Frühere Gemeinde | KapG der KG Schnega | Sprengel Lüneburg, KK Lüchow-Dannenberg | Patrozinium: kein mittelalterliches Patrozinium bekannt | KO: Lüneburger KO von 1643

Orts- und Kirchengeschichte

Urkundlich ist das kleine Dorf erstmals 1242 als Mutsing erwähnt.1 Müssingen lag im Herrschaftsgebiet der Gf. von Warpke, die ihren Sitz etwa Mitte des 12. Jh. nach Lüchow verlegten und sich fortan Gf. von Lüchow nannten.2 Ende des 12. oder Anfang des 13. Jh. kamen Schloss und Vogtei Warpke an die Hzg. zu Braunschweig-Lüneburg3, die 1320 auch die Gft. Lüchow erwarben; das Gebiet gehörte zum welfischen Teilfsm. Lüneburg. 1370 erwarb das Kloster Diesdorf Müssingen.4 1548 ging das Amt Warpke im Amt Lüchow auf. Seit 1591 zählte das Amt Lüchow zur Herrschaft Dannenberg (die 1636 an das Fsm. Wolfenbüttel kam)5, ab 1671 erneut zum Fsm. Lüneburg und ab 1705 zum Kfsm. Braunschweig-Lüneburg (Kurhannover). In französischer Zeit gehörte Müssingen von 1810 bis 1813 zum Kgr. Westphalen (Kanton Bergen im Distrikt Lüneburg des Departements Niederelbe, ab 1811 Distrikt Uelzen des Departements Aller). Danach zählte Müssingen, nun im Kgr. Hannover, zunächst erneut zum Amt Lüchow, kam 1841 zum Amt Wustrow, nach 1852 zum Amt Bodenteich und 1859 zum Amt Oldenstadt. Nach der Annexion des Kgr. Hannover fiel Müssingen 1866 an das Kgr. Preußen. Mit Einführung der Kreisverfassung 1885 kam das Dorf zum Kr. Uelzen. 1972 wurde Müssingen nach Soltendieck eingemeindet (Samtgemeinde Bodenteich, 2011 Samtgemeinde Aue). Um 1813 lebten gut 40 Menschen in Müssingen und 1925 etwa 70.
Das genaue Alter der kleinen, nördlich des Dorfes gelegenen Kapelle ist nicht bekannt. Möglicherweise geht sie auf das 14. Jh. zurück, vielleicht ist sie erst im späten 15. Jh. errichtet worden.6 Um 1650 (und wohl auch in vorref. Zeit) gehörte die Kapelle Müssingen als filia (Tochtergemeinde) zur Kirche Lagendorf in der Altmark (Kfsm. Brandenburg, 1701 Kgr. Preußen).7
Aufgrund der deutschen Teilung nach Ende des Zweiten Weltkriegs war die KapG Müssingen seit 1945 „von ihrer Muttergemeinde Lagendorf durch die Zonengrenze abgeschnitten“.8 Das Pfarramt Schnega übernahm die Versorgung der kleinen Gemeinde, die kirchenrechtlich jedoch Teil der KG Lagendorf in der Kirchenprovinz Sachsen blieb. In der Kapelle – 1964 wie auch jene in Thune und Schäpingen noch Eigentum der „politischen Gemeinden, bzw. der Realgemeinde oder Interessentengemeinschaft“9 – fanden jährlich acht Gottesdienste statt.10 Seit 1973 fielen diese Gottesdienste „wegen Baufälligkeit der Kapelle“ aus.11 Nach einer Instandsetzung konnte die Gemeinde ihre Kapelle am 4. November 1979 neu einweihen.
Zum 1. Januar 1983 wechselte die KapG Müssingen aus der Ev.-luth. Kirche der Kirchenprovinz Sachsen in die Ev.-luth. Landeskirche Hannovers und wurde auch formal Teil der KG Schnega.12 Zum 1. Januar 2009 wurde die KapG Müssingen aufgehoben.13

