Frühere Gemeinde | Sprengel Lüneburg, KK Walsrode | Patrozinium: Georg, Christophorus, Jodokus1 | KO: Lüneburger KO von 1643

Orts- und Kirchengeschichte

Das an der Lehrde gelegene Dorf Stellichte wird zum ersten Mal als Steinlaga in einer Urkunde der Äbtissin Adelheid II. von Quedlinburg († 1096) aus dem Jahr 1069 erwähnt.2 Die Äbtissin unterstellte die Besitzungen ihres Stiftes im Raum Soltau dem Schutz des Hzg. Magnus Billung († 1106) und bestimmte, „daß die Eingesessenen des Ortes Soltau, wenn der Herzog auf seinen Reisen den Ort berühre, ihm mit Fahrzeugen und Pferden zu dienen und sein Gepäck nötigenfalls bis Steinlaga zu befördern hätten.“3 Im 14. Jh. finden sich die Schreibweisen Stenlage, Stellege und Steleghde, dann 1470 Stelgede und 1669 Stelgde.4 Später hieß der Ort etwa 1763 Stelchte und in der Hannoverschen Landesaufnahme von 1764–86 Stellicht, wie schon auf dem Merian-Stich von 1650.5 Vor 1302 belehnte Hzg. Otto II. zu Braunschweig-Lüneburg († 1330) die Gf. von Hoya mit einem Hof in Stellichte (curia Stenlage).6 Die Burg bei Stellichte, eine lüneburgische Grenzfeste zum Herrschaftsgebiet des Verdener Bischofs, ist vermutlich jünger als das Dorf.7 Die Hzg. zu Braunschweig-Lüneburg ließen sie nach 1388 wieder aufbauen und verpfändeten sie 1427 an den Bf. von Verden. 1470 löste Heinrich Behr die Burg ein und Hzg. Otto V. zu Braunschweig-Lüneburg († 1471) übertrug sie ihm als erbliches Lehen.8 Die Burg entwickelte sich zum Herrensitz des Rittergutes Stellichte. Die Familie von Behr war gleichzeitig Grundherr von Stellichte und hatte die Gerichtsbarkeit über das Dorf inne.9 In französischer Zeit zählte Stellichte 1810 kurzzeitig zum Kgr. Westphalen (Distrikt Nienburg, Departement der Aller) und dann bis 1813 zum Kaiserreich Frankreich (Kanton Walsrode, Arrondissement Nienburg, Departement der Wesermündung). Ab 1815 gehörte Stellichte zum Kgr. Hannover, die Patrimonialgerichtsbarkeit wurde restituiert (ungeschlossenes Gericht). Die beiden getrennten Dorfteile Stellichtes („oberer“ Gutsbezirk und „untere“ Bauernschaft) wurden erstmals kurz nach 1848 zu einer politischen Gemeinde verbunden, 1908 wieder getrennt und endgültig im November 1928 vereint.10 Mit Auflösung des Patrimonialgerichts kam Stellichte im Januar 1852 zum Amt Rethem und noch im gleichen Jahr zum Amt Fallingbostel. Mit der Annexion des Kgr. Hannover fiel Stellichte 1866 an das Kgr. Preußen. Bei Einführung der Kreisverfassung 1885 kam das Dorf zum Lkr. Fallingbostel, der 1977 im neuen Großkreis Soltau-Fallingbostel aufging (2011: Heidekreis).11 Stellichte selbst ist seit 1974 Stadtteil Walsrodes. Prägend für den nördlichsten Ortsteil der Stadt ist das als Forstbetrieb geführte Gut der Familie von Behr und das 1950 als Krankenhaus gegründete „Heilpädagogische Heim Dr. Kruse“.12 Um 1810 lebten knapp 330 Menschen in Stellichte und 2022 rund 670.

