Frühere Gemeinde | KapG der KG Wilkenburg | Sprengel Hannover, KK Laatzen-Springe | Patrozinium: kein mittelalterliches Patrozinium bekannt1 | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Urkundlich ist Hemmege erstmals in einer undatierten Urkunde Bf. Sigwards von Minden (amt. 1120–1140) erwähnt, die nach 1124 ausgestellt wurde.2 Hemmingen lag im sächsischen Marstemgau und war später Teil des Gogerichtsbezirks Pattensen.3 Im 12. Jh. war der Go Pattensen im Besitz der Gf. von Hallermund, die das Gebiet jedoch Mitte des 13. Jh. an die Hzg. zu Braunschweig-Lüneburg abgaben. Seit der welfischen Besitzteilung von 1433 gehörte Hemmingen zum welfischen Teilfsm. Calenberg (ab 1495 Fsm. Calenberg-Göttingen, 1692: Kfsm. Braunschweig-Lüneburg bzw. Kurhannover).4 1648 kam das Dorf zum Amt Koldingen.5 In französischer Zeit gehörte Hemmingen von 1810 bis 1813/14 zum Kgr. Westphalen (Kanton Pattensen, Distrikt Hannover, Departement der Aller). Danach war es, nun im Kgr. Hannover, wieder Teil des Amtes Koldingen, das 1824 im neuen Amt Hannover aufging. Mit der Annexion des Kgr. Hannover fiel Hemmingen 1866 an das Kgr. Preußen und seit Einführung der Kreisverfassung 1885 zählte der Ort zum Kr. Hannover (2001: Region Hannover). 1974 schlossen sich die Gemeinden Arnum, Devese, Harkenbleck, Hemmingen-Westerfeld, Hiddestorf, Ohlendorf und Wilkenburg zur neuen Gemeinde Hemmingen zusammen (seit 1999 Stadt Hemmingen). Mit dem um 1914 begonnenen Bau des Wohngebiets Westerfeld setzte eine Entwicklung ein, die das Dorf (Alt-)Hemmingen zu einem Vorort von Hannover veränderte. Um 1813 lebten gut 200 Menschen in Hemmingen, 1925 knapp 560, 1935 rund 1.880, 1950 fast 3.440 und 2011 etwa 6.675 (nur Alt-Hemmingen und Westerfeld; mit Eingemeindungen rund 18.405).
Kirchlich gehörte Hemmingen in vorref. Zeit zum Kirchspiel Wilkenburg. Ältestes Zeugnis der örtlichen Kirchengeschichte ist das Kapellengebäude selbst, dessen Baugeschichte allerdings noch wenig erforscht ist.6 Der Bau in seiner heutigen Form geht wohl auf das 16. Jh. zurück, enthält jedoch älteres Baumaterial (romanische Quadersteine); an den Innenwänden finden sich gemalte Weihekreuze. Das Altarschrein und seine Schnitzfiguren stammen ebenfalls aus vorref. Zeit.
Im Protokoll der reformatorischen Kirchenvisitation 1543 heißt es, die „Capella zu Hemmingen“ sei ein filial (Tochtergemeinde) der Parochie Wilkenburg.7 Der Wilkenburger P. Cyriakus Schlüter (amt. 1542–1568) war daher vermutlich der erste luth. Geistliche der Kapelle.8 Neben Hemmingen zählten auch Arnum und Harkenbleck zum Kirchspiel Wilkenburg. Im Protokoll der Generalvisitation von 1588 ist vermerkt, P. Peter Lincolanus (amt. 1569–1591) predige „Mittwochs abwechselnd auf den Dörfern, und zwar dann Katechismus und Examen mit der Jugend“.9 Die Kapelle gehörte den Einwohnern des Dorfes Hemmingen, die sie „in Bau und Besserung“ halten mussten.10
Seit 1893 lud der Wilkenburger Pfarrer während der Wintermonate zu einer wöchentlichen Bibelstunde in die Kapelle ein.11 Zudem fand „vierteljährlich je ein Predigtgottesdienst mit Feier des heil. Abendmahls“ in der Kapelle Hemmingen statt.12 Im Jahr 1936 lebten etwa zwei Drittel der Hemminger Gemeindeglieder in der neuen Wohnsiedlung Westerfeld; sie nahmen nach Einschätzung von P. Kurt Rode (amt. 1931–1955) kaum am kirchlichen Leben der KapG Hemmingen teil. 1949 errichtete das Landeskirchenamt Hannover die eigenständige KG Westerfeld.13 Seit Sommer 1955 fand in der Kapelle Hemmingen monatlich ein Gottesdienst statt.14
Zum 1. Juli 1976 hob das LKA Hannover die KapG Hemmingen auf und pfarrte ihre Gemeindeglieder um in die Trinitatis-KG Westerfeld.15

Umfang

Hemmingen. Bis 1949 auch das seit den 1910er Jahren besiedelte Wohngebiet Westerfeld (dann eigene KG Westerfeld.16

