Frühere Gemeinde | KapG der KG Meppen, Sprengel Ostfriesland-Ems, KK Emsland-Bentheim | Patrozinium: Trinitatis | KO: Keine Kirchenordnung

Orts- und Kirchengeschichte

Das Dorf Rütenbrock wurde 1788 als Moorkolonie mit 36 Siedlungsplätzen angelegt.1 Die neue Siedlung gehörte zum Amt Meppen (bzw. Emsland) des Hochstifts Münster. Nach den Bestimmungen des Reichsdeputationshauptschlusses fiel die Landesherrschaft über das Amt Meppen 1803 an den Hzg. von Arenberg-Meppen. Im Jahr 1810 annektierte Frankreich das Hzm. Arenberg-Meppen und bis 1813 gehörte Rütenbrock zum Kanton Wesuwe im Arrondissement Neuenhaus des Département Lippe im Kaiserreich Frankreich. 1815 fiel das Emsland an das Kgr. Hannover, der Hzg. von Arenberg-Meppen behielt jedoch zahlreiche Rechte (Standesherrschaft, aufgehoben 1875). Seit 1827 zählte Rütenbrock zum Mediatamt Meppen des 1826 innerhalb des Kgr. Hannover neugeschaffenen Hzm. Arenberg-Meppen. Mit der Annexion des Kgr. Hannover fiel Rütenbrock 1866 an das Kgr. Preußen. Bei Einführung der Kreisverfassung 1885 kam der Ort zum Kr. Meppen (1977 Lkr. Emsland). 1974 wurde Rütenbrock in die Stadt Haren eingemeindet. Unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkrieges musste Rütenbrock für etwa ein Jahr geräumt werden.2 Im Jahr 1823 lebten knapp 410 Menschen in Rütenbrock, 2009 etwa 2.000.

Kapelle, Außenansicht, vor 1953

Kapelle, Außenansicht, vor 1953

Am 21. September 1878 hielt der Meppener Sup. Wilhelm Grashoff (amt. 1858–1903) einen ersten ev.-luth. Gottesdienst in Rütenbrock, in einer „Bretterbude eines Bauunternehmens“.3 Neben den hannoverschen Zoll- und Grenzbeamten lebten seinerzeit in Rütenbrock und Umgebung zahlreiche auswärtige Arbeiter, die beim Bau des Kanals Haren–Rütenbrock–Barnflair beschäftigt waren. Im Gegensatz zur überwiegend kath. einheimischen Bevölkerung, waren sie mehrheitlich evangelisch. Nach Fertigstellung des Kanals Anfang der 1880er Jahre bestand die ev. Gemeinde nur noch aus den Grenzbeamten und ihren Familien.
Die Gemeinde in Rütenbrock war 1901 „nirgends eingepfarrt, hat keine Korporationsrechte, sondern ist nur der ev. Kirche zu Meppen ‚zugewiesen‘“4. Sup. Grashof hatte bisher jedes Jahr zwei Gottesdienste gehalten (in einer Wohnung) und die Amtshandlungen übernommen. Im Februar 1901 richtete das Konsistorium Hannover eine ständige Pfarrkollaboratur in Papenburg ein; der Kollaborator war zuständig für die „in den Kreisen Meppen-Hümmling und Aschendorf wohnenden, einer Parochie bis jetzt nicht angeschlossenen, Lutheraner“, also auch für jene in Rütenbrock.5 Seither fanden in Rütenbrock jährlich sechs Gottesdienste statt.6
Anfang 1902 kaufte der KV Meppen ein kleines Grundstück in Rütenbrock und im Herbst erhielt sie vom Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten die Erlaubnis zum Bau einer Kapelle. Der Grundstein war bereits am 22. August 1902 gelegt worden und am 2. Februar 1903 konnte die Gemeinde ihre neue Kapelle einweihen.7 Gut zwei Jahrzehnte später, zum 1. November 1923, errichtete das Konsistorium die KapG Rütenbrock, zu der auch die umliegenden Dörfer gehörten.8 am 9. November 1924 wählte die Gemeinde ihren ersten Kapellenvorstand, er setzte sich aus einer Frau und zwei Männern zusammen; 46 Gemeindeglieder waren wahlberechtigt.9 Seit Januar 1925 war die KapG Rütenbrock Eigentümerin der Kapelle.10 In den 1930er Jahren versammelte sich die Gemeinde etwa einmal im Monat zu einem Gottesdienst, wobei die Zahl der Gottesdienstbesucher*innen rückläufig war.11
In den Unterlagen zur Visitation 1942 schrieb der Meppener Sup. Wilhelm Funke (amt. 1931–1952), in Rütenbrock hätten in den Wintern 1940/41 und 1941/42 keine Gottesdienste stattgefunden. Ein Kapellenvorstand – zuletzt neu gewählt im Sommer 1933 – sei nicht mehr vorhanden. Der Gottesdienstbesuch sei gering, „vor dem Kriege längere Zeit nur einige Holländer von jenseits der Grenze“. Die Familien der Zollbeamten kämen „von verschwindenden gelegentlichen Ausnahmen abgesehen nicht mehr zum Gottesdienst, die Männer nie“.12 Amtshandlungen seien allerdings weiterhin gefragt, „viele Taufen, aber im Hause“.
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs stieg die Zahl der Gemeindeglieder in der KG Meppen stark an. Die KapG Rütenbrock konstituierte sich weder neu noch hob das LKA sie förmlich auf. Das ehemalige Gemeindegebiet gehörte seit 1950 zur neuen KapG Haren (seit 1960 KG).13 1953 ließ die Gemeinde das Kapellengebäude in Rütenbrock umbauen und erweitern (Einweihung: 27. September 1953). 1961 hielten sich die ev. Gemeindeglieder aus Altenberge, Lindloh, Rütenbrock, Rütenmoor und Schwartenberg zur Kapelle Rütenbrock. Wohl zwischen 1952 und 1973 erhielt die Kapelle den Namen „Trinitatiskapelle“.14

Umfang

Rütenbrock sowie Altharen (teilweise), Fehndorf, Hebelermeer, Lindloh und Schwartenberg.

