Sprengel Hannover, KK Ronnenberg | Patrozinium: Christus (seit 1985) | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Das im Calenbergischen gelegene ehemalige Bergarbeiterdorf Egestorf, wohl um einen Edelhof entstanden, wird 1216 als Hedestorpe in einer Urkunde Papst Innozenz III. erstmals urkundlich erwähnt. 1241 schenkte Wedekind, Vogt von dem Berge (advocatus montis) dem Kloster Wennigsen eine curia in Egestorf.1 Der Zehnte gehörte dem Kloster Barsinghausen. Die zuständige Pfarrkirche war in Kirchdorf.

Kirche, Außenansicht, Luftbild, um 1960, (Kirche in der Mitte des Fotos)

Kirche, Außenansicht, Luftbild, um 1960, (Kirche in der Mitte des Fotos)

Schon im Mittelalter bildeten die Ortschaften Egestorf, Helmeringhusen und Ammerke eine KapG mit einer auf dem Helmerfeld gelegenen Kapelle. Sie war durch die in Kirchdorf und Egestorf begüterten Herren von Goltern gestiftet worden und wurde von diesen am 8. Juni 1300 dem Kloster Barsinghausen übertragen.2 Vermutlich ging infolgedessen auch die parochiale Zugehörigkeit von Kirchdorf auf Barsinghausen über. Nach der Zerstörung der Dörfer Helmeringhusen und Ammerke in der Hildesheimer Stiftsfehde (1519–23) siedelten sich ihre Bewohner in Egestorf an.3 Die alte Kapelle stand möglicherweise noch bis ins 17. Jh. Wann sie unterging, ist unbekannt. Auf den früheren Standort verweisen vielleicht einige Heiligenfiguren, die im 19. Jh. auf dem Helmerfeld aufgefunden wurden.
1542 wurde im Fsm. Calenberg die Reformation eingeführt. Das Kloster Barsinghausen wurde 1543 von Antonius Corvinus visitiert.4 Im Zuge dessen zog die fürstliche Regierung auch etwa 200 Morgen Land aus Vermögen der alten Kapelle ein und wies sie dem Allgemeinen Klosterfonds zu. 1649/50 erhielt Egestorf ein neues Schul- und KapGb, für dessen Bauunterhalt ausschließlich die Einwohner von Egestorf aufkamen.

Kirche, Blick zum Altar, um 1960

Kirche, Blick zum Altar, um 1960

Der Bergbau am Deister, die Anbindung an den Eisenbahnverkehr und die entstehende Kaliindustrie in Ronnenberg und Empelde führten in der zweiten Hälfte des 19. Jh. zu einem wirtschaftlichen Aufschwung. Im Hinblick auf die wachsende Einwohnerzahl wurde 1861 eine zweite Lehrerstelle eingerichtet. In der Kapelle übernahm der erste Lehrer den Lese-GD und die sonstigen kirchlichen Aufgaben, der zweite Lehrer den Organistendienst. 1908 veranlasste das Konsistorium in Hannover die Einrichtung einer ständigen Pfarrkollaboratur mit Sitz in Egestorf, die mit dem 1. Oktober 1912 zur selbständigen Pfarre erhoben wurde.5 Erster P. der Gemeinde war Walter Taube (amt. 1908–1945).
Als Pfarrwohnung erwarb die KG von der Klosterkammer das frühere Klobergsche Haus (Bj. 1867, ehemaligen Försterhaus des Kniggeschen Privatforsts). Nach dem Krieg wurde der Gebäudebestand erweitert. Das alte Pfarrhaus wurde 1962 verkauft und an seiner Stelle 1961/62 Am Stockfeld Pfarrhaus und Gemeindehaus neu errichtet. 1972 kaufte die KG von der Stadt Barsinghausen das Lehrerhaus und ließ es zu Mietwohnungen und Gemeinderäumen umbauen. Die Errichtung einer zweiten Pfarrstelle (die Gemeinde umfasste Ende der 1970er Jahre über 5.400 Gemeindeglieder6) machte 1983 den Ankauf eines zweiten Pfarrhauses (Riepenstraße 17, Bj. 1978, 2008 verkauft) notwendig. Nach Plänen der Architektin Beata Oelze wurde 2008/09 bei der Kirche ein neues Gemeindezentrum errichtet. Das Gemeindehaus Am Stockfeld wurde 2008 veräußert.
In der NS-Zeit stand P. Taube als BK-Mitglied in Opposition zur NSDAP, die in Egestorf dezidiert kirchenfeindlich auftrat. Die Verwaltung sprach mehrfach Verwarnungen gegen das Pfarramt aus. Die durch den Gauleiter verfügte Verhaftung des P. unterblieb jedoch.
1993 gründete sich ein „Freundeskreis Kirchenmusik und Kunst e. V.“, der u. a. die Finanzierung der Chorleiterstelle unterstützt.
Von 2010 bis 2017 war Egestorf mit der früheren Muttergemeinde Kirchdorf pfarramtlich verbunden.7 Seit Januar 2024 gehört die KG Egestorf zur „Ev.-luth. Gesamtkirchengemeinde Barsinghausen“.8

