Seit 1949 Bremische Ev. Kirche | Patrozinium: Martin Luther (seit 1983) | KO: Keine Kirchenordnung

Orts- und Kirchengeschichte

Die Ortschaft Blumenthal verdankt ihre Entstehung der im 13. Jh. von den Rittern von Oumünde am Zusammenfluss von Aue und Beke gegründeten Wasserburg Haus Blomendal (1305 abgebrochen, 1354 wieder errichtet), die Johann und Otto von Borgh 1436 mit Vogtei und Gericht an den Rat der Hansestadt Bremen verkauften. Die Landeshoheit fiel im Stader Vergleich 1654 an Schweden, 1712 an Dänemark und 1715 an Kurhannover. Seit etwa 1600 war Blumenthal Amtssitz, von 1885 bis 1932 Sitz des Landratsamts des Kreises Blumenthal. Am 1. November 1939 wurde es in die Hansestadt Bremen eingemeindet.
Die Kirche in Blumenthal, die in vorref. Zeit dem Archidiakonatssprengel des Bremer Dompropsts zugewiesen war, wurde 1522 zunächst luth. 1568 beschloss der Bremer Rat die Einführung des ref. Bekenntnisses. Da sich die luth. Gesinnten seither zur Kirche in Lesum hielten, erließ der Rat der Stadt 1663 ein Gebot, hinfüro der Kirche von Lesum sich zu enthalten.1 Im zweiten Stader Vergleich von 1741 verzichtete die Stadt Bremen auf die letzten administrativen Rechte in Blumenthal, behielt aber bis 1804 das Patronat über die (ref.) Kirche.
Nachhaltige Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur brachte die Industrialisierung im ausgehenden 19. Jh., hier namentlich die Gründung der Bremer Wollkämmerei 1883. Durch den Zuzug von Arbeitsmigranten aus Sachsen, Schlesien und Posen wuchs die Zahl der luth. Einwohner auf über 1.000 an. Ihre seelsorgerliche Betreuung übernahm zunächst P. Cuntz aus dem benachbarten Aumund. GD fanden um 1890 in einem Anbau von Haus Aumund statt, später auch in einer in Privatbesitz befindlichen Turnhalle und im Arbeiterheim der Wollkämmerei. Im Oktober 1892 trat ein Komitee für die Schaffung einer luth. Hilfspredigerstelle bei der ref. Gemeinde zusammen. Doch wurde das Ansinnen dort zunächst abgelehnt, da die Reformierten Ansprüche auf einen Teil des Kirchenvermögens und auf Mitbenutzung der Kirche fürchteten. Erst ab Mai 1897 konnten luth. GD in der ref. Kirche stattfinden. Mit P. Martin Peters wurde auch der erbetene luth. Hilfsprediger angestellt. Mit dem 1. August 1901 schieden die dem luth. Bekenntnis angehörenden Einwohner aus dem Bezirk der ref. KG Blumenthal aus und wurden zu einer besonderen ev.-luth. KG Blumenthal zusammengeschlossen.2 Der neu gebildete KV beschloss den Bau einer Kirche auf dem Lüssumer Feld. Den Entwurf lieferte Konsistorialbaumeister Karl Mohrmann (Hannover). Der Bau wurde durch die Bremer Wollkämmerei finanziell unterstützt und am 29. März 1903 eingeweiht.
Von 1907 bis 1927 bestand für die KG Aumund und Blumenthal eine gemeinsame Hilfspredigerstelle in Aumund-Fähr. 1909 gründete sich ein Jugendbund für Entschiedenes Christentum (EC), der 1911 bis 1924 im Konfirmandensaal des Pfarrhauses zusammentraf. Daraus hervorgegangen ist die Landeskirchliche Gemeinschaft (gegründet 1920), die enge Beziehungen zur KG unterhielt und ihre Tätigkeit auch auf benachbarte Ortschaften ausweitete. 1928 wurde mit dem Jugendheim in der späteren Besanstraße die erste Heimstätte für den Jugendbund EC eingeweiht.
Von 1916 bis 1920 war der spätere LSup. Johann Feltrup P. in Blumenthal. In die Amtszeit seines Nachfolgers Heinrich Karl Gerhard von Ancken (amt. 1920–1961) fiel die Phase des Kirchenkampfs. Von Ancken stand zwar den DC ablehnend gegenüber, bekannte sich aber auch nicht öffentlich zur BK. Sechs der NSDAP angehörende Kirchenvorsteher erklärten 1936 ihren Rücktritt. Die kirchliche Jugendarbeit wurde trotz Auflösung der kirchlichen Jugendgruppen fortgesetzt. Der 1925 gegründete Frauenverein schloss sich wohl 1933/34 der Ev. Frauenhilfe an. Nachdem Blumenthal schon 1939 politisch nach Bremen eingemeindet worden war, wurde zum 1. Januar 1949 auch die KG in die BEK umgegliedert. Sie bildet dort mit anderen umgegliederten Gemeinden einen luth. Gemeindeverband. Agende, Lektionar und Gesangbuch der hannoverschen Landeskirche sowie der Kleine Katechismus Luthers bleiben weiter in Gebrauch.3 Im November 1983 erfolgte die Umbenennung in „Evangelisch-lutherische Martin-Luther-Gemeinde in Bremen-Blumenthal“.