Kirche, Ansicht von Nordwesten

Kirche, Ansicht von Nordwesten

Kirchlich gehörte Stellichte ursprünglich zur Parochie Walsrode. Der Bau einer eigenen Kapelle bzw. Kirche steht in engstem Zusammenhang mit Burg und Rittergut. Im Jahr 1475 gestattete Reimbert Syndorp, Generalvikar des Bistums Minden, den Brüdern Heinrich und Johannes Behr, einen tragbaren Altar in ihrem Wohnsitz in Stellichte zu haben, an dem ein geeigneter Priester die Messe lesen durfte.13 Schon vier Jahre später gab der Bf. Berthold von Verden (amt. 1470–1502) seine Einwilligung zum Bau einer Kapelle in Stellichte „in laudem et honorem omnipotentis Dei beatque deigenetricis virginis Marie ac beatorum Georgii et Christofori martirum et sancti Jodoci Confessoris“ (zum Lob und zur Ehre des allmächtigen Gottes und der seligen Gottesgebärerin, der Jungfrau Maria, und des seligen Georg und des Märtyrers Christopherus und des heiligen Bekenners Jodokus).14 Die Kapelle sollte auf der rechten Seite der Lehrde stehen, also auf dem Gebiet des Bistums Verden (der kleine Heidefluss bildete hier die Grenze zwischen den Diözesen Verden im Nordosten und Minden im Südwesten).15 Das Dorf Stellichte blieb nach Walsrode eingepfarrt, während die Kapelle den Gutsangehörigen vorbehalten war.16
Mit der Einführung der Reformation im Fsm. Lüneburg durch Hzg. Ernst I. († 1546) ab 1527 erreichte die neue Lehre wohl um 1528 Walsrode und Stellichte, dessen Grundherr Dietrich Behr d. Ä. eng mit Hzg. Ernst I. verbunden war.17 Seitdem diente die Kapelle in Stellichte dem ev. Gottesdienst, blieb jedoch weiterhin beschränkt auf die Gutsgemeinde.18 In seinem Testament verfügte Dietrich Behr d. Ä. 1574, dass seine Söhne und Nachkommen für den Unterhalt der von ihm erbauten Stellichter Kirche sorgen und von den Zinsen des angelegten Kapitals einen gelehrten Mann als Pastor anstellen sollten.19 Demnach hat Dietrich Behr d. Ä., vermutlich um 1565, anstelle der alten Kapelle ein neues Gotteshaus erbauen lassen.20 1603 ist ein erster ev. Pastor namens Marten erwähnt, der „freien Tisch auf dem Hause“ hatte.21

Kirche, Ansicht von Nordosten, vor 1902

Kirche, Ansicht von Nordosten, vor 1902

Schon 1610 ließ der damalige Gutsherr Dietrich Behr d. J. unter Einbeziehung des Mauerwerks des Vorgängerbaus ein neues Gotteshaus errichten, das bei schlichtem Äußeren in einer zurückhaltenden nachgotischen Formensprache im Innern eine reiche, erlesene Ausstattung aufweist.22 Beginnend mit P. Daniel Schünemann (amt. 1622–1628) ist die Reihe der Stellichter (Guts-)Pastoren lückenlos bekannt.23 Im Jahr 1702 wurde die Gutskirche zur Pfarrkirche erhoben.24 Sie diente aber wohl noch vor allem den Gutsbewohnern als Gotteshaus, während die Dorfbewohner weiter die Kirche in Walsrode besuchten. 1754 änderten sich die kirchlichen Verhältnisse für das Dorf Stellichte: Die Dorfgemeinde wurde zum 1. März dieses Jahres der Gutskirche ratione curae animarum (aus seelsorgerlichen Gründen) „beigelegt“. Sie hatte nun einen Teil der Lasten mitzutragen, wobei der Gutsherr von Behr Patron und Eigentümer des Gotteshauses blieb. Der Pastor der Gutskirche war fortan auch Gemeindepfarrer des Dorfes Stellichte.25 1901 ließ Gutsherr Ulrich von Behr (1845–1903) die Kirche renovieren.26
Nach dem Weggang von P. Alfred Friedrich Paul Sumpf (amt. 1912–1919) blieb die Pfarrstelle Stellichte vakant und einer der Walsroder Geistlichen übernahm die Versorgung von Dorf und Gut.27 1939 zählte Stellichte 160 Gemeindeglieder, ein Kirchenvorstand existierte nicht.28 Mit dem Ostpfarrer Karl Schuster (amt. 1947–1950) hatte die Gemeinde für einige Jahre erneut einen eigenen Geistlichen, danach wurde sie erneut von Walsrode mitversehen. Bis zum Jahr 1974 verblieb die Kirche im Eigentum der Familie von Behr.29 Nach schon Mitte der 1960er Jahre begonnenen Verhandlungen über die Zukunft der Stellichter Kirche übergab die Familie von Behr 1975 das Kirchengebäude der ev.-luth. Landeskirche Hannovers, um ihren Unterhalt für die Zukunft zu sichern, und löste das Patronat mit Wirkung zum 1. April 1975 ab.30 Zum 1. Juli 1976 hob das Landeskirchenamt Hannover die kleine KG Stellichte auf und gliederte sie in die St. Johannis-KG Walsrode ein.31

