Sprengel Stade, KK Wesermünde | Patrozinium: Petrus und Paulus | KO: Keine Kirchenordnung

Orts- und Kirchengeschichte

Cappel liegt in der Wurster Marsch westlich von Midlum und nördlich von Dorum. Der Ortsname erscheint erstmals 1304 als Utcapella1 und leitet sich wohl von einer Kapelle ab, aus der die heutige Kirche hervorging. Ihre Lage auf einer hohen Einzelwarft am nordwestlichen Ortsrand verweist auf die Entstehung vor der Eindeichung um 1200. Schriftliche Quellen liegen erst ab dem 14. Jh. vor. Frühester Beleg für die Existenz einer Taufkirche ist der archäologisch nachgewiesene Guss eines Taufkessels von 1266. Das ursprüngliche Filialverhältnis ist unklar. Als Mutter-/Sendkirche kommen Midlum und Dorum infrage. 1346 ließen die Pfarrer Obrandus zu Spieka und Olricus zu Midlum sowie vier Laien der Kalandsbruderschaft in der Kirche einen Altar Johannes des Täufers errichten und mit einer Vikarie ausstatten. Die Errichtungsurkunde ist zugleich der älteste Nachweis über den Kaland in Cappel. Das Besetzungsrecht für die Vikarie erhielt der Archidiakon von Hadeln und Wursten. Daneben bestand eine dem heiligen Nikolaus gewidmete Kommende, für die das Kollationsrecht dem bremischen Dompropst zustand.2

Kirche, Außenansicht

Kirche, Außenansicht

Als vorref. Geistliche sind bekannt: Thiedericus (rector ecclesiae, 1304)3; dominus Ludolfus de Utcapella (1319); Siebrandus (Pfarrer, 1320, Name auf einer verlorenen Glocke); Johann (1346); Nikolaus Kednick alias Kope (Rektor in Cappel, † 1424); Heinrich Spredow (ab 1424)4; Luderus Richeldes (1470–1503); Johannes Herres (1503).
Reformatorische Einflüsse sind im Land Wursten schon vor 1530 nachweisbar. Als erste luth. Geistliche in Cappel gelten jedoch erst P. Hermann Ottinger (nachgewiesen 1573–1577) und P. Fridericus Elvers (um 1577). P. Ottinger verfasste um 1574 mit Bertram Schramm aus Dorum die (verloren gegangene) Wurster KO (Agende).5 Gegen Ende der erzstiftischen Herrschaft gingen die eigentlich der Kirche gehörenden Lehen teilweise in Fremdbesitz über. So konnte erst 1651 die Nikolaikommende von den in Delmenhorst ansässigen Erben des Kanzlers Hake zurückerworben werden und wurde seither – mit den Einkünften des früheren Johannisaltars – zur Finanzierung der Schule verwandt.6 Die Gemeinde verfügte zudem noch aus vorref. Zeit über zwei Pfarrstellen, von denen die zweite (bis 1715 Vikariat) 1829 aufgehoben wurde. Die Vikariatsländereien mit dem zweiten Pfarrhaus wurden 1830 zugunsten eines Armenfonds verkauft.
Die Zahl der Gemeindeglieder sank nach dem Zweiten Weltkrieg von 1.368 (1953) auf 1.046 (1965), so dass die (zuletzt von Wremen aus versorgte) KG mit dem 1. Januar 1968 mit der benachbarten KG Spieka pfarramtlich verbunden wurde.7 Sitz des Pfarramts wurde Spieka. Seit dem 1. Juli 2015 sind die beiden Gemeinden auch mit der KG Midlum pfarramtlich verbunden.

Pfarrstellen

I: Vorref. – II: Vorref., 1829 aufgehoben.

Umfang

Das Dorf Cappel mit den Höfen Cappeler Altendeich, Cappeler Neufeld, Cappeler Niederstrich, Cappeler Oberstrich, Capeller Mühle, Dorumer Weg, Düringer Weg, Midlumer Weg und Spikaer Weg.