Kapellenbau
Kapelle, Außenansicht, um 1954

Kapelle, Außenansicht, um 1954

Rechteckbau mit eingezogenem Rechteckchor, Chor flankiert von zwei niedrigen Anbauten, Kapelle ausgerichtet nach Südwesten, erbaut 1902/03, erweitert und umgebaut 1953. Satteldach. Ziegelmauerwerk. An den Längsseiten segmentbogige und rechteckige Fenster, am Chor im oberen Wandbereich je ein dreiteiliges Segmentbogenfenster nach Nordwesten und Südosten. Rundbogiger Haupteingang nach Südwesten, darüber Rosettenfenster, drei Nebeneingänge. Im Innern flache Decke, Empore im Nordosten, im Nordostteil des Schiffs links und rechts Nebenräume, im Südwestteil niedrige Seitenschiffe. 1922/23 Instandsetzung. 1927 Renovierung. 1953 Kapelle erhöht, beidseitig verbreitert und nach Südwesten verlängert (ursprünglich Rechteckbau mit dreiseitigem Chorschluss, Innenraum etwa 9 Meter lang und 5,5 Meter breit, an den Längsseiten je zwei Rundbogenfenster; nach Umbau etwa Innenraum etwa 18,75 Meter lang und 10,5 Meter breit).15 1987/88 Sanierung (u. a. offener Eingangsbereich an der Nordostseite geschlossen).

Turm

Über dem Südwestgiebel offener, vierseitiger Dachreiter mit Zeltdach, bekrönt mit Kreuz. 1996 neu errichtet.

Kapelle, Außenansicht, 1980

Kapelle, Außenansicht, 1980

Ausstattung

Tischaltar aus drei Steinblöcken. – Holzkreuz an der Altarwand (1987/88). – Leicht erhöhte Kanzel mit Holzbrüstung. – Dreibeiniger, hölzerner Taufständer. – Ehemalige Ausstattung: Zwei Apostelfiguren (Anton, B. Stitz, Hannover), Petrus und Johannes, seit 1945 nicht mehr auffindbar.16

Orgel

1903 Harmonium gestiftet. 1997 ersetzt durch eine elektronische Orgel.17

Geläut

Eine LG, as’’ (Bronze, Gj. 1902, Franz Schilling, Apolda), Inschrift: „Soli Deo Gloria“ (Allein Gott die Ehre).

Literatur & Links

A: Weichsler, Hdb. Sprengel Osnabrück, S. 82–83.

B: Festschrift 75 Jahre Trinitatiskapelle Rütenbrock. 1903–1978, hrsg. vom Kirchenvorstand der evgl.-luth. St. Johannisgemeinde Haren/Ems, Meppen 1978; Wilhelm Funke: Die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Meppen. 15.11.1931–15.6.1952, Meppen, 1961 [Typoskript]; Heinz Menke: Die Entstehung der Moorkolonie Rütenbrock, in: Emsländische und Bentheimer Familienforschung 20 (2009), S. 5–14; Hermann Gröninger: Rütenbrock und die umliegenden Moorkolonien, Lindloh 1910 (ND Lingen 1977); Helmut Pahlke: Entlang des Weges zur Trinitatis-Kapelle in Rütenbrock (= Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Haren/Ems 1), Haren 1998.

Internet: Denkmalatlas Niedersachsen: Trinitatiskapelle.

GND

4786284-1, Trinitatis-Kapelle Rütenbrock


Fußnoten

  1. Gröninger, S. 8 ff.; Menke, S. 10 ff.
  2. Funke, Meppen, S. 4: „Unmittelbar nach dem Kriege mußte ein ca 2 km breiter Streifen auf beiden Seiten der deutsch-holländischen Grenze geräumt werden. […] In diesen Streifen fiel wir Rütenbrock – auch Schönigsdorf. Die Räumung dauerte etwa 1 Jahr.“
  3. Zit. in Festschrift, S. 6. Zum Folgenden vgl. ebd. und Pahlke, S. 28 ff.
  4. Zit. in Festschrift, S. 7; zit. bei Pahlke, S. 34.
  5. KABl. 1901, S. 12.
  6. Festschrift, S. 7.
  7. Pahlke, S. 49 ff.
  8. KABl. 1923, S. 139 f.
  9. Pahlke, S. 75.
  10. Festschrift, S. 12; Pahlke, S. 76 f.
  11. Pahlke, S. 85.
  12. Dies und das folgende Zitat: LkAH, L 5f, Nr. 54 (Visitation 1942).
  13. KABl. 1950, S. 94.
  14. In den Akten des LKA Hannover ist der bislang früheste Beleg das Glockengutachten von 1973 (LKA, G 9 B/Haren Bd. I).
  15. Grund- und Aufrisse bei Pahlke, S. 40 f. (1903) und S. 116 ff. (1953 bzw. 1987, bei den Aufrissen Angaben „Osten“ und „Westen“ verwechselt); Foto der alten Kapelle ebd., S. 66.
  16. Pahlke, S. 59.
  17. Pahlke, S. 137.