Kapellenbau

Saalbau mit gerundetem Ostschluss, erbaut vielleicht im 14. Jh., vielleicht im späten 15. Jh.14 Walmdach, nach Osten gerundet. Feldsteinmauerwerk. Nach Norden und Süden je ein rechteckiges Sprossenfenster, segmentbogiger Eingang nach Süden; Fensterrahmung und Türbogen aus Backsteinen. Im Innern flache Holzdecke, an den Wänden Weihekreuze. 1973 Kapelle wegen Baufälligkeit geschlossen. 1979 Instandsetzung.

Turm

Im Westen vierseitiger, verschieferter Dachreiter mit vierseitigem Pyramidenhelm, bekrönt mit Kugel und Kreuz. Nach Norden und Süden je ein vierseitiges Schallfenster.

Ausstattung

Gemauerter Blockaltar mit neugotischem, hölzernem Kanzelretabel, polygonaler Kanzelkorb, an den Wandungen Füllungen mit Dreipassbogen.

Geläut

Eine LG, g’’ (Bronze, Gj. 1949, J. F. Weule, Bockenem). – Früherer Bestand: Eine LG (Bronze), im Zweiten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgegeben.

Friedhof

Ehemaliger Friedhof bei der Kapelle.

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

S 09 rep Nr. 2092 (Presseausschnittsammlung); S 11a Nr. 7657 (Findbuch PfA).

Literatur & Links

A: Gemeindebuch KK Lüchow, S. 34–37; Behn, Wendland, S. 114–115; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 961; Kelletat, Kirchen und Kapellen, S. 29; Manecke, Beschreibungen II, S. 130; Lucka, Denkmaltopographie Lkr. Uelzen, S. 146; Wiechel-Kramüller, Kirchen, S. 108–109; Wübbenhorst, Datierung, S. 99.

B: Adolf Bätge: Geschichte des Kirchspiels Lagendorf im Hansjochenwinkel, Salzwedel 1928, bes. 42–44; Martin Himstedt: Die Pfarrkirche St. Michael zu Schnega, o. J. [Abbildungen]; Horst W. Rakow: 1242. Mudzinghe – Müssingen. Bauerndorf, Schul- und Kapellendorf in der Swinemark, Schnega 2024, bes. S. 13–28.

Internet: Bildindex der Kunst & Architektur: Kapelle; Denkmalatlas Niedersachsen: Kapelle.


Fußnoten

  1. UB Verden I, Nr. 376. Zum Ortsnamen und für weitere Belege vgl. Schmitz, Siedlungsnamen, S. 183.
  2. Zu Gft. bzw. Vogtei Warpke vgl. Osten, Propstei Schnega, S. 16 ff.
  3. Osten, Propstei Schnega, S. 18 und. S. 23 f.
  4. Bätge, S. 42.
  5. Jürries/Wachter, Wendland-Lexikon I, S. 209 f.
  6. 14. Jh.: Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 961; Rakow, S. 24. Spätes 15. Jh.: Wübbenhorst, Datierung, S. 99 und S. 111 (keine bauzeitlichen Hölzer zur Dendrodatierung gefunden).
  7. Rohrlach, Altmark, S. 1312. Zu Lagendorf vgl. Bätge, bes. S. 15 f.
  8. LkAH, L 5e, unverz., Schnega, Visitation 1946.
  9. LkAH, L 5e, unverz., Schnega, Visitation 1964.
  10. LkAH, L 5e, unverz., Schnega, Visitation 1964.
  11. LkAH, L 5e, unverz., Schnega, Visitation 1977.
  12. KABl. 1983, S. 4.
  13. KABl. 2009, S. 46 f.
  14. 14. Jh.: Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 961. Spätes 15. Jh.: Wübbenhorst, Datierung, S. 99 und S. 111 (keine bauzeitlichen Hölzer zur Dendrodatierung gefunden).