Frühere Gemeinde | Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Hildesheimer Land-Alfeld, Amtsbereich Elze | Patrozinium: Bartholomäus1 | KO: Calenberger KO von 1569
Orts- und Kirchengeschichte
Die älteste schriftliche Erwähnung des Dorfes findet sich als Malerthen in der Fundatio ecclesiae Hildensemensis, einer Gründungsgeschichte des Bistums Hildesheim, die vermutlich kurz nach 1079 verfasst wurde, jedoch nur in Abschriften des 17. bis 19. Jh. überliefert ist.2 Eine ortsadelige Familie lässt sich erstmals um 1132/41 mit Heynricus de Malerde urkundlich belegen.3 Zu den Landbesitzern in Mahlerten zählten u. a. die Klöster Marienrode, Haus Escherde, St. Godehard (Hildesheim) und St. Michael (Hildesheim).4 Das Dorf gehörte Anfang des 13. Jh. zum Herrschaftsbereich der Grafen von Spiegelberg bzw. Poppenburg, kam Ende des gleichen Jh. an das Hochstift Hildesheim und zählte dort zum Amt Poppenburg. Nach Ende der Hildesheimer Stiftsfehde (1519–1523) fielen die Dörfer des Amtes Poppenburg an das welfische Teilfsm. Calenberg und kehrten erst 1643 unter stifthildesheimische Herrschaft zurück (Restitution des Großen Stifts). Aufgrund der Bestimmungen des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 kam das Gebiet des Hochstifts an das Kgr. Preußen. In den Jahren des französischen Satellitenkgr. Westphalen (1807–1813) zählte Mahlerten zunächst zum Kanton Elze und ab 1810 zum Kanton Burgstemmen, beide im Distrikt Hildesheim des Departements Oker. Danach kam das Dorf, nun im Kgr. Hannover, wieder zum Amt Poppenburg, das 1824 im Amt Gronau aufging. Von 1852 bis 1859 war Mahlerten Teil des kurzlebigen Amtes Elze. Mit der Annexion des Kgr. Hannover wurde das Dorf 1866 erneut preußisch und kam bei Einführung der Kreisverfassung 1885 zum Kr. Gronau (1932 Kr. Alfeld, 1977 Lkr. Hildesheim). 1974 wurde der Ort nach Nordstemmen eingemeindet. Die ursprünglich landwirtschaftlich geprägte Haufensiedlung entwickelte sich in der zweiten Hälfte des 20. Jh. zu einem Pendlerort. Um 1810 lebten gut 250 Menschen in Mahlerten, 1905 gut 380, 1946 etwa 870 und 2018 knapp 600.
Wie der Verfasser der Fundatio ecclesiae Hildensemensis berichtet, gehörten die Dörfer Mahlerten und Heyersum bis zur Zeit des Hildesheimer Bf. Thietmar (amt. 1038–1044) zum Kirchspiel Elze. Bf. Thietmar habe, so heißt es weiter, die Elzer Rechte in den beiden Dörfern dann der Kirche in Sarstedt übertragen – obwohl dies nach Kirchenrecht (lex canonum) verboten sei.5 Ältestes Zeugnis der örtlichen Kirchengeschichte ist in Mahlerten die Kirche selbst, die etwa Mitte des 13. Jh. errichtet wurde.
Es ist nicht überliefert, ab wann sich die Gemeinden Mahlerten und Heyersum einen gemeinsamen Geistlichen teilten, möglicherweise bereits seit vorref. Zeit.6 Beide Gemeinden wechselten 1542 zur luth. Lehre, als Hzgn Elisabeth von Calenberg-Göttingen als Vormund ihres Sohnes eine ev. Kirchenordnung erließ und Visitatoren in die Dörfer des Fsm. Calenberg schickte.7 In den überlieferten Auszügen aus den Visitationsakten sind die beiden Dörfer nicht erwähnt.8 Elisabeths Sohn übernahm 1545 als Erich II. die Regierung und trat 1547 zum kath. Glauben über, die Calenbergischen Stände verhinderten jedoch schließlich 1553/55, dass er sein Fsm. insgesamt rekatholisierte. Nachdem er kinderlos gestorben war, fiel die Landesherrschaft über das Fsm. Calenberg 1584 an Hzg. Julius, Fs. von Braunschweig-Wolfenbüttel. Dieser führte seine 1569 aufgestellte Kirchenordnung auch in Calenberg ein und ordnete 1588 erneut eine Visitation an.9 In den Protokollen dieser Visitation ist lediglich Heyersum erwähnt.