Umfang

Dorf und Gut Stellichte.

Aufsichtsbezirk

Archidiakonat Ahlden der Diözese Minden für das Dorf, Diözese Verden für die Gutskapelle auf der rechten Seite der Lehrde (1479).32 – Nach Einführung der Reformation im Fsm. Lüneburg GSup. in Celle (1531), dann Inspektion mit wechselnden Suptur.-Sitzen in Gilten, Schwarmstedt, Walsrode, Ahlden und Düshorn. Ab 1815 Insp. Walsrode (Sitz 1821–1873 in Düshorn), seit 1924 KK Walsrode.

Patronat

Familie von Behr (bis 1975).

Kirchenbau
Kirche, Grundriss, vor 1901

Kirche, Grundriss, vor 1901

Dreiachsiger Backsteinbau mit dreiseitigem Chorschluss, zurückhaltende nachgotische Formensprache, erbaut 1608–10 unter Einbeziehung von Teilen des Vorgängerbaus.33 Satteldach, über dem Chor abgewalmt. Abgetreppte Strebepfeiler an Schiff und Chor, zweibahnige Rundbogenfenstern. In der Mittelachse der Südseite reich verziertes Portal mit ionischen Säulen, Gebälk und gesprengtem, figurenbekrönten Dreiecksgiebel mit Wappen der Familie von Behr, seitlich der Säulen Nischen mit Figuren der Apostel Petrus und Paulus. Im Innern flache, farbig gefasste Kassettendecke, verziert mit Sternen, Rosetten und Engelsköpfen; kleine Westempore; zwischen Chor und Schiff hölzerne Chorschranke mit kielbogenfömigem Durchgang. 1901 Renovierung (Karl Mohrmann, Hannover). 2008 Innen- und Außensanierung. 2018 Fenster saniert.

Turm

Westturm aus Backsteinmauerwerk mit Sandsteinsockel und quadratischen Grundriss.34 Turmhelm mit vierseitigem Ansatz, vierseitiger Laterne (geschlossen) und mehrfach gegliederter, kupfergedeckter Spitze, an ihrer Basis vier Wasserspeier; als Bekrönung Wetterfahne mit der Jahreszahl 1614; nach Osten Gaube mit Uhrziffernblatt und zwei Schlagglocken. Im Glockengeschoss je eine flachbogige Schallöffnung nach Norden, Süden und Westen. Rundbogiges Portal nach Westen, darüber Jahreszahl „1608“. Zu beiden Seiten des Turms niedrige Gruftanbauten für die Gutsbesitzerfamilie von Behr, erbaut 1710.

Vorgängerbauten

Eine erste Gutskapelle ließ Heinrich Behr wohl um 1479 erbauen. Vermutlich um 1565 ließ Dietrich Behr d. Ä. eine neue Kirche errichten, deren Mauern Dietrich Behr d. J. 1608–10 in den bis heute erhaltenen Kirchenbau einbeziehen ließ.35

