Frühere Gemeinde | KapG der KG Kirchdorf | Sprengel Hannover, KK Ronnenberg | Patrozinium: kein mittelalterliches Patrozinium bekannt1 | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Urkundlich ist das Dorf erstmals als Langrothere in einer undatierten Urkunde erwähnt, die zwischen 1121 und 1140 (vielleicht zwischen 1121 und 1127) ausgestellt wurde.2 Weitere Belege stammen aus dem 13. Jh.: um 1250 Ekbert von Langredere und 1278 Lancredere.3 Das Dorf lag im sächsischen Marstemgau und zählte später zum Go Gehrden, der im 12. Jh. Teil des Herrschaftsbereichs der Gf. von Roden war.4 Im 13. Jh. kam das Gebiet an die Gf. von Schauenburg (später Schaumburg), im 14. Jh. an die welfischen Hzg. zu Braunschweig-Lüneburg. Seit 1432 gehörte Langreder zum welfischen Teilfsm. Calenberg (1495: Fsm. Calenberg-Göttingen, 1692: Kfsm. Braunschweig-Lüneburg bzw. Kurhannover) und dort zur Großvogtei bzw. zum Amt Calenberg.5 Von 1810 bis 1813/14 zählte Langreder zum Kanton Gehrden im Distrikt Hannover des Allerdepartements im französischen Satellitenkgr. Westphalen. Danach gehörte das Dorf, nun im Kgr. Hannover, zunächst wieder zum Amt Calenberg und ab 1817 zum neuen Amt Wennigsen. Mit der Annexion des Kgr. Hannover fiel Langreder 1866 an das Kgr. Preußen. Seit Einführung der Kreisverfassung 1885 gehörte der Ort zum Lkr. Linden, ab 1932 zum Lkr. Hannover und ab 2001 zur Region Hannover. 1974 wurde Langreder in die Stadt Barsinghausen eingemeindet. Seit 1899 besaß Langreder einen Bahnhof (Straßenbahnlinie 10 Hannover–Barsinghausen; Strecke 1961 stillgelegt). Um 1813 lebten gut 320 Menschen in Langreder, 2019 etwa 1.000.
Kirchlich gehörte Langreder bereits in vorref. Zeit zur Parochie Kirchdorf. Das älteste Zeugnis der örtlichen Kirchengeschichte ist der Taufstein, der auf die Zeit um 1100 datiert wird; er wurde 1921 unter dem Fußboden der Kapelle gefunden und diente ursprünglich wohl als Weihwasserbecken.6 Ein eigenes Gotteshaus besaß das Dorf nachweislich im späten 13. Jh.: Im Jahr 1294 schenkte Artestus von Goltern das Patronatsrecht über die Langrederer Kirche dem Stift Wunstorf. Weil sich damit sein Kirchspiel verkleinerte, sollte der Kirchdorfer Pfarrer eine Entschädigung erhalten. Möglicherweise kam die Schenkung nicht zustande oder wurde rückgängig gemacht, denn später zählte Langreder wieder zur Parochie Kirchdorf.7 Ebenfalls aus vorref. Zeit stammt die kleine Glocke der Kapelle, gegossen vermutlich im 14. Jh.
Zusammen mit seiner Muttergemeinde wechselte die filia Langreder 1542 