Sprengel Stade, KK Stade | Patrozinium: Wulphard | KO: Keine Kirchenordnung

Orts- und Kirchengeschichte

Der Flecken im Nordosten des Landes Kehdingen erscheint erstmals 1154 in Helmolds Slawenchronik. Der Bremer Ebf. Hartwig I., letzter Erbe des Stader Grafengeschlechts, ließ dort zur Rückgewinnung des Landes aus der Hand Heinrichs des Löwen eine Burg errichten, die jedoch 1167 durch den Welfen eingenommen und zerstört wurde. Freiburg blieb zunächst zwischen den Bremer Ebf. und den Welfen umstritten und fiel erst 1236 endgültig an das Erzstift. Später erhielt es Stadt- und Marktrecht. Im Westfälischen Frieden kam es unter schwedische Herrschaft und (nach dänischer Besetzung ab 1712) 1715 an Kurhannover. Es war Sitz eines hannoverschen Amts, das im Zuge der Verwaltungsreform von 1885 im Kreis Land Kehdingen aufging. Bis 1932 blieb Freiburg Verwaltungssitz.

Kirche, Ansicht von Südosten, Teilansicht, um 1948

Kirche, Ansicht von Südosten, Teilansicht, um 1948

Als Ebf. Hildebold den Bürgern von Freiburg 1271 das Weichbildrecht bestätigte, dürfte eine Kirche bereits bestanden haben. Das Kirchengebäude war zunächst nur eine Holzkirche und wurde Ende des 14. Jh. durch eine romanische Basilika ersetzt: 1390 vermachte der Stader Bürger Claus Becker dem Karkherr zu Freiburg 20 Mark für sein ewiges Gedächtnis sowie für den Bau der Kirche.1 Von den Geistlichen aus vorref. Zeit wird 1337 der (damals bereits verstorbene) Rektor Helenberg erwähnt.2 Erster luth. P. war Bortius Appius, der bereits 1542 im Amt gewesen sein soll und noch bei der Visitation von 1581/83 genannt wird.
Die in der Mitte der Ortswurt gelegene Kirche war Ende des 18. Jh. stark baufällig. Das Konsistorium forderte die Gemeinde 1789 zur Errichtung eines Neubaus auf. Es blieb jedoch vorläufig bei einer Sanierung des Bestandsbaus. Erst als zwei Sturmfluten 1825 und 1836 das Gebäude weiter in Mitleidenschaft zogen, wurde 1837/38 der heutige Bau nach Entwurf von Ernst Heinrich Blohm (Stade) errichtet.
Die ursprünglich dem heiligen Wulphard geweihte Kirche trug später den Namen „Lutherkirche“. Unter Verweis auf den Visitationsbericht von 1583 veranlasste das LKA in den 1970er Jahren die Rückbenennung in St. Wulphardi, wobei die Zuweisung des Namens unklar blieb. Vermutlich handelt es sich um eine Abwandlung des Namens Willehad (Bf. von Bremen, † 787) oder des heiligen Wilibrord, Missionar der Friesen und Dänen, † 739).
Seit dem 1. Januar 2013 ist die KG Freiburg pfarramtlich verbunden mit den KG Balje und Krummendeich. Alle drei Gemeinden sind seit Januar 2024 Teil der „Ev.-luth. Gesamtkirchengemeinde Kehdingen“.3

Umfang

Der Flecken Freiburg, die Ortschaften Allwörden, Allwördener Deich, Außendeich, Esch, Hollerdeich, Kurzenende, Laack, Neuenstäden, Schönenwörth und Wegviertel, die Landgüter Langenhof, Rutenstein und Stellenfleth (alle jetzt nach Freiburg eingemeindet). Zum Ksp. gehörte ursprünglich auch das Dorf Krummendeich, das um 1635 abgetrennt wurde.

Aufsichtsbezirk

Archidiakonat des bremischen Dompropsts. – Unter schwedischer Herrschaft (1651 Bildung des Konsistoriums in Stade) kam Freiburg zur Präpositur des Landes Kehdingen; durch Neuordnung der Aufsichtsbezirke in den Hzm. Bremen und Verden ab 1. Januar 1827 zur Insp. (1924: KK) Land Kehdingen (Suptur.-Sitz ab 1875 in Oederquart, 1905 in Drochtersen). Der KK Kehdingen wurde mit dem 1. Januar 1976 in den KK Stade eingegliedert.

Patronat

Das Recht zur Präsentation lag beim bremischen Domkantor, die Institution nahm der Bremer Dompropst vor4, letzteres auch für die Vikarie. Später hatte die Gemeinde das Patronatsrecht.

Kirchenbau
Kirche, Blick zum Altar, nach 1975

Kirche, Blick zum Altar, nach 1975

Sechsachsige klassizistische Saalkirche aus Ziegelmauerwerk (1837/38). Neuromanische Rundbogenfenster. Gliederung des Innenraums durch eine umlaufende Emporenanlage. Flache Voutendecke mit Deckenbemalung von Ebling (1914–19). 1974/75 renoviert, Wiederherstellung der Wand- und Deckenbemalung.

Turm

Oktogonaler verschieferter Dachreiter mit Spitzhelm über dem Westgiebel.

Ausstattung

Klassizistischer Kanzelaltar (1837), Abendmahlsbild in der Predella. – Hölzernes Taufbecken (1917).

