Frühere Gemeinde | KapG der KG Lemgow (Predöhl) | Sprengel Lüneburg, KK Lüchow-Dannenberg | Patrozinium: Drei Könige1 | KO: Lüneburger KO von 1643
Orts- und Kirchengeschichte
Das Rundlingsdorf im Lemgow ist urkundlich anscheinend erstmals 1360 im Lüneburger Lehnregister als Pritser erwähnt.2 Der Lemgow mit seinen zwölf Dörfern lag im Gebiet des Amtes Lüchow (vormals Gft. Lüchow, 1320 an die Hzg. zu Braunschweig-Lüneburg gekommen), das zum welfischen Teilfsm. Lüneburg gehörte, seit 1591 zur Herrschaft Dannenberg (die 1636 an das Fsm. Wolfenbüttel kam)3, ab 1671 erneut zum Fsm. Lüneburg und ab 1705 zum Kfsm. Braunschweig-Lüneburg (Kurhannover). 1694 erwarb die Familie von Bernstorff das Gut Gartow und die Besitzungen der Familie von Bülow, zu denen auch der größte Teil des Dorfes Prezier zählte; die Gerichtsbarkeit lag beim adligen Gericht Gartow (Patrimonialgericht, seit 1720 geschlossenes Gericht).4 In französischer Zeit gehörten die zwölf Dörfer des Lemgow von 1810 bis 1813 zum Kgr. Westphalen (Kanton Wustrow im Distrikt Salzwedel des Departements Niederelbe, ab 1811 des Departements Elbe). Nach der Restitution der Patrimonialgerichtsbarkeit zählte Prezier, nun im Kgr. Hannover, erneut zum Gericht Gartow, nach Aufhebung des Patrimonialgerichts 1850 zunächst zum Amt Schnakenburg-Gartow und ab 1852 zum Amt Lüchow. Mit der Annexion des Kgr. Hannover fiel Prezier 1866 an das Kgr. Preußen. Bei Einführung der Kreisverfassung 1885 kam der Lemgow zum Kr. Lüchow, der 1932 im Lkr. Dannenberg aufging (1951: Lkr. Lüchow-Dannenberg). 1972 wurden Prezier und die elf übrigen Dörfer zur Gemeinde Lemgow zusammengelegt (Sitz in Schweskau), die ab 1972 zur Samtgemeinde Lüchow gehörte und seit 2006 zur Samtgemeinde Lüchow (Wendland). Um 1813 lebten knapp 155 Menschen in Prezier, 1905 etwa 110, 1946 knapp 175 und 2004 rund 75.
Kirchlich gehört Prezier zum Kirchspiel Lemgow, bis Ende 1972 auch Predöhl genannt. Die nördlich vor dem ursprünglichen Eingang zum Dorf gelegene Feldsteinkapelle ist anscheinend im frühen 14. Jh. errichtet worden. Die dendrochronologische Untersuchung einer Mauerlatte ergab das Jahr 1309.5 In der Kapelle fanden, nachweislich im 18. Jh., jährlich zwei Gottesdienste statt (im Januar und im April) sowie ein Vespergottesdienst im Herbst (1734).6 Im Jahr 1780 beschloss die Gemeinde, an ihrer mittelalterlichen Kapelle einen Turm zu errichten; die Pläne wurden 1785/86 verwirklicht.7
In einer Übersicht der 30 Kapellen- und Schulgottesdienste in den Dörfern des Kirchspiels Lemgow bzw. Predöhl aus dem Jahr 1948 ist vermerkt: „Prezier Heilige 3 Könige 6.1. […] ohne Abendmahl, […], eigentlich Markus 25.4. jetzt Hagelfeier 1.5. […] mit Abendmahl, […] 6. Sonntag nach Mariä Geburt […] mit Abendmahl“.8 Zusammen mit den übrigen Kapellengemeinden im Lemgow hob das LKA Hannover die KapG Prezier zum 1. Januar 1968 auf; Rechtsnachfolgerin ist die KG Lemgow.9
Patronat
Ab 1694 Familie von Bernstorff zu Gartow.10
Kapellenbau
Rechteckiger Saalbau, errichtet im frühen 14. Jh. (Dendrodatum: 1309).11 Satteldach. Feldsteinmauerwerk, an den Ostecken mächtige Stützen aus Backsteinmauerwerk. Je ein kleines Rundbogenfenster nach Norden und Osten, nach Süden zwei Segmentbogenfenster und ein segmentbogiger Eingang. Im Innern flache Balkendecke. Um 1430 Umbauarbeiten.12
Fenster
Im Osten Buntglasfenster mit Darstellung der Heiligen Drei Könige.
