Sprengel Stade, KK Rotenburg | Patrozinium: Heiliges Kreuz | KO: Keine Kirchenordnung

Orts- und Kirchengeschichte
Kirche, Blick nach Osten, Foto: Ernst Witt, Hannover, September 1954

Kirche, Blick nach Osten, Foto: Ernst Witt, Hannover, September 1954

Brockel wird 1124 in einer Urkunde Papst Coelestins II. als Besitz des Klosters Rastede genannt. Ein erster Kapellenbau, wohl Eigenkirche des Klosters Rastede, wird auf das 12. Jh. datiert. 1190 bestätigte Papst Clemens III. dem Kloster u. a. die eclesia Brocle cum villa. Die Messfeiern hielt zunächst vierteljährlich ein Geistlicher aus Rastede ab. Später verfügte Brockel über einen eigenen Vikar. Seit Ende des 15. Jh. war die Kirche/Kapelle der Verwaltung des Verdener Dompropstes unterstellt. Ende des 16. Jh. war sie Filial der Archidiakonatskirche von Scheeßel.1
Erster luth. P. in Brockel war Ulrich Grelle aus Walsrode (amt. 1559/60–1620), der 1579 die Konkordienformel unterschrieb. Sein Sohn Johann Grelle, der ihm 1620 nachfolgte, wurde während des Dreißigjährigen Krieges 1630 durch die Katholiken vertrieben. Erst 1633 wurde die Pfarrstelle mit Ulrich Grelle dem Jüngeren, einem Sohn desselben, wieder mit einem ev. Prediger besetzt.
Brockel war noch in den 1930er Jahren eine „ausgesprochene Bauerngemeinde“ mit wenigen Handwerkern und einigen Kaufleuten.2 Bei den KV-Wahlen von 1933 wurden einige DC-Mitglieder gewählt; sie schieden aber bis 1936 wieder aus.
Nach dem Zweiten Weltkrieg betrug die Zahl der Gemeindeglieder über 3.700, darunter rund 1.700 Flüchtlinge und Evakuierte.3 Für die Gemeindearbeit wurde 1963/64 neben dem Pfarrhaus ein neues Gemeindehaus mit Schwesternstation errichtet. Das alte Gemeindehaus von 1912 wurde anschließend verkauft. Die ehemalige Schwesternstation ging 1989 in der Diakonie-Sozialstation Visselhövede-Bothel auf. In der ehemaligen Pfarrscheune wurde 1999–2011 ein Dorfladen betrieben.
Im Zuge der Regionalisierung wurde mit dem 1. September 2010 der Ev.-luth. Kirchengemeindeverband Brockel-Kirchwalsede-Visselhövede errichtet.4

Pfarrstellen

I: Vorref. – II: 1. August 19875, 1. Oktober 1992 aufgehoben.6

Umfang

Ursprünglich nur das Dorf Brockel; erst nach 1570 wurde das Ksp. um die Ortschaften Söhlingen, Hemslingen, Bellen und Bothel vergrößert7 und umfasste (1823) die Dörfer Bellen, Bothel, Brockel, Groß Hemslingen Söhlingen und Wensebrock; das Landgut Trochel und die Schäfereien Altenbostel, Bösenkamp und Stelle. Mit dem 1. Oktober 1935 wurden die luth. Einwohner der Siedlung Bretel (bei Bothel) von Brockel nach Visselhövede umgepfarrt.8

Aufsichtsbezirk

Archidiakonat des Verdener Dompropsts.9 – 1651 der Suptur. Verden unterstellt. Durch Neuordnung der Aufsichtsbezirke in den Hzm. Bremen und Verden ab 1. Januar 1827 Insp. (1924: KK) Rotenburg.

Patronat

Der Abt des Klosters Rastede, nach der Aufhebung des Klosters (1529) die Gf./Hzg./Großherzöge von Oldenburg; 1667 bis 1774/74 in Personalunion die dänischen Kg. Das Patronat ist 1918 erloschen.

Kirchenbau
Kanzelaltar, Foto: Ernst Witt, Hannover, September 1954

Kanzelaltar, Foto: Ernst Witt, Hannover, September 1954

Das KGb wurde 1437/39 auf Veranlassung des Abts zu Rastede oder des Gf. von Oldenburg neu aufgeführt und 1804 durch einen Neubau des Moorkommissars Diedrich Kohlmann aus Bremervörde ersetzt. Rechteckige Saalkirche aus verputztem Feldsteinmauerwerk. Sakristeianbau an der Südseite aus späterer Zeit. Umlaufende Empore an der Nord- und an den beiden Schmalseiten. 1954, 1971 und 2004 renoviert.

Turm

Quadratischer Ostturm aus Feldsteinen mit verschieferter Fachwerk-Glockenstube und ins Achteck überführtem Spitzhelm, ursprünglich mit Schindeleindeckung, seit 1978 in Walzblei.

Grablege

In der alten Kirche (vor 1804) befanden sich die Erbbegräbnisse der Familien von Zahrenhausen, von Lützow und von Hohnhorst (Besitzer der adeligen Güter Brockel, Bothel und Trochel).

