Sprengel Osnabrück, KK Osnabrück | Patrozinium: Andreas | KO: Osnabrücker KO von 1652

Orts- und Kirchengeschichte

Schriftlich ist der Ort erstmals als Wallunhorst in einem Bericht über die Überführung der Reliquien des hl. Alexander von Rom ins Kloster Wildeshausen erwähnt (Translatio s. Alexandri). Die Überführung geschah 850/51, der Bericht selbst entstand zwischen 850 und 865.1 Das ebenfalls zum Gemeindegebiet zählende Hollage ist urkundlich erstmals um 1245 belegt.2 Beide Ortschaften gehörten seit dem 14. Jh. zum Amt Iburg im Hochstift Osnabrück und kamen nach der napoleonischen Zeit zum Amt Osnabrück, zunächst im Kgr. Hannover und ab 1866 im Kgr. Preußen. Seit Einführung der Kreisverfassung 1885 zählen Wallenhorst und Hollage zum Kr. Osnabrück. 1972 schlossen sich Hollage, Lechtingen, Rulle und Wallenhorst zur neuen Gemeinde Wallenhorst zusammen. Eine rege Bautätigkeit ließ seit den 1970er Jahren besonders die Ortsteile Hollage und Wallenhorst wachsen. Die Gemeinde entwickelte sich zum Pendlerort, überwiegend „wohnen dort Städter auf dem Lande“, beschrieb der Osnabrücker Sup. 1977 die Gemeindestruktur“.3 Im Jahr 1885 lebten in Hollage 965 (19 ev.) und in Wallenhorst knapp 500 Menschen. 1950 und 2017 lagen die Werte bei gut 2.500 und knapp 9.500 für Hollage und gut 1.630 und knapp 4.900 für Wallenhorst.

Gemeindehaus, 1980

Gemeindehaus, 1980

Eine Kirche in Wallenhorst lässt sich schriftlich seit 1312 nachweisen; der Kirchenbau selbst lässt sich auf das 12. Jh. datieren, steht jedoch möglicherweise auf älteren Fundamenten.4 Als nach Ende des Dreißigjährigen Krieges Katholiken und Lutheraner über die konfessionellen Verhältnisse in den Gemeinden des Osnabrücker Landes verhandelten, wurde Wallenhorst der kath. Seite zugeschlagen (Capitulatio perpetua Osnabrugensis, 1650).5 Die Bevölkerung blieb bis in die zweite Hälfte des 20. Jh. fast gänzlich kath. geprägt. Erst mit dem Zuzug Geflüchteter nach Ende des Zweiten Weltkriegs stieg der Anteil der ev. Bevölkerung: 1946 lebten in Wallenhorst 150 Lutheraner (gut 9 Prozent), in Hollage etwa 310 (knapp 13 Prozent).6 Diese Zahlen stiegen besonders in den 1970er Jahren deutlich an.
Kirchlich gehörten die ev. Einwohner von Hollage und Wallenhorst zur KG Engter. Alle zwei Wochen kam der Engter Pfarrer nach Hollage und feierte in der kath. Kirche einen ev. Gottesdienst, zu Weihnachten, Ostern und Pfingsten auch in der kath. Kirche in Wallenhorst (jeweils am zweiten Feiertag). Später wich die Gemeinde auf Schulräume aus, da die Kirchen für die kleine Gemeinde zu groß waren.7 Im Jahre 1954 änderten sich die kirchlichen Zuständigkeiten: Wallenhorst kam zur neugegründeten KG Paul Gerhardt in Osnabrück8 und Hollage zur St. Michaelisgemeinde Osnabrück-Eversburg.9 Schon Anfang der 1960er Jahre verfolgte die Michaelisgemeinde den Plan, in Hollage eine Kapelle zu errichten. Im Kontext der Gebietsreform 1972 gewannen die Pläne neue Gestalt: 1973 erhielt die Michaelisgemeinde eine zweite Pfarrstelle mit Sitz in Hollage, auf die das Landeskirchenamt ein Jahr später P. Walter Hüttmann (amt. 1973-1989) berief.10 P. Hüttmann übernahm auch die Betreuung der ev. Einwohner des Ortsteils Wallenhorst. Ein 1973 angemietetes Gebäude diente als Gemeindehaus. Zum 1. Januar 1975 errichtete das Landeskirchenamt schließlich für die Wallenhorster Ortsteile Hollage und Wallenhorst die „Ev.-luth. Andreas-Kirchengemeinde Wallenhorst“; die 1973 eingerichtete Pfarrstelle ging auf die neue KG über.11
Im Oktober 1975 konnte die Gemeinde ihr neues Gemeindezentrum einweihen. „Es ist keine Kirche, aber ein Haus, in dem man sich wohlfühlen kann“ hieß es anlässlich der Einweihung im Gemeindebrief.12 Nach der Visitation 1983 attestierte der Osnabrücker Sup. der Gemeinde eine „ökumenische Einstellung“; das Nebeneinander der beiden Konfessionen in Wallenhorst lasse einen „Zug zur Gemeinsamkeit“ erkennen. Auch in anderer Hinsicht fiel das Urteil positiv aus: „In der Tat ist das Gemeindeleben vielseitig“.13 Im Jahr 1992 eröffnete die KG den ev. Andreas Kindergarten in Hollage Ost (seit 2014 in Trägerschaft des KK Osnabrück).
Seit Anfang der 1980er Jahre baute die KG eine Partnerschaft mit der angl. KG St. Edmunds in Allestree (Derby) in Großbritannien auf. Zudem unterhält sie über den KK Osnabrück Beziehungen zum KK Umfolozi in Südafrika.14 Im Jahr 2006 zeichnete das Diakonische Werk Ev.-luth. Landeskirche Hannovers die KG Wallenhorst als „Diakonische Gemeinde“ aus. Grund für die Würdigung war die langjährige Arbeit der Kleiderkammer (seit Anfang der 1980er Jahre) und die ökumenische Hospizarbeit (seit 1995).15 Seit 2009 unterstützt der „Förderverein Andreasgemeinde Wallenhorst e. V.“ (FAND) das kirchliche und kulturelle Leben in der Gemeinde.

