Frühere Gemeinde | Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Hildesheim-Sarstedt | Patrozinium: Paulus | KO: Calenberger KO von 1569
Orts- und Kirchengeschichte
In einer Urkunde Bf. Bernhards von Hildesheim aus dem Jahr 1146 ist das Dorf unter dem Namen Hasen erstmals schriftlich erwähnt.1 Es zählte später zu den Dörfern der Hildesheimer Dompropstei, in denen der Dompropst fast landesherrliche Rechte innehatte. Die Kriminalgerichtsbarkeit lag jedoch beim Amt Steuerwald des Hochstifts Hildesheim.2 Die Straßensiedlung, deren Dorfstraße östlich der Innerste verläuft, ist seit 1974 Ortsteil von Giesen. Hasede hatte 1810 gut 300 Einwohner, 1938 etwa 650 und 2016 gut 1.600. Der größte Teil der erwerbstätigen Bevölkerung pendelt nach Hannover und Hildesheim. Mit der Betriebsaufnahme des Kaliwerks Siegfried-Giesen im Jahr 1906 zogen auch einige ev. Familien nach Hasede; ihre Zahl erhöhte sich mit dem Zuzug von Flüchtlingen nach Ende des Zweiten Weltkriegs stark.
Kirchlich gehörte Hasede im Mittelalter zu Groß Förste. Der luth. Glaube konnte sich hier nicht langfristig etablieren. Zwar war das Amt Steuerwald von 1556 bis 1564 im Pfandbesitz des prot. Hzg. Adolf von Schleswig, der 1561 auch eine ev. Kirchenordnunge in baiden gerichten, Steurwoldt und Peine erließ.3 Aber nachdem Bf. Burchard von Hildesheim das Amt 1564 wieder eingelöst hatte, gelang ihm in den Jahren von 1575 bis 1610 Schritt für Schritt auch die Rekatholisierung des Kirchspiels Groß Förste, zu dem neben Hasede noch Klein Förste und Klein Giesen gehörten.4 Bis 1892 gehörte Hasede zum Kirchspiel Groß Förste, bevor es eine selbständige kath. Pfarrei wurde.
Die ev. Familien, die seit Beginn des 20. Jh. nach Hasede zogen, gehörten kirchlich zur Gemeinde St. Andreas in Hildesheim (Hildesheim, St. Andreas). Im Dezember 1908 feierten die Evangelischen mit P. Karl Brandt (amt. 1907–1923), Inhaber der dritten Pfarrstelle an St. Andreas, den ersten luth. Gottesdienst seit der Reformationszeit in Hasede. Bereits seit einem Jahr lud P. Brandt auch im benachbarten Harsum regelmäßig zu ev. Gottesdiensten ein. In seinen Erinnerungen schrieb P. Brandt 1934 über diese Anfangsjahre der kleinen Diasporagemeinden: „In Hasede lief ich beständig Gefahr, des Abends überfallen zu werden. Ich trug deshalb beständig einen Revolver bei mir.“5 Zunächst trafen sich die Evangelischen in Hasede in einem Privathaus, seit 1922 dann im Gasthaus „Zur scharfen Ecke“. Schon 1920 hatte sich ein Kapellenbauverein gegründet und nach einigen Schwierigkeiten beim Grundstückskauf konnte am 16. September 1928 nördlich außerhalb des Dorfes der Grundstein für eine Kapelle gelegt werden. Der Gustav-Adolf-Verein unterstützte den Bau finanziell und am 3. Februar 1929 feierte die Gemeinde den ersten Gottesdienst im neuen Kapellengebäude. Der im gleichen Jahr gegründete Kirchenchor besteht noch. Die KapG Hasede, zu der die ebenfalls überwiegend kath. Dörfer Groß Giesen und Klein Giesen sowie Groß Förste und Klein Förste zählten, gehörte zunächst weiterhin zur St. Andreasgemeinde in Hildesheim.
Der starke Zuwachs der ev. Bevölkerung nach Ende des Zweiten Weltkriegs ebnete schließlich den Weg zur Eigenständigkeit. 1947 gehörten etwa 2.000 Menschen zum Kirchspiel und im Visitationsbericht 1950 heißt es: „Die Gemeinde setzt sich fast nur aus Flüchtlingen zusammen.“6 Zum 1. November 1950 erhielt die KapG eine eigene Pfarrstelle und zum 1. Januar 1951 gründete sich die eigenständige KG Hasede.7 Der Ostgeistliche Sup. Johannes Klein (amt. 1951–1966), der die KapG seit 1947 betreute, wurde der erste Pfarrer der neuen KG. Bereits 1948 hatte die Gemeinde neben der Kirche ein kleines Pfarrhaus errichtet, 1953 kam ein Gemeindehaus hinzu, 1967 ein Pfarrhausneubau und 1982 eine Erweiterung des Gemeindehauses. Einige Gemeindeglieder der KG Hasede reisten 1954 zum gesamtdeutschen Kirchentag nach Leipzig. Aus den Kontakten zwischen den Haseder Kirchentagsteilnehmern und ihren Gastfamilien in Lindenthal bei Leipzig entwickelte sich bald eine Partnerschaft zwischen den beiden Kirchengemeinden.8 Seit 1979 existiert ein ökumenischer Seniorenkreis in Hasede und 1980 erkannte der Visitator in der Diasporasituation der Gemeinde durchaus Positives: „Eins ist sicher: einer evangelischen Kirchengemeinde tut die Nähe zu einer lebendigen katholischen Gemeinde immer gut.“9 Zum 1. Mai 2009 legte das Landeskirchenamt die beiden KG Hasede und Ahrbergen zusammen und die neue KG erhielt den Namen „Evangelisch-lutherische St.-Paulus-Kirchengemeinde Hasede in Giesen“.10
Umfang
Hasede, Groß Giesen und Klein Giesen, Groß Förste und Klein Förste.