Kirche, Blick in den Altarraum

Kirche, Blick in den Altarraum

Ausstattung

Die Stellichter Kirche bietet mit ihrer fast vollständig erhaltenen und einheitlichen Innenausstattung ein gutes Beispiel für um das Jahr 1600 erbaute Gotteshäuser.36 – Kastenförmiger Altar mit seitlichen Schranken. – Hölzernes Altarretabel in Renaissanceformen (1610), im Hauptfeld Kreuzigungsgemälde, flankiert von korinthischen Säulen, in den Seitenwangen Medaillons mit Gemälden der Geburt und der Taufe Jesu; im oberen Feld kleines Gemälde mit Darstellung des Jüngsten Gerichts, flankiert von je zwei korinthischen Säulen, daneben zwei Figuren mit Wappenschilden und den Inschriften: „Johan Behr 1610“ sowie „Maria v. Bothmer 1610“; als Bekrönung Sprenggiebel mit Figur des triumphierenden Christus; in der Predella Gemälde mit Abendmahlsszene, links und rechts die Einsetzungsworte. – Hohe, hölzerne Kanzel mit kronenartigem Schalldeckel (um 1610), angebracht an der Nordseite des Schiffs; kannelierte Säulchen vor den Ecken des polygonen Kanzelkorbs, an den Wandungen giebelbekrönte Rundbogennischen; an der Brüstung Inschrift: „Evangelium virtus dei in salutem omni credeti“ (Das Evangelium ist eine Kraft Gottes zum Heil für alle, die glauben); am unteren Rand Inschrift: „Verbum Domini manet in aeternam“ (Das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit); am Schalldeckel Inschrift: „Ad legem ad testimonium“ (Zum Gesetz und zum Zeugnis); am Aufgang rundbogige Füllungen. – Äußerst reich geschnitzte Holztaufe (um 1610) mit achteckigem Korpus und kronenartigem Deckel; Taufe ruht auf vier Klauenfüßen; an den Wandungen abwechselnd geschnitzte Figuren und Inschriften in Rundbogenfeldern: „Eph. 4. Ein Herr – ein Glaub, ein Tauffe – ein Gott und Vater – Unser aller“; am oberen Rand Inschrift: „Galat. 3. Wieviel unser getaufett sein, die haben Christum angezogen.“ – Halbkreisförmiges Gemälde mit Auferstehungsszene (vielleicht 16. Jh., Öl auf Holz). – Gemälde „Geißelung Christi“ (17. Jh.). – Patronatsgestühl beiderseits des Altars (1610), Füllungen an der Rückwand halbkreisförmig geschlossen und mit Pilasterstellungen versehen; Brüstungen mit Säulen verziert; kassettierte Decken und aufgesetztes Schleierwerk. – Hölzerne Chorschranke (1610) mit reich verzierter Brüstung und großem Kielbogendurchgang, der eine Triumphkreuzgruppe trägt. – Opferstock mit Engelsfigur (1901), Holz mit Eisenbeschlägen, farbig gefasst. – Grabstein für Ulrich von Behr (1532–1585), genannt der „böse Behr“, Relief des Verstorbenen, betend und in Ritterrüstung, im Rahmen acht Wappen; Inschriften: „Anno 1585 den 13. Novembris den Abendt umb 8 Uhr ist der gestrenge edle und ernvheste Ulrich Behr in Godt seliglich entschlaffen“ und „Rom 14 Leben wir so leben wir dem Heren sterben wir so sterben wir dem Here[n]. Darvmb wir lebe[n] oder sterbe[n] so sei wir des Heren“.37 – Hölzerne Gedenktafel für Franz Joachim von Spörken (1600–1637), ovales Bildfeld mit Gemälde der Auferstehung der Toten, Umschrift: „Spricht der Herr: Ich wil ewere Graeber auffthu[n] und wil euch, mein Volck, aus demselben heraus holen. Ezech. 