In einer Beschreibung der luth. Dörfer im kath. Hochstift Hildesheim aus dem Jahre 1730 heißt es, der Pfarrer predige an jedem dritten Sonntag in der Tochtergemeinde (filia) Mahlerten.10 Diese Regelung galt auch 1850 noch. P. Adolf Ernst Christian Meyer (amt. 1847–1868) berichtete zudem: „An den drei hohen Festtagen, Weihnachten, Ostern, Pfingsten wird an beiden Festtagen in Heyersum Gottesdienst gehalten, alleine in Mahlerten ist am Weihnachtsabend Christkirche, und am ersten Oster- und Pfingsttage daselbst Morgens Frühkirche.“ Er fügte an, dass eine Neuregelung seitens des Konsistoriums wünschenswert sei, denn „Mahlerten würde in kirchlicher und freundschaftlicher Hinsicht zu der Mater [Mutterkirche in Heyersum] sehr gewinnen, wenn daselbst öfter, oder auch nur an einem Tage der drei hohen Feste vorschrifts- und gesetzmäßig Gottesdienste gehalten würden.“11 Die eigenen Versuche P. Meyers, die Gottesdienstverteilung zu ändern, waren gescheitert, da „Heyersum von den vermeintlichen Rechten und alten Herkommen Nichts abstehen will.“12
Nachdem die Pfarrstelle der beiden Gemeinden bereits 1835 bis 1847 und 1886 bis 1891 vakant geblieben war, bekamen Heyersum und Mahlerten mit P. Andreas Bernhard Hans Röhrßen (amt. 1891–1928) noch einmal einen eigenen Geistlichen. Zum 1. Oktober 1931 hob das Landeskirchenamt die Pfarrstelle auf und verband die beiden Gemeinden pfarramtlich mit dem benachbarten Burgstemmen. In Mahlerten predigte der Burgstemmer Pfarrer alle zwei Wochen.
Zum 1. Januar 2006 schlossen sich die KG Burgstemmen, Heyersum und Mahlerten zusammen und gründeten gemeinsam die neue „Ev.-luth Dreikirchengemeinde in Nordstemmen“.13
Umfang
Das Dorf Mahlerten.
Aufsichtsbezirk
Archidiakonat Sarstedt der Diözese Hildesheim.14 – Unterstand 1542 bis 1556 dem LSup. des Fsm. Calenberg, 1564 wohl dem Sup. der Ämter Gronau, Poppenburg und Lauenstein.15 1588/89 zur neuen Insp. Gronau.16 Ab 1651/52 Spezialinsp. des GSup. Alfeld. 1829 zur neuen Insp. (1924: KK) Elze. 1974 Eingliederung des KK Coppenbrügge und 1975 Umbenennung in KK Elze-Coppenbrügge.17 Mit der Vereinigung der KK Bockenem-Hoheneggelsen und Elze-Coppenbrügge am 1. Januar 2005 zum KK Hildesheimer Land.18 Seit 1. Januar 2011 KK Hildesheimer Land-Alfeld, Amtsbereich Elze.19
Kirchenbau
Einschiffiger Rechteckbau mit eingezogenem Rechteckchor und halbrunder Apsis sowie Sakristeianbau an der Nordseite, erbaut um 1250, Sakristei Ende 19. Jh. Satteldächer, halbes Pyramidendach über Apsis; verputztes Bruchsteinmauerwerk, Sakristei steinsichtig; breiter Stützpfeiler an Nordseite; große Rechteckfenster (1824–28), hohes Rundbogenfenster an Südseite des Chores, romanische Rundbogenfenster an Apsis. Im Innern Kreuzgratgewölbe und Apsiskalotte; Westempore; spätromanische Wandmalereien in Chor und Apsis (um 1250, 1921 entdeckt und stark überarbeitet von Oscar Wichtendahl, Hannover): in Kalotte Christus als Weltenrichter flankiert von Maria und Johannes dem Täufer, an Südwand des Chores sechs Apostel. Instandsetzung der Kirche 1824–28 (u. a. Westportal, Fenster, Kanzelaltar). Innenrenovierung 1921 (u. a. Nord- und Südempore entfernt, Kanzelaltar entfernt, Wandmalereien erneuert). Innenrenovierung 1959 (u. a. Kanzel auf Nordseite versetzt, Empore verkleinert). Gesamtsanierung 1988–90 (u. a. statische Sicherung).
Turm
Etwa quadratischer Westturm, verschieferter Turmhelm mit rechteckigem Ansatz und hoher, achteckig ausgezogener Spitze, bekrönt mit Kugel und Wetterhahn. Uhrgauben nach Osten und Westen, Auslegestuhl für Uhrschlagglocke nach Südwesten. Bruchsteinmauerwerk, je zwei rundbogige, gekuppelte Schallöffnungen an jeder Seite; nördliche Schallöffnung an Westseite: zwei Öffnungen mit Dreipassbögen in Rundbogennische (wohl 14. Jh.); Westportal (1824–28). Turmerneuerung 1839. Die Baulastverpflichtung der politischen Gemeinde für den Kirchturm wurde 1988/89 durch eine einmalige Zahlung abgelöst.20 Turmuhr 1660 vorhanden.
