Frühere Gemeinde | KapG der KG Wettmar | Sprengel Hannover, KK Burgwedel-Langenhagen | KO: Lüneburger KO von 1643
Orts- und Kirchengeschichte
Urkundlich ist der Ort erstmals mit Volcmarus de Tonce belegt, der sich 1333 in das Bürgerbuch der Stadt Hannover eintrug.1 Das Dorf gehörte anscheinend zur 1324 erwähnten gravescap over dem More (auch Gft. Burgwedel). Das Gebiet befand sich seinerzeit im Pfandbesitz des Bistums Hildesheim, Hzg. Otto II. zu Braunschweig-Lüneburg († 1330) konnte die Pfandschaft jedoch ablösen und das Gebiet zurückkaufen.2 Aus der Grafschaft entstand die Amtsvogtei Burgwedel in der Großvogtei Celle des welfischen Teilfsm. Lüneburg (1705: Kfsm. Braunschweig-Lüneburg bzw. Kurhannover).3 Nachweislich im 15. bis 17. Jh. lag die Niedergerichtsbarkeit beim Dorf selbst (Freiengericht, letzter nachweisbarer Gerichtstag 1661).4 In französischer Zeit gehörte Thönse von 1810 bis 1813/14 zum Kgr. Westphalen (Kanton Burgwedel, Distrikt Celle, Departement der Aller). Danach zählte das Dorf, nun im Kgr. Hannover, wieder zur Amtsvogtei Burgwedel, die 1852 in ein Amt umgewandelt wurde. Mit der Annexion des Kgr. Hannover fiel Thönse 1866 an das Kgr. Preußen und seit Einführung der Kreisverfassung 1885 zählte das Dorf zum Kr. Burgdorf, der 1974 weitgehend im Lkr. Hannover aufging (2001: Region Hannover). 1974 wurde Thönse nach Burgwedel eingemeindet (2003: Stadt Burgwedel). Um 1810 lebten rund 280 Menschen in Thönse, 1912 knapp 330, 1939 fast 355, 1950 etwa 745 und 2020 gut 1.495.
Kirchlich gehörte Thönse ursprünglich zum großen Kirchspiel Burgdorf. Im Jahr 1307 sollen sich die drei Dörfer Engensen, Thönse und Wettmar von der Parochie Burgdorf getrennt und zum eigenständigen Kirchspiel Wettmar zusammengeschlossen haben. Zeitgenössische Belege darüber haben sich nicht erhalten; die Information stammt aus der 1624 verfassten Kirchenchronik des Burgdorfer Sup. Georg Fatschild (amt. 1618–1643), der sie als Anmerkung „in einem alten papistischen Misselbuch“ gefunden hatte.5
Eine eigene Kapelle erhielt Thönse anscheinend erst in nachref. Zeit. Es handelte sich vermutlich um einen schlichten Fachwerkbau, der etwa am gleichen Ort stand, wie die heutige Kapelle. Schriftlich belegt ist sie erstmals 1667.6 Im 1669 zusammengestellten Thönser Hausbuch ist vermerkt, im Dorf stehe „eine kleine Capelle, worinnen aber nicht gepredigt würde“.7 Das Protokoll der Visitation 1668 hingegen spricht von jährlich zwei Gottesdiensten, sowohl in der Kapelle Thönse als auch in der Kapelle Engensen („worin des Jhars 2 mahl wird gepredigt“).8 Ähnlich notierte der Wettmarer P. Johann Andreas August Knoch (amt. 1777–1790) im Corpus bonorum von 1786, die beiden Kapellen würden „nur zum jährlichen zweÿmaligen Gottesdienst gebrauchet“.9
Im Jahr 1788 sind Bauarbeiten an der Kapelle nachweisbar; die Gemeinde errichtete das Gebäude entweder neu oder setzte es grundlegend instand.10 Die beiden jährlichen Gottesdienste fanden um Ostern und um Michaelis statt. Ende des 19. Jh. war die Kapelle baufällig und 1897 verkaufte die Gemeinde das Gebäude auf Abbruch. Zum halbjährlichen Gottesdienst versammelte sich die Thönser Gemeinde fortan im Schulzimmer.11
In der zweiten Hälfte des 20. Jh. erhielt die Gemeinde schließlich eine neue Kapelle: Kommune und Kirchengemeinde errichteten den Bau gemeinsam, da er gleichzeitig als FKap für den 1949 angelegten kommunalen Friedhof dienen sollte. Die Kommune übernahm den Außenbau, die Kirchengemeinde die Innenausstattung; die Bauunterhaltung ist in gleicher Weise geteilt.12
Im Jahr 1992 stellte der Kirchenvorstand Wettmar fest, dass „die Kapellenvorstände der Kapellengemeinden Engensen und Thönse schon seit Jahren nicht mehr gebildet wurden und lediglich formal existieren“. Auch bestehe „kein Anlaß, die Vorstände neu zu bilden“.13 Dementsprechend beschloss der KV die Aufhebung der beiden Kapellengemeinden, die das LKA Hannover rückwirkend zum 1. Januar 1992 umsetzte.14 Rechtsnachfolgerin ist die KG Wettmar.