Kirche, Blick zur Orgel, wohl vor 1974

Kirche, Blick zur Orgel, wohl vor 1974

Orgel

Laut Visitationsprotokoll war in Freiburg schon um 1581/83 eine (damals noch unvollendete) Orgel vorhanden.5 Die Bauzeit der heutigen Orgel ist unbekannt, möglicherweise stammt sie aus der Hamburger Scherer-Schule. 1616 wird sie erstmals in den Kirchenrechnungen erwähnt. 1619/20 führte Hans Scherer der Jüngere (Hamburg) Arbeiten an der Orgel aus. Weitere Instandsetzungen 1640/41 durch einen unbekannten Hamburger Meister, um 1676/77 durch Arp Schnitger (Glückstadt), 1767 durch J. Daniel Busch (Itzehoe), 1818/19 durch Johann Georg Wilhelmy (Stade). Beim Neubau der Kirche (1837) erhielt die bisher an der Nordseite aufgestellte Orgel einen Platz auf der Westempore und wurde durch Peter Tappe (Verden) unter Verwendung älterer Teile grundlegend umgestaltet (u. a. Kürzung des Gehäuses); 18 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen. 1899 Umrüstung auf pneumatische Traktur und Röver-Kastenladen durch Heinrich Röver (Stade). 1984–86 Neubau des Werks unter Verwendung des historisch Pfeifenmaterials durch die Firma Alfred Führer (Wilhelmshaven). 24 II/P (HW, BW), mechanische Traktur, Schleifladen. Denkmalorgel.6

Geläut

Zwei LG I: f’ (Bronze, Gj. 1751, J. A. Bieber & Sohn, Hamburg); II: g’ (Bronze, Gj. 1930, Gebrüder Radler, Hildesheim). – Eine SG in e’’ (Bronze, Gj. um 1880, unbekannter Gießer, 1981 durch die KG angekauft). – Früherer Bestand: Die älteste nachweisbare Glocke war auf das Jahr 1625 datiert. Das Geläut bestand später aus zwei LG, die beide 1751 als unbrauchbar durch J. A. Bieber & Sohn umgegossen wurden.7 1917 wurde hiervon die kleinere zu Rüstungszwecken abgegeben, die größere sowie eine SG 1942. Die große LG konnte 1947 unversehrt zurückgegeben werden.

Weitere kirchliche Gebäude

Das alte Pfarrhaus von 1817 wurde 1965 durch einen Neubau ersetzt. Küsterhaus und Gemeindesaal wurden 1969 neu errichtet. Das alte Organistenhaus (Bj. um 1670, eines der ältesten noch bestehenden Häuser in Freiburg) befindet sich nicht mehr im Eigentum der KG.

Friedhof

Vom Kirchhof wurde der Begräbnisplatz später an den Südrand des alten Ortskerns verlegt. Eigentum der KG. FKap (Bj. 1965).

Liste der Pastoren (bis 1940)
Kirche, Blick zur Orgel, nach 1975

Kirche, Blick zur Orgel, nach 1975

1542–1581/2 Bortius Appius. – 1582–1584 Nikolaus Ibach. – Um 1615 Johann Petersen. – 1617–1627 Magister Heinrich Bartels (Bartholdi). – 1627–1630 Benedix Heinern. – 1630–1654 Hermann Marsmann. – 1656–1675 Magister Lorenz Postel. – 1675–1676 Caspar Peter Hülsemann. – 1677–1690 Magister Arnold Berning. – 1690–1731 Vinzent Giesenhagen. – 1732–1744 Angelus Matthaeus Büttner. – 1744–1762 Karl Otto Marquardt. – 1763–1799 Johann Jacob Pollitz. – 1799–1840 Christian Urban Krome. – 1843–1858 Heinrich August Nikolaus Raeber. – 1859–1876 Georg Ferdinand Eduard August Nienaber. – 1876–1896 Johannes Andreas Kahrs. – 1896–1910 Hermann Heinrich Theodor Rieffenberg. – 1910–1924 Heinrich Johannes Offermann. – 1924–1927 Georg Reinhard Wilhelm Karl Fiedler. – 1927–1931 Erich Gerhard Anton Cramer. – 1931–1937 Martin Richard Ufkes Cremer. – 1937– Gerhard Karl Theodor Kurras.
Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 295

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 2 Nr. 515–528 (Pfarroffizialsachen); A 6 Nr. 2515–2521 (Pfarrbestallungsakten); A 8 Nr. 141Digitalisat(CB); A 9 Nr. 2637Digitalisat (Visitationen); B 18 Nr. 96 und 168 (Orgelsachverständiger).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1634 (Lücken: 1655–1676; unvollständig: 1735–1742)
Trauungen: ab 1634 (Lücken: 1655–1676; unvollständig: 1735–1742)
Begräbnisse: ab 1634 (Lücken: 1655–1676; unvollständig: 1735–1742)
Kommunikanten: ab 1837 (Zahlenregister: 1799–1836)
Konfirmationen: ab 1800

Literatur

A: Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 477; Albrecht, Denkmaltopographie Lkr. Stade, S. 139–141; Fock, Schnitger, S. 27; Golon/Kröncke, Orgeln, S. 55–57; Topp/Pape, Tappe, S. 49 f.
B: Hans Dittmar: 825 Jahre Flecken Freiburg/Elbe 1154–1979, [Freiburg/Elbe 1983].


Fußnoten

  1. Poppe, Kehdingen, S. 93.
  2. Regesten Ebf. Bremen II,2, Nr. 596; UB St. Georg Stade, Nr. 106.
  3. KABl. [in Vorbereitung].
  4. Hodenberg, Stader Copiar, S. 22 f.
  5. Poppe, Kehdingen, S. 109.
  6. KABl. 1952, S. 160; LkAH, B 1 A, Nr. 4587 (Verzeichnis der Denkmalsorgeln der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers, Stand 01.10.1958).
  7. LkAH, A 2, Nr. 528/1.