, Nr. 339 (Visitation 1974).
- LkAH, L 5g, unverz., Misselwarden, Visitation 1988.
- Pastorenhaus, S. 9.
- KABl. 1996, S. 30.
- Hodenberg, Stader Copiar, S. 54 [Digitalisat].
- KABl. 1940, S. 54.
- KABl. 2012, S. 311 f.
- Vgl. Diederichs-Gottschalk, Kirchenumgestaltung, S. 100 ff. Grote/van der Ploeg/Kellner, Wandmalerei, Katalogband, Nr. 194. Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 949: identifiziert die Christusfigur als Johannes der Täufer.
- Grote/van der Ploeg/Kellner, Wandmalerei, Katalogband, Nr. 194.
- Böker, Denkmaltopographie Lkr. Cuxhaven, S. 247 (Dendrodatierung).
- Böker, Denkmaltopographie Lkr. Cuxhaven, S. 247 (Dendrodatierung).
- LkAH, A 8 Nr. 287 [Digitalisat, Aufnahme 6]: „Anno 1750 ist eine Spitze drauf gesetzt, da er vorher nur ein niedriges Dach hatte“.
- LkAH, A 8 Nr. 287 [Digitalisat, Aufnahme 6].
- Haiduck, Kirchenarchäologie, S. 208: „Zusammen mit zwei neu gefundenen Sarkophagdeckelfragmenten […], von denen einer mit geometrischen Verzierungen zum älteren Typus des 11./12. Jahrhunderts gehört, und den Bestattungsresten im Ostprofil könnte der Kleihorizont zum Fußboden einer Holzkirche gehört haben.“
- Greife, Bildschnitzer, S. 90; Haiduck.
- Zur Kanzel: Diederichs-Gottschalk, Kirchenumgestaltung, S. 110 ff.
- Haiduck, Erzgußwerke, S. 87 f.
- Diederichs-Gottschalk, Kirchenumgestaltung, S. 122.
- Diederichs-Gottschalk, Kirchenumgestaltung, S. 93 ff. (Zitat: S. 99).
- Kiecker/Lehe, KD Kr. Lehe, S. 142.
- LkAH, A 8 Nr. 287 [Digitalisat, Aufnahme 5].
- LKA, G 9 B/Misselwarden Bd. I, Bl. 52.
- Kiecker/Lehe, KD Kr. Lehe, S. 148. Vgl. auch Carstens und Dichter.
- Ausführlich: Pastorenhaus, S. 7 ff.