Ausstattung

Klassizistische Kanzelaltarwand vor der südlichen Längswand aus der Bauzeit der Kirche (1804), Taufe im Pfosten einer Altarschranke. – Grabplatte des Küsters und Schulmeisters Otto Ahrend Grelle († 1721) und seiner Frau Magdalena Mittelstadt († 1725). – An der Nordwand ein aus Korb gestaltetes Bild des Künstlers Hans Karl Zeisel (2006).

Orgel, Foto: Ernst Witt, Hannover, September 1954

Orgel, Foto: Ernst Witt, Hannover, September 1954

Orgel

Auf der Nordempore. 1832/33 Einbau der ersten Orgel durch den Hoforgelbauer Christian Bethmann (Linden/Hannover), 13 I/P, mechanische Traktur. Neubau 1869 durch P. Furtwängler (Elze) unter Verwendung von Teilen des vorigen Instruments, 17 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen. 1978 von Firma Emil Hammer (Arnum) restauriert.

Geläut

Drei LG, I: f’ (Bronze, Gj. 1954, F. Otto, Bremen-Hemelingen); II: as’ (Bronze, Gj. 1954, F. Otto, Bremen-Hemelingen); III: b’ (Bronze, Gj. 1924, F. Otto, Bremen-Hemelingen). – Eine SG (Stundenglocke) aus Stahl in einem Auslager am Turmhelm. – Früherer Bestand: Die Kirche hatte 1804 zwei LG in as’ und b’. Die kleinere, 1886 geborsten und neu gegossen, wurde 1917 zusammen mit der SG eingeschmolzen. Ein in die USA ausgewanderter früherer Einwohner von Hemslingen im Ksp. Brockel stiftete 1924 eine neue LG mit dem Schlagton b’ (die heutige LG III). Im Zweiten Weltkrieg wurde die große LG abgegeben und 1954 das Geläut um die beiden jetzigen LG I und II ergänzt.

Friedhof

Eigentum der KG, 1825 vom Kirchhof an den östlichen Dorfrand verlegt. FKap (Bj. 1970). 2012 wurde der Friedhof zu einem „Garten der Kommunikation“ umgestaltet.

Liste der Pastoren (bis 1940)

1560–1620 Ulrich Grelle. – 1620–1630 Johann Grelle. – 1633–1658 Ulrich Grelle. – 1659–1691 Johann Daniel Münter. – 1691–1699 Johann Hinrich Döpking. – 1700–1736 Henrich Pape. – 1737–1745 Henrich Pape. – 1745–1779 Johann Hermann Strackerjahn. – 1779–1798 Johann Albrecht Kropp. – 1799–1811 Johann Heinrich Mutzenbecher. – 1811–1817 Heinrich Gottlieb Rodde. – 1817–1872 Hermann Ludwig Kropp. – 1872–1896 Karl Bernhard Kropp. – 1896–1938 Georg Ernst Friedrich Wischmann. – 1939–1950 Siegfried Schmidt.

Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 130, ebd. III, S. 12

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 2 Nr. 273–285 (Pfarroffizialsachen); A 6 Nr. 1190–1194 (Pfarrbestallungsakten); A 8 Nr. 74Digitalisat (CB); A 9 Nr. 2570Digitalisat, 2610Digitalisat (Visitationen); D 63 (EphA Rotenburg).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1661 (Lücken: 1662, 1664–1667, 1672–1674, 1678, 1671, 1675, 1677, 1682; unvollständig: 1661, 1663)
Trauungen: ab 1680
Begräbnisse: ab 1670 (Lücken: 1671; unvollständig: 1670)
Kommunikanten: ab 1876 (Lücken: 1907; Zahlenregister: 1872–1875)
Konfirmationen: ab 1799

Literatur

A: Aye/Kronenberg, Taufbecken, S. 87, Nr. 66; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 297; Hahn, Heidekirchen, S. 95; Heyken, Kirchen I, S. 36–38.

B: Doris Wesseloh und Walter Merz: Heilig-Kreuz-Kirche Brockel 1804–2004, o. O. [2004]; Ernst Meyer: Das Kirchspiel Brockel und die Wasserdörfer, in: Helmut Janssen: Der Landkreis Rotenburg (Wümme). Geschichte, Landschaft, Wirtschaft, Oldenburg (Oldb) [1970], S. 291 f.; Peter Richter: Brockel von den Anfängen bis heute, Brockel 2012.


Fußnoten

  1. Dörfler, Scharf, S. 173.
  2. LkAH, L 5g, Nr. 141 (Visitation 1936).
  3. LkAH, L 5g, Nr. 141 (Visitation 1948, Beantwortung der Visitationsfragen V.1).
  4. KABl. 2010, S. 111.
  5. KABl. 1987, S. 114.
  6. KABl. 1992, S. 171.
  7. Dörfler, Scharf, S. 173.
  8. KABl. 1935, S. 134.
  9. Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien II, S. 123.