Sprengel Lüneburg, KK Soltau | Patrozinium: Antonius | KO: Lüneburger KO von 1643
Orts- und Kirchengeschichte
Dorf im alten Bardengau. Der Name erscheint erstmals 1193 mit dem gleichnamigen verdenschen Ministerialengeschlecht (de Biscopinge). Die Familie verkaufte den Besitz später mit allem Zubehör an Bf. Luder von Borch, der es 1244 dem von ihm gestifteten Kloster Steinbeck/Scharnebeck schenkte. Der Zehnte befand sich im Besitz der Pfarre1, die möglicherweise eine Stiftung des Klosters war.2 Die Landesherrschaft lag bei den Lüneburger Hzg. Bispingen gehörte bis zur Verwaltungsreform von 1852 zum Amt Winsen (Luhe) bzw. zur Vogtei Amelinghausen, dann zum Amt bzw. Kreis Soltau.
1292 wird mit dem plebanus in Bisoping Hermannus der erste Geistliche erwähnt.3 Am 14. Februar 1354 verkaufte der Rat zu Lüneburg dem Pfarrer zu Bispingen Hildebrand Fluteman ein Salzgut.4 Als gottesdienstliche Stätte diente bis Mitte des 14. Jh. wohl nur eine Holzkirche. Ein Neubau (die heutige Ole Kerk) entstand 1353. Für die Hand- und Spanndienste beim Bau gewährte Bf. Daniel von Verden einen 40tägigen Ablass.5
Seit 1527 betrieb Hzg. Ernst I., später der Bekenner genannt, die Einführung der Reformation im Fsm. Lüneburg. Das in diesem Jahr gedruckte Artikelbuch diente dabei, obwohl die Landstände es auf dem Landtag abgelehnt hatten, als Leitfaden.6 Als erster luth. Geistlicher wird 1543 Burchard Heymesoth genannt. 1668 wird eine Schule erwähnt. Das Pfarrhaus, ein heute denkmalgeschütztes Reetdachhaus, wurde 1760 errichtet. Die KG verfügte außerdem über ein Pfarrwitwenhaus, das später in Privathand veräußert und als Gasthof genutzt wurde.7
Seit Mitte des 19. Jh. stand die Gemeinde unter dem Einfluss der Erweckungsbewegung. Als die alte Kirche zu klein wurde, gab es 1888 erste Überlegungen für einen Neubau. Errichtet wurde er aber erst 1906/08 (Architekt: Eduard Wendebourg, Hannover). Die Ole Kerk wurde nach dem Umzug als Gemeindehaus und zuletzt Konfirmandensaal genutzt. 1973 wurde sie in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzt und dient seither wieder als Ort für festliche GD und seit 1994 auch für Veranstaltungen im Rahmen der Reihe „Sommermusik in Bispinger Kirchen“. Die Ole Kerk zählt zu jenen Kirchen, die am Tag seiner Einführung das Signet „Verlässlich geöffnete Kirche“ erhielten (6. Mai 2000, vergeben vom Kirchlichen Dienst für Freizeit, Erholung und Tourismus). Seit 2002 trägt sie offiziell die Bezeichnung Ole Kerk. Im gleichen Jahr gründete die Gemeinde die St.-Antonius-Stiftung. Ihr Zweck sind der Erhalt beider Pfarrstellen und die Förderung von Projekten im Bereich Kinder und Jugendarbeit, Kirchenmusik, Diakonie, kirchenkulturelle Arbeit, Kirchenbau und Erwachsenenbildung.
Pfarrstellen
I: Vorref. – II: 1. Januar 1974.8
Umfang
Die Dörfer Behringen, Bispingen, Borstel in der Kuhle, Ehrhorn, Einem, Hörpel, Hützel, Niederhaverbeck, Oberhaverbeck, Steinbeck, Steinkenhöfen, Volkwardingen und Wilsede mit den Höfen Grevenhof und Sellhorn. Mit dem 1. Februar 1953 wurde das Krankenhaus Wintermoor von Bispingen in die KG Schneverdingen umgepfarrt.9
Aufsichtsbezirk
Archidiakonat Bevensen der Diözese Verden. – Nach der Reformation zur Insp. Bardowick, 1737 Insp. Pattensen/ Winsen, deren Suptur. 1801 nach Salzhausen, 1822 wieder nach Pattensen verlegt wurde. 1868 (interimistisch) bzw. 1873 in die neu errichtete Insp. (1924: KK) Soltau umgegliedert.
Patronat
Der Landesherr (bis 1871).
