Frühere Gemeinde | KapG der KG Klein Rhüden (Ev.-luth. Landeskirche in Braunschweig). Seit 2017 Ev.-luth. Landeskirche in Braunschweig | Patrozinium: Johannes Bugenhagen (1995) | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Die erste schriftliche Erwähnung des Dorfes findet sich als Waldenhusen in einer Urkunde aus dem Jahr 1154, mit der Bf. Bruno von Hildesheim die Rechte und Besitztümer des Goslarer Klosters Riechenberg bestätigte.1 Im Jahr 1162 machte das Kloster Lamspringe ein Tauschgeschäft mit den Herren von Bornum und erwarb dabei Wohlenhausen von ihnen.2 In der ersten Hälfte des 13. Jh. erlangte das Kloster auch die Gerichtsbarkeit über das Dorf.3 Kloster Lamspringe wandelte Wohlenhausen in einen Klosterhof (curia) um und das Dorf fiel daraufhin wüst. Im Laufe des 14. Jh. verfiel auch der Klosterhof selbst.4 Nach Ende der Hildesheimer Stiftsfehde (1519–1523) kam das Gebiet unter die Landesherrschaft des welfischen Teilfsm. Braunschweig-Wolfenbüttel und Mitte der 1530er Jahre begann nahe der alten Dorfstätte die Wiederbesiedelung und Neugründung von Wohlenhausen.5 Das neue Dorf gehörte zum Amt Bilderlahe, der Grundbesitz lag weiterhin beim Kloster Lamspringe. Mit der Restitution des Großen Stifts (1643) kehrte Wohlenhausen unter stifthildesheimische Landesherrschaft zurück. Die Gerichtsbarkeit hatte von 1661 bis 1803 das Kloster Lamspringe inne.6 Nach den Bestimmungen des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 fiel das Gebiet des Hochstifts an das Kgr. Preußen. In den Jahren des französischen Satellitenkgr. Westphalen gehörte Wohlenhausen zum Kanton Lamspringe im Distrikt Goslar des Departements Oker. 1815 kam das Dorf, nun im Kgr. Hannover, wieder zum Amt Bilderlahe, und 1852 zum neuen Amt Bockenem. Nach der Annexion von 1866 wieder preußisch kam Wohlenhausen 1885 zum neuen Lkr. Marienburg (1946 Lkr. Hildesheim-Marienburg, 1977 Lkr. Hildesheim). 1974 wurde Wohlenhausen nach Bockenem eingemeindet. Mit dem Betrieb der Kalischächte Hermann II und Carlsfund (beide 1921 stillgelegt) stieg Anfang des 20. Jh. die Einwohnerzahl Wohlenhausens etwas an. Hatte sie um 1810 noch bei gut 100 gelegen, zählte das Dorf 1910 gut 160 Einwohner. Der Zuzug Geflüchteter nach Ende des Zweiten Weltkriegs ließ die Bevölkerung kurzzeitig noch einmal wachsen: 1950 hatte Wohlenhausen gut 260 Einwohner, 2015 nur noch knapp 90.
Seit der Wiederbesiedelung Wohlenhausens im 16. Jh. gehörte das Dorf kirchlich zum Kirchspiel Klein Rhüden im Hzm. Braunschweig-Wolfenbüttel (Ev.-luth. Landeskirche in Braunschweig), zu dem auch Groß Rhüden zählte. Die Reformation setzte sich hier erst im zweiten Anlauf durch. Zunächst hatten die Truppen des Schmalkaldischen Bundes 1542 den kath. Hzg. Heinrich den Jüngeren vertrieben. Lgf. Philipp von Hessen und Kfs. Johann Friedrich von Sachsen setzten eine Statthalterregierung ein, die 1542 die Kirchengemeinden visitieren ließ, 1543 die Christlike kerken-ordening im lande Brunschwig, Wulffenbüttels deles verabschiedete und 1544 eine weitere Visitation anordnete.7 Pfarrer in Rhüden war 1542 der Mietling (mercenarius) P. Churd Polman, eigentlicher Inhaber der Pfarrstelle war Tilen Brunstein; 1544 war P. Johannes Werleman der Geistliche des Kirchspiels.8 Im Jahr 1547 gelang Hzg. Heinrich die Rückkehr und er suchte sein Fsm. zu rekatholisieren. Sein Sohn und Nachfolger Hzg. Julius, der 1568 die Regierung übernahm, führte dann erneut die luth. Lehre ein. Er ließ die Kirchengemeinden 1568 visitieren und verkündete 1569 die später sogenannte Calenberger Kirchenordnung.9 Im Klein Rhüdener Kirchenbuch finden sich seit 1572 Einträge zu den Einwohnern von Wohlenhausen.10 Auch als das Dorf 1643 mit der Restitution des Großen Stifts unter hildesheimische Landesherrschaft zurückkehrte, blieb die kirchliche Verbindung zum weiterhin braunschweigischen Klein Rhüden bestehen.
1746 erhielt Wohlenhausen mit der Einrichtung eines Bet- und Schulsaals schließlich eine eigene Gottesdienststätte. Im Jahr 1820 folgte der Bau der bis heute erhaltenen Kapelle: ein Fachwerkgebäude, das unter einem Dach sowohl einen Kapellenraum als auch einen kleinen Schulsaal und die Lehrerwohnung beherbergte.11 Ein Vertrag zwischen der Braunschweigischen und der Hannoverschen Landeskirche über die kirchliche Versorgung braunschweigisch-hannoverscher Grenzgemeinden bestätigte 1933 die lang etablierte Verbindung zwischen den hannoverschen Gemeinden Wohlenhausen und Groß Rhüden einerseits und der braunschweigischen Gemeinde Klein Rhüden andererseits.12 Im Februar 2005 beschloss die KapG, gänzlich zur Ev.-luth. Landeskirche in Braunschweig zu wechseln.13 Der entsprechende Vertrag trat jedoch erst gut ein Jahrzehnt später in Kraft: Zum 1. Januar 2017 verließ die KapG Wohlenhausen die Ev.-luth. Landeskirche Hannovers.14 Gleichzeitig fusionierte sie mit der KG St. Martini Klein Rhüden und der KG Groß Rhüden zur neuen Ev.-luth. KG Rhüden-Wohlenhausen.15

Umfang

Das Dorf Wohlenhausen.

