Sprengel Lüneburg, KK Lüchow-Dannenberg | Patrozinium: Martin | KO: Lüneburger KO von 1643

Orts- und Kirchengeschichte

Ehemaliges Rundlingsdorf südwestlich der Stadt Dannenberg, seit dem 14. Jh. belegt. Erste Ortserweiterung im 19. Jh. durch die Schaffung zusätzlicher Anbauerstellen und Niederlassung von Handwerkern. Ab 1950 wurde das Neubaugebiet nördlich des Breselenzer Bachs besiedelt. Seit 1972 Ortsteil der Gemeinde Jameln.

Kirche, Ansicht von Südosten, Foto: Ernst Günther Behn, Klein Gußborn, 2009 oder 2010

Kirche, Ansicht von Südosten, Foto: Ernst Günther Behn, Klein Gußborn, 2009 oder 2010

Breselenz war im 14. Jh. Parochialkirche und gehörte zur Diözese Verden. Das ursprüngliche Patrozinium ist unbekannt (vielleicht Maria oder Johannes der Täufer). Das Lüneburgischen Pfründenregister von 1534, in dem Breselenz als Kapelle von Dannenberg (Dannenberg, Johannis) bezeichnet wird, nennt den heilige Martin als Patron.1 Die Pfarrstelle ging aus dem Amt des Schlosspredigers des Fsm. Dannenberg hervor, der zugleich als Pastor diaconus (dritter Pfarrer) an der St.-Johannis-Kirche in Dannenberg fungierte. Nach der Aufgabe der Hofhaltung wurde ihm die Pastorierung der Gemeinde Breselenz übertragen. 1685 errichtete die Gemeinde ein Pfarrhaus. 1686 wurde der Pfarrsitz von Dannenberg nach Breselenz verlegt. Die Verbindung mit dem Diakonat in Dannenberg blieb jedoch bis ins 19. Jh. bestehen und der Breselenzer Pfarrer hielt dort von Gallus bis Johannis die Freitagspredigten.2 Eine pfarramtliche Verbindung bestand außerdem mit der KG Wibbese. Ab 1876 amtieren die Pastoren von Breselenz auch in der Gutskirche von Breese im Bruche (bis 1968 formal eigenständige KG). In der zweiten Hälfte des 20. Jh. war die Gutskapelle renovierungsbedürftig und konnte nicht mehr genutzt werden. Eigentümerfamilie, Landkreis, Kirchenkreis und Kirchengemeinde regelten 1989 vertraglich die Sanierung und zukünftige Nutzung der Kapelle (u. a. für 25 Jahre ausschließliches Nutzunksrecht für Kirche und Landkreis, mindestens zwölf Gottesdienste pro Jahr).3
Schulort wurde Breselenz im 17. Jh. (erstes Schulhaus von 1668). Der Schulbezirk erstreckte sich auch auf die Crammühle, Jameln, Platenlaase, Breustian, Riekau und Gamehlen.4 Ein Posaunenchor besteht in Breselenz seit 1899, der Kirchenchor seit 1946.
Mit dem 1. September 2001 wurden die KG Breselenz und Zernien pfarramtlich verbunden.5

Umfang

Die Dörfer Breselenz, Breustian, Jameln, Platenlaase, Groß Volkfien und Teichlosen, die Crammühle, das Vorwerk Gamehlen (teilweise) und die Schäferei Rieckau. Mit dem 1. Januar 1967 wurde der Wohnplatz Riekau der politischen Gemeinde Schaafhausen aus der KG Breselenz in die KG Dannenberg umgegliedert.6 Eingegliedert wurden die früheren KG Breese im Bruche (1. Januar 1968; schon früher zu Breselenz und 1592 mit dem Bau der dortigen Gutskirche aus der Parochie herausgelöst)7 und Wibbese (1. Januar 1974).8

Aufsichtsbezirk

Propstei Dannenberg der Diözese Verden – Seit Errichtung als selbständige KG zur Insp. (1924: KK) Dannenberg (1. Januar 2006 im KK Lüchow-Dannenberg aufgegangen).