37“, darunter Inschrift: „Der weiland Wol Edler gestrenger und Vester Frantz Joachim Spörke auf Moltzen und Emmendorf Erbgesessen, ist in diese Welt gebohrn alss man geschriben 1600. Achte tage vor Martiny undt von dieser Welt gescheiden zu Stellichte den 27. February 1637, seines Alters gewesen 36 Jahr 3 Monat und 14 Tage“; Bildfeld umgeben von acht Wappen: „D. Sporken, D. Behren“, „D. Sporken“, „D. v. Dagevord“, „v. d. Wense“, „D. v. Heinbrock“, „D. v. Munnichhausen“ und „D. v. Berge“. – Hölzernes Epitaph (1615) für Dietrich von Behr d. J. († 1632), seine erste Ehefrau Elisa von Bothmer († 1607) und seine zweite Ehefrau Dorothea von Asseburg, Mittelfeld mit Inschrift, gerahmt von vier Säulen, dazwischen Frauenfiguren als Tugenden (links Weisheit, rechts Mäßigung), darüber Gesims mit Wappen, Figuren (Eva, Adam, zwei Frauenfiguren, Putten) sowie Kreuz mit Taube; Inschrift im Mittelfeld: „Theodoricus Behr Joan. fil: Theod: nep: Ulr: pron: sibi nato 4. Decembr: ao. Christi 1575. hor. 9. Vesper: jam. denato 2. Decembr. Ao. Christi 1632. hor. 6. Vespert: aetatis. 57. demtis. 2. Dieb. et. 3 hor. et dehumatu. 8. Januarii. Ao: Christi. 1633: nec non. Dulcisss: coniugib: Elisae Magdal: Botmariea obiit 6. Jan. anno. 1607 vesp. vixit ann. 23. M. 10. D. 21. Dorotheae Asseburgiae. Mortalitatis. monumentum aeternitatis memoriam vives. P“, darunter: „Ossa vestra geminabunt. Esa. 66“ (Euer Gebein soll grünen. Jes. 66), darunter „Anno Christiano M.DC.XV“. – Hölzerne Gedenktafel für Johann von Behr († 1664), mit Wappen und Putten. – Hölzerne Gedenktafel für Friedrich von Behr († 1700), mit Wappen und Putten. – An der Brüstung der Westempore Wappen der Stifterfamilie mit den Namen „Dieterich Behr“ und „Dorothea B. v. d. Assebürgk“, darunter: „M. Marten de Mare. Orgelmacher“. – Inschriftentafel (1610): „Anno Christi 1450, Henricus Behr Henr. Fil. Wern. Nep. Wer. pron. sacellum hic voto pio primus p. aetate caducum Theodoricus Behr Joan. Fil. Theod. Nep. Ulr. Pron. Henr. abnep. dirvi novumq funditus praesenti forma opere sumptuoso in honorem. individuae trinitatis f. f. anno Christi 1610“ (da die Kirche nachweislich erst 1479 erbaut wurde, ist die Angabe der Jahreszahl 1450 unrichtig, auch die Angaben der Voreltern sind fehlerhaft).38 – Inschriftentafel (1610): „Durch Gottes segen hülff und raht mich Diettrich Ber erbauwet hat als Tausend jahr nach Christi gburtt Sechshundert Zehn geschriben wurtt. Der Herr nach sein verheisen thue das Abrahamss segen uff ihn ruhe“. – Inschriftentafel (1901): Im Jahre des Herrn 1901 liess Ulrich von Behr diese noch unberührte Kirche mit ihren wertvollen Holzschnitzereien wiederherstellen zur Ehre Gottes“. – Inschriftentafel (1901): „Wiederhergestellt 1901 unter Schonung aller erhaltenen Teile. Neu sind Thüren, Fenster, Altar- und Chortreppenbrüstung, Kirchenbänke, Opferstock, Fliesen teilweise. Baumeister Professor K. Mohrmann, Bauleiter Architekt R. Ph. Bromme, Bildhauer W. Baenke, Maler F. Koch, alle aus Hannover“. – Antependium (1901, Seidenstickerei), im Zentrum Agnus Dei mit Umschrift „Siehe das ist Gottes Lamm Joh. 1,36“, in den Ecken Symbole der vier Evangelisten; 2010 restauriert (Eva Kümmel, Lübeck).

