Sprengel Lüneburg, KK Uelzen | Patrozinium: Petrus | KO: Lüneburger KO von 1643

Orts- und Kirchengeschichte

Die Burg in Bodenteich wird im 13. Jh. als Lehen der Welfen erstmals erwähnt. Sie befand sich im Besitz des nach dem Ort benannten Adelsgeschlechts von Bodendike, kam zwischen 1323 und 1437 durch Kauf mit zugehörigem Grund und Boden an die Hzg. von Braunschweig und Lüneburg und wurde Sitz einer Vogtei bzw. später eines Amtes. Das Amt war bis 1654 mehrfach verpfändet, seither von Lüneburger Amtmännern verwaltet.1 1859 ging es im Amt Oldenstadt auf.

Kirche, Blick zum Altar, 1935, Urheberrecht: Bildarchiv: Niedersächsisches Landesverwaltungsamt Hannover, Landeskonservator

Kirche, Blick zum Altar, 1935, Urheberrecht: Bildarchiv: Niedersächsisches Landesverwaltungsamt Hannover, Landeskonservator

Das Petrus-Patrozinium der Kirche deutet auf eine Gründung zur Zeit der fränkischen Landnahme hin. Die erste urkundliche Erwähnung datiert auf das Jahr 1323, als die Knappen von Bodendike dem Hzg. Otto von Braunschweig und Lüneburg ihren Anteil an Schloss und Weichbild Bodenteich cum jure patronatus ecclesiae ibidem verkauften.2 Als erster Geistlicher in Bodenteich ist 1377 (nicht 1323) der Pfarrer Heiso nachgewiesen, der seine Pfarre Hzg. Albrecht von Sachsen-Lüneburg zugunsten des Geistlichen Johann von Walnow resignierte.3 Am 14. Oktober 1453 schlichtete der Ebstorfer Propst Hillebrand von Elze einen Streit zwischen dem Propst Heinrich Gärtner und dem Pfarrer Detmar von der Möhlen (domino deptmaro de mola plebano) in Bodenteich über den Zehnten eines Hofs in Lüder.4 Die Reformation wurde 1527 mit dem Fsm. Lüneburg eingeführt. Erster luth. P. war der 1531 durch Ernst den Bekenner nach Bodenteich entsandte Hermann Sonnemann (amt. bis 1574).
P. Endemann, der ab 1933 amtierte, trat nach anfänglicher DC-Mitgliedschaft noch 1933 der BK bei. 1937/39 fanden in einer Gaststube gelegentlich DC-GD mit einem auswärtigen Prediger statt. Der Zuspruch blieb jedoch gering. 1941 wurde die ev. Bekenntnisschule in eine Gemeinschaftsschule umgewandelt. Beeinträchtigt wurde das Gemeindeleben durch die Ansiedlung eines RAD-Lagers und einer Heeresmunitionsanstalt (MUNA) in Bodenteich-Heide. Wegen des zunehmenden Umfangs der KG (über 5.900 Gemeindeglieder in 18 Ortschaften) gab es schon bald nach dem Zweiten Weltkrieg Überlegungen, einen Teil der Außenorte auszupfarren. Durch die Besiedelung der früheren Munitionsanstalt stand eine weitere Zunahme zu erwarten. KV und KKV setzten sich dagegen zur Entlastung des Amtsinhabers für die Bestellung eines Pfarramtshelfers bzw. die Errichtung einer weiteren Pfarrstelle ein. 1951 bis 1954 wurde die Gemeinde zusätzlich durch einen Pfarrvikar, nachher durch einen Pfarrdiakon betreut. 1963 wurde eine zweite Pfarrstelle errichtet.
Eine KapG mit eigener Kirche befindet sich seit alters her in Lüder (2024 aufgehoben). Für die Ortschaften Soltendieck, Heuerstorf, Kattien und Thielitz, die nach dem Zweiten Weltkrieg einen größeren Bevölkerungszuwachs zu verzeichnen hatten, fanden seit 1950 eigene GD in der Soltendiecker Schule statt, neben der 1956 ein Glockenturm errichtet wurde. 1968 wurden die GD in das Dorfgemeinschaftshaus verlegt. 1972/73 errichtete die politische Gemeinde eine FKap (Christuskapelle, Architekt: Günther Gröhn, Bodenteich) und übereignete sie der KG Bodenteich. Genutzt wird sie auch durch die kath. Pfarrgemeinde.
Seit 2006 besteht in Bodenteich ein Förderverein der KG.

