Sprengel Stade, KK Rotenburg | Patrozinium: Markus | KO: Keine Kirchenordnung

Orts- und Kirchengeschichte
Gemeindehaus mit Kirchsaal, Außenansicht, 1968

Gemeindehaus mit Kirchsaal, Außenansicht, 1968

In der zweiten Hälfte des 20. Jh. entstanden in Schneverdingen östlich der Bahnlinie neue Siedlungsgebiete.1 Der KV der Peter-und-Paul-Gemeinde beschloss 1959 hier ein Grundstück „für einen eventuellen Bau einer Kirche oder eines Gemeindesaals“ zu erwerben.2 Nach dem Kauf eines Bauplatzes veranstaltete die KG 1963 einen Architektenwettbewerb; das Ensemble sollte aus Kirche, Gemeindehaus, Pfarrhaus und Küsterhaus bestehen.3 Nach Entwürfen des Hamburger Architekten Horst Fischer entstanden in einem ersten Bauabschnitt das Pfarrhaus (1967) und das Gemeindehaus (1968). Zur Verwirklichung von Kirche und Küsterhaus kam es zunächst nicht.4
Das Pfarrhaus bezog als erster P. Friedrich-Wilhelm Stock (amt. 1964–1979), Inhaber der dritten Pfarrstelle der KG Schneverdingen. Nach seiner Einschätzung speiste sich das Gemeindeleben in Schneverdingen wesentlich aus zwei Quellen: „Hermannsburger Missionsbewegung sowie ostdeutsche Gemeinschaftsbewegung“.5 Alle zwei Wochen lud er zum Sonntagsgottesdienst in das Gemeindehaus Ost ein; Familiengottesdienste, Hausbibelkreise, Vortragsveranstaltungen und Konfirmandenfreizeiten waren weitere Elemente des Gemeindelebens. Nach der Visitation der KG Schneverdingen 1969 resümierte der Sup. des KK Rotenburg, dass die Tradition lebendig sei und dass es überdies gelinge, im Gemeindezentrum Ost etwas für die „neu hinzuziehende z[um] T[eil] junge Bevölkerung“ zu tun. Gerade vor diesem Hintergrund sei es nicht ratsam, im Osten Schneverdingens eine neue KG zu gründen, damit sich „ein ‚konservatives‘ und ein ‚modernes‘ Schneverdingen“ nicht voneinander abkapselten.6
Seit Mitte der 1980er Jahre war die Aufteilung der KG Schneverdingen wieder verstärkt Thema.7 Für das Gemeindezentrum Ost schaffte die Gemeinde Ende der 1980er Jahre eine gebrauchte Pfeifenorgel an, eine Kanzel und einen Taufstein. Neben dem Gemeindezentrum konnte 1991 ein ev. Kindergarten eröffnet werden, in dem der um 1976 von Eltern gegründete Spielkreis aufging.8 Seit 1992 feierte die Gemeinde einen wöchentlichen Sonntagsgottesdienst im Gemeindezentrum Ost.