Aufsichtsbezirk
Mit Gründung der KG zum KK Hildesheim, seit 1. Januar 1999 KK Hildesheim-Sarstedt.11
Kirchenbau
Nordwestlich-südöstlich ausgerichteter, verputzter Rechteckbau mit niedrigerem, eingezogenem Chor im Nordwesten, daneben Sakristeianbau, südöstliche Fassade mit geschwungenem Giebel, errichtet 1928/29, Architekt Friedrich Leuscher, Hildesheim. Hohe rundbogige Fenster an Längsseiten; rundbogiges Eingangsportal im Südosten, darüber drei rundbogige Fenster und Uhrziffernblatt; Satteldach, über dem Chor abgewalmtes Satteldach. Im Innern flachbogige Decke, Südostempore, rundbogige, gewölbte Altarnische. 1972 Renovierung. 1986 Innenrenovierung. 2000 neue Buntglasfenster im Kirchenschiff (Entwürfe Günter Grohs, Wernigerode).
Turm
Dachreiter mit geschwungener Turmhaube über Südostfassade, rundbogige Schallöffnungen. Turmuhr (1928, Firma Weule, Bockenem).
Ausstattung
Altar, verziert mit Kornähre und Weintraube. – Steinerne Taufe. – Radleuchter im Kirchenschiff.
Orgel
Zunächst Harmonium. 1958–60 Orgelneubau durch Herbert Kruse (Lohne, Oldenburg) 11 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen. 1962 Überarbeitung und Fertigstellung durch Schmidt & Thiemann (Hannover-Langenhagen).
Geläut
Drei Lg, I: a’ (Bronze, Gj. 1592, Steffan Getz), Patenglocke aus Massel Kr. Trebnitz in Schlesien; II: h’ (Bronze, Gj. 1928, Radler, Hildesheim); III: cis’’ (Bronze, Gj. 14./15. Jh.), Patenglocken aus Grassee, Kr. Stargard in Pommern. – Früherer Bestand: Bei Einweihung besaß die Kapelle eine Lutherglocke und eine Paulusglocke.
Weitere kirchliche Gebäude
Pfarrhaus (Bj. 1967). – Küsterhaus (Bj. 1948, ehemaliges Pfarrhaus). – Gemeindesaal (Bj. 1953, 1981/82 erweitert).
Friedhof
Im Eigentum der kath. KG.
Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)
D 24 Nr. 83, 94, 301 und 446 (Gustav-Adolf-Werk).
Kirchenbücher
Taufen: ab 1951
Trauungen: ab 1951
Begräbnisse: ab 1951
Kommunikanten: ab 1951
Konfirmationen: ab 1951
Vorher siehe Hildesheim, St. Andreas.
Literatur
A: Jürgens u. a., KD Lkr. Hildesheim, S. 105–109.
B: 1978. 20 Jahre Orgel in der St. Pauluskirche. 25 Jahre Gemeindesaal. 50 Jahre St. Pauluskirche Hasede. 70 Jahre Evangelische Gemeinde Hasede, hrsg. vom Kirchenvorstand der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde St. Paulus, Hildesheim 1978; 60 Jahre St. Paulus Kirche. 80 Jahre Evangelische Gemeinde. Wir haben eine Kirche – laßt uns Gemeinde bauen, hrsg. von Ev.-luth. Paulus-Kirchengemeinde Hasede, Hasede 1988; Chronik der Kirchengemeinde St. Andreas zu Harsum. 1911–2011, hrsg. v. der Ev.-luth. Kirchengemeinde Harsum,Harsum2011; Horst Berger und Reinhard Heinzel: 50 Jahre Kirchengemeinde-Partnerschaft Lindenthal-Hasede. 1954-2004, Giesen 2004.
GND
2097188-6, Ev.-luth. Kirchengemeinde St. Paulus Hasede.
Website der Kirchengemeinde (04.07.2018)
Fußnoten
- UB HS Hildesheim I, Nr. 239.
- UB HS Hildesheim I, Nr. 413; Bertram, Bistum Hildesheim I, S. 254 f.; ebd. III, S. 12 f. und 160.
- Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 7,2,1, S. 769 ff.
- Bertram, Bistum Hildesheim II, S. 399–405.
- Chronik, S. 38.
- LkAH, L 5h, unverz., Hasede-Giesen, Visitation 1950.
- KABl. 1950, S. 110; KABl. 1951, S. 1.
- Berger/Heinzel.
- LkAH, L 5h, unverz., Hasede-Giesen, Visitation 1980.
- KABl. 2009, S. 137 f.
- KABl. 1998, S. 211 f.