Kapellenbau
Die Bauunterhaltung der Kapelle liegt bei der Kommune, die KG unterhält die Innenausstattung.15 Schlichter, rechteckiger Ziegelbau, ausgerichtet nach Nordnordosten, erbaut 1960 (Baumeister Depke, Elze). Satteldach. An den Längsseiten je fünf segmentbogige Fenster, nach Nordnordosten ein Kreisfenster; segmentbogiges Portal nach Südsüdwesten, darüber drei kleine Segmentbogenfenster. Im Innern holzverschalte Segmentbogentonne im Schiff und im eingezogenen, niedrigeren Chorraum; Westempore.
Fenster
Figürliches Buntglasfenster mit Kreuzigungsgruppe.
Turm
Über dem Südsüdwestgiebel vierseitiger Dachreiter mit Satteldach, bekrönt mit Kreuz. Nach Südsüdwesten zwei segmentbogige Schallfenster, darüber Uhrziffernblatt; weitere Uhrziffernblätter an den übrigen Seiten des Dachreiters.
Vorgängerbau
Vermutlich einfacher Fachwerkbau etwa am Standort des heutigen KapGb, errichtet oder erneuert 1788. 1893 Westwand herausgefallen. 1897 auf Abbruch verkauft.
Ausstattung
Schlichter Blockaltar. – Niedrige Holzkanzel. – Hölzerner Taufständer. – Holzkreuz am Triumphbogen.
Orgel
Kleinorgel, erbaut 1963 von Hermann Hillebrand (Altwarmbüchen), 5 I/aP, mechanische Traktur, Schleifladen. 1974 von Franz Rietzsch (Altwarmbüchen) um Subbaß 16ʼ erweitert auf 6 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen.
Geläut
Zwei LG, I: eʼʼ (Bronze, Gj. 1960, Friedrich Wilhelm Schilling, Heidelberg); II: gʼʼ (Bronze, Gj. 1960, Friedrich Wilhelm Schilling, Heidelberg). – Früherer Bestand: Bet- und Schulglocke (Bronze) im Ersten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgegeben (1917). Neue Bet- und Schulglocke (Bronze, Gj. 1930).16
Friedhof
Kommunaler Friedhof am östlichen Ortsrand, angelegt 1949.
Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)
D 33 (EphA Burgwedel); S 11a Nr. 7664 (Findbuch PfA).
Literatur
A: Krumm, Denkmaltopographie Region Hannover, S. 188–190; Ohainski/Udolph, Ortsnamen Hannover, S. 437–438.
B: 150 Jahre St. Marcus, hrsg. von der Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Marcus, [Wettmar 2005], bes. S. 27–29; Christian Heppner: Burgwedel. Die Geschichte der sieben Dörfer. Engensen, Fuhrberg, Großburgwedel, Kleinburgwedel, Oldhorst, Thönse, Wettmar, Burgwedel 1999; Reinhold Klamp: Sankt Markus Wettmar. Dokumente über die Pfarre und das Leben in der Parochie, Burgwedel 1989; Manfred Obst: Wettmar. Geschichte und Geschichten aus mehr als 1000 Jahren, Wettmar 1996; Ernst Thiedau: Aus der Geschichte des Freiengerichtsdorfes Thönse, zusammengetragen vornehmlich aus Urkunden, 2 Bde., Hannover 1959; Lothar Urban: 700 Jahre Kirchspiel St. Marcus. Wettmar, Engensen, Thönse. Festschrift, Wettmar 2007, bes. S. 34.
Fußnoten
- Leonhardt, Bürgerbuch, S. 21. Für weitere Belege und zum Namen vgl. Ohainski/Udolph, Ortsnamen Hannover, S. 437 f. Siehe auch Thiedau, Bd. I, S. 28.
- Sudendorf, UB I, Nr. 395. Heppner, S. 33 f.
- Krieg, Amtsbezirke Fsm. Lüneburg, S. 29 f.
- Heppner, S. 45 ff. und S. 65 ff.; Bardehle, Erbregister Burgwedel, S. 30 f.; Thiedau, Bd. II, S. 245 ff.
- Zit. bei Heppner, S. 40. Vgl. auch Hosmann, Regenten-Sahl, S. 640 f. [Digitalisat]: Engensen, Thönse und Wettmar hätten „Anno 1307, am S. Cathrinen-Tage 50 libras monetae Hildesheimensis zum freyen Abtritt gegeben, eine eigene Kirche und Parochiam in Wetmar errichtet und ihrer Kirche S. Magnum zum Patron erwehlet“.
- Heppner, S. 90 f.
- Bardehle, Erbregister Burgwedel, S. 276 (das Hausbuch ist Teil des Erbregisters der Vogtei Burgwedel); Thiedau, Bd. II, S. 202.
- Obst, S. 63.
- LkAH, A 8, Nr. 471 [Digitalisat, Abbildung 18].
- Heppner, S. 102.
- Heppner, S. 252.
- 150 Jahre, S. 27 ff.; Urban, S. 34.
- LkAH, B 2 G 1/Engensen, Bl. 3 (KV-Beschluss des KV Wettmar, 04.06.1992).
- KABl. 1993, S. 13.
- Urban, S. 34.
- Heppner, S. 319.