Frühere Gemeinde | KapG der KG Bodenburg | Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Hildesheimer Land-Alfeld, Amtsbereich Elze | Patrozinium: Maria Magdalena1 | KO: Braunschweigische KO von 1709

Orts- und Kirchengeschichte

Die erste schriftliche Erwähnung des Ortes findet sich als Osterim in einem Lehnsregister der Herren von Meinersen, das sich auf 1218/20 datieren lässt.2 Die Herren von Meinersen besaßen in Oestrum Eigengut und Lehen der Hzg. von Braunschweig-Lüneburg. Bernhard von Meinersen, Domherr in Hildesheim und Magdeburg sowie letzter männlicher Spross der Familie, übergab 1353 alle dat gud, eghendum vnde len an Bf. Heinrich von Hildesheim.3 Die Hildesheimer Bf. belehnten später die Herren von Steinberg mit den Gütern in Oestrum. Das Dorf zählte zum Amt Winzenburg des Hochstifts Hildesheim, das nach Ende der Hildesheimer Stiftsfehde (1519–1523) an das welfische Teilfsm. Braunschweig-Wolfenbüttel fiel. 1624 wird es zum adligen Gericht Bodenburg der Herren von Steinberg gerechnet. Bei der Restitution des Großen Stifts (1643) verblieben Bodenburg und Oestrum bei Braunschweig-Wolfenbüttel und kehrten nicht unter stifthildesheimische Landesherrschaft zurück.4 Sie bildeten eine braunschweigische Exklave zunächst im Stiftsgebiet und seit 1815 im Kgr. Hannover. Die Gerichtsbarkeit lag bis ins 19. Jh. beim adligen Gericht Bodenburg der Herren von Steinberg. In den Jahren des französischen Satellitenkgr. Westphalen (1807–1813) gehörte Oestrum zum Kanton Bodenburg im Distrikt Hildesheim des Departements Oker. Danach zählte der Ort zum Kr. Gandersheim des Hzm. Braunschweig und kam 1941 zum hannoverschen Lkr. Marienburg (1946 Lkr. Hildesheim-Marienburg, 1977 Lkr. Hildesheim).5 1974 wurde Oestrum nach Bad Salzdetfurth eingemeindet. Von 1885 bis 1974 bestand hier eine Zuckerfabrik; 1972 beschrieb der Sup. Oestrum als ein „typisches Bauerndorf, in dem jetzt aber auch Arbeitnehmer aus Bad Salzdetfurth ihr Eigentum errichten.“6 Um 1810 hatte Oestrum etwa 100 Einwohner, 1905 rund 210 und 2018 knapp 380.
Über das Alter der Kapelle in Oestrum herrschte lange Unklarheit. Im Visitationsbericht 1954 notierte der zuständige Pfarrer, es handele sich um „eine angeblich sehr alte“ Kapelle, im Visitationsbericht 1978 ist als Baujahr 1711 angegeben.7 Bei der Renovierung des Gebäudes 2005 fanden sich an den Wänden Fresken, die sich auf das 12. oder 13. Jh. datieren lassen. Auf eine Restaurierung der Wandmalereien musste aus finanziellen Gründen verzichtet werden. Sie wurden zum Schutz wieder übermalt. Zur vorref. Kirchengeschichte der Kapellengemeinde ist nichts bekannt und auch in den Protokollen der reformatorischen Kirchenvisitation 1542 findet Oestrum keine Erwähnung. Vermutlich waren die Bewohner des Dorfes auch zu dieser Zeit in die Bodenburger St. Laurentius-Gemeinde eingepfarrt und wechselten gemeinsam mit der Muttergemeinde zur luth. Lehre.
Am 1. Oktober 1942 wechselte die KG Bodenburg von der braunschweigischen in die hannoversche Landeskirche und kam dort zum KK Bockenem.8 Die KapG Oestrum ist nicht eigens erwähnt, vielmehr herrschte eine gewisse Unsicherheit über den Status der Gemeinde: „Nach Mitteilung des Kirchenvorstandes soll aber Oestrum keine Kapellengemeinde sein, da weder ein Kirchenvorstand noch Sondervermögen vorhanden sei. Wir halten diese Ansicht für irrig, da allein die Existenz der Kapelle in Oestrum, die unfraglich im Eigentum der Kapellengemeinde in Oestrum steht, das Vorhandensein einer Sonderkirchengemeinde beweist“, schrieb das Hannoveraner LKA 1944 und bat das LKA in Wolfenbüttel um Aufklärung.9 „Die Gemeinde Oestrum ist ohne Frage eine Kapellengemeinde“, lautete die Antwort von dort.10 Einen eigenen Kapellenvorstand wählte die Gemeinde dennoch nicht und in den Visitationsberichten ist in der Regel keine Rede von einer KapG Oestrum. Auch die Eigentumsfrage war nicht unbestritten und musste nach einem Einspruch der politischen Gemeinde 1957 gerichtlich geklärt werden. Das Urteil fiel zugunsten der KG aus.11
Im Visitationsbericht 1948 gab der Ortspfarrer an, dass pro Jahr lediglich vier Gottesdienste in der Oestrumer Kapelle gefeiert würden (zweiter Weihnachtstag, Ostermontag, Pfingstmontag und Erntedankfest).12 In den 1950er Jahren befand sich die Kapelle „in unwürdigem Verfallszustand“.13 Mit Unterstützung der Landeskirche ließ die Gemeinde die kleine Kapelle 1959/60 sanieren.
Zum 1. April 1984 hob das LKA die KapG Oestrum auf, Rechtsnachfolgerin wurde die St.-Johannis-KG Bodenburg.14