Pfarrstellen

I: 1. Oktober 1912. – II: 1. Juli 1973.9

Umfang

Ursprünglich die politische Gemeinde Egestorf und die frühere Bergbausiedlung Wennigser Mark der Gemeinde Wennigsen. Letztere (Gebietsteil Waldwinkel) wurde mit dem 1. Oktober 1983 in die KG Wennigsen umgepfarrt.10 Mit dem 1. Oktober 1995 wurde der Gemeindeteil Langreder Mark der KapG Langreder in der KG Kirchdorf11, mit dem 1. April 2001 die früher zu Barsinghausen gehörige KapG Nienstedt in die KG Egestorf eingegliedert.12

Aufsichtsbezirk

Seit Errichtung der KG zur Insp. (1924: KK) Ronnenberg.

Kirchenbau
Kirche, Altar

Kirche, Altar

Das KapGb von 1649/50 wird 1827 als abgängig bezeichnet machte 1835/48 einem Neubau Platz, der 1913 nach Plänen von Eduard Wendebourg (Hannover) zur Kirche erweitert wurde (Einweihung am 2. November 1913 durch GSup. Ludwig Möller). Saalartiger Sandsteinquaderbau. Altarnische mit rundbogigem Gewölbe. Ursprünglich Ausmalung nach Entwurf des Kunstmalers Koch. 1963 und 1980 saniert. Innenrenovierung 1997.

Fenster

Rundes Altarfenster mit einem Kreuz; im Zentrum der segnende Christus.

Turm

Quadratischer Dachreiter aus verschaltem Fachwerk (1853).

Ausstattung

Schlichter, gemauerter und geputzter Blockaltar mit Sandsteinplatte, früher mit einem hölzernem Altaraufsatz des Tischlermeisters Wilhelm Meyerhoff (nicht mehr vorhanden). – Die hölzerne Kanzel wurde von dem Tischlermeister Hermann Brandt geschaffen. – Sandsteintaufe des Bildhauers Sondershausen sen.

Orgel

Orgel

Orgel

Mit der Anstellung eines Organisten (1747) ist eine Orgel erstmals belegt; nähere Angaben liegen nicht vor. Nach der Erweiterung der Kapelle zur Kirche 1913/14 Neubau durch P. Furtwängler & Hammer (Hannover). 1953 Reparatur und Umdisponierung durch die Firmen Georg Niemeyer und Emil Hammer (Hannover), zuletzt 12 II/P, pneumatische Traktur, Taschenladen. 1975/80 Neubau hinter dem Prospekt von 1913 durch die Firma Emil Hammer (Arnum) unter Übernahme einiger Reg. aus dem bisherigen Werk, 15 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen.

Geläut

Zwei LG, I: gis’ (Sonderbronze, Gj. 1950, Albert Junker, Brilon; Stiftung des Industriellen Fritz Ahrberg aus Hannover); II: h’ (Bronze, Gj. 1913, Gebrüder Radler, Hildesheim) – Früherer Bestand: Die alte Kapellenglocke wurde 1913 an die Firma Radler abgegeben. Eine zweite Glocke von 1913 war 1942 eingeschmolzen worden

Friedhof

In Trägerschaft der KG (erst nach dem Zweiten Weltkrieg übernommen). Die Gemeindeglieder wurden ursprünglich in Barsinghausen beigesetzt. 1824 Eröffnung eines eigenen Friedhofs für die Gemeinde Egestorf an der Stoppstraße, 1955/56 erweitert. FKap (Bj. 1967, Architekt: Ing. Busch, AfBuK).

Liste der Pastoren (bis 1940)

1908– Georg Heinrich Walter Taube.

Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 229

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 2653–2654 (Pfarroffizialsachen); A 5 Nr. 770, 773–774 (Spec. Landeskons.); A 6 Nr. 2001 (Pfarrbestallungsakten).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1909
Trauungen: ab 1909
Begräbnisse: ab 1909
Kommunikanten: ab 1909
Konfirmationen: ab 1909
Früher siehe Barsinghausen.

Literatur

A: Hannig, Denkmaltopographie Lkr. Hannover, S. 184 f.; Piper, Glocken und Orgeln, S. 33.
B: 750 Jahre Egestorf am Deister. 1216–1955, [Barsinghausen 1966].

Weitere Bilder

Fußnoten

  1. Cal. UB VII, Wennigsen, Nr. 15.
  2. UB Barsinghausen, Nr. 91.
  3. Kayser, Kirchenvisitationen, S. 414, Anm. 844.
  4. Kayser, Kirchenvisitationen, S. 371–374.
  5. KABl. 1912, S. 85.
  6. LkAH, L 5d, unverz., Egestorf, Visitation 1977.
  7. KABl. 2010, S. 55.
  8. KABl. 2024 [in Vorbereitung].
  9. KABl. 1973, S. 108 f.
  10. KABl. 1983, S. 221.
  11. KABl. 1995, S. 148.
  12. KABl. 2001, S. 41.