Umfang

Die Dörfer Blumenthal, Bockhorn, Fähr, Farge, Flethe, Hammersbeck, Lüssum, Rönnebeck und Schwankenforth sowie der Hof Wittenberg. Mit dem 1. September 1925 wurden die Ortsteile Alt-Fähr und Hammersbeck in die KG Aumund umgegliedert und der Grenzverlauf zwischen den beiden KG dem der zwischen den politischen Gemeinden angepasst.4 1955 wurde die bisher zu Blumenthal gehörige Paul-Gerhardt-KG in Rönnebeck-Farge (in der zum 1. Mai 1927 eine Pfarrkollaboratur und 1951 eine zweite Pfarrstelle eingerichtet worden war) verselbständigt, 1960 auch die KG Lüssum-Bockhorn (Gemeindezentrum 1959; 1977 weiter aufgespalten in die KG Bockhorn und Lüssum). – Die luth. Einwohner der sonst zur ev.-ref. KG Neuenkirchen gehörigen Ortschaften Rekum und Neuenkirchen wurden noch bis nach dem Zweiten Weltkrieg durch die KG Blumenthal mitbetreut.

Aufsichtsbezirk

Mit Errichtung der ev.-luth. KG zur Insp. (1924: KK) Lesum (1948 umbenannt in KK Osterholz-Scharmbeck). 1. Januar 1949 in die Bremische Ev. Kirche umgegliedert.

Kirchenbau

Historistischer Bau im Stil der späten norddeutschen Backsteingotik (1902/03). Hauptschiff unter hohem Satteldach, nach Süden hin um ein Nebenschiff unter vier Quersatteldächern erweitert. Östliches Giebeldreieck mit reichen Maßwerkblenden. Der Westgiebel wird von zwei kurzen Treppentürmen mit achtseitigem Turmaufsatz begleitet. Der Innenraum wird von einem Kreuzrippengewölbe geschlossen. L-förmige Empore. Aufwendig gestalteter Altarraum mit Wand- und Gewölbemalereien. Seit 1973 unter Denkmalschutz.

Fenster

Glasfenster von Heinz Lilienthal (1949).

Turm

Turm auf quadratischem Grundriss im Südosten, achtseitiger Spitzhelm.

Ausstattung

Ursprünglich Umgangsaltar (1973 verändert). Kanzel und Taufe aus Glasursteinmauerwerk.

Orgel

1903 Neubau durch P. Furtwängler & Hammer (Hannover), 22 II/P, pneumatische Traktur, Kegel- und Kastenladen. 1917 Ausbau der Prospektpfeifen und Abgabe zu Kriegszwecken (1924 ersetzt). 1964 Neubau durch Paul Ott (Göttingen), 24 II/P (HW, RP), mechanische Traktur, Schleifladen.

Geläut

Drei LG, I: g’ (zugleich Stundenglocke); II: h’ (Bronze, Firma Otto, Bremen-Hemelingen); III: cis’’ (Bronze, Firma Otto, Bremen-Hemelingen). – Früherer Bestand: Eine LG in as (Bronze, Gj. 1879, Dresden, stand 1923 zum Verkauf5)

Friedhof

Eigentum der KG; am Godenweg östlich des Stadtteils Blumenthal. FKap.

Liste der Pastoren (bis 1940)

1897–1900 Lic. Martin Georg Bernhard Peters. – 1900–1904 Julius Ernst Georg Walther Egebrecht. – 1904–1916 Johannes Wilhelm Martin Hops. – 1916–1920 Johann Anton Jodocus Feltrup. – 1920–Heinrich Karl Gerhard von Ancken.

Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 104

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 5 Nr. 586 (Spec. Landeskons.); A 6 Nr. 918–920 (Pfarrbestallungsakten).

Literatur

A: Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 50 f.; Heitmann, Bremische Kirche, S. 144 f.; Pape/Topp, Orgeln Bremen, S. 223 f.; Schomburg, Ortsverzeichnis Land Bremen, S. 6.
B: Heinz Tippenau: Lutheraner in Blumenthal. Geschichte einer Kirchengemeinde 1901–2001, Osterholz-Scharmbeck 2001.


Fußnoten

  1. Tippenau, S. 10.
  2. KABl. 1901, S. 40.
  3. KABl. 1948, S. 118–120
  4. KABl. 1925, S. 76.
  5. KABl. 1923, S. 87.