Patronat

Der Landesherr (bis 1871).

Kirchenbau
Kirche, Blick zum Altar, Foto: Ernst Günther Behn, Klein Gußborn, 2009 oder 2010

Kirche, Blick zum Altar, Foto: Ernst Günther Behn, Klein Gußborn, 2009 oder 2010

Das erste KGb war möglicherweise eine Holzkirche, die erst später durch einen Massivbau ersetzt wurde. Die Erbauungszeit ist unbekannt. Der mittelalterliche Bau wurde im Dreißigjährigen Krieg (1635) durch kursächsische Söldner geplündert und wohl auch beschädigt, aber noch während des Krieges instandgesetzt. 1777 war die alte Kirche noch „in ziemlich gutem Stande“.9 1859 musste sie wegen Baufälligkeit abgebrochen werden. An ihrer Stelle entstand nach einem Entwurf des Landbauinspektors Robert Friedrich Rhien (Direktor der Baugewerkschule Nienburg und Schwager des damaligen P. Dangers) ein Neubau im Stil des Historismus, der am 1. Advent 1860 von Sup. Mirow (Dannenberg) eingeweiht wurde (fünfachsiger Backsteinbau mit hohen dreibahnigen Rundbogenfenstern; flache Holzdecke, Orgelempore im Westen). Der Innenraum wurde 1936 sowie 1953 (unter der Leitung des Kirchenmalers Hermann Oetken, Delmenhorst) grundlegend renoviert. 1969 und 2005/07 erneute Renovierung und Umgestaltung, bei der besonders im Chorraum Teile der ursprünglichen Ausstattung des 19. Jh. wieder hergestellt wurden.

Fenster

Buntglasfenster (ornamental) im Chorraum, in den 1960er Jahren vermauert, 2005/07 nach alten Fotografien wiederhergestellt.

Turm

Schiefergedeckter Westturm aus massivem Ziegelmauerwerk, 1931 auf älteren Fundamenten errichtet (Architekt: Kurt Kofahl, Lüchow). Pyramidendach.

Ausstattung

Auf dem aus Ziegelsteinen gemauerten Stipes mit Sandsteinmensa ein aus dem Vorgängerbau übernommener spätgotischen Flügelaltar (Marienaltar) des 15. oder frühen 16. Jh.; auf dem linken Flügel je drei Darstellungen aus der Kindheitsgeschichte (Darstellung im Tempel, Flucht aus Ägypten, der zwölfjährige Jesus im Tempel), rechts aus der Leidensgeschichte Jesu (Kreuztragung, Kreuzabnahme, Grablegung). – Barocke Kanzel (um 1600) mit Bildern Christi und der vier Evangelisten in den Brüstungsfeldern sowie Stifterwappen von Fritz van dem Berge (Hauptmann zu Bleckede) und Leveke Hanen. – Schlichter hölzerner Taufständer.

Kirche, Blick zur Orgel, Foto: Ernst Günther Behn, Klein Gußborn, 2009 oder 2010

Kirche, Blick zur Orgel, Foto: Ernst Günther Behn, Klein Gußborn, 2009 oder 2010

Orgel

Laut corpus bonorum von 1777 keine Orgel.10 1878/79 Neubau durch P. Furtwängler & Söhne (Elze), 11 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen. Die Prospektpfeifen wurden 1917 ausgebaut, zu Kriegszwecken abgegeben und durch Zinkpfeifen ersetzt. Um 1918/20 Einbau von pneumatischen Zusatzladen für zwei Reg. 1954 Einbau eines elektrische Gebläses. 1969 wurde ein Oktave 2’-Reg. aus der Kirche in Hittbergen eingebaut (später wieder ausgebaut). 1991/93 durch Gebrüder Hillebrand (Altwarmbüchen) renoviert, 13 II/P (davon ein Reg. erst später hinzugefügt), pneumatische und mechanische Traktur, Schleifladen.

Geläut

Zwei LG, I: as’ (Bronze, Gj. 1966, Gebrüder Rincker, Sinn); II: b’ (Bronze, Gj. 1458). – Eine SG in es’’’ (Stahl, 20. Jh.).

