Frühere Gemeinde | Anstaltsgemeinde | Sprengel Stade, KK Osterholz-Scharmbeck | Patrozinium: Martin | KO: Keine Kirchenordnung
Orts- und Kirchengeschichte
Die Geschichte der Martinsgemeinde Lilienthal beginnt in Neuenkirchen bei Bremen. Zum 1. Februar 1947 übernahm der Birkenhof Hannover („Verein zur Fürsorge und Ausbildung weiblicher Jugend e. V.“) das dortige Marine-Hospital, das fortan den Namen „Evangelisches Hospital Neuenkirchen (Unterweser)“ führte. Die Einrichtung bestand aus Krankenhaus, Altersheim und Kinderheim, später Pflegeheim für Kinder mit Behinderungen. Erster Vorsteher des Hospitals war P. Schulz (amt. 1947), gefolgt von P. Wolfgang Theopold (amt. 1947–1949). Mit Gründung des Vereins „Evangelisches Hospital Neuenkirchen e. V.“ löste sich die Einrichtung 1957 vom Hannoveraner Birkenhof. Da die Bundesregierung „auf Rückgabe des Areals an die Bundeswehr“ drängte, musste sich das Hospital in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre um ein neues Zuhause bemühen.1 Im Mai 1960 konnte der Grundstein für den Neubau in Lilienthal gelegt werden, 1962 verließ das Hospital Neuenkirchen und bezog die neuen Räumlichkeiten in Lilienthal. 1994 gründete die Muttergesellschaft Evangelisches Hospital Lilienthal e. V. drei selbständige Tochtergesellschaften: die Martins-Krankenhaus gGmbH, die Diakonische Behindertenhilfe gGmbH und die Diakonische Altenhilfe gGmbH (seit 2014: „Evangelische Dienste Lilienthal“).
Kirchlich gehörte das Hospital Neuenkirchen bzw. Lilienthal zur Anstaltsgemeinde Birkenhof in Hannover und erhielt 1948 eine eigene Pfarrstelle.2 Seit den 1950er Jahren wirkten zwei Geistliche in der Gemeinde, der Vorsteher des Hospitals P. Rudolf Schmidt (amt. 1956–1965) und die Vikarin (später Pn.) Dora von Wrangell (amt. 1953–1984). Ein Jahr nach dem Umzug nach Lilienthal weihte Lbf. Hanns Lilje am 11. Oktober 1963 die Martinskirche ein (und gleichzeitig auch offiziell das Hospital).3 Zum 1. Juli 1966 löste sich das Hospital Lilienthal schließlich auch kirchlich vom Hannoveraner Birkenhof: Das Landeskirchenamt errichtete die „Ev.-luth. Martins-Anstaltsgemeinde in Lilienthal“.4 Die neue Gemeinde übernahm die Neuenkirchener Pfarrstelle der Muttergemeinde Birkenhof und erhielt gleichzeitig eine weitere (begründet als Pastorinnenstelle). Vorsteher des Hospitals und Inhaber der Pfarrstelle war P. Hermann Isermeyer (amt. 1966–1971). Gottesdienst und Seelsorge bildeten die Schwerpunkte der Arbeit in der Gemeinde.5 Da der Inhaber der ersten Pfarrstelle gleichzeitig Vorsteher des Hospitals war setzte sich P. Wolfgang Cunow (amt. 1971–1993) in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre für die Errichtung einer dritten Pfarrstelle ein, die 1978 P. Reinhard von Stumpfeldt (amt. 1978–1984) übernahm.
Die Martinsgemeinde gehört seit 1994 zur Diakonischen Behindertenhilfe gGmbH und kooperiert mit den übrigen christlichen Gemeinden Lilienthals in der Lilienthaler Ökumene. Die Gottesdienste in der Martinskirche, gefeiert in einfacher Sprache, werden live in die Klinik Lilienthal und in die Einrichtungen der Evangelischen Dienste übertragen.
Zum 1. Juli 2024 wurde die Anstaltsgemeinde aufgehoben; Rechtsnachfolgerin ist die KG Lilienthal.6
Pfarrstellen
I: (1948) 1966 (übernommen vom Birkenhof Hannover).7 – II: 1966 (als Pastorinnenstelle errichtet).8 – III: 1978 (seit 1994 vakant).9
Umfang
Das Evangelische Hospital Lilienthal. „Glieder der Anstaltsgemeinde sind alle Glieder der Landeskirche, die im Gebiet der Anstaltsgemeinde wohnen oder sich dort nicht nur vorübergehend aufhalten“ sowie die Geistlichen der Anstaltsgemeinde (mit Familie) und ebenso die kirchlichen Amtsträger und hauptamtlich Beschäftigten der Anstalt samt Familien, „die ihre Zugehörigkeit zur Anstaltsgemeinde ausdrücklich erklären“.10
Aufsichtsbezirk
Mit Gründung der KG 1966 zum KK Lilienthal, der 1970 im KK Osterholz-Scharmbeck aufging.
