Frühere Gemeinde | KapG der KG Graste | Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Hildesheimer Land-Alfeld, Amtsbereich Alfeld | Patrozinium: – | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Schriftlich ist das kleine Dorf Netze erst 1487 nachweisbar.1 Netze lag im Gebiet des Amtes Winzenburg des Hochstifts Hildesheim und gehörte zum Besitz der Herren von Steinberg, die auch grundherrliche Rechte im Dorf innehatten (Niedergerichtsbarkeit). Nach den Angaben im Winzenburger Erbregister von 1578 besaß auch das Hildesheimer Moritzstift Land in Netze.2 Nach Ende der Hildesheimer Stiftsfehde (1519–1523) fielen die Winzenburger Ortschaften an das welfische Teilfsm. Braunschweig-Wolfenbüttel; 1643 kamen sie wieder unter stifthildesheimische Herrschaft. Nach den Bestimmungen des Reichsdeputationshauptschlusses fiel das Gebiet des Hochstifts Hildesheim 1803 an Preußen. Im kurzlebigen französischen Satellitenkgr. Westphalen zählte Netze zum Kanton Lamspringe im Distrikt Goslar des Departements Oker (1807–1813). Im Jahr 1815 kam der Ort, nun im Kgr. Hannover, wieder zum Amt Winzenburg, das 1828 im Amt Bilderlahe aufging (1852 umbenannt in Amt Lamspringe), welches wiederum 1859 in das Amt Alfeld eingegliedert wurde. Seit der Annexion von 1866 wieder preußisch kam Netze 1885 zum neuen Lkr. Alfeld (1977 weitgehend in Lkr. Hildesheim eingegliedert). Seit 1974 ist Netze Ortsteil der Gemeinde Woltershausen (ab 1965 Teil der Samtgemeinde und seit 2016 der Einheitsgemeinde Lamspringe). Neben der Landwirtschaft waren Flachsverarbeitung und Leinenweberei wichtige Erwerbszweig in Netze. Von 1907 bis 1958/59 existierte hier zudem ein Kalk- und Mergelwerk, im Visitationsbericht von 1950 wird der Ort dennoch als Bauerndorf charakterisiert.3 Das kleine Dorf Netze hatte 1809 gut 120 Einwohner, 1925 und 2014 jeweils knapp 160.

Kapelle, Ansicht von Nordwesten, um 1960

Kapelle, Ansicht von Nordwesten, um 1960

Kirchlich gehörte Netze wahrscheinlich schon in vorref. Zeit als Filialgemeinde zu Graste. Die luth. Lehre nahm die KapG vermutlich zusammen mit der Muttergemeinde an (erster Reformationsversuch 1542/44 unter der Herrschaft des Schmalkaldischen Bundes, Einführung der Reformation 1568 unter Hzg. Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel). In den Visitationsprotokollen von 1568 ist bei der „pfarr Grasden“ auch die „filial Natzen“ genannt.4 Eine eigene „Capelle zu Netze“ ist im Winzenburger Erbregister von 1578 aufgeführt.5 Vor 1578 kam die Gemeinde Graste mit ihrer Tochtergemeinde Netze als mater combinata zum Kirchspiel Lamspringe. Diese Verbindung besteht bis heute.
Mit der Rückkehr unter hildesheimische Herrschaft ging 1643 kein Wechsel der Konfession einher: Netze war nun ein luth. Dorf mit einem kath. Landesherrn. P. Johann Christian Greve (amt. 1707-1753) ließ 1721 in Netze eine neue Kapelle bauen und zwei Jahre später in Graste eine neue Kirche. Da sie zu klein war und überdies baufällig, genehmigte das Konsistorium 1851 den Abriss der Netzer Kapelle. Zwei Jahre später, am 15. Juli 1853 konnte die Gemeinde den bis heute erhaltenen Neubau einweihen.6 Der Pfarrer kam nun dreimal im Jahr zu einem GD in die Netzer Kapelle, jeweils an einem Mittwoch (zuvor nur einmal). 1938 erreichte der KapV die Verlegung dieser GD auf drei Sonntage (4. Advent, Laetare und letzter Julisonntag); seit 1954 feiert die Gemeinde an jedem ersten Sonntag des Monats einen GD in der Kapelle und 1956 kamen sechs weitere Termine hinzu.7 Zum 1. Januar 2008 löste sich die KapG Netze auf; Rechtsnachfolgerin ist die KG Graste.8

