Frühere Gemeinde | KapG der KG Lühnde | Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Hildesheim-Sarstedt | Patrozinium: – | KO: Calenberger KO von 1569
Orts- und Kirchengeschichte
Die erste schriftliche Erwähnung des Dorfes Wätzum, heute Ortsteil von Algermissen, findet sich 1274 in einer Urkunde von Papst Gregor X., mit der er das Hildesheimer Stift St. Bartholomäus auf der Sülte in seinen Schutz nahm und seine Besitztümer und Rechte bestätigte. Das Sültestift hatte Landbesitz in Wetzcende.1 Das kleine Dorf gehörte zum Amt Ruthe des Hochstifts Hildesheim, das in der Hildesheimer Stiftsfehde (1519–1523) an die Welfen fiel. Vereinigt mit dem Amt Koldingen bildete Ruthe das Amt Lauenburg (mitunter auch Koldingen genannt) des Fsm. Calenberg. Seit der Restitution des Großen Stifts 1643 gehörte das Amt Ruthe mit Wätzum wieder zum Hochstift Hildesheim. Aufgrund der Bestimmungen des Reichsdeputationshauptschlusses kam das Stiftsgebiet 1803 an Preußen. Von 1807 bis 1810 gehörte Wätzum zum Kanton Groß-Algermissen des Distrikts Hildesheim im Departement Oker des Kgr. Westphalen und zählte dann bis 1813 zum Kanton Sarstedt des Distrikts Hannover im Departement Aller. Danach kam der Ort wieder zum Amt Ruthe, nun im Kgr. Hannover. Ruthe wurde 1859 in das Amt Hildesheim eingegliedert. Mit der Annexion des Kgr. Hannover im Jahr 1866 wurde Wätzum wieder preußisch und kam 1885 zum Lkr. Hildesheim. Am 1. März 1974 wurde Wätzum in die Gemeinde Algermissen eingegliedert. Die Straßensiedlung Wätzum hatte 1813 rund 150 Einwohner, 1938 gut 240 und 2014 gut 200.
Die Bewohner des Dorfes Wätzum waren auch in vorref. Zeit nach Lühnde eingepfarrt. Die Westwand der Kapelle ist noch mittelalterlich, bei der Renovierung 1992 konnten Weihekreuze freigelegt werden. Die Verbindung mit Lühnde blieb auch über die Reformation hinaus bestehen. Wegen der Größe des Kirchspiels hatten die Visitatoren 1543 beschlossen, eine Kaplanei in Lühnde einzurichten. Der Kaplan war für die Dörfer Wehmingen und Wirringen zuständig, der Lühnder Pfarrer versorgte Ummeln und Wätzum.2 Im 17. oder 18. Jh. ließ die Gemeinde ihre Kapelle erneuern und möglicherweise vergrößern; die Nord-, Süd- und Ostwand stammen aus dieser Zeit. In der ersten Hälfte des 18. Jh. erhielt die Kapelle, wie ihre Nachbarin in Ummeln, einen barocken Kanzelaltar. 1984 löste sich die KapG Wätzum auf und die KG Lühnde wurde Rechtsnachfolgerin.3
Kapellenbau
Kleiner, verputzter Rechteckbau mit Walmdach, Westwand vermutlich 14. Jh., übrige Teile 17./18. Jh. Flachbogiges Fenster in Westwand, jeweils zwei kleine Rechteckfenster in Längsseiten, Tür an Nordseite mit Kastenschloss und Jahreszahl 1708. Im Innern flache Schaldecke mit leichten Vouten an den Längsseiten, Westempore. 1966 neues Dach. Grundlegende Sanierung 1989–92.
Turm
Über Westwalm verschieferter Dachreiter mit Laterne und hohem achteckigen Pyramidenhelm, erbaut 1924. Vorher barocke Haube.
Ausstattung
Gotische Sandsteinmensa auf gemauertem Stipes. – Barocker Kanzelaltar (um 1735, Werkstatt Ernst Dietrich Bartels, Hildesheim, Scherwände Ende 18. Jh., 1953 restauriert), dreiseitiger Kanzelkorb, dessen tragender Säulenstumpf auf Mensa aufsitzt, an den Wandungen ursprünglich drei Figuren (Jesus sowie die Apostel Petrus und Paulus), seitlich des Kanzelkorbs zwei Figuren (Johannes der Täufer und Johannes der Evangelist), Schalldeckel bekrönt mit sitzender Figur der hl. Fides. – Sandsteintaufe mit achteckigem Kessel, verziert mit Putten und geflügelten Engelsköpfen (um 1600).
Orgel
Harmonium.
Geläut
Eine LG, etwa e’’ (Eisen, Gj. 1948, Firma Weule, Bockenem), Klanggussglocke, das Gutachten anlässlich der Visitation 1969 spricht von einer „schlechten Glocke“.4 – Früherer Bestand: Eine LG (Bronze, Gj. 1827, Siegmund Andreas Lange, Hildesheim), im Zweiten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgegeben.
Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)
A 1 Nr. 12068–12072 (Pfarroffizialsachen); A 6 Nr. 5148–5152 (Pfarrbestallungsakten); A 9 Nr. 1478–1479 (Visitationen); D 46 (EphA Sarstedt); S 11a Nr. 7151 (Findbuch PfA).
Literatur
A: Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 1320; Goedeke, Erbregister Ruthe/Koldingen, bes. S. 110–113; Jürgens u. a., KD Lkr. Hildesheim, S. 198–199.