Aufsichtsbezirk

Wohl Archidiakonat Bockenem der Diözese Hildesheim. – 1542/44 zur Insp. Gandersheim, 1568/69 zur Insp. Seesen.16 Seit 1651/52 Insp. der Ämter Wohldenberg und Bilderlahe (ohne festen Sitz der Suptur).17 1807 Insp. Bockenem, Sitz der Suptur. bis 1817 in Nette, dann Sehlde.18 1833 zur neu organisierten Insp. (1924: KK) Bockenem. Nach Fusion mit KK Hoheneggelsen 1976 zum 1. Januar 1978 umbenannt in KK Bockenem-Hoheneggelsen.19 Zum 1. Januar 2005 mit dem KK Elze-Coppenbrügge zum KK Hildesheimer Land vereinigt.20 Nach Fusion mit KK Alfeld seit 1. Januar 2011 KK Hildesheimer Land-Alfeld, Amtsbereich Elze.21 Da das zuständige Pfarramt Klein Rhüden jedoch in der Ev.-luth. Landeskirche in Braunschweig lag, übte diese Landeskirche auch die Dienstaufsicht aus (Propstei Seesen).22 – Seit 2017 Propstei Gandersheim-Seesen der Ev.-luth. Landeskirche in Braunschweig.

Kirchenbau

Fachwerkbau mit Satteldach, errichtet 1820. Östlicher Teil Kapelle, westlicher Teil Lehrerwohnung und Schulraum.23 Im Innern hölzerne Kassettendecke, Orgelempore. Renovierung 1960/61.

Turm

Zentraler, verschieferter Dachreiter, achtseitig, mit geschwungener Haube, bekrönt mit Kugel und Wetterfahne. Turmuhr (Firma Weule, Bockenem).

Ausstattung

Altar, Taufe und Kanzel aus Holz (1960/61). – Altarbild mit Kreuzigungsszene (1731).

Orgel

Neubau 1979.

Geläut

Eine LG, f’’, Inschrift: „I. A. Ackenhusen, A. I. Appuhn, I. A. Prost, I. C. Brackebusch, H. Rimann, H. C. Habekost, I. H. Meyer, I. H. Mewers, I. C. Kasten, L. Sunnemann, I. Appuhn. Haben mich lassen giesen von C. A. Becker in Hildesheim 1777“, Bilder: Kruzifix und geflügelte Engelsköpfe (Bronze, Gj. 1777, Christoph August Becker, Hildesheim). Eine SG.

Friedhof

Alter, kirchlicher Friedhof am westlichen Dorfrand, angelegt 1854, geschlossen um 1920; vorher Beerdigungen auf Friedhof in Rhüden. Seit etwa 1920 neuer Friedhof am nordwestlichen Dorfrand, Eigentum der politischen Gemeinde. FKap (Bj. 1974).

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

D 44 (EphA Wohlenhausen).

Literatur

A: Blume, Beiträge, S. 164–166; Klaube, 1000 Jahre, S. 72–75.
B: Wilhelm Brakebusch und Manfred Klaube: Wohlenhausen, in: Johannes Koch und Gustav Philipps (Bearb.): Die Dörfer Königsdahlum und Wohlenhausen (= Die Ortschaften des Ambergaus im Jahre 2005), Bockenem [2005], S. 121–201.


Fußnoten

  1. UB HS Hildesheim I, Nr. 283.
  2. UB HS Hildesheim I, Nr. 333; Blume, Beiträge, S. 165.
  3. Dolle, Klosterbuch II, S. 904; Blume, Beiträge, S. 165.
  4. Blume, Beiträge, S. 165.
  5. Blume, Beiträge, S. 165 f.; Brakebusch & Klaube, S. 126.
  6. Brakebusch & Klaube, S. 126.
  7. Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 6,1, S. 4 und 22 ff.; Butt, Herrschaft, S. 42 ff.
  8. Kayser, Kirchenvisitationen, S. 212.
  9. Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 6,1, S. 5 und 83 ff.; Butt, Herrschaft, S. 58 ff.
  10. Brakebusch & Klaube, S. 126.
  11. Brakebusch & Klaube, S. 166 ff.
  12. KABl. 1932, S. 159 ff.
  13. Klaube, 1000 Jahre, S. 73.
  14. KABl. 2017, S. 4 f.
  15. LkABl. 2017, S. 6 f.
  16. Reller, Kirchenverfassung, S. 111 f., 165 und 220.
  17. Meyer-Roscher, Streiflichter, S. 123.
  18. LkAH, A 6 Nr. 7263.
  19. KABl. 1977, S. 36 und 145.
  20. KABl. 2005, S. 5 ff.
  21. KABl. 2011, S. 70 ff.
  22. KABl. 1932, S. 160, § 1.
  23. Brakebusch & Klaube, S. 167.