Orgel

Orgel

Orgel

Ursprünglich um 1599 von Andreas de Mare (Bremen) für das Kloster Thedinga in Ostfriesland erbaut, nach Auflösung des Klosters 1609 von seinem Sohn Marten de Mare (Bremen) dort abgebaut. Das Pfeifenwerk wurde vermutlich in der Orgel der Großen Kirche in Leer verwendet, das Renaissancegehäuse baute Marten de Mare 1610 in der Stellichter Kirche auf; am Gehäuse Inschrift „Anno Domini 1610“, Zustand 1899: 13 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen.39 1900 Neubau des Orgelwerks, ausgeführt von Furtwängler & Hammer (Hannover), 10 II/P, pneumatische Traktur, Kegelladen (Opus 416).40 1984/85 Neubau des Orgelwerks als Rekonstruktion einer Renaissanceorgel, Arbeiten ausgeführt von Jürgen Ahrend (Leer-Loga), 12 II/aP, mechanische Traktur, Schleifladen. Prospekt und 23 Prospektpfeifen von 1610 erhalten.

Geläut

Zwei LG, I: as’ (Bronze, Gj. 1621), Inschriften: „V[on] G[ottes] G[naden] Christian Bischof zu Minden, Herz[og] z[u] Bruns[chweig] u[nd] Lun[eburg]“ und „Der Landdrost Behr ließ mich gießen zu Gottes Ehr 1621“, Bilder: zwei Wappen;41 II: h’ (Bronze, Gj. 2009, Glockengießerei Perner, Passau), Inschriften: „Sapientia – Iustitia – Temperantia – Fortitudo – Fides – Spes Caritas“ (Weisheit, Gerechtigkeit, Mäßigung, Mut, Glauben, Hoffnung, Liebe), „Verleih uns Frieden gnädiglich, Herr Gott, zu unsern Zeiten“ und „A[nno] D[omini] 2008. St. Georg – Christophorus – Jodokus – Kirche Stellichte“. – Zwei SG, I: gis’’ (Bronze, Gj. 2018, Firma Rincker, Sinn), niederdeutsche Inschrift: „Gev uns, Gott, wat noot deit“ und „2018 St. Georg-Christophorus-Jodokus Stellichte“; II: h’’ (Bronze, Gj. 2018, Firma Rincker, Sinn), niederdeutsche Inschrift: „Gev uns, Gott, wat goot deit“ sowie „2018 St. Georg-Christophorus-Jodokus Stellichte“. – Früherer Bestand: Eine LG (Bronze), umgegossen zu einer neuen LG (Bronze, Gj. 1743, Weidemann, Hannover), im Ersten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgegeben.42 Eine LG, b’ (Eisen, Gj. 1951, Firma Weule, Bockenem), Inschrift: „Ulrich Behr 1951“, 2009 abgenommen, vor der Kirche aufgestellt und durch jetzige LG II ersetzt. – Zwei eiserne SG, I: c’’’ (Eisen, Gj. um 1900, Firma Weule, Bockenem); SG II: e’’’ (Eisen, Gj. um 1900, Firma Weule, Bockenem), 2018 abgenommen und durch heutige SG ersetzt.

Weitere kirchliche Gebäude

Mit der Einführung der Reformation im 16. Jh. wurden Pfarrhaus, Pfarrwitwenhaus und Küsterhaus errichtet, die in einem kleinen besiedelten Bereich am Waldrand nördlich der Kirche lagen.43

Friedhof

Kirchhof diente ursprünglich als Begräbnisstätte für die Gutsbewohner, die sogenannten „Junkerleute“, und wurde nach Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse 1754 bald auch für die „Eingesessenen“ des Dorfes genutzt und vergrößert, wie zuletzt 1863.44 Die Familie von Behr hatte Erbbegräbnisse in und ab 1710 an der Kirche. 1925 errichtete die politische Gemeinde einen neuen Friedhof im heutigen Südwesten des Ortes, da der Kirchhof wegen Raummangels und hohen Grundwasserstandes nicht mehr nutzbar war.

Liste der Pastoren (bis 1940)

1603 Marten. – 1622–1648 Daniel Schünemann. – 1649–1672 Theodor Bergmann. – 1673–1686 Adam Höpfner. – 1686–1702 Johann Friedrich Trefurt. – 1702–1729 Jacob Anton Christian Rauschenbusch. – 1730–1739 Johann Friedrich Wilhelm Trefurt. – 1739–1757 Georg Heinrich Müller. – 1757–1769 Andreas Heinrich Peycke. – 1769–1780 Johann Christian Rodecourt. – 1781–1793 Heinrich Philipp Verclas. – 1793–1818 Adolf Heinrich Nölting. – 1819–1827 Andreas Karl Nikolaus Kraut. – 1828–1856 Georg Friedrich Wilhelm Wiesen. – 1856–1892 Friedrich Gottlieb Lodemann. – 1897–1904 Heinrich Georg Gehrich. – 1904–1909 Wilhelm Johann Heinrich Meyer. – 1910–1911 Dr. Wilhelm Viktor Georg Lueder. – 1912–1919 Alfred Friedrich Paul Sumpf.