Umfang

Die Wallenhorster Ortsteile Hollage und Wallenhorst.

Aufsichtsbezirk

Mit Gründung der KG 1975 zum KK Osnabrück.

Kirchenbau

Gemeindehaus aus mehreren rechteckigen Baukörpern, erbaut 1975, erweitert 1990. Kirchsaal mit Flachdach und großen Fensterflächen.

Fenster

Zwei farbige Fenster im Altarraum (2000, Susanne Precht, Lauscha in Thüringen), überwiegend in blau und weiß, mit einem Vers des Römerbriefs (Röm 8,26).

Turm

Freistehender Glockenträger bekrönt mit Kugel und Kreuz, errichtet 1990.

Ausstattung

Hölzerner Altartisch, später gläsernes Antependium eingesetzt (blau mit weißem Andreaskreuz, 2005, Mario Haunhorst, Osnabrück). – Holzkreuz an Altarwand (2003). – Holztaufe. – Hölzerne Kanzel.

Orgel

6 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen, erbaut 1977 von Firma Kreienbrink (Osnabrück).

Geläut

Drei LG, I: a’ Inschrift: „O Land, Land, Land, höre des Herrn Wort“; II: c’’, Inschrift: „Ich will euch trösten, wie einen eine Mutter tröstet“; III: d’’, Inschrift: „Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden“ (alle Bronze, Gj. 1990, Firma Rincker, Sinn).

Weitere kirchliche Gebäude

Pfarrhaus (Bj. 1994). – Küsterhaus (Bj. 1975/75, abgerissen 2007).

Friedhof

Die KG unterhält keinen eigenen Friedhof.

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

L 5f Nr. 34 (LSuptur. Osnabrück).

Literatur

A: Weichsler, Hdb. Sprengel Osnabrück, S. 37; Wrede, Ortsverzeichnis Fürstbistum Osnabrück I, S. 258–260 (Hollage) und ebd. II, S. 267–269 (Wallenhorst).

B: 40 Jahre Andreasgemeinde Wallenhorst. 1975–2015. Festschrift zum 40-jährigen Jubiläum der Ev.-luth. Andreasgemeinde Wallenhorst, hrsg. vom Kirchenvorstand, [Wallenhorst] 2015; 1150 Jahre Wallenhorst. Menschen, Natur und Geschichte, hrsg. von der Gemeinde Wallenhorst, Osnabrück 2001, bes. S. 529–538; Kulturgeschichtliche Aufsätze zur Elfhundertjahrfeier des Kirchspiels Wallenhorst 851–1951, hrsg. von der Arbeitsgemeinschaft für die Geschichte der Gemeinde Wallenhorst (= Veröffentlichungen der Arbeitsgemeinschaft für die Geschichte der Gemeinde Wallenhorst 1), Wallenhorst ³1995; Andreas Albers: Wallenhorst. Ortsgeschichte in Schlaglichtern, Osnabrück 2016.


Fußnoten

  1. MGH SS 2, S. 679 [Digitalisat]; vgl. auch Rudolfus monachus Fuldensis, Translatio s. Alexandri, http://www.geschichtsquellen.de/repOpus_04153.html, 2019-01-08.
  2. Wrede, Ortsverzeichnis Fürstbistum Osnabrück I, S. 258.
  3. LkAH, L 5f, Nr. 34 (Visitation 1977).
  4. Wrede, Ortsverzeichnis Fürstbistum Osnabrück II, S. 268.
  5. Fink, Drucke, S. 33; Wöbking, Konfessionsstand, S. 148 ff.
  6. 1150 Jahre, S. 530; 40 Jahre, S. 10 ff.
  7. 1150 Jahre, S. 532.
  8. KABl. 1954, S. 30.
  9. KABl. 1954, S. 2.
  10. Zunächst als Pfarrer der Landeskirche, ab 1974 Inhaber der 1973 eingerichteten zweiten Pfarrstelle, ab 1975 Pfarrer der Andreasgemeinde.
  11. KABl. 1975, S. 7 f.
  12. Zit. in 1150 Jahre, S. 535.
  13. LkAH, L 5f, Nr. 34 (Visitation 1983).
  14. 40 Jahre, S. 19.
  15. 40 Jahre, S. 22.