KapG der KG Rodewald | Sprengel Hannover, KK Nienburg | Patrozinium: – | KO: Calenberger KO von 1569
Orts- und Kirchengeschichte
Die Vorbereitungen zum Bau der Siedlung Lichtenhorst auf dem Gebiet des Lichtenmoors begannen während des Ersten Weltkriegs: Anfangs etwa 1.500 Kriegsgefangene wurden ab 1914 zur Abholzung, Abtorfung und zum Straßenbau eingesetzt; später lebten zeitweise 3.000 und mehr Menschen im Kriegsgefangenenlager (aufgelöst 1924).1 Zum Lager gehörte eine russ.-orth. Lagerkirche. Die Siedlungsstellen wurden ab Herbst 1919 vergeben; die Siedler stammten überwiegend aus der Umgebung („zweite Bauernsöhne, Knecht, die selbständig werden wollten“), darüber hinaus kamen einige als Geflüchtete „aus dem Baltikum oder aus Wolhynien und der Ukraine“.2 Ab 1926 war Lichtenhorst eine eigenständige Gemeinde im Lkr. Neustadt a. Rbge. 1974 wurde Lichtenhorst nach Steimbke eingemeindet und kam damit zur Samtgemeinde Steimbke im Lkr. Nienburg/Weser. Im Jahr 1920 lebten knapp 160 Menschen in Lichtenhorst, 1936 rund 360, 1956 etwa 520 und 2011 geschätzt 390.
Kirchlich gehörte das Gebiet des späteren Lichtenhorst zur KG Rodewald. Zur Zeit der Anlage der Siedlung bestand der Plan, eine eigene Pfarrstelle einzurichten, der jedoch nicht verwirklicht wurde. Auch Überlegungen, Lichtenhorst nach Suderbruch oder Rethem einzupfarren, kamen nicht zur Ausführung. Seit Anfang etwa 1923 hielt der Pastor von Rodewald einmal im Monat einen Gottesdienst in Lichtenhorst; an den übrigen Sonntagen lud der Lichtenhorster Lehrer zu Lesegottesdiensten ein.3
Zum 1. Juli 1930 richtete das Landeskirchenamt Hannover innerhalb der KG Rodewald die KapG Lichtenhorst ein, deren seelsorgerliche Versorgung seitdem dem Rodewalder Pastor obliegt.4 „Das Verhältnis der Kapellengemeinde zur Kirchengemeinde Rodewald gleicht dem einer mater combinata“ schrieb P. Wilhelm Martin Backhaus (amt. 1929–1953) im Jahr 1935.5 Zum Gottesdienst versammelte sich die Gemeinde Lichtenhorst seit 1926 im Schulgebäude. 1930 gründete sich ein Posaunenchor. Die Grundsteinlegung der eigenen Kapelle feierte die Gemeinde am 17. April 1932; knapp sechs Monate später konnte sie das fertige Gebäude am 9. Oktober 1932 einweihen. Die Glocke übernahm die Gemeinde aus der ehemaligen russ.-orth. Lagerkirche. Im Bericht zur Visitation 1935 notierte P. Backhaus, die neue Kapelle habe „das christliche Gemeindebewußtsein in hohem Maße gefördert“ und es werde nun alle drei Wochen ein Gottesdienst gehalten.6
In der zweiten Hälfte des 20. Jh. gründete sich eine Gruppe des Jugendbundes EC in Lichtenhorst (1956: etwa 12 Teilnehmende). Zudem finden etwa seit den 1950er Jahren regelmäßige Bibelstunden der Landeskirchlichen Gemeinschaft in Lichtenhorst statt. Mit Posaunenchor, EC-Jugendgruppe und Landeskirchlicher Gemeinschaft entwickelte die KapG Lichtenhorst einen eigenen Charakter innerhalb der KG Rodewald.7
Umfang
Lichtenhorst.
Kirchenbau
Schlichter, rechteckiger Backsteinbau mit offener Vorhalle im Osten, ausgerichtet nach Westen, erbaut 1932 (Architekt: Regierungsbaumeister Glatt). Im Westen schließt sich ein späterer Gemeindesaal an. Satteldach, im Westen abgewalmt. Je vier rechteckige Sprossenfenster an den Längsseiten; im Ostgiebel ausgespartes Kreuz. Im Innern flach gewölbte, holzverschalte Decke; Westempore. Anfang der 1950er Jahre kleiner Gemeindesaal angebaut, Pultdach. 1969 Innenrenovierung. 1987/88 alter Gemeindesaal abgerissen und größerer Neubau errichtet. Um 2010/11 Außen- und Innenrenovierung.
