Sprengel Stade, KK Rotenburg | Patrozinium: Antonius | KO: Keine Kirchenordnung

Orts- und Kirchengeschichte

Fintel wird als Ort 1105 erstmals urkundlich erwähnt. Wohl im späten 14. oder frühen 15. Jh. ließ ein Verdener Bf. dort eine dem heiligen Antonius geweihte Kapelle errichten (1426 bezeugt) und geriet damit in Gegensatz zum Antoniterorden, dem durch päpstliches Privileg das alleinige Recht auf den Bau von Antoniuskapellen und das Sammeln von Almosen zugestanden war. Offenbar gelang es den Ordensbrüdern, diesen Anspruch wenigstens teilweise durchzusetzen, denn in einem Vertrag von 1443 vereinbarten Bf. Johannes von Asel und der Antoniusbote Johannes aus Grünberg eine neue Verteilung der in der Finteler Antoniuskapelle gesammelten Almosen. Vermutlich war das Wasser einer als wundertätig geltenden Quelle Anlass für eine Wallfahrt nach Fintel. Ende des 15. Jh. übernahmen Antoniter die Krankenpflege am Ort und begannen mit der Anlage einer dauerhaften, mit einem kleinen Hospital verbundenen Niederlassung. In der Regierungszeit des Verdener Bf. Bartold von Landesbergen (1470–1502) entstand eine Klosterkirche.

Fintel, Kirche, Ansicht von Westen

Kirche, Ansicht von Westen, 2020, Foto: Wolfram Kändler, CC BY-SA 3.0 de

1527 löste Lgf. Philipp von Hessen im Zuge der Reformation das Antoniter-Mutterhaus in Grünberg auf, woraufhin auch die Niederlassung in Fintel aufgegeben wurde. Der genaue Zeitpunkt ist unbekannt. Der Überlieferung nach sollen die bereits errichteten Gebäude auf Veranlassung des Landdrosten der Gft. Diepholz, Anton von Weyhe, 1548 abgebrochen worden sein. Nach neueren Erkenntnissen wurden sie – ebenso wie die zunächst noch erhaltene Klosterkirche – vielleicht auch erst im Dreißigjährigen Krieg (zwischen 1525 und 1532) zerstört.
1443 war Fintel dem Ksp. Schneverdingen zugehörig. Ob es nachher (eventuell noch bis Anfang des 16. Jh.) eine eigene Parochie bildete, ist ungewiss. Später war es jedenfalls wieder nach Schneverdingen eingepfarrt. 1649 wurde eine Fachwerkkapelle mit freistehendem Glockenstuhl neu errichtet (sogenannte Strohdachkirche). In ihr wurde seither viermal jährlich gepredigt und das Abendmahl gereicht.
In der ersten Hälfte des 19. Jh. gab es verstärkt Bemühungen um eine Verselbständigung der Ortschaften Fintel und Haxloh. Einem entsprechenden Antrag, 1828 zunächst noch abgelehnt, stimmte das Konsistorium angesichts des Wachstums der Gemeinden 1840 zu und stellte die Abtrennung für die Zeit nach dem Ableben des Schneverdinger Sup. Kettler in Aussicht. Die KG Schneverdingen lehnte die Trennung weiter ab, weil die Gewerbetreibenden und Gastwirte durch das Fernbleiben von Kirchgängern aus den Außendörfern Umsatzeinbußen befürchteten. Dennoch gab das Konsistorium nach dem Tod Kettlers den Weg für die Verselbständigung frei. Am 25. Juli 1848 wurde P. Christian Reyelt als Pfarrer an der Kirche Schneverdingen mit Dienstsitz in Fintel angestellt. Seit 1851 ist Fintel eine eigenständige KG.
GD fanden Anfangs weiter in der Kapelle statt. Zwischen 1882 und 1884 wurde nach einem Entwurf von Conrad Wilhelm Hase die heutige neugotische St.-Antonius-Kirche errichtet (Einweihung 30. November 1884). Die Kapelle (Strohdachkirche) wurde abgerissen.
Ein Förderkreis unterstützt den Erhalt der Pfarrstelle. Partnerschaften bestehen seit den 1970er Jahren mit der sächsischen KG Wehrsdorf und seit 1994 mit der KG Eloolo in Namibia.

Umfang

Ursprünglich Fintel mit Haxloh. Mit dem 1. April 1936 wurde die politischen Gemeinde Vahlde (mit Benkeloh und Riepe) aus der KG Scheeßel nach Fintel umgegliedert; die luth. Einwohner von Riepe mit dem 1. Januar 1972 in die KG Lauenbrück.1

Aufsichtsbezirk

Seit Gründung zur Insp. (1924: KK) Rotenburg.

Patronat

Der Landesherr (bis 1871).

Kirchenbau
Fintel, Kirche, Ansicht von Südosten

Kirche, Ansicht von Südosten, 2020, Foto: Wolfram Kändler, CC BY-SA 3.0 de

Gotisierende Backsteinsaalkirche mit polygonalem, kreuzrippengewölbtem Chor (1882–84). Das Langhaus ist durch Strebepfeiler in fünf Abschnitte gegliedert. Tonnenförmige Holzdecke und dreiseitig umlaufende Empore. 1971 Innenrenovierung,

Fenster

Bleiglasfenster mit Medaillons der vier Evangelisten.