Gemeindehaus, Kirchsaal, Innenansicht, 1968

Gemeindehaus, Kirchsaal, Innenansicht, 1968

KV und Gemeindeversammlung hatten 1991 „trotz mancher Bedenken“ beschlossen, die Zweiteilung der KG Schneverdingen bis 1994 zu verwirklichen.9 Und zum 1. Januar 1994 gründete sich schließlich die „Ev.-luth. Markusgemeinde Schneverdingen“.10 Gemäß den 1991 festgelegten Bedingungen übernahm die neue KG von ihrer Muttergemeinde zwei Pfarrstellen, die pfarramtliche Verbindung mit der KG Heber und die Trägerschaft des Kindergartens. Das Pfarramt teilten sich anfangs P. Paul Dalby (amt. 1989–1999) und P. Peter Steinmeier (amt. 1992–1997). Von 1996 bis 2006 war die Markusgemeinde Trägerin der Diakoniestation Schneverdingen(-Neuenkirchen), die dann auf eine gemeinnützige GmbH überging.11
Das alte Gemeindehaus erwies sich bald als zu klein und genügte zudem nicht dem Wunsch der Gemeinde nach einem sichtbaren Zentrum.12 Auf dem Grundstück zwischen Gemeindehaus und Pfarrhaus sollte eine Kirche entstehen; der vorhandene Fußweg, der Heberer Straße und Ernst-Dax-Straße verband sollte erhalten und integriert werden.13 In Zusammenarbeit mit dem in Soltau gegründeten „Weltforum Wald“, das sich als externes EXPO-Projekt bewarb, entstand die Idee einer ressourcenschonenden und umweltgerechten Holzkirche, errichtet in moderner Brettstapelbauweise. Das Projekt verband somit alle Elemente des EXPO-Mottos „Mensch – Natur – Technik“. Es gelang, Lbf. Horst Hirschler (amt. 1988–1999) als Schirmherr für das Kirchenbauprojekt zu gewinnen und die Deutsche Bundesstiftung Umweltschutz als eine wesentliche Geldgeberin. Am vierten Advent 1999 feierte die Markusgemeinde die Einweihung ihrer „Eine-Welt-Kirche“. Im namensgebenden „Eine-Erde-Altar“, der einmal rund 7.000 Erdproben aus aller Welt aufnehmen wird, standen seinerzeit etwa 700 „Erdbücher“.14
Im Jahr 2004 legte die Gemeinde an der Südseite ihrer Kirche das „Eine-Welt-Beet“ an, in dem Pflanzen aus allen Erdteilen wachsen.15 Seit 2008 führt der „Jakobusweg Lüneburger Heide“ an der Eine-Welt-Kirche vorbei, die überdies das Signet „Verlässlich geöffnete Kirche“ trägt. Der Kindergarten Regenbogen ging 2012 in die Trägerschaft des neugegründeten „Ev.-luth. Kindertagesstättenverbands Rotenburg-Verden“ über.16

Pfarrstellen

I: 1994.17 – II: 1994–2012.18

Umfang

Schneverdingen östlich der Bahnlinie.

Aufsichtsbezirk

Mit Gründung der KG 1994 zum KK Rotenburg.

Kirchenbau

Quadratischer Holz- und Glasbau mit weitgehend gläserner Rechteckapsis im Osten, standerkerartigen Vorbauten nach Norden und Süden (überwiegend Glas) und Vorbau im Westen, errichtet 1999 (Architekt Lothar Tabery, Bremervörde), Kirchenbau u. a. gefördert von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt.19 Zwischen Kirche und westlichem Vorbau verläuft ein gläsern überdachter Fußweg („Kirche auf dem Weg“). Wände in Brettstapelbauweise errichtet (entwickelt von Julius Natterer, Lausanne), massive Bauelemente aus genagelten Bretterstapeln, außen Eichenholzbretterstapel, innen Kiefernholzbretterstapel, jeweils vertikal profiliert durch die abwechselnde Verwendung breiterer und schmalerer Bretter (Plus-Minus-Verfahren).20 Satteldach mit Photovoltaikanlage, Firstbereich zwischen Nord- und Süderker als Glasdach gestaltet; Apsis mit gläsernem Schleppdach; Vorbau mit Schleppdach. Im Innern Holzwände, offener Dachstuhl, Westempore.

Turm

In der Mitte des Dachs offene, pyramidenförmige Balkenkonstruktion über zentraler Lichtkuppel.21

Ausstattung

Eine-Erde-Altar (1999, Marianne Greve, Hamburg), dreiflügeliger Stahl-Glaskonstruktion mit Platz für 7.000 Erdbücher: transparente Plexiglasbehälter in Buchform, gefüllt mit Erde aus aller Welt (bei Einweihung 1999 insgesamt 700 Erdbücher vorhanden, 2009 gut 5.000). – Trapezförmiger Altartisch, Edelstahlkonstruktion mit Glasplatte. – Schlichte, lesepultartige Kanzel. – Taufe in Form einer Dreieckssäule mit abgerundeten Ecken. – Vier farbige Fensterbilder im Eingangsbereich (2000, Grafiker Harold Müller, Lübberstedt, und Badulo Bahlburg, Handeloh), dünne Stoffbahnen, angebracht vor den Fenstern, die Bilder zeigen die Entwicklung „Vom Baum zum Bauwerk“.22

Orgel

2002 digitale Orgel angeschafft, Modell B 346 F der Firma Benedikt Orgel Vertriebs GmbH (Bad Fallingbostel), 48 III/P.23

Geläut

Eine LG (Bronze, Gj. 1999, Firma Rincker, Sinn), Inschrift: „1999“, Bild: Gießerzeichen.