Aufsichtsbezirk

Archidiakonat Hadeln-Wursten der Erzdiözese Bremen. – 1651 wurde Cappel dem neu gegründeten schwedischen Konsistorium in Stade unterstellt. Zuständiger Aufsichtsbezirk war zunächst die Präpositur Bederkesa. Bei deren Teilung (1654) kam Cappel zur Präpositur des Landes Wursten und mit der Neuordnung der Aufsichtsbezirke in den Hzm. Bremen und Verden ab 1. Januar 1827 zur Insp. (1924: KK) Wursten. Nach Aufhebung des KK Land Wursten am 1. April 1940 zum KK Wesermünde-Nord8; seit 1. Januar 2013 KK Wesermünde.

Kirchenbau
Kirche, Blick zum Altar, wohl vor 1963

Kirche, Blick zum Altar, wohl vor 1963

Die im 12. oder 13. Jh., vielleicht noch früher errichtete Bruchsteinkirche wird 1683 als baufällig bezeichnet, muss aber danach wohl instand gesetzt worden sein, denn das Corpus bonorum von 1787 vermerkt mit Ausnahme des reparaturbedürftigen Gewölbes über dem Chor ausdrücklich den guten Zustand des Gebäudes.9 1790 wurde die Westseite ganz neu aufgeführt.10 Am 18. Dezember 1810 wurde die Kirche durch einen Brand zerstört. Der Neubau erfolgte 1815/16 nach Plänen des Landbaumeisters Wundram als rechteckiger, klassizistischer Saalbau zu fünf Achsen auf Mauerresten des abgebrannten Vorgängerbaus. Auf den Wiederaufbau des Ostchors wurde verzichtet. Das Mauerwerk besteht aus Sand- und Backstein, teilweise Findlingen. Den Innenraum schließt eine hölzerne Segmentbogendecke. Mit dem Neubau erhielt die Kirche auch eine neue Ausstattung im Empirestil. 1963/65 umfangreiche Instandsetzung.

Turm

Der vom Brand 1810 verschonte Wehrturm aus Backstein stammt im Kern aus dem 15. Jh. und wurde 1790 ausgebessert. Ins Achteck überführter, schiefergedeckter Helm mit zwiebelförmiger Einschnürung im unteren Teil.

Ausstattung

Kanzelaltar von 1815, bekrönt von einer Christusfigur. – Bronzetaufkessel, gegossen nach einem Muster von 1266, das 1964 bei Bauarbeiten in der Kirche gefunden wurde. 1977 geweiht. 1787 war noch ein großes steinernes Taufbecken vorhanden, aber schon nicht mehr in Gebrauch.11 – Grabplatten des 16./17. Jh., darunter für Johannes Brandts, P. in Cappel († 1604) und Eide Fovwes, Vogt des Ksp. Dorum (Mitte 17. Jh.).

Kirche, Blick zur Orgel, vermutlich 1950er, bzw. vor 1963

Kirche, Blick zur Orgel, vermutlich 1950er, bzw. vor 1963

Orgel

1582 erstmals nachgewiesen. 1801 Neubau mit 18–20 klingenden Stimmen durch den Stader Orgelbauer Georg Wilhelm Wilhelmy, eingeweiht 4. März 1801, am 18. Dezember 1810 beim Brand der Kirche vernichtet. Die Gemeinde kaufte nach dem Wiederaufbau die 1679/80 erbaute Arp-Schnitger-Orgel aus der während der französischen Besetzung entwidmeten Klosterkirche St. Johannis in Hamburg. Die Orgel war 1813 durch den Orgelbauer Joachim Wilhelm Geycke abgebaut und eingelagert worden. Sie enthielt außer dem Werk von Schnitger mehrere Reg. aus einer Vorgängerorgel, die vermutlich von einem Mitglied der Orgelbauer-Familie Scheerer stammte. 1816 wurde sie durch Georg Wilhelm Wilhelmy (Stade) in Cappel aufgebaut. 1932 Einbau eines elektrischen Gebläses durch P. Furtwängler & Hammer (Hannover). 1937/39 Restaurierung durch Paul Ott (Göttingen).12 1975/77 Wiederherstellung der ursprünglichen Substanz durch Rudolf von Beckerath, 30 II/P (HW, RP), mechanische Traktur, Schleifladen. Denkmalorgel.13 – Die Orgel von Cappel ist die am besten erhaltene Schnitger-Orgel. Sie verfügt über den einzigen vollständig erhaltenen Zinn-Prospekt Schnitgers in Deutschland und gehört zu den wertvollsten historischen Orgeln in Niedersachsen.14 Seit 1974 besteht ein Förderverein für den Erhalt der Orgel.