Ausstattung
Vorref. Sandsteinmensa mit Reliquiengrube, Stipes aus Bruchsteinen gemauert und mit Sandsteinplatten verkleidet (um 1250). – Hölzerner Kanzelkorb (Anfang 17. Jh.). – Grabplatte, Inschrift; „Anno 1708 den 15 Martii ist Johan Ludolf Pfeffer zur Schulen burg gebohren und allhier zu Mahlerten den 16 September 1709 selig verstorben seines Alters 1 Jahr 6 Monate 1 Tag.“
Orgel
1825 besaß die Kirche noch keine Orgel, „man sprach aber allgemein davon, eine anschaffen zu wollen“.21 Wohl 1883 Kauf einer Kleinorgel, gebaut 1881 von Ph. Furtwängler & Söhne (Elze), 4 I/aP, mechanische Traktur, Schleifladen (Opus 197). 1917 Prospektpfeifen zu Rüstungszwecken abgegeben (Zinn), neue Pfeifen 1927 (Zink). Dispositionsänderung 1960, ausgeführt von Emil Hammer (Hannover).22
Geläut
Zwei LG, I: g’, Inschriften u. a.: „Im Jahr MDCXC IX de Heinricus Müller Pastor und Curdt Issen und Andreas Burossen als Provisores der Kirchen zu Mahlerten fürstunden ist von der Gemeinde daselbst diese Glocke zu der Ehre Gottes angeschaffet und in Hildesheim gegossen von M. Jobst Heinrich Lampen“; „Psalm CL Lobet den Herren in seinem Heiligthumb. Lobet ihn mit hellen Cymbeln. Lobet ihn mit wolklingenden Cymbeln.“ sowie „Curdt Issen hat zu diser Klocken verehret 22 Gulden“, Bilder: Kreuzigungsszene mit Maria und Johannes, Reliefdarstellung St. Bartholomäus (Bronze, Gj. 1699, Jobst Heinrich Lampen, Hildesheim); im Zweiten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgegeben, nicht eingeschmolzen und 1947 zurück in Mahlerten; II: h’, Inschrift: „Zerschlagen in Eiserner Zeit fürs Vaterland zur Wehr erneut bin ich wieder bereit zu dienen unserm Gott zur Ehr“, Bild: segnender Christus (Bronze, Gj. 1925, Firma Radler, Hildesheim), Glockenrevisor empfahl 1968 Umguss, um Schlagton besser auf LG I abzustimmen. Eine SG (Bronze, Gj. wohl 1890). – Früherer Bestand: Eine LG, Inschrift: „Da pacem Domine in diebus nostris“ Gib Frieden, Herr, in unseren Tagen, und „M H Q S“ (Bronze, Gj. um 1645, vielleicht Heinrich Quenstedt, Hildesheim), Im Ersten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgegeben und eingeschmolzen.23
Friedhof
Kirchlicher Friedhof rund um die Kirche. Neuer kirchlicher Friedhof im Nordwesten des Ortes, erste Beerdigung 1958, FKap. (Bj. 1976).
Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)
A 1 Nr. 5334–5335 (Pfarroffizialsachen); A 6 Nr. 3604–3611 (Pfarrbestallungsakten); A 9 Nr. 1046a–1046d (Visitationen); D 22b (EphA Elze); S 11a Nr. 7765 (Findbuch PfA).
Literatur
A: Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 914–915; Grote/van der Ploeg/Kellner, Wandmalerei, Katalogband, Nr. 212; Meyer, Pastoren I, S. 498–499 (Heyersum); Jürgens u. a., KD Kr. Alfeld II, S. 156–160.
B: Gustav Ullrich: Mahlerten. Ein heimatkundliches Dorfbuch, Adlum 1992.
Fußnoten
- Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien I, S. 125.
- MGH SS 30,2, S. 942 [Digitalisat]. Naß, Quellen, S. 32. Zur Datierung ebd., S. 28. Vgl. auch Goetting, Bistum Hildesheim 3, S. 36: Die Glaubwürdigkeit der Fundatio ist „bis in die jüngste Zeit zu Unrecht in Frage gestellt worden“.
- UB HS Hildesheim I, Nr. 201.
- Jürgens u. a., KD Kr. Alfeld II, S. 156.
- MGH SS 30,2, S. 942 [Digitalisat]. Naß, Quellen, S. 32.
- Ullrich, S. 119.
- Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 6,1, S. 708 ff.; Butt, Herrschaft, S. 47 ff.
- Kayser, Kirchenvisitationen.
- Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 6,1, S. 83 ff.; Butt, Herrschaft, S. 65 ff.
- Evangelischer Kirchenstaat, S. 79.
- Zit. bei Ullrich, S. 123.
- Alles zit. bei Ullrich, S. 123.
- KABl. 2006, S. 19–21.
- Ursprünglich gehörte das Dorf wohl zum Gebiet des Archidiakonats Elze: MGH SS 30,2, S. 942 f. [Digitalisat]; Naß, Quellen, S. 32.
- Butt, Herrschaft, S. 50 und 65.
- Schlegel, Reformationsgeschichte II, S. 646.
- KABl. 1974, S. 115; KABl. 1975, S. 4.
- KABl. 2005, S. 5 ff.
- KABl. 2011, S. 70 ff.
- LkAH, B 2 G 9/Mahlerten Bd. II, Bl. 103.
- Zit. bei Ullrich, S. 108.
- Pape/Schloetmann, Hammer, S. 97; Ullrich S. 111 f.
- Ullrich, S. 113.