Sprengel Lüneburg, KK Uelzen | Patrozinium: Mauritius | KO: Lüneburger KO von 1643

Orts- und Kirchengeschichte

Altenmedingen war Stammsitz der dort von alters her begüterten welfischen Ministerialenfamilie von Medingen und erscheint erstmals 1162 mit dem Personennamen Otto de Medinge in der Zeugenliste einer Urkunde Heinrichs des Löwen für das Ratzeburger Domkapitel.1

Kirche, Ansicht von Südwesten

Kirche, Ansicht von Südwesten

Die 1200 urkundlich erwähnte Kirche am westlichen Ortsrand war offensichtlich Eigenkirche des adeligen Hofs. Ihr wehrhafter Charakter deutet darauf hin, dass sie zugleich als Zufluchtsstätte diente. 1237 gründeten Zisterzienserinnen aus Wolmirstedt bei Magdeburg in dem nordöstlich von Altenmedingen gelegenen Bohndorf ein neues Kloster, dessen Konvent nach der Ermordung des Klosterpropstes 1241 nach Altenmedingen verlegt wurde, wo die Herren von Medingen den Nonnen eine wüste Hofstelle und die baulich veränderte Kirche einräumten. Erst mit dem Umzug des Klosters wurden auch die Voraussetzungen für die Bildung einer selbständigen Pfarre geschaffen, die mit dem Kloster unmittelbar der bischöflichen Aufsicht unterworfen war. Ein Konflikt zwischen dem Pfarrherrn von Thomasburg und dem Kloster wegen der parochialen Zugehörigkeit von Bohndorf wurde 1330 durch Bf. Nikolaus von Verden dahingehend geschlichtet, dass Bohndorf gegen eine Entschädigung mit Gütern in Reinstorf dem Kloster überwiesen wurde.2 1336 verlegte der Konvent das Kloster nach Tzellensen (Kloster Medingen). Als erster Geistlicher in Altenmedingen erscheint 1316 der rector parrochialis ecclesie in Medinghe Fredericus3, vielleicht derselbe, der auch 1355 das Testament des Klosterpropsts Ludolf bezeugte.4 1387 war Johann Dobeler rector ecclesiae.
Das Kloster wurde gegen Ende des 15. Jh. noch einmal reformiert. Erst 1494 wurde das Amt der Äbtissin geschaffen und die bisherige Priorin Margarete Puffen zur ersten Amtsinhaberin gewählt. Ernst der Bekenner bemühte sich als Landesherr ab 1527 um die Durchsetzung des luth. Bekenntnisses. Er ließ, nachdem sich Äbtissin und Konvent der neuen Lehre verweigerten, den Klosterpropst absetzen und die Propsteigüter einziehen (1529) sowie Teile der Klosteranlage abbrechen (1536). Erst 1554 stimmte der Konvent der Austeilung des Abendmahls in beiderlei Gestalt zu. Damit war auch die Pfarrgemeinde endgültig dem luth. Bekenntnis zugeführt. Als erster luth. Geistlicher gilt jedoch bereits der 1534 im Lüneburger Pfründenregister genannte P. Jürgen Horstmann.5
Mit dem 1. November 1998 wurden die KG Altenmedingen und Römstedt pfarramtlich verbunden.6 Mit dem 1. Februar 2010 wurde die pfarramtliche Verbindung wieder aufgehoben und in beiden KG eine Pfarrstelle mit eingeschränktem Dienst (Hälfte eines vollen Dienstes) errichtet.7

Umfang

Die Dörfer Altenmedingen, Bostelwiebeck, Eddelstorf, Haaßel und Vorwerk, das Forsthaus Reisenmoor sowie die Dörfer Bohndorf und Wiebeck. Zum 1. April 1900 wurden die luth. Einwohner der Ortschaften Bohndorf (KG Altenmedingen) und Aljarn (KG Dahlenburg) zu einer KapG Bohndorf vereinigt, blieben jedoch zunächst jeweils Mitglied ihrer bisherigen KG.8 Zum 1. Juli 1909 wurde Aljarn aus der KG Dahlenburg in die KG Altenmedingen umgepfarrt.9 Zum 1. Januar 2008 wurde die KapG Bohndorf aufgehoben.10

Aufsichtsbezirk

Archidiakonat Bevensen der Diözese Verden. – Nach der Reformation (vor 1559) zur neu errichteten Insp. (Propstei) Uelzen, 1743 zur Insp. Ebstorf. Bei der Teilung der Insp. Ebstorf 1862 zur neu errichteten Insp. (1924: KK) Bevensen, ab 1. Oktober 1947 KK Bevensen-Ebstorf/Bevensen. Nach dessen Aufhebung seit 1. August 1975 zum KK Uelzen.