Kapellenbau

Rechteckiger Fachwerkbau auf Bruchsteinsockel mit Ziegelausfachung, erbaut 1851–53. Satteldach, Giebeldreiecke und Südseite mit Pfannen behängt; rechteckige Sprossenfenster, Eingang im Westen, darüber Inschrift: „‚Wie heilig ist diese Stätte‘ 1. Mos. 28, 17. 1851“. Im Innern u-förmige Empore. Innen- und Außensanierung 1955/56. 1963 Vorbau vor Eingang errichtet. 2004 Wiedereinweihung nach längerer Sanierung.

Kanzelaltar, um 1960

Kanzelaltar, um 1960

Turm

Viereckiger, verschieferter Dachreiter im Westen mit Zeltdach und Wetterfahne.

Vorgängerbauten

Kapelle 1578 erwähnt. Neubau 1721, 1851 abgerissen, da baufällig und zu klein.

Ausstattung

Schlichter Kanzelaltar mit fünfseitigem Kanzelkorb ohne Schalldeckel (1851/53, Tischlermeister Gottlieb Kippenburg, Bodenburg). – Sechseckiger, hölzerner Taufständer (Heinz Albrecht, Graste).

Orgel

Neubau von Orgelbaumeister Friedrich Weißenborn (Braunschweig) aus dem Jahr 1959, 3 I/–, mechanische Traktur, Schleifladen. Erste Orgel in Netze, ursprünglich für FKap Lamspringe bestimmt.9

Geläut

Eine LG a’’, Inschrift: „Selig sind die, die das Wort Gottes hören und bewahren“ (Bronze, Gj. 1951, Gebrüder Rincker, Sinn).10 – Früherer Bestand: Eine LG (Bronze, Gj. 1744), 1843 gerissen, später umgegossen zu einer neuen LG (Bronze, Gj. 1855, J. H. Bartels, Hildesheim), diese 1942 zur Kriegszwecken abgegeben.

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

D 43 (EphA Alfeld).

Literatur

A: Graff, Geschichte Kr. Alfeld, S. 569–570; Kiecker/Graff, KD Kr. Alfeld, S. 243–244.

B: Axel Christoph Kronenberg: Festschrift zur Weihe der renovierten Kapelle in Netze am 4. Juli 2004, Lamspringe [2004].

GND

10132954-4, Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Graste-Netze.


Fußnoten

  1. Kiecker/Graff, KD Kr. Alfeld, S. 244 (ohne Beleg).
  2. Junker, Winzenburger Erbregister, S. 427 f.; Graff, Geschichte Kr. Alfeld, S. 569 f.
  3. Kronenberg, S. 8; LkAH, L 5h, unverz., Lamspringe, Visitation 1950.
  4. Spanuth, Quellen, S. 276.
  5. Junker, Winzenburger Erbregister, S. 428.
  6. Kronenberg, S. 4.
  7. Kronenberg, S. 18 ff.
  8. KABl. 2007, S. 247.
  9. Kronenberg, S. 16.
  10. Laut Kronenberg, S. 16, handelt es sich um eine Stahlglocke, nach den Gutachten der Glockenrevisoren in den Visitationsakten jedoch um eine Bronzeglocke (u. a. LkAH, L 5h, unverz., Lamspringe, Visitation 1969 bzw. Visitation 2000).