Frühere Gemeinde | KapG der KG Bülitz | Sprengel Lüneburg, KK Lüchow-Dannenberg | Patrozinium: Andreas (vor 1966)1 | KO: Lüneburger KO von 1643
Orts- und Kirchengeschichte
Das ursprüngliche Rundlingsdorf ist urkundlich zuerst im Schatzregister von 1450/51 als Gistenbeke erwähnt.2 Das Dorf gehörte seinerzeit zum Herrschaftsgebiet der Familie von Wustrow (Tidericus von Wustrow 1217 als Lehnsmann der Gf. von Lüchow genannt).3 Nachdem die Familie 1615 in männlicher Linie ausgestorben war, erwarben die Hzg. zu Braunschweig-Lüneburg die Wustrowschen Güter. Als Amt Wustrow zählte das Gebiet ab 1618 zur Herrschaft Dannenberg (die ab 1636 zum Fsm. Wolfenbüttel gehörte)4, ab 1671 zum Fsm. Lüneburg und ab 1705 zum Kfsm. Braunschweig-Lüneburg (Kurhannover). In französischer Zeit war Gistenbeck von 1810 bis 1813 Teil des Kgr. Westphalen (Kanton Bergen im Distrikt Lüneburg des Departements Niederelbe, ab 1811 im Distrikt Uelzen des Departements Aller). Danach zählte Gistenbeck, nun im Kgr. Hannover, wieder zum Amt Wustrow, das 1859 im Amt Lüchow aufging. Nach der Annexion des Kgr. Hannover fiel Gistenbeck 1866 an das Kgr. Preußen. Mit Einführung der Kreisverfassung 1885 kam das Dorf zum Kr. Lüchow, der 1932 im Lkr. Dannenberg aufging (1951: Lkr. Lüchow-Dannenberg). 1928 wurden Gistenbeck, Kussebode und dem Forstbezirk Gain zur Gemeinde Gistenbeck zusammengelegt, die 1972 nach Clenze eingemeindet wurde (Samtgemeinde Clenze, 2006 Samtgemeinde Lüchow (Wendland)). Um 1813 lebten etwa 155 Menschen in Gistenbeck, 1905 insgesamt 175 und 1987 knapp 170.
Die Fachwerkkapelle Gistenbeck ist etwa im späten 16. Jh. erbaut worden, ihren Altar schmückt jedoch ein Schnitzretabel aus vorref. Zeit. Möglicherweise stammt er aus einem älteren Vorgängerbau. Urkundlich belegt ist eine Kapelle in Gistenbeck in vorref. Zeit nicht. Auch im Lüneburger Pfründenregister von 1534 oder in den Protokollen der Visitationen 1543 und 1568 ist sie nicht erwähnt.5 Das Dorf gehört kirchlich zum Kirchspiel Bülitz, das pfarramtlich anscheinend stets mit dem Kirchspiel Zeetze verbunden war.
Aus Protest gegen die Einführung der Zivilehe 1874/75 traten in Gistenbeck mehrere Familien aus der Landeskirche aus und gründeten eine freikirchliche ev. Gemeinde. 1879 weihten sie mit der St.-Pauli Kirche ihr eigenes Gotteshaus in Gistenbeck ein (ebenfalls ein Fachwerkbau). Später schloss sich die Gemeinde der SELK an (1957: gut 30 Gemeindeglieder, 1975: 200).6
Bis in die zweite Hälfte des 20. Jh. fanden in der ev.-luth. Kapelle Gistenbeck jährlich zwei Gottesdienste statt; in den 1960er Jahren kam ein jährlicher Passionsgottesdienst hinzu.7 Ein eigener Kapellenvorstand existierte in Gistenbeck nicht. Das Kapellengebäude gehörte bis 1969 der Realgemeinde Gistenbeck und ging dann in den Besitz der KapG Gistenbeck über.8 Nach der Visitation 1969 merkte der Lüchower Propst an, Gistenbeck sei der größte Ort im Kirchspiel Bülitz-Zeetze. Er regte daher an, monatlich einen Gottesdienst in der Kapelle Gistenbeck zu halten, dieser könne „in den bisherigen Hauptkirchen Bülitz-Zeetze eingespart werden“.9 1975 war die Zahl der Gottesdienste pro Jahr auf sechs gestiegen (zwei mit Abendmahl); außerdem fanden in der Kapelle „1 Passionsgottesdienst, Bibelstunden, Missionsstunden, Lichtbilder- u. Filmabende, 1 Gemeindeabend“ statt.10
Zum 1. Januar 1982 wurde die Ev.-luth. KapG Gistenbeck aufgehoben; Rechtsnachfolgerin ist die KG Bülitz.11
Kapellenbau
Fachwerkbau mit dreiseitigem Chorschluss, ausgerichtet nach Südosten, erbaut etwa Ende des 17. Jh. Reetgedecktes Satteldach, über dem Chor unterhalb eines kleinen Giebels abgewalmt. Fachwerk mit verputzter Lehmstakung. Unregelmäßig verteilte Rechteckfenster. Rundbogenportal nach Südwesten. Im Innern flache Balkendecke; u-förmige Empore mit kurzen Seitenarmen. 1970 Sanierung.