Kapellenbau

Auf dem Friedhof südlich des Ortes. Ursprünglich romanischer Rechteckbau mit halbrunder Apsis, erneuert 1711. Verputztes Bruchsteinmauerwerk, Satteldach mit dreiseitigem Walm im Osten, flachbogige Fenster, über Portal Jahreszahl 1711. Im Innern flache Bretterdecke. Sanierungen 1960. Bei Renovierung 2005 Fresken aus dem 12./13. Jh. entdeckt, nicht restauriert, wieder übermalt.

Turm

Verschieferter, vierseitiger Dachreiter mit Zeltdach, bekrönt mit Kugel und Kreuz.

Ausstattung

Steinaltar mit Reliquiengrube. – Barocker Altaraufsatz, verziert mit Schnitzwerk und Engelsköpfen, im Hauptfeld Gemälde mit Christi Geburt (1677, Künstler unbekannt), flankiert von zwei Säulen; darüber kleines Bild mit Auferstehungsszene; Restaurierung 1960 und 1998. – Hölzerne Kanzel.

Orgel

Harmonium, erbaut vor 1960, Orgelbauer unbekannt.15

Geläut

Eine LG, h’’ (Bronze, Gj. 1861, J. H. Bartels, Hildesheim).

Friedhof

Eigentum der politischen Gemeinde, in Trägerschaft der KG Bodenburg.

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

D 44 (EphA Bockenem); S 11a Nr. 7578 (Findbuch PfA).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1815
Trauungen: ab 1815
Begräbnisse: ab 1815
Konfirmationen: ab 1815

Kapelle von Bodenburg. Früher und Kommunikanten in den Kirchenbüchern von Bodenburg, Johannis und Bodenburg, Laurentii.

Literatur

A: Blume, Beiträge, S. 142–143; Kleinau, Ortsverzeichnis Land Braunschweig II, S. 443; Steinacker, BKD Kr. Gandersheim, S. 246–247.
B: Sylvia Köneke: Bodenburg und Oestrum. „Die gute alte Zeit“ …fand nicht statt! Eine Sozialgeschichte der Einwohner Bodenburgs und Oestrums, Bad Salzdetfurth 1990.


Fußnoten

  1. Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien I, S. 128.
  2. Przybilla, Edelherren von Meinersen, S. 579 (Nr. 46) und 583 (Nr. 78 und 85). Vgl. auch ebd. S. 519 (Nr. 177).
  3. Sudendorf, UB II, Nr. 449. Przybilla, Edelherren von Meinersen, S. 370 ff.
  4. Kleinau, Ortsverzeichnis Land Braunschweig I, S. 75.
  5. Kleinau, Ortsverzeichnis Land Braunschweig II, S. 443; Blume, Beiträge, S. 143.
  6. LkAH, L 5h, unverz., Bodenburg, Visitation 1972.
  7. LkAH, L 5h, unverz., Bodenburg, Visitation 1954 und Visitation 1978.
  8. KABl. 1943, S. 1–4; KABl. 1944, S. 7.
  9. LkAH, B 1 A Nr. 11168, Bl. 12.
  10. LkAH, B 1 A Nr. 11168, Bl. 13.
  11. LkAH, B 2 G 9/Oestrum Bd. I, Bl. 5 und 33a.
  12. LkAH, L 5h, unverz., Bodenburg, Visitation 1948.
  13. LkAH, B 2 G 9/Oestrum Bd. I, Bl. 5.
  14. KABl. 1984, S. 10.
  15. Pape, Palandt, S. 343.