Turm
An der Südwestecke mächtiger Turm mit zwei vierseitigen Geschossen unten, einem achtseitigen Glockengeschoss und einer geschwungenen, kupfergedeckten Barockhaube mit offener Laterne, bekrönt mit Kugel und Wetterfahne, erbaut 1785/86 (Baumeister Johann Daniel Böhme, Gartow).13 Backsteinmauerwerk, Erdgeschoss schließt mit Fries und schmalem, umlaufendem Pultdach ab. Im Glockengeschoss je eine segmentbogige Schallöffnung nach Norden, Osten und Süden, nach Südwesten Uhrziffernblatt. Im Mittelgeschoss übereinander je zwei segmentbogige Fenster nach Süden und Norden, nach Westen entsprechend zwei Segmentbogenblenden. Im Erdgeschoss rundbogiges Portal nach Süden. 1786 Turmuhr (Otto Jacob Atsen, Seehausen in der Altmark). 1971 Turmhelm erneuert (Kupferdeckung, vorher Schiefer)
Ausstattung
Blockaltar mit gemauertem Stipes und hölzernen Schranken.
Geläut
Eine LG, a’ (Bronze, Gj. 1906, Firma Radler, Hildesheim), Inschriften: „Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses“ und Gießerinschrift.
Heutiges Geläut anhören: #createsoundscape
Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)
A 1 Nr. 09201–09202 (Pfarroffizialsachen); D 79 (EphA Lüchow); S 11a Nr. 8005 (Findbuch PfA).
Literatur & Links
A: Gemeindebuch KK Lüchow, S. 27–29; Behn, Wendland, S. 128–131; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 1100; Jürries/Wachter, Wendland-Lexikon II, S. 252–254; Kelletat, Kirchen und Kapellen, S. 31; Manecke, Beschreibungen II, S. 171; Mithoff, Kunstdenkmale IV, S. 227; Sänger, Denkmaltopographie Lkr. Lüchow-Dannenberg, S. 137–138; Schmitz, Siedlungsnamen, S. 148; Wübbenhorst, Datierung, S. 102–103.
B: Otto Puffahrt: Kirchturmbau zu Prezier 1785/86, in: Hannoversches Wendland 15 (2001), S. 95–98.
Internet: Bildindex der Kunst & Architektur: Kapelle; Denkmalatlas Niedersachsen: Kapelle.
Fußnoten
- Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien II, S. 131. Ein urkundlicher Beleg für das Patrozinium fehlt; es wurde abgeleitet vom jährlichen Kapellengottesdienst am Dreikönigstag, LkAH, L 5e, unverz., Predöhl, Visitation 1948.
- Hodenberg, Lehnregister, Nr. 545 [Digitalisat]. Zum Ortsnamen und für weitere Belege vgl. Schmitz, Siedlungsnamen, S. 148.
- Jürries/Wachter, Wendland-Lexikon I, S. 209 f.
- Puffahrt, S. 95; Puffahrt, Beiträge, S. 21.
- Wübbenhorst, Datierung, S. 103.
- Poser und Gross-Naedlitz, S. 121.
- Ausführlich: Puffahrt, S. 95 ff.
- LkAH, L 5e, unverz., Predöhl (Lemgow), Visitation 1948.
- KABl. 1968, S. 5 f.; KABl. 1973, S. 7.
- Puffahrt, S. 95 mit Anm. 5.
- Wübbenhorst, Datierung, S. 103 und S. 111.
- Wübbenhorst, Datierung, S. 103.
- Ausführlich: Puffahrt, S. 95 ff.