Turm
Über dem Nordwestgiebel vierseitiger, holzverschalter Dachreiter mit achtseitigem, schiefergedecktem Pyramidenhelm. Nach Nordwesten und Südosten je zwei segmentbogige Schallöffnungen. 1885 Glockenstuhl erneuert.
Ausstattung
Blockaltar (Stipes: Ziegel, Mensa: Holz) mit geschnitztem Dreiflügelretabel (um 1400), Reste der Farbfassung erhalten, im Mittelschrein Kreuzigungsgruppe, in den beiden Flügeln in zweireihiger Anordnung je vier Apostelfiguren, u. a. Jakobus maior, Johannes der Täufer, Georg, Bartholomäus, Petrus, Simon und Andreas; Altar 1936 restauriert und ergänzt (Friedrich Buhmann, Hannover). – Erhöhte Holzkanzel, polygonaler Kanzelkorb, zentrale Stütze mit vierteiligem Fuß.
Orgel
Harmonium, 1912 gestiftet vom früheren Gistenbecker Gastwirt Nieber.
Geläut
Eine LG, f’’ (Bronze, Gj. 1949, Firma Petit & Gebrüder Edelbrock, Gescher). – Früherer Bestand: Eine LG (Bronze), im Zweiten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgegeben (1942).
Heutiges Geläut anhören: #createsoundscape
Friedhof
Kommunaler Friedhof bei der Kapelle.
Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)
S 09 rep Nr. 1081 (Presseausschnittsammlung); S 11a Nr. 7315 (Findbuch PfA).
Literatur & Links
A: Gemeindebuch KK Lüchow, S. 8–12; Behn, Wendland, S. 60–61; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 501; Jürries/Wachter, Wendland-Lexikon I, S. 236–237; Kelletat, Kirchen und Kapellen, S. 19; Manecke, Beschreibungen II, S. 157; Mithoff, Kunstdenkmale IV, S. 81; Sänger, Denkmaltopographie Lkr. Lüchow-Dannenberg, S. 74; Schmitz, Siedlungsnamen, S. 62.
B: Horst W. Rakow: 1325. Buliz – Bülitz. Bauerndorf, Schulbezirk und Kirchspiel im hannoverschen Wendland (= Beiträge zur Geschichte und zur Beschreibung des Hannoverschen Wendlandes), Schnega 2019, bes. Kapitel „Bülitz. Kirchliche Traditionen. Das Doppelkirchspiel Bülitz-Zeetze“.
Internet: Bildindex der Kunst & Architektur: Kirche und Ausstattung; Denkmalatlas Niedersachsen: Kapelle, Friedhof, Kapellenanlage.
Fußnoten
- Das Verzeichnis 1959 erwähnt kein Patrozinium, das Verzeichnis 1966 nennt Andreas. Ein mittelalterliches Patrozinium ist nicht bekannt, Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien I, S. 271.
- Grieser, Schatz- und Zinsverzeichnisse, S. 47. Zum Namen und für weitere Nachweise vgl. Schmitz, Siedlungsnamen, S. 62.
- CDB A XVI 395, Nr. 5 [Digitalisat]. Jürries/Wachter, Wendland-Lexikon II, S. 589 f. Vgl. auch Klaus Nippert: Zu Grundherrschaft und Gerichtsbarkeit der Familie von Wustrow, in: Hannoversches Wendland 13 (1992), S. 77–98.
- Jürries/Wachter, Wendland-Lexikon I, S. 209 f.
- Salfeld, Pfründenregister; Kayser, Kirchenvisitation; Lange, General-Kirchenvisitation.
- LkAH, L 5e, unverz., Bülitz, Visitationen 1957 und 1975.
- LkAH, L 5e, unverz., Bülitz, Visitationen 1939 und 1957.
- LkAH, L 5e, unverz., Bülitz, Visitationen 1963 und 1969.
- LkAH, L 5e, unverz., Bülitz, Visitation 1969.
- LkAH, L 5e, unverz., Bülitz, Visitation 1975.
- KABl. 1982, S. 16.