Kirchenbau – Ole Kerk
Einschiffiger, gotischer Feldsteinbau (um 1353). 1581 Einbau einer kleinen hölzernen Westempore. Erweiterung 1587. Von den Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges blieb die Kirche verschont. Sie wurde 1647/48 umgebaut (u. a. Veränderung des Chors) und vergrößert. 1770 Renovierung. 1973 Gesamtrenovierung und Rückführung auf den Ursprungszustand.
Fenster
16 Buntglasfenster (Ostermorgen) des Künstlers Siegfried Steege aus Schwarmstedt (1973).
Turm
Freistehender hölzerner Glockenträger neben der Kirche (1908 abgebrochen).
Ausstattung
Schlichter, hölzerner Tischaltar. – Figur des heilige Antonius (undat., eventuell neugotisch, aus älterem Holz geschnitzt). – Ein gefasster Sakramentsschrank aus der Kirche in Bispingen mit der Darstellung zweier Engel mit Monstranz und der Verkündigung an Maria (niedersächsisch, vor 1354 oder erste Hälfte 15. Jh.) befindet sich im Museum August Kestner in Hannover (Inv.-Nr. Hist. Slg., 942, Landesgalerie Hannover).
Orgel
Eine 1978 erworbene Truhenorgel (3 I/–, mechanische Traktur, Schleiflade, Paul Ott, Göttingen) wurde 2014 nach Spanien verkauft. Seither nutzt die Gemeinde eine Digitalorgel (26 II/P).
Kirchenbau – St.-Antonius-Kirche
Neugotischer, durch Schrägstreben in vier Achsen gegliederter, zweizeilig durchfensterter Emporensaal aus Backstein mit eingezogenem querrechteckigem Chor, zusammen mit der Sakristei an der Südseite unter einem unsymmetrischen Dach (1908). U-förmige Empore. Über dem Mittelschiff eine flachbogige Brettertonne, die Seiten flachgedeckt. Sanierung 2009–11.
Fenster
Drei Ostfenster mit figürlichen Darstellungen (1908, Firma Henning & Andres, Hannover), triumphierender Christus im mittleren Fenster, in den beiden anderen jeweils ein Engel.
Turm
Querrechteckiger Westturm aus Feldsteinen (im Sockelgeschoss) und Backstein. Giebel mit Blendarkade. Satteldach und achtseitiger verschieferter Dachreiter mit Bekrönung aus Hahn, Kreuz und Kugel.
Ausstattung
Blockaltar mit farbig gefasstem neugotischem Retabel, darin ein Altarbild mit dem Gekreuzigten (von Julius Rudolf Oeltzen aus Hannover, 1859), das aus der alten Kirche übernommen wurde. – Farbig gefasste Kanzel, Spätrenaissance, ebenfalls aus der alten Kirche (1648, 1912 verändert). – Bronzetaufe auf drei Trägerfiguren (1406), umlaufende Inschrift in gotischer Minuskel.
Orgel
1908 Neubau durch Firma G. F. Steinmeyer (Oettingen), 17 II/P, pneumatische Traktur, Taschenladen. 1974 neue Orgel, erbaut von Firma Paul Ott (Göttingen), 22 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen; Instrument seit 1970 im Bau, ursprünglich für Klosterkirche Lilienthal bestimmt, konnte dort nicht aufgebaut und daher günstig für Bispingen erworben werden.10
Geläut
Drei LG, I: f’, Abend- und Sterbeglocke, Inschrift: „Herr, bleibe bei uns, denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneiget“ (Lk 24,29); II: g’, Bet- und Mittagsglocke, Inschrift „Verleih uns Frieden gnädiglich, Herr Gott, zu unsern Zeiten“; III: b’, Tauf- und Morgenglocke, Inschrift: „Fülle uns frühe mit deiner Gnade, so wollen wir rühmen und fröhlich sein unser Leben lang“ (Ps 90,14), (alle Bronze, Gj. 1966, Friedrich Wilhelm Schilling, Heidelberg). – Früherer Bestand: Beim Neubau 1908 erhielt die Kirche drei neue Bronzeglocken, gegossen von Franz Schilling (Apolda), I: es’, Inschrift: „Ehre sei Gott in der Höhe“, II: g’, Inschrift: „Friede auf Erden“, III: b’, Inschriften: „Und den Menschen ein Wohlgefallen“ und „Franz Schilling in Apolda goss mich.“; I und II im Ersten Weltkrieg abgeliefert, III im Zweiten Weltkrieg (1942). 1925 beschaffte die KG als Ersatz zwei Stahlglocken, geliefert von Schilling (Apolda), I: e’, Inschriften: „Was Kriegsnot begehrt und hinweggerafft, hat der Gemeinde Liebe neu angeschafft. Nun schallt meine Stimme so rein und hehr hinaus in die Heide zu Gottes Ehr“ und „Der Kirchenvorstand Walter Stalmann, Pastor. Hermann Bischoff, Carl Rüter, Heinrich Carstens, Heinrich Bockelmann, August Albers, Heinrich Gellersen. 1925“; II: gis’.11 Glocken 1966 durch heutiges Geläut ersetzt; eine der Stahlglocken kam in die FKap in Behringen, die zweite wurde an Ohlendorf bei Winsen (Luhe) abgegeben.