Angaben nach: Meyer, Pastoren II, S. 411–412 und III, S. 42 (mit Ergänzungen nach Lange, S. 64).

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 10728–10730 (Pfarroffizialsachen); A 5 Nr. 908–909 (Spec. Landeskons.); A 9 Nr. 2212Digitalisat, 2213Digitalisat, 2214Digitalisat¸ 2215Digitalisat (Visitationen); B 18 Nr. 114, 238 (Orgelsachverständiger); D 99 (EphA Walsrode); S 09 rep Nr. 2122 (Presseausschnittsammlung); S 11a Nr. 7940 (Findbuch PfA).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1730
Trauungen: ab 1739
Begräbnisse: ab 1735
Kommunikanten: ab 1800
Konfirmationen: ab 1758 (Lücken: 1776)

Literatur & Links

A: Gemeindebuch KK Walsrode, S. 53–55; Kirchenkreis Walsrode, S. 34; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 1251–1252; Hahn, Heidekirchen, S. 79–81; Holscher, Bisthum Minden, S. 273; Manecke, Beschreibungen II, S. 399–400; Meyer, Pastoren II, S. 411–412; Mithoff, Kunstdenkmale IV, S. 246–248; Pantel, Denkmaltopographie Lkr. Soltau-Fallingbostel, S. 370–374; Wolff, KD Kr. Burgdorf und Fallingbostel, S. 154–163.
B: Stellichter Jubiläumsfestschrift 2010, hrsg. von Schützenverein Stellichte von 1860 e. V., Turn- und Spielverein von 1910 e. V. und Freiwilliger Feuerwehr Stellichte, Walsrode 2010; Karl Lange: Stellichte. Lüneburgisches Dorf und v. Behrsches Rittergut in geschichtlicher Verbundenheit, Brinkum 1950; Rosl Schäfer: St. Georg-Christophorus-Jodokus Kirche Stellichte, Walsrode ²2014; Friedrich Vogell: Sammlung theils bereits gedruckter, theils bislang ungedruckter Urkunden, woraus der Versuch einer Geschlechtsgeschichte des hochadelichen Hauses der Herren Behr im Hannoverschen und Curländischen entworfen ist, Celle 1815. [Digitalisat online].
Internet: Bildindex der Kunst & Architektur: Kirche.

