Sprengel Osnabrück, KK Melle-Georgsmarienhütte | Patrozinium: Auferstehung | KO: Keine Kirchenordnung

Orts- und Kirchengeschichte

Wissingen, seit 1972 Ortsteil von Bissendorf im Lkr. Osnabrück, ist schriftlich erstmals 1224 nachgewiesen: Ein Walterus de Wiskinke ist in der Zeugenliste einer Urkunde von Bf. Adolf von Osnabrück genannt.1 Jeggen, ebenfalls Ortsteil von Bissendorf, lässt sich schriftlich erstmals als Geyne im Tafelgutregister des Bf. Engelbert von Osnabrück belegen, das um 1240 aufgestellt wurde.2 Die beiden ursprünglich ländlich geprägten Bauerschaften entwickelten sich im 20. Jh. zu Wohn- und Schlafsiedlungen für Pendler, die überwiegend in Osnabrück oder Melle arbeiten.3 In Wissingen lebten 1821 etwa 170 Menschen, 1900 gut 300, 1939 knapp 570, 1946 rund 985, 1971 etwa 1.265 und 2018 gut 2.000. In Jeggen lag die Einwohnerzahl 1821 bei etwa 415, 1905 bei knapp 350, 1939 bei gut 760, 1950 bei knapp 1.100 und 2018 bei gut 1.600.

Kirche, Ansicht von Nordosten, Luftbild, 1980

Kirche, Ansicht von Nordosten, Luftbild, 1980

Kirchlich gehörten Wissingen und Jeggen ursprünglich zum Kirchspiel Schledehausen. Als mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Einwohnerzahlen in den beiden Dörfern stiegen, unterstützte Ostpfarrer Walther Grau (amt. 1946–1947) den Pfarrer von Schledehausen und betreute die Gemeindeglieder in Wissingen und Jeggen. Er lebte im Alten- und Pflegeheim Jeggen, das aus der Heimstätte Jeggen hervorgegangen war, die 1920 die Diakonieschwestern Henny Giere und Anna Rothert als Kinderheim gegründet hatten. Die Betreuung der kath. Christen hatte 1946 ebenfalls ein Ostpfarrer übernommen; 1959 weihte die kath. Gemeinde Wissingen die Herz-Jesu-Kirche ein.
Anfang der 1960er Jahre begannen die konkreten Planungen für den Bau eines ev. Gemeindezentrums in Wissingen (Kirche, Pfarrhaus und Jugendtrakt). Im August 1965 war die Grundsteinlegung, ein Jahr später konnte die Gemeinde den Neubau einweihen. Es sei „kein mächtiger Dom“ geworden, aber „ein rechtes Gotteshaus, aus unserer Zeit heraus und der Situation der Kirche unserer Tage entsprechend gestaltet“ schrieb LSup. Kurt Degener in der Festschrift zur Einweihung.4 Architekt Eugen Stamm (Georgsmarienhütte) erläuterte in der gleichen Festschrift kurz einige Aspekte des Neubaus: „Das Gemeinsamkeitsgefühl der Gottesdienstbesucher findet seinen Ausdruck in der gegliederten Anordnung des Gestühls als einem Block. Die niedrige Kanzel hat eine enge Verbindung zur christlichen Gemeinschaft, der Pastor ist unmittelbar unter seiner Gemeinde.“5 Die künftigen Gemeindeglieder hatte den Bau ihrer Kirche auch ganz praktisch unterstützt: Sie halfen besonders bei der Eindeckung des Daches.6

Kirche, Ansicht von Nordwesten, 1966

Kirche, Ansicht von Nordwesten, 1966

Noch vor Beginn des Kirchenbaus hatte das Landeskirchenamt zum 1. Juli 1964 eine Pfarrvikarstelle mit Sitz in Wissingen eingerichtet, die im November 1965 besetzt wurde.7 Zum 1. Januar 1969 trennten sich schließlich Jeggen und Wissingen von der KG Schledehausen und gründeten die „Ev.-luth. Auferstehungs-Kirchengemeinde Wissingen“.8 P. Martin Welz (amt. 1969–1986), der 1965 als Pfarrvikar nach Wissingen gekommen war, übernahm die Pfarrstelle der neuen Gemeinde. Die KG Wissingen baute eine Partnerschaft mit der sächsischen KG Scheibenberg auf (Erzgebirge). Seit 1972 ist die Gemeinde Trägerin der ev. Kindertagesstätte Wissingen, die seit 1982 auch vom „Verein der Freunde und Förderer des Kindergartens Wissingen e. V.“ unterstützt wird. Nach der ersten Visitation der neuen Gemeinde im Jahr 1973 urteilte LSup. Kurt Schmidt-Clausen, die Verselbständigung der KG Wissingen sei sinnvoll gewesen; dies sei eine besonders gewichtige Frage „angesichts der seit einigen Jahren zu beobachtenden und manchen als nostalgisch oder anachronistisch empfundenen Tendenz der Rückkehr zum überwundenen ‚Ideal‘ der vielstelligen Großgemeinde“.9 Auch bei den folgenden Visitationen fielen die Einschätzungen zur Entwicklung der Gemeinde positiv aus. 1979 schrieb der Sup. des KK Georgsmarienhütte: „Wesentlich erscheint mir, daß bei aller gemeindlichen Arbeit der Gottesdienst bewußt als Mitte und Ziel christlichen Lebens gesehen wird.“10
Im Jahr 2008 gründete sich die „Evangelische Diakonie- und Gemeindestiftung Wissingen und Jeggen“.