Patronat

Der Landesherr (bis 1871).

Kirchenbau

Der ältere Westteil war ursprünglich ein einschiffiger, rechteckiger Saalbau aus Feldsteinmauerwerk, vielleicht noch aus dem 12. Jh. Wohl im 14. Jh. wurde der im Osten gelegene breitere und höhere kreuzgewölbte, polygonale (7/12-Schluss) Nonnenchor in Ziegelbauweise angefügt. 1733 wurde das mittelalterliche KGb auf Kosten der Gemeinde gründlich renoviert.11 Das Gewölbe wurde 1826 unter Erniedrigung der Chorwände durch eine flache Balkendecke ersetzt. 1887 Anbau einer Sakristei an den Chor im Osten. 1977 Renovierung der Kirche.

Turm

Ein neuer quadratischer Westturm ersetzte 1869 den bisherigen Rundturm aus Feldsteinmauern und Fachwerk. Ins Achteck überführter, kupferverkleideter Helm mit kleinen Seitengiebeln.

Kirche, Blick zum Altar

Kirche, Blick zum Altar

Ausstattung

Altarunterbau aus verputztem Ziegelmauerwerk. Sandsteinmensa. Darauf ein dreiteiliger Reihenschnitzaltar. Die Lewin Storch zugeschriebenen Figuren im Schrein wohl Ende 14. Jh. (in der Mitte die Klosterheiligen Mauritius und Maria zwischen den Aposteln Petrus und Paulus und zwei weiteren Heiligen; in den Flügeln je drei Heilige, darunter der Evangelist Johannes und Jakobus der Ältere, die übrigen nicht eindeutig zu identifizieren12; die Figuren nicht in ursprünglicher Aufstellung13). Kreuzigungsgruppe im Aufsatz um 1520, wohl aus dem Umkreis von Hendrik Stavoer. Der Schrein wurde um 1885 neugotisch erneuert und zuletzt 2003 restauriert. – Neugotische Kanzel mit den vier Evangelisten in den Brüstungsfüllungen. – Zweiteilige Sandsteintaufe mit einem Deckel aus Eichenholz, farbig gefasst (Ende 19. Jh.). – Renaissance-Epitaph aus Sandstein mit Abendmahlsbild, von Meister Markus Richter (1656). – Epitaph mit dem Gekreuzigten und der Auferstehung (Epitaph Albermann), gefertigt ebenfalls durch Markus Richter (1656), gestiftet durch den Juraten Lütke Robben und Catarina Albermann.

Kirche, Blick zur Orgel, 1953

Kirche, Blick zur Orgel, 1953

Orgel

Nach dem CB von 1734 war eine Orgel noch nicht vorhanden.14 1891 Neubau durch Ernst Röver. 1931 Umbau durch P. Furtwängler & Hammer (Hannover), 14 II/P, pneumatische Traktur, Kastenladen. 1965 Neubau durch Firma Ludwig Hoffmann (Betheln), 13 (14) II/P (HW, BW), mechanische Traktur, Schleifladen. 1995 Renovierung und Vervollständigung auf 14 Reg. durch Firma Alfred Führer (Wilhelmshaven).

Geläut

Zwei LG, I: a’ (Bronze, Ende 13./Anfang 14. Jh.15); II: fis’’ (Bronze, Gj. 1716, Johann Christian Ziegner, (Lüneburg). – Zwei SG im Dachreiter, I: f’’ (Bronze, Gj. 1901, wohl Firma Weule); II: a’’ (Bronze, Gj. 1910, wohl Firma Weule).

Weitere kirchliche Gebäude

Das frühere Fachwerk-Gemeindehaus (Bj. 1836) wurde 2003 abgetragen und durch einen Neubau ersetzt (2004).