Turm
Über dem Ostgiebel vierseitiger, offener Dachreiter mit spitzem, achtseitigem Helm, bekrönt mit Kugel und Wetterfahne, kupferverkleidet, erbaut 1953 (ersetzte den ursprünglichen, hölzernen Dachreiter).8 Neben der Kirche kleiner, offener Glockenträger, erbaut nach 2005. Holzgerüst mit flachem, vierseitigem Pyramidendach.
Ausstattung
Schlichter Blockaltar. – Eisenrelief an Altarwand (1969/70, Siegfried Steege, Schwarmstedt). – Taufe (1932). – Ehemalige Ausstattung: Wandbehang an Altarwand (1932).
Orgel
Um 1926 Harmonium angeschafft. Orgelneubau 1932/33, ausgeführt von Firma Faber & Söhne (Salzhemmendorf), 5 I/aP, mechanische Traktur, Schleifladen. 1980 Reparatur, ausgeführt von Firma Hillebrand (Altwarmbüchen). 2002/03 Umbau, ausgeführt von Orgelbauer Michael Braun (Eisbergen), 7 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen.
Geläut
Im Dachreiter: Eine LG, f’’ (Bronze, Gj. 2005, Firma Rincker, Sinn), Inschrift: „Ich will den Herrn loben allezeit. Psalm 34,2a“; Bild: aufgeschlagenes Buch mit Α und Ω. Im Glockenträger neben der Kapelle: Eine LG, gisʼʼ (Stahl, Gj. 1915, Bochumer Verein), ursprünglich in der russ.-orth. Kirche des Kriegsgefangenenlagers, bis 2005 im Dachreiter.9
Friedhof
Kommunaler Friedhof (ursprünglich Eigentum der KapG), FKap (Bj. 1964).
Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)
E 5 Nr. 0680 (Konsistorialbaumeister); L 5a Nr. 326 (LSuptur. Calenberg-Hoya mit Verden-Hoya und Celle); S 09 rep Nr. 1965 (Presseausschnittsammlung); S 11a Nr. 7778 (Findbuch PfA).
Kirchenbücher
Taufen: ab 1931
Trauungen: ab 1931
Begräbnisse: ab 1931
Kommunikanten: ab 1931
Konfirmationen: ab 1931
Früher siehe Mutterkirche Rodewald.
Literatur
A: Gemeindebuch KK Neustadt a. Rbge., S. 56–60; Dienwiebel, Ortsverzeichnis Hoya/Diepholz II, S. 380; Müller, Orgeldenkmalpflege, S. 140–141; Nöldeke/Karpa, KD Kr. Neustadt I, S. 88.
B: Posaunenchor Lichtenhorst. Festschrift zur 50-Jahr-Feier am 3. August 1980, Burgwedel 1980; Otto Niemeyer und Berthold Frost: Die terra Rodewald. Eine niedersächsische Landschaft in ihrer räumlichen und geschichtlichen Entwicklung, Hannover [um 1962], bes. S. 272–274; Hartmut Riepe: Die Kultivierung und Besiedlung des Lichtenmoores, Steimbke 1984; Heinz Schlichting: Steimbker Heimatbuch. Mit den Ortsteilen Steimbke, Lichtenhorst, Sonnenborstel, Wendenborstel, 3 Bde., Steimbke 1987–89, bes. Bd. I, S. 267–321, Bd. II, S. 187–241, Bd. III, S. 217–260; Annemarie von Weyhe: Erinnerungen an mein Leben in Lichtenhorst 1919–1985, [online, 06.09.2021].
Website der Kirchengemeinde (06.09.2021)
Fußnoten
- Riepe, S. 74 ff.; Schlichting, Bd. I, S. 284 ff.; Niemeyer/Frost, S. 272; Gemeindebuch KK Neustadt a. Rbge., S. 57; Weyhe, S. 5. Anfangs waren überwiegend belgische und französische Soldaten im Kriegsgefangenenlager interniert, später russische.
- Gemeindebuch KK Neustadt a. Rbge., S. 57.
- Niemeyer/Frost, S. 273.
- KABl. 1930, S. 79.
- LkAH, L 5a, Nr. 326 (Visitation 1935).
- LkAH, L 5a, Nr. 326 (Visitation 1935).
- LkAH, L 5a, Nr. 326 (Visitation 1956); L 5a, unverz., Visitationen Rodewald 1984 und 1991.
- Abb.: Schlichting, Bd. III, S. 236 f.
- Weyhe, S. 19.