Geläut

Zwei LG, I: f’ (Bronze, Gj. 1539, Pieter van den Gheyn, Mecheln); II: g’ (Bronze, Gj. 1519, Hinrich Kock, Hamburg). – Früherer Bestand: 1787 verfügte die Kirche über ein Geläut von drei LG, „davon die kleinste nicht gebrauchet wird.“15

Friedhof

Ursprünglich bei der Kirche. 1953/54 Neuanlage am Dorumer Weg. Eigentum der KG.

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 2 Nr. 359–373 (Pfarroffizialsachen); A 8 Nr. 213Digitalisat(CB, unter Kappel); A 9 Nr. 2576Digitalisat, 2577Digitalisat, 2620Digitalisat (Visitationen); B 18 Nr. 31 u. 95 (Orgelsachverständiger); D 63 (EphA Wesermünde-Nord).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1704
Trauungen: ab 1704
Begräbnisse: ab 1704
Kommunikanten: ab 1837 (Lücken: 1716–1779, 1811–1817; Zahlenregister: 1710–1836)
Konfirmationen: ab 1809 (Lücken: 1813)

Literatur

A: 50 Jahre KK Wesermünde-Nord, S. 23 f.; Böker, Denkmaltopographie Lkr. Cuxhaven, S. 131; Denkmalatlas Niedersachsen; Fock, Schnitger, S. 33 f. und 115 f.; Kiecker/Lehe, KD Kr. Lehe, S. 45–51; Vogel u. a., Orgeln Niedersachsen, S. 166–169; Weiberg, Niederkirchenwesen, S. 97 f.
B: Ludwig Arps: 120 Jahre Cappeler Schnitger-Orgel, in: Niederdeutsche Heimatblätter 6/196; Gert Schlechtriem: Vom Guss eines mittelalterlichen Taufkessels in der Kirche zu Cappel, in: Jahrbuch der Männer vom Morgenstern 48 (1967), S. 119–128; Helmut Winter (Hg.): Die Schnitger-Orgel in Cappel St. Petri und Pauli (= Orgel-Studien 2), Hamburg 1977.

Weitere Bilder

Fußnoten

  1. Bremer UB II, Nr. 37.
  2. LkAH, A 8/Cappel (Corpus bonorum 1787).
  3. Bremer UB II, Nr. 37.
  4. Rüther, Hadler Chronik, Nr. 336.
  5. Sprengler-Ruppenthal, Nachträge, S. 214–216.
  6. Wiebalck, Kirche Wurstens, S. 114.
  7. KABl. 1968, S. 7.
  8. KABl. 1940, S. 54.
  9. LkAH, A 8/Cappel (Corpus bonorum 1787).
  10. LkAH, A 8/Cappel (Corpus bonorum 1787).
  11. LkAH, A 8/Cappel (Corpus bonorum 1787).
  12. Pape, Ott, S. 292.
  13. KABl. 1952, S. 160; LkAH, B 1 A, Nr. 4587 (Verzeichnis der Denkmalsorgeln der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers, Stand 01.10.1958).
  14. Vogel u. a., Orgeln Niedersachsen, S. 167.
  15. LkAH, A 8/Cappel (Corpus bonorum 1787).