Weitere Bilder

Fußnoten

  1. Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien II, S. 104.
  2. Erath, Codex, Nr. 10 (S. 64).
  3. Lange, S. 21; Wolff, KD Kr. Burgdorf und Fallingbostel, S. 154.
  4. Zu den unterschiedlichen Schreibweisen: Lange, S. 21.
  5. Digitalisat: http://digital.slub-dresden.de/id404350887/499.
  6. Hoyer UB I, Nr. 40.
  7. Vgl. Lange, S. 22 ff.; vgl. auch Pantel, Denkmaltopographie Lkr. Soltau-Fallingbostel, S. 370.
  8. Wolff, KD Kr. Burgdorf und Fallingbostel, S. 154 f.; Lange, S. 42 und S. 54 ff.
  9. Zur Familie von Behr vgl. Lange, S. 43 ff.
  10. Lange, S. 158; Pantel, Denkmaltopographie Lkr. Soltau-Fallingbostel, S. 370.
  11. Vgl. Pantel, Denkmaltopographie Lkr. Soltau-Fallingbostel, S. 18 f.
  12. Jubiläumsfestschrift, S. 7, S. 9 und S. 12 f.
  13. Vogell, Sammlung Behr, Nr. 60. Vgl. auch Holscher, Bisthum Minden, S. 273; Wolff, KD Kr. Burgdorf und Fallingbostel, S. 155.
  14. Vogell, Sammlung Behr, Nr. 61. Vgl. auch Lange, S. 57, Holscher, Bisthum Minden, S. 273; Wolff, KD Kr. Burgdorf und Fallingbostel, S. 155.
  15. Vgl. Holscher, Bisthum Minden, S. 273.
  16. Vgl. Lange, S. 62; Manecke, Beschreibungen, S. 399 f.
  17. Lange, S. 45 f. Zur Reformation im Fsm. Lüneburg vgl. Otte, Einführung Reformation, S. 8–27 bes. S. 11–16; Busch, Anfänge, S. 30–37.
  18. Brünecke/Gerhardt/Richter, Erbregister Rethem, S. 251, bemerkt dazu für die Zeit um 1669: „Es haben auch die Behren hierselbst eine eigene Kirche und dabei einen Priester, es ist aber selbe bloß für die vom Adel daselbst und deren Diener, und gehören sonst vorgenannte Meier und Kötner nach Walßrode zur Kirche“.
  19. Lange, S. 58; Wolff, KD Kr. Burgdorf und Fallingbostel, S. 155.
  20. Lange, S. 58.
  21. Lange, S. 64.
  22. Hahn, Heidekirchen, S. 79; Lange, S. 58; Mithoff, Kunstdenkmale IV, S. 247 f. Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 1251: „Seltenes Beispiel einer qualitätvollen, in Architektur und Ausstattung einheitlichen Gutskapelle aus dem frühen 17. Jh.“.
  23. Meyer, Pastoren II, S. 411 f., nennt als ersten Pastoren einen Daniel Schünemann (amt. 1622–1628); Lange, S. 64, nennt als ersten ev. Pastoren einen Marten im Jahr 1603, der „freien Tisch auf dem Hause“ hatte.
  24. Holscher, Bisthum Minden, S. 273; Manecke, Beschreibungen II, S. 399 f.
  25. Siehe zum Ganzen Lange, S. 61 ff. Auf S. 62 bringt Lange einen Auszug aus der hannoverschen Kanzleiverordnung betr. der Neuregelung der kirchlichen Verhältnisse in Stellichte durch die „Beilegung“ der Dorfgemeinde zur Gutskirche.
  26. Lange, S. 52.
  27. Gemeindebuch KK Walsrode, S. 54.
  28. LkAH, S 1 H III, Nr. 518, Bl. 24.
  29. Jubiläumsfestschrift, S. 10.
  30. LKA G 15/Stellichte, Bl. 100 ff.; Jubiläumsfestschrift, S. 10.
  31. KABl. 1976, S. 120.
  32. Holscher, Bisthum Minden, S. 273.
  33. Zum Bau vgl. Hahn, Heidekirchen, S. 79 f.; Lange, S. 58 f.; Mithoff, Kunstdenkmale IV, S. 247 f.; Wolff, KD Kr. Burgdorf und Fallingbostel, S. 156 ff.; Pantel, Denkmaltopographie Lkr. Soltau-Fallingbostel, S. 372 f.
  34. Vgl. dazu Wolff, KD Kr. Burgdorf und Fallingbostel, S. 150 f.
  35. Vgl. Lange, S. 57 f.
  36. Vgl. zum Ganzen Wolff, KD Kr. Burgdorf und Fallingbostel, S. 158 ff.; Hahn, Heidekirchen, S. 79 ff.; Lange, S. 59 ff.; Pantel, Denkmaltopographie Lkr. Soltau-Fallingbostel, S. 372 f. Siehe auch https://www.kirchengemeinde-walsrode.de/Kirchen/Kirche, 01.08.2022.
  37. Zu Ulrich von Behr vgl. Lange, S. 47 ff.
  38. Vgl. Wolff, KD Kr. Burgdorf und Fallingbostel, S. 160.
  39. LkAH, B 2 G 9 B, Nr. 640, Bl. 88 ff.
  40. Pape/Schloetmann, Hammer, S. 109.
  41. Zu dieser Glocke vgl. Lange, S. 65; Mithoff; Kunstdenkmale IV, S. 248; Wolff, KD Kr. Burgdorf und Fallingbostel, S. 161.
  42. Vgl. Mithoff, Kunstdenkmale IV, S. 248; Lange, S. 65.
  43. Vgl. Pantel, Denkmaltopographie Lkr. Soltau-Fallingbostel, S. 373.
  44. Zu den Friedhöfen vgl. Lange, S. 61.