Umfang

Die OT Wissingen und Jeggen der politischen Gemeinde Bissendorf.

Aufsichtsbezirk

Mit Gründung der KG 1969 zum KK Georgsmarienhütte. Seit Januar 2013 KK Melle-Georgsmarienhütte.11

Kirchenbau
Kirche, Blick zum Altar, 1966

Kirche, Blick zum Altar, 1966

Rechteckiger, verklinkerter Stahlbetonskelettbau mit schmalrechteckiger Apsis, erbaut 1965/66 (Architekt: Eugen Stamm, Georgsmarienhütte). Asymmetrisches Satteldach; hochrechteckige Betonglasfenster an Südseite; großes Betonglasfenster im Nordosten, daran anschließend horizontales Fensterband unterhalb der Dachtraufe; quadratische Fenster an westlicher Stirnseite; vertikale Fensterbänder an den Schmalseiten der Apsis; Haupteingang an Südseite. Im Innern offener Dachstuhl mit verbretterten Innenfeldern zwischen den Stahlbetonbindern, Empore im Westen und über dem Seitenschiff an Südseite. Gestühl ursprünglich ohne Mittelgang. Renovierung 1989/90.

Fenster

Farbige Betonglasfenster, entworfen von Gustl Kirchner (Schweinfurt); Lichtband und Nordfenster (Altarraum) zum Thema Auferstehung; südliche Fenster zu den Themen Taufe, Dreieinigkeit und Pfingsten, Sakristeifenster mit ornamentalem Motiv.12

Turm

Freistehender Turm aus zwei weißen Stahlbetonscheiben, bekrönt mit Kreuz. Instandsetzung 1980.

Ausstattung

Prinzipalstücke entworfen von Gustl Kirchner (Schweinfurt): Altar, Kanzel, Lesepult und Taufständer aus Sichtbeton, der sich „in seiner rustikalen Art den übrigen Bauelementen gut einfügt“. – Hängendes Altarkreuz aus gegossenem Aluminium, dem „in seiner ebenfalls rustikalen Modellierung noch das Erdhafte der Form anhaftet“.13

Orgel, nach 1966

Orgel, nach 1966

Orgel

Kleine Orgel, 6 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen, erbaut 1966 von Hans Wolf (Verden). 2019 Orgel der entwidmeten Melanchthonkirche in Osnabrück für einen Euro erworben, gebaut 1967 von Firma Hillebrand (Altwarmbüchen), 21 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen.

Geläut

Drei LG, I: es’, Inschrift: „Beweis dein Macht, Herr Jesu Christ“; II: f’, Inschrift: „Erhalt uns Herr, bei deinem Wort“; III: as’, Inschrift: „Komm Heilger Geist, du Tröster wert“ (alle Bronze, Gj. 1965, F. Otto, Bremen); Tonfolge der Glocken abgestimmt auf benachbarte kath. Kirche und deren LG in g’, b’ und c’’.14

Weitere kirchliche Gebäude

Pfarrhaus (Bj. 1966/67). – Gemeindehaus (Bj. 1996, als Erweiterung des Jugendtrakts, Bj. 1965, nördlich der Kirche).

Friedhof

Gemeinsamer Friedhof mit KG Schledehausen.

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

L 5f Nr. 268, 896, 1058 (LSuptur. Osnabrück).

Literatur

A: Weichsler, Hdb. Sprengel Osnabrück, S. 142; Wrede, Ortsverzeichnis Fürstbistum Osnabrück I, S. 301–302 (Jeggen) und II, S. 303–302 (Wissingen).
B: Festschrift zur Einweihung der Evang.-luth. Auferstehungskirche in Wissingen, hrsg. von Eugen Stamm und dem Planungsausschuss für den Kirchenbau in Wissingen, Wissingen 1966; Klaus Kischnick: 750 Jahre Wissingen (Wissingen 1224–1974), Wissingen 1974; Friedrich Traphagen: Sankt Laurentius zu Schledehausen. Nachrichten über eine christliche Gemeinde im Osnabrücker Land, Schledehausen 2002.


Fußnoten

  1. Osnabrücker UB II, Nr. 185, die Urkunde ist in einer Abschrift des 14. Jh. erhalten.
  2. Möser, Werke VIII, Nr. CCCXXIII (S. 400); Wrede, Ortsverzeichnis Fürstbistum Osnabrück I, S. 301.
  3. Traphagen, S. 14; Kischnick, S. 76 ff.
  4. Festschrift, S. 4.
  5. Festschrift, S. 11.
  6. Festschrift, S. 8.
  7. KABl. 1964, S. 118; KABl. 1965, S. 278.
  8. KABl. 1969, S. 11.
  9. LkAH, L 5f, Nr. 268 (Visitation 1973).
  10. LkAH, L 5f, Nr. 268 (Visitation 1979).
  11. KABl. 2012, S. 177 f.
  12. Festschrift, S. 13.
  13. Festschrift, S. 13.
  14. Festschrift, S. 15.