Turm

Viergeschossiger Westturm aus gefugtem Backsteinmauerwerk, mit ins Achteck überführter, schiefergedeckter Spitze mit Seitengiebeln. Uhrwerk 1884 (Firma Beyes, Hildesheim).

Kirche, Fintel, Skulptur

Heilige mit Kirchenmodell, 2020, Foto: Wolfram Kändler, CC BY-SA 3.0 de

Ausstattung

Aus Backstein gemauerter Blockaltar mit Sandsteinmensa. Das Bild „Das Jüngste Gericht“ (Christus als Weltenherrschaft, mit Maria und Johannes dem Täufer) wurde 1884 aus der alten Kirche übernommen und bildet nach Umgestaltung und Restaurierung (1971) das Hauptbild eines dreiteiligen Flügelaltars. Auf den Flügeln zwölf Apostelfiguren (zweite Hälfte 15. Jh.), die wohl aus unterschiedlichen Altären komponiert wurden. Auf dem Schrein ein Kruzifix aus dem 19. Jh. – Neugotische Kanzel aus der Erbauungszeit der Kirche von Tischlermeister Heinrich Heinecker sen. (1851–1939). – Hölzerner Taufständer (wohl zeitgleich mit der Kanzel). – Skulptur einer weiblichen Heiligen mit Kirchenmodel (Ende 15. Jh., wohl aus der ehemaligen Antoniterkirche). – Gedenktafel für den Bau der Kapelle (1649).

Orgel

Eine Orgel wurde 1910 durch die Firma Faber & Greve (Salzhemmendorf) neu erbaut (nach anderen Angaben gebraucht aus Tostedt übernommen). 1963 führte die Firma E. Kemper & Sohn (Lübeck) einen neobarocken Neubau aus; 16 (19) II/P (HW, BW), mechanische Traktur, Schleifladen. 2001 weiterer Neubau im Stil der deutschen Romantik durch Orgelbaumeister Kristian Wegscheider (Dresden), 16 II/P (HW, OW), mechanische Traktur, Schleifladen; eingeweiht 3. Juni 2001.

Kirche, Blick zur Orgel vor 1963

Kirche, Blick zur Orgel vor 1963

Geläut

Zwei LG; I: g’; II: b’; beide (Bronze, Gj. 1974, Glockengießerei Heidelberg). – Eine SG: g’’ (Bronze, 19. Jh.; Glocke der alten Kapelle; in einem Erker an der östlichen Seite des Kirchturms). – Früherer Bestand: Beim Bau der Kirche beschaffte die Gemeinde 1884 zunächst zwei Stahlglocken des Bochumer Vereins in h’ und dis’’. 1974 ersetzt. Die große Stahlglocke kam 1979 als Totenglocke auf den Friedhof in Vahlde.

Weitere kirchliche Gebäude

Altes Pastorenhaus (Bj. 1851–53, verkauft); neues Pastorenhaus (Bj. 1929/30). – Gemeindehaus (Bj. 1868/69, 2011/12 verkauft). Neues Gemeindezentrum/Haus der Begegnung neben der Kirche.

Friedhof

Begräbnisplatz war ursprünglich der Kirchhof. Seit 1879 besteht der neue Friedhof auf dem Westerfeld.2 Eigentum der KG.

Liste der Pastoren (bis 1940)

1848–1853 Peter Christian Reyelt. – 1853–1891 Friedrich Wilhelm Karl Hollmer. – 1891–1928 Albert Wilhelm Heinrich Dammermann. – 1930– Heinrich Julius Hermann Seebo.

Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 286

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 2 Nr. 480–487 (Pfarroffizialsachen); A 6 Nr. 2456–2459 (Pfarrbestallungsakten); A 9 Nr. 2632Digitalisat, 2633Digitalisat (Visitationen); D 61 (EphA Rotenburg).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1823
Trauungen: ab 1848
Begräbnisse: ab 1848
Kommunikanten: ab 1851
Konfirmationen: ab 1849

Früher in den Kirchenbüchern von Schneverdingen.

Literatur

A: Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 467; Hahn, Heidekirchen, S. 110 f.

B: Walter Blankenburg: Wie sich die Finteler ihre Kirche erbauten, [Rotenburg (Wümme)] 1976; Fritz Garbe: Von der Antoniuszelle in Vintloh bis zur KG Fintel, Hermannsburg 1962; Dirk Lürssen: Sankt Antonius Kirche und Antoniterorden. Ein Beitrag zur Finteler Kirchengeschichte, in: Rotenburger Schriften 78/79 (1993), S. 75–151; Claus Stamann: Fintel. Die Geschichte eines Dorfes, o. O. 2002.

Weitere Bilder

Fußnoten

  1. KABl. 1972, S. 5.
  2. LkAH, D 61, Spec. Fintel, Rep. A 591.