KapG der KG Schneverdingen | Sprengel Stade, KK Rotenburg | Patrozinium: –| KO: Keine Kirchenordnung

Orts- und Kirchengeschichte

Reinsehlen lässt sich schriftlich erstmals 1553 nachweisen: Im sogenannten „16 Pennig Schatz“, einem Steuerregister, ist Joachim zu Reinsehlen verzeichnet.1 Der kleine Ort mit seinen vier Höfen gehört zu Insel, das 1974 nach Schneverdingen eingemeindet wurde. 1938/39 legte die Wehrmacht einen Militärflugplatz (Fliegerhorst) in Reinsehlen an, der von 1946 bis 1950 als Lager für Geflüchtete diente („Dorf der 1.000 Sorgen“).2 Im März 1946 kamen etwa 400 Menschen an, im Mai des gleichen Jahres weitere 1.200 (rund 1.000 kath., etwa 600 ev.). Nach Auflösung des Lagers Reinsehlen zog ein Großteil der Geflüchteten nach Hambühren bei Celle.3
Seit Juni 1946 war Pfarrdiakon Willi Schmidt aus Stettin in Reinsehlen aktiv, um „die ev. Flüchtlinge zu sammeln und in einer eigenen Gemeinde zu betreuen“.4 Neben dem sonntäglichen Gottesdienst und Kindergottesdienst lud er zu Bibelstunden ein, gründete eine Frauengruppe und eine Jugendgruppe. 1947 eröffnete die Lagergemeinde einen Kindergarten, im gleichen Jahr fand sich ein Kirchenchor zusammen. Neben der ev. bestand auch eine kath. Lagergemeinde, die den Kinosaal als Kirche nutzte.5 Im November 1948 konnte eine Glocke eingeweiht werden; vorher hatte eine Luftschutzsirene zum Gottesdienst gerufen, die ansonsten auch als Uhrschlagglocke diente.6 Im Jahr 1949 zählte die Lagergemeinde etwa 600 Gemeindeglieder und das Landeskirchenamt Hannover errichtete innerhalb der KG Schneverdingen die KapG Reinsehlen.7 Wenige Monate später folgte die Auflösung des Lagers Reinsehlen. In der Chronik der Gemeinde heißt es: „Die Furcht vor dem Massenquartier, vor der Unterbringung in Schulen und Tanzsälen, die uns seit dem 29. September 1949, an dem die Räumung unseres Dorfes bekanntgegeben wurde, befallen hatte, ist mit dem Aufbau von Wohnungen für uns in Hambühren, Schneverdingen, Hannover, Hittfeld und Soltau gewichen“.8 Pfarrdiakon Willi Schmidt und ein großer Teil der KapG Reinsehlen zog 1950 nach Hambühren bei Celle, wo Lbf. Hanns Lilje im Oktober eine ev. Kirche einweihte, untergebracht in einer ehemaligen Munitionshalle. Die KapG Reinsehlen bestand formal noch bis 1959. Erst dann hob das LKA Hannover die Gemeinde auf; Rechtsnachfolgerin wurde die KapG Hambühren.9

Kirchenbau

Gottesdienstraum in Wirtschaftsbaracke, neben Tanzsaal und Lebensmittelgeschäft.10

Turm

Hölzerner Glockenträger, in Eigenleistung erbaut 1948.

Ausstattung

„Ein Tisch als Altar mit einem Bettlaken bedeckt und zwei Hindenburglichte darauf gestellt.“11

Orgel

Geliehenes Harmonium.

Geläut

Eine LG (Bronze, Bremen), angeschafft 1948, überführt nach Hambühren.

Archiv

NLA HA Hann. 180 Lüneburg Acc. 3/094 Nr. 182 (in Arcinsys, 23.11.2020)

Literatur

B: Dorfchronik der Gemeinde Insel. Insel, Reinsehlen, Barrl und Höpen. Eine Gemeinde im Wandel der Zeit, hrsg. vom Heimatbund Schneverdingen e.V., Rotenburg 2012, bes. S. 183–246; Vom Werden einer evangel.-luth. Gemeinde. Aus der Geschichte der evangelischen Lagergemeinde des Flüchtlingslagers Reinsehlen 1946–1950 [Typoskript], Soltau [1950].


Fußnoten

  1. Dorfchronik, S. 239.
  2. Zum Fliegerhorst: Dorfchronik, S. 188 ff., zum Flüchtlingslager: ebd., S. 202 ff.
  3. Vom Werden, S. 21 ff.
  4. Vom Werden, S. 7.
  5. Dorfchronik, S. 210.
  6. Vom Werden, S. 13.
  7. KABl. 1949, S. 61; vgl. auch LkAH, L 5g, Nr. 288 (Visitation 1950).
  8. Vom Werden, S. 4; insgesamt zur Auflösung des Lagers: Dorfchronik, S. 213 ff.
  9. KABl. 1959, S. 142.
  10. Vom Werden, S. 23; Dorfchronik, S. 210.
  11. Vom Werden, S. 23 f.