Pfarrstellen

I: Vorref. – II: 1. April 1963.5

Umfang

Der Flecken Bodenteich, die Dörfer Abbendorf, Bomle, Flinten, Häcklingen, Hoyerstorf, Kattien, Kuckstorf, Lüder (bis 2024 KapG), Langenbrück, Overstedt, Reinstorf, Röhrsen, Schafwedel, Schostorf und Soltendieck sowie die Siemkemühle. Ab Sommer 1946 war die zum Ksp. Langendorf (Kreis Salzwedel) gehörige Gemeinde Thielitz (später zur politische Gemeinde Soltendieck) der pfarramtlich Versorgung von Bodenteich zugewiesen.6 Sie wurde mit dem 1. Januar 1983 aus der Kirchenprovinz Sachsen in die Ev.-luth. Landeskirche Hannovers und in die St.-Petri-KG Bodenteich umgegliedert.7

Aufsichtsbezirk

Propstei Uelzen der Diözese Verden. – Nach der Reformation Propstei/Insp. (1924: KK) Uelzen.

Patronat

Die Ritter von Bodenteich (Bodendike) als Besitzer eines Teils des Schlosses. 1323 verkauften die Knappen Anno und Balduin von Bodendike ihren Teil des Schlosses an Hzg. Otto von Braunschweig und Lüneburg und seine Söhne Otto und Wilhelm.8 Seither der Landesherr (bis 1871).

Kirchenbau – Petrikirche

Kirche und Kirchturm wurden durch kriegerische Auseinandersetzungen mehrfach in Mitleidenschaft gezogen, so 1373 im Lüneburger Erbfolgekrieg, 1519 in der Hildesheimer Stiftsfehde und 1640 im Dreißigjährigen Krieg. Der letztere größere Schaden entstand durch einen verheerenden Ortsbrand 1808. 1817 wurde zunächst wieder ein hölzerner Glockenturm errichtet, 1833 das marode Kirchenschiff abgerissen und bis 1836 durch einen Neubau nach Entwurf von Friedrich August Ludwig Hellner ersetzt (Einweihung am 6. November 1836). Die fünfachsige klassizistische Hallenkirche aus Ziegelsteinmauerwerk mit rundbogigen Sprossenfenstern ruht auf einem Feldsteinsockel. Der Innenraum wird durch Emporen auf Holzsäulen mit dorischen Kapitellen in drei Schiffe gegliedert (Mittelschiff unter Tonnengewölbe, die beiden Seitenschiffe flach gedeckt). 1912 wurde das Gewölbe von Wilhelm Sievers (Hannover) mit einem Sternenhimmel ausgemalt. Renovierungen 1912, unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg (Beseitigung der Kriegsschäden) und 1976/77 (dabei u. a. das klassizistische Gestühl ersetzt, Altarraum um eine Stufe gesenkt und Fußboden mit Bützflether Ziegelparkett belegt).

Fenster

Mittelstück des Chorfensters mit einer Darstellung der Anbetung der Hirten von Kunstmaler Franz Lauterbach, Hannover (1929, 1945 bei der Explosion eines Munitionszuges teilweise zerstört und 1976/77 durch ornamentale Scheiben aus der Glasmanufaktur Schneider in Glinde/Hamburg ergänzt).

Turm

Quadratischer Westturm aus Ziegelmauerwerk (1894/95, Entwurf: Werner Soechtig, Hildesheim) mit neobarocker Zwiebelhaube von 1925. Die Haube erhielt nach Sturmschäden 1970 eine neue Bekrönung mit Knauf und Kreuz; anstelle der ursprünglichen Verschieferung seit 1975 in Kupfer eingedeckt.

Ausstattung

Klassizistische Kanzelaltarwand mit architektonischer Gliederung durch vier Säulen korinthischer Ordnung und zwei rundbogigen Durchgängen zur Kanzeltreppe und zur Sakristei an der Nordseite. – Kelchförmige Sandsteintaufe mit vergoldeten Palmzweigen (1836). – Schmiedeeiserner Taufleuchter aus der Partnergemeinde Conradsdorf/Sachsen.

Kirche, Blick zur Orgel, vermutlich 1976

Kirche, Blick zur Orgel, vermutlich 1976

Orgel

Die ursprüngliche Orgel mit 19 I/P erbaut 1700 von Conrad Euler (Wahmbeck), wurde 1831/32 nach Ohrdorf verkauft. Im Zuge des Neubaus des Kirchenschiffs erfolgte 1836 ein Neubau durch Conrad Euler. 1917 Ausbau der Prospektpfeifen. Neues Werk 1922 von P. Furtwängler & Hammer (Hannover), 23 II/P, pneumatische Traktur. 1946/49 Umbau und Erweiterung auf 29 klingende Stimmen durch Paul Ott (Göttingen). Weiterer Neubau des Werks 1996 durch Gebrüder Hillebrand (Altwarmbüchen), 27 II/P (HW, SchwW), mechanische Traktur, Schleifladen. Einweihung 3. November 1996. – Der Prospekt von Euler steht unter Denkmalschutz.