Weitere kirchliche Gebäude

1956/57 erhielt die KG ein neues Pfarrhaus und einen Konfirmandensaal, der 1995/96 zum Gemeindehaus erweitert wurde.

Weitere Kirchen in Breese im Bruche (seit 1968) und in Wibbese (seit 1974).

Friedhof

Ursprünglich auf dem Kirchhof, jetzt am nördlichen Ortsausgang (Riemannstraße). Der Kirchhof wurde in eine Grünanlage umgewandelt. FKap (Bj. 1965). Auf dem Friedhof befindet sich seit 1976 ein Gedenkstein für den im Pfarrhaus von Breselenz geborenen Mathematiker Georg Friedrich Bernhard Riemann.

Liste der Pastoren (bis 1940)

1666–1699 Georgius Ulricus von der Hude. – 1699–17.. Otto Christoph Runge. – 1721–1726 Christian Heinrich Oldekop. – 1727–1735 Johann Friedrich Haacke. – 1735–1740 August Friedrich Steding. – 1740–1749 August Wilhelm Knopf. – 1749–1761 Johann Friedrich Lindemann. – 1761–1762 Heinrich Günther Hantelmann. – 1763–1767 Levin Heinrich Seelhorst. – 1768–1772 Conrad Christoph Trefurt. – 1772–1784 Eberhard Ludwig Hansemann. – 1784–1792 Karl Friedrich Günther Hempel. – 1792–1810 Johann Friedrich Schwarzweller. – 1810–1820 Johann Konrad Ludwig Becker. – 1821–1822 Johann Wilhelm Sievers. – 1822–1833 Friedrich Bernhard Riemann. – 1833–1851 Karl Gottlieb Lyßmann. – 1851–1856 Theodor Friedrich Adolf Christian Niemann. –1856–1874 Chrysostomus Friedrich Gustav Dangers. – 1875–1883 Hermann Heinrich Louis Schönecke. – 1885–1891 Franz Friedrich Hermann Fromme. – 1892–1905 Karl Friedrich Ocker. – 1905–1919 Heinrich Julius Hermann Seiffert. – 1919–1937 Eduard Walther Kühnert.

Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 128–129

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 1447–1458 (Pfarroffizialsachen); A 6 Nr. 1161–1171 (Pfarrbestallungsakten); A 8 Nr. 72Digitalisat (CB); A 9 Nr. 319Digitalisat, 320Digitalisat, 321Digitalisat, 322Digitalisat, 323Digitalisat, 416Digitalisat (Visitationen).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1666 (Lücken: 1749–1761)
Trauungen: ab 1666 (Lücken: 1749–1761
Begräbnisse: ab 1721 (Lücken: 1749–1761)
Kommunikanten: ab 1876
Konfirmationen: ab 1727 (Lücken: 1745–1761)

Literatur

A: Behn, Wendland, S. 28 f.; Gemeindebuch KK Dannenberg, S. 11 f.; Jürries/Wachter, Wendland-Lexikon I, S. 104 f.

B: 151 Jahre Ev.-luth. St. Martins-Kirche. 1860–2011, hrsg. von der Ev.-luth. Kirchengemeinde Breselenz, Breselenz 2011; Heinrich Julius Hermann Seiffert (Hg.): Zur Erinnerung an das 50jährige Kirchweihfest der Gemeinde Breselenz am 1. Advent 1920, Dannenberg 1911.


Fußnoten

  1. Salfeld, Pfründenregister, S. 95; Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien II, S. 123.
  2. Manecke, Beschreibungen II, S. 93.
  3. LkAH, G 25, Nr. 84, Bl. 27 ff.
  4. Jürries/Wachter, Wendland-Lexikon I, S. 105.
  5. KABl. 2002, S. 5.
  6. KABl. 1967, S. 16 f.
  7. KABl. 1968, S. 5.
  8. KABl. 1974, S. 27.
  9. LkAH, B 8/Breselenz (Corpus bonorum 1777).
  10. LkAH, A 8/Breselenz (Corpus bonorum 1777).