Kapellenbau

Rechteckiger Saalbau, erbaut wohl im 16. Jh., vermutlich anstelle einer um 1400 erbauten Vorgängerkapelle unter Verwendung älteren Baumaterials. Auskragendes Krüppelwalmdach. Bruchstein- und Quadermauerwerk mit Eckquaderung, Giebeltrapeze in Fachwerk, nach Westen mit Ziegelbehang, nach Osten mit Ziegelausfachung. Drei Rundbogenfenster nach Süden, ein Rechteckfenster nach Osten; vermauerte Rechteckfenster nach Norden. Rechteckportal nach Westen. Im Innern flache Decke, L-förmige Empore; Weihekreuze an den Wänden. Wohl im 17. Jh. Zwischendecke entfernt. 1824 Dach erneuert. Vor 1899 südliche Rundbogenfenster angelegt (vorher rechteckig). 1958 Instandsetzung.

Turm

Sechseckiger, verschieferter Dachreiter mit sechsseitigem Helm, bekrönt mit Kugel, Wetterfahne (Jahreszahl: 1956) und Kreuz. 1890 Dachreiter erneuert (Jahreszahl in älterer Wetterfahne).

Ausstattung

Blockaltar mit gemauertem Stipes und spätgotischem Retabel, in der Mitte des farbig gefassten Retabels Kupferplatte mit Kreuzigungsgemälde (angeblich 1729)17, im Hintergrund Landschaft mit Jerusalem; links und rechts je vier zweireihig angeordnete Schnitzfiguren vor Goldgrund (wohl 15. Jh.); Flügel des Retabels schon vor 1899 verlorengegangen; 1938 Retabel restauriert. – Sechsseitige, pokalförmige Holztaufe mit Deckel. – Außen: Steinkreuz und Kreuzstein.

Orgel

1851 Orgel an die KG Obershagen verkauft. 1998 Truhenorgel erworben, erbaut von Alfred Führer (Wilhelmshaven), 4 I/–, mechanische Traktur, Schleifladen.

Geläut

Eine LG, fisʼʼ (Bronze, Gj. 1662, Ludolf Siegfried, Hannover), Inschrift: „Zu Gottes Ehren haben die emptlichen Einwohner der Dorfschaft Hemmy diese Glocken dvrch Ludolf Siegfried giessen lassen anno 1662“.

Friedhof

1952 ein kirchlicher und ein kommunaler Friedhof vorhanden.18

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

D 13 (EphA Laatzen-Pattensen); S 2 Witt Nr. 03 (Fotosammlung).

Literatur & Links

A: 450 Jahre Reformation, S. 113–114; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 687; Hannig, Denkmaltopographie Lkr. Hannover, S. 214–215; Ohainski/Udolph, Ortsnamen Hannover, S. 202–204; Wolff, KD Lkr. Hannover und Linden, S. 23–24.

B: Horst-Rüdiger Marten: Die mittelalterliche Wehrkapelle und ihr gotischer Altar im alten Dorf Hemmingen bei Hannover, Hemmingen ²2010.

Internet: Bildindex der Kunst & Architektur: Kapelle und Ausstattung; Denkmalatlas Niedersachsen: Kapelle.


Fußnoten

  1. Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien I, S. 206. Es ist allerdings der Flurname „Unser Lieben Frauen acker“ belegt, der das Patrozinium Maria vermuten lässt, vgl. ebd. II, S. 94.
  2. Würdtwein, Subsidia VI, Nr. 108 [Digitalisat. Zum Namen und für weitere Belege vgl. Ohainski/Udolph, Ortsnamen Hannover, S. 202 f.
  3. Spieß, Calenberg, S. 73 ff.
  4. Zur Teilung von 1432 vgl. Pischke, Landesteilungen, S. 37 ff., speziell zu Pattensen vgl. Steigerwald, Streit, S. 297 ff. Der Name Fsm. Calenberg ist nicht zeitgenössisch, das Gebiet wurde als „Land zwischen Deister und Leine“ bezeichnet.
  5. Spieß, Calenberg, S. 148.
  6. Marten, S. 16 ff.
  7. Kayser, Kirchenvisitationen, S. 444.
  8. Kayser, Kirchenvisitationen, S. 443.
  9. Kayser, General-Kirchenvisitation I, S. 238.
  10. Marten, S. 18. Marten nennt als Quelle das Calenberger Hausbuch von 1592; bei Lathwesen, Calenberger Hausbuch, kommt Hemmingen nicht vor.
  11. Fraatz, Inspektion Pattensen, S. 40.
  12. LkAH, L 5a, Nr. 1445 (Visitation 1936).
  13. KABl. 1949, S. 53.
  14. LkAH, L 5a, Nr. 1445 (Visitation 1958).
  15. KABl. 1976, S. 117 f.
  16. KABl. 1949, S. 53.
  17. Marten, S. 28.
  18. LkAH, L 5a, Nr. 1445 (Visitation 1952).