Geläut

Drei LG, I: d’ (Stahl, Gj. 1956, Bochumer Verein); II: e’ (sogenannte Welfenglocke mit Reiterbild Kg. Ernst August von Hannover, Bronze, Gj. 1874, J. J. Radler, Hildesheim)9; III: g’ (Stahl, Gj, 1956, Bochumer Verein). – Zwei SG, I: a’’ (Eisen, Gj. um 1920); II: h’’ (Eisen, Gj, um 1920).

Kapellenbau – Christuskapelle Soltendieck

Flacher Saalbau auf rechteckigem Grundriss, errichtet aus holländischen Handformziegeln. Asymmetrisches Schmetterlingsdach.

Fenster

Farbige Betonverglasung (nicht gegenständlich) von Heinz Lilienthal.

Turm

Freistehender Glockenträger (Holzständer mit kreuzförmiger Ziegelausfachung, 1981).

Orgel

Elektrisches Instrument der Firma Ahlborn.

Geläut

Eine LG in c’’ (Bronze, Gj. 1980, Heidelberger Glockengießerei).

Weitere kirchliche Gebäude

Das alte Pfarrhaus wurde 1808 zerstört. Der Nachfolgebau wurde 1971 abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt. Das Pfarrhaus II und das Gemeindehaus wurden 1966 errichtet.

Friedhof

An der Schulstraße (südlicher Ortsrand). Ursprünglich bei der Kirche. 1785 Anlage eines neuen Friedhofs auf dem Leinenberg. Bis 1975 in Trägerschaft der KG, seither Samtgemeinde Aue. Leichenhalle von 1883, wurde 1957/58 nach Entwurf von Karl Schlockermann (Uelzen) zur FKap erweitert. Mosaik an der Altarwand von Renate Strasser. – Weitere kommunale Friedhöfe innerhalb der KG in Lüder, Langenbrügge, Schafwedel, Kattien, Bomke, Röhrsen, Heuerstorf, Soltendieck und Thielitz.

Liste der Pastoren (bis 1940)

1534–1574 Hermann Sonnemann. – 1574–1575 Michael Nesen. – 1576–1585 Martin Schridde. – 1585 Heinrich Büscher (Buffe?). – 1585–1608 Peter Hülsing. – 1608–1639 Johannes Schridde. – 1639–1648 Henricus Mellinger. – 1648–1670 Bartholomäus Mellinger. – 1670–1679 Hieronymus Prätorius. – 1679–1703 Georg Berkemeyer. – 1703–1728 Erhard Christoph Bussenius. – 1728–1756 Joachim Christoph Müller. – 1756–1786 Hartwig Ludolph Baumann. – 1786–1798 Christian August Knopf. – 1798–1820 Karl Christoph Wilhelm Fischer. – 1820–1831 Rudolf Wilhelm Friedrich Illing. – 1831–1838 Eduard Friedrich Wilhelm Koch. – 1838–1878 Johann Heinrich Wilhelm Kastendieck. – 1878–1900 Otto Ludwig Wilhelm Bauer. – 1901–1902 Dr. Franz Adolf Gustav Sprenger. – 1902–1932 Georg Wilhelm Grauerholz. – 1933–1954 Karl Adolf Friedrich Endemann.

Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 107

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 1262–1276 (Pfarroffizialsachen); A 6 Nr. 961–970 (Pfarrbestallungsakten); A 8 Nr. 62Digitalisat (CB); A 9 Nr. 263Digitalisat, 264Digitalisat (Visitationen).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1679 (Lücken: 1727–1729)
Trauungen: ab 1679 (Lücken: 1727–1729)
Begräbnisse: ab 1679 (Lücken: 1727–1729)
Kommunikanten: ab 1876 (Lücken: 1688–1726)
Konfirmationen: ab 1680 (Lücken: 1696–1757)

Literatur

A: Brüning/Harnack/Weber, Friedhöfe, S. 30–35; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 235; Lucka, Denkmaltopographie Lkr. Uelzen, S. 114; Funke/Fricke, Pastoren KK Uelzen, S. 63–72; Mithoff, Kirchen und Kapellen Lüneburg, S. 367; Müller, Kirchenbauten, S. 93–95.

B: Geschichte der St. Petri-Kirche Bad Bodenteich [Broschüre]; Kirchenvorstand Bodenteich (Hg.): Die neue Hillebrand-Orgel der St.-Petri-Kirche in Bodenteich, [Bodenteich 1996].


Fußnoten

  1. Meyerholz, Geschichte.
  2. Sudendorf, UB I, Nr. 371.
  3. Sudendorf, UB V, Nr. 91.
  4. Lüneburger UB V, Isenhagen, Nr. 484.
  5. KABl. 1963, S14.
  6. LkAH, L 5e, unverz., Bodenteich, Visitation 1946.
  7. KABl. 1983, S. 4.
  8. Sudendorf, UB I, Nr. 371; bestätigt 1328 (Sudendorf, UB I, Nr. 444).
  9. Strasser, Glocken Uelzen II, S. 32.