Friedhof
Eigentum der KG. Ursprünglich rund um die Ole Kerk. 1854 Friedhof an Borsteler Straße eingeweiht (Ole Kerkhoff). 1914 KV-Beschluss zur Anlage des heutige Friedhofs am südlichen Ortsausgang (Töpinger Straße), FKap (Bj. 1957).
Liste der Pastoren (bis 1940)
1543 Borchardus Heimsoth. – 1553–1573 (?) Johann Plötzker. – 1573 (?)–1574 Dionysius Winter. – 1574–1586 Johann Fricke. – 1587–1598 Mauritius Engelbrecht. – 1598–1627 Bartholdus Cornicius. – 1627–1648 Johannes Cornicius. – 1649–1684 Johannes Wiegers. – 1682–1684 Leonhard Joachim Wiegers. – 1684–1699 Johannes Quante. – 1700–1710 Friedrich Julius Gerding. – 1710–1726 Johannes Falkenhagen. – 1726–1751 Johann Michael Pflug. – 1752–1754 Johann Eberhard Spange. – 1755–1771 Christoph Heinrich Küchenthal. – 1771–1793 Dietrich Gottlieb Borns. – 1794–1810 Johann Heinrich Kunze. – 1811–1840 Johannes Müller. – 1840–1841 Karl Adolf Görtz. – 1841–1852 Heinrich Christian Ludwig Weyhenke. – 1852–1860 Christoph Friedrich Julius Wilhelm Bäthgen. – 1861–1883 Johann Friedrich Karl Naumann. – 1884–1898 Georg August Wilhelm Jacobi. – 1899–1907 Dietrich Karl Wilhelm Gottfried Wentz. – 1907–1914 Hermann Georg Adolf Braß. – 1914–1927 Walter Alwin Theodor Stalmann. – 1928–1953 Friedrich Heinrich Wilhelm Peters.
Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 98
Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)
A 1 Nr. 1087–1104 (Pfarroffizialsachen); A 5 Nr. 823, 826 und 830 (Spec. Landeskons.); A 6 Nr. 849–856 (Pfarrbestallungsakten); A 9 Nr. 227, 228, 229, 230 (Visitationen).
Kirchenbücher
Taufen: ab 1683
Trauungen: ab 1682
Begräbnisse: 1682
Kommunikanten: ab 1794 (Lücken: 1872–1875, 1899–1904)
Konfirmationen: ab 1772 (Lücken: 1828, 1829, 1832, 1833, 1835, 1875)
Literatur & Links
A: Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 226; Pantel, Denkmaltopographie Lkr. Soltau-Fallingbostel, S. 136–139; Hahn, Heidekirchen, S. 59 und 119.
B: Ev.-luth. St. Antonius-Kirche Bispingen (1908), hrsg. vom Kirchenvorstand der Ev.-Luth. St. Antonius-Kirchengemeinde Bispingen [Bispingen 2008] [Digitalisat]; Ole Kerk zu Bispingen. Eine kleine Chronik zum 650-jährigen Jubiläum, [Bispingen 2003]; Christa Dittmer: Ole Kerk & St. Antonius-Kirche Bispingen, [Bispingen 2014, 2. Aufl.]; Salfeld: Zum 600-jährigen Geburtstag der alten Kirche zu Bispingen, [Soltau 1953].
Bildindex der Kunst & Architektur: Ole Kerk, Neue Kirche, Taufe, Glocke III von 1908
Website der Kirchengemeinde (21.12.2018)
Fußnoten
- Manecke, Beschreibungen I, S. 278 f.
- Kayser, Kirchenvisitationen, S. 523, Anm. 1160.
- Hammerstein-Loxten, Bardengau, S. 449.
- Lüneburger UB XVII, Celle, Nr. 23.
- UB Verden II, Nr. 711.
- Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 6,1, S. 484 und 492 ff.; Jacobi, Landtagsabschiede, S. 145 f. (Abschnitt 20).
- Mittlerweile abgerissen; stattdessen wurde ein Fachwerkhaus errichtet (Hotel und Café).
- KABl. 1974, S. 38.
- KABl. 1953, S. 33.
- St. Antonius-Kirche, S. 20.
- St. Antonius-Kirche, S. 16. Der Glockenrevisor gab in seinem Gutachten vom 11.06.1959 als Gießerei den Bochumer Verein an, LKA, G 9 B/Bispingen, Bd. I, Bl. 6.