Friedhof

Wohl erst mit dem Kloster in der ersten Hälfte des 14. Jh. angelegt. Bis 1906 fanden Bestattungen bei der Kirche statt. 1968 wurde der Friedhof dort aufgelassen. Heutige Lage am nordwestlichen Ortsrand (Lindenstraße), angelegt 1906, erweitert 1930 und 2006. FKap (Bj. 1905/06, Architekt: Eduard Wendebourg, Hannover; 1966/76 Um- und Anbauten). In Trägerschaft der KG. – Ein weiterer kirchlicher Friedhof befindet sich zwischen Bohndorf und Aljarn (Bohndorf).

Liste der Pastoren (bis 1940)

1534 Jürgen Horstmann. – 1543–1559 Conrad Wahrendorf. – Um 1573 Kord Hesse. – 1574–1602 Joachim Wietzendorf. – 1602–1630 Michael Heldberg. – 1630–1646 Barthold Jülicher (Gülicher). – 1646–1662 Friedrich Siebrecht. – 1663–1685 Reineccius (?).– 1686–1713 Christoph Starke (Robus, Robußius). – 1713–1721 Johann Ludolph Lyßmann. – 1722–1726 Heinrich Christoph Schlotte. – 1726–1731 Paul Christoph Busche (Büsch). – 1731–1746 Jacob Ritter. – 1746–1767 Johann Georg Meyer. – 1767–1779 Leonhard Bernhard Georg Hartmann. – 1779–1799 August Rudow. – 1799–1803 Johann Konrad Kahle. – 1803–1819 Benjamin Christoph Strecker. – 1820–1822 Johann Wilhelm Meyer. – 1823–1845 Johann Karl Konrad Boetticher. – 1845–1877 Ernst Arnold Elster. – 1878–1886 Johann Hermann Heinrich Meyer. – 1886–1906 Erich Johannes Friedrich Cornelius Weniger. – 1906–1932 Erich Wilhelm August Reinecke. – 1933–1945 Johannes Friedrich Gustav Gottschalk.

Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 20

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 232–245 (Pfarroffizialsachen); A 6 Nr. 194–202 (Pfarrbestallungsakten); A 8 Nr. 11Digitalisat (CB); A 9 Nr. 45Digitalisat, 46Digitalisat, 47Digitalisat (Visitationen); D 39 (EphA Bevensen-Ebstorf).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1713
Trauungen: ab 1714
Begräbnisse: ab 1713
Kommunikanten: ab 1780 (Lücken: ca. 1810–1827)
Konfirmationen: ab 1747 (Lücken: 1748, 1751, 1753, 1773)

Literatur

A: Brüning/Harnack/Weber, Friedhöfe, S. 25–28; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 128 f.; Funke/Fricke, Pastoren KK Uelzen, S. 23–32; Lucka, Denkmaltopographie Lkr. Uelzen, S. 93; Mithoff, Kirchen und Kapellen Lüneburg, S. 364 f.
B: Thorsten Henke: Das Zisterzienserkloster Medingen und die mittelalterliche Kirchenausstattung in Wichmannsburg und Altenmedingen, in: Hedwig Röckelein (Hg.): Frauenstifte – Frauenklöster und ihre Pfarreien, [Essen 2009], S. 235–256; Joachim Homeyer, Karin Gieschen (Bearb.): Urkundenbuch des Klosters Medingen, Hannover 2006.


Fußnoten

  1. MGH DD HdL 52 [Digitalisat].
  2. Lüneburger UB X, Medingen, Nr. 156.
  3. Lüneburger UB VII, St. Michaelis, Nr. 242.
  4. Lüneburger UB X, Medingen, Nr. 310.
  5. Salfeld, Pfründenregister, S. 94.
  6. KABl. 1998, S. 170.
  7. KABl. 2010, S. 53 f.
  8. KABl. 1900, S. 8.
  9. KABl. 1909, S. 101.
  10. KABl. 2007, S. 247 f.
  11. LkAH, A 8/Altemedingen (Corpus bonorum 1734).
  12. Henke, S. 253.
  13. Schäffer, Schnitzaltäre, S. 15–17.
  14. LkAH, A 8/Altenmedingen.
  15. LKA, G 9 B/Altenmedingen II.