Weitere kirchliche Gebäude
Gemeindehaus, Kirchsaal, Blick zum Altar, 1968

Gemeindehaus, Kirchsaal, Blick zum Altar, 1968

Pfarrhaus (Bj. 1965–67). – Gemeindehaus (Bj. 1968) mit Kirchsaal (schlichter Altartisch; steinerne, lesepultartige Kanzel; Steintaufe aus Säulenschaft und zylindrischem Becken, Rand verziert mit Wellenornament; kleine Orgel mit freistehendem Pfeifenprospekt).

Friedhof

Kein kirchlicher Friedhof.

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

E 60 (Expo-Büro).

Literatur

B: Eine-Welt-Kirche, hrsg. von der Evangelisch-lutherischen Markus-Kirchengemeinde Schneverdingen, Schneverdingen 2011; Renate Berger (Red.): 20 Jahre Markus – eine Gemeinde auf dem Weg. Festschrift zum Jubiläum der Markusgemeinde Schneverdingen, Schneverdingen 2014; Frank Hasselberg: Die Eine-Welt-Kirche und der Eine-Erde-Altar in Schneverdingen als Beispiel für innovativen und zukunftsweisenden Kirchbau in der globalen Verantwortung für die Schöpfung. Ein Projekt der EXPO 2000, in: Jahrbuch der Gesellschaft für Niedersächsische Kirchengeschichte 98 (2000), S. 313–325; Walter Peters: Schneverdingen in fünf Jahrzehnten. Eine Dokumentation, Schneverdingen 1994.

GND

10010274-8, Ev.-Luth. Markusgemeinde Schneverdingen; 4611871-8, Eine-Welt-Kirche Schneverdingen


Fußnoten

  1. Vgl. die Karten in Eine-Welt-Kirche, S. 9 bzw. Berger, S. 15.
  2. Zit. in: Eine-Welt-Kirche, S. 10. Vgl. zum Folgenden ebd., S. 10 ff.
  3. LkAH, B 2 G 9/Schneverdingen, Markus Bd. I, Bl. 41a ff.
  4. Zum Gesamtentwurf Fischers vgl. LkAH, B 2 G 9/Schneverdingen, Markus Bd. I, Bl. 16a ff. (Zeichnungen in der Tasche).
  5. Eine-Welt-Kirche, S. 11.
  6. LkAH, L 5g, Nr. 289 (Visitation 1969). Vgl. auch ebd., Visitation 1974.
  7. Eine-Welt-Kirche, S. 13.
  8. Eine-Welt-Kirche, S. 15; Peters, S. 468.
  9. Eine-Welt-Kirche, S. 15; Hasselberg, S. 313 (Zitat).
  10. KABl. 1993, S. 193 f.
  11. Berger, S. 39 f. Gesellschafter der gGmbH sind der Verein für Diakonie e. V., die beiden Schneverdinger KG Peter und Paul sowie Markus, die Friedensgemeinde Heber und die Bartholomäusgemeinde Neuenkirchen.
  12. Hasselberg, S. 313; Eine-Welt-Kirche, S. 17.
  13. Hasselberg, S. 313. Ausführlich: Eine-Welt-Kirche, S. 25 ff.
  14. Zum Altar vgl. u. a. Eine-Welt-Kirche, S. 78 ff.
  15. Eine-Welt-Kirche, S. 59.
  16. KABl. 2012, S. 294 ff.
  17. KABl. 1993, S. 193 f.
  18. KABl. 1993, S. 193 f.; Berger, S. 30 f. und S. 41.
  19. Zum architektonischen Konzept vgl. Eine-Welt-Kirche, S. 25 ff.
  20. Hasselberg, S. 314. Ausführlich: Eine-Welt-Kirche, S. 32 ff.
  21. Hasselberg, S. 315: „als kombinierter Glocken-, Licht- und Thermikturm eine weitere Besonderheit des Gebäudes“.
  22. Eine-Welt-Kirche, S. 50 ff. (mit Abb.).
  23. Eine-Welt-Kirche, S. 54 f.