Kirchenbau
Verklinkerter Rechteckbau mit gewölbter Ostwand, erbaut 1963 (Architekten: Kurt Schulze-Herringen, Erwin Gerding). Nach Norden schließt sich ein Gemeindehausflügel an. Satteldach; nach Süden kleines querrechteckiges Fenster (Vorraum), wandfüllendes, vertikal gegliedertes Fensterfeld mit schräggestellten Fensterflächen sowie Betonrahmung (Schiff) und hochrechteckiges Fensterfeld (Altarraum); nach Westen Hauptportal, darüber großes Rechteckfenster; an Ostwand Martinsrelief (1966, Ulrich Conrad, Worpswede). Im Innern gefaltete Flachdecke; Westempore; an Nordseite Durchgang zu Gemeindesaal, darüber balkonartige Empore. 1987 Sanierung.
Fenster
In Schiff und Altarraum Buntglasfenster nach Westen und Süden, gestaltet von Heinz Lilienthal (Bremen), im Altarraum Betonglasfenster, u. a. mit Taube und Fischen.
Turm
Runder Dachreiter mit offener, vertikaler Lamellenschalung und flachem Kegeldach, bekrönt mit Kreuz. – Offener, hölzerner Glockenträger an der Nordseite der Kirche.
Ausstattung
Schlichter, steinerner Altar (1963, Ulrich Conrad, Worpswede). – Niedrige Kanzel (1963, Ulrich Conrad, Worpswede), Stein und Metall. – Stelenartige, steinerne Taufe (1963, Ulrich Conrad, Worpswede), kugelförmiger Deckel mit bekrönendem Kreuz. – Wechselnde Wandteppiche als Altarbild, gestaltet von Gemeindegliedern der Anstaltsgemeinde und Hans-Jürgen Etzold. – Lesepult (Holz und Metall). – An der Nordwand fünfteilige Figurengruppe „Kosovo“ (2002, Hans-Jürgen Etzold, Bremen). – Schwebender Engel über der Taufe (Keramikerin Monika Nicolaus, Nordholz), seit 2007 in der Kirche. – Kleiner Engel am Kanzelfuß (Keramikerin Monika Nicolaus, Nordholz), seit 2007 in der Kirche. – Hölzerner Fürbittenleuchter (etwa 1999, Hans-Jürgen Etzold, Bremen). – In der Eingangshalle vor dem Gemeindesaal: Holzkreuz, reliefverziert (etwa 1998, Hans-Jürgen Etzold, Bremen).
Orgel
Instrument erbaut 1968 von Firma Hillebrand (Altwarmbüchen), 23 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen. 2000 Instandsetzung, Martin ter Haseborg (Uplengen).
Geläut
In hölzernem Glockenträger neben der Kirche eine LG, gʼ (Eisen, Gj. 1949, Firma Weule, Bockenem). – Im Dachreiter ein Glockenspiel mit 24 Glocken, cʼʼ–cʼʼʼʼ (Bronze, Gj. 1966, Firma Rincker, Sinn), größte Glocke trägt die Inschrift: „Ad Dei gloriam auctore Pastor Rudolf Schmidt“ (Zur Ehre Gottes durch Pastor Rudolf Schmidt); Anschaffung des Glockenspiels auf Anregung P. Schmidts, bei seiner Beerdigung 1965 Spenden dafür erbeten.11
Friedhof
Kein gemeindeeigener Friedhof.
Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)
L 5g Nr. 223 (LSuptur. Stade); S 09 rep Nr. 1587.
Literatur
A: Meyer-Korte, Gemeinden, S. 85–90.
B: 1947–1977. 30 Jahre Evangelisches Hospital Lilienthal, hrsg. vom Evangelischen Hospital Lilienthal, Lilienthal 1977; Die Chronik des Evang. Hospital Neuenkirchen, Neuenkirchen 1962; Wolfgang Cunow: Für Krank und Schwach Raum und Gemach Gott selber das Dach. Evang. Hospital Lilienthal 1963–1993, Lilienthal 1993; Wilhelm Dehlwes, Edda Buchwald (Hg.): Die Geschichte Lilienthals, 2 Bde. und 3 Sonderdrucke (I: Lilienthal gestern und heute, II: Lilienthal und seine Bewohner, Sonderdruck 3: Kloster, Kirchen und kirchliches Gemeindeleben), Lilienthal 1977–1981.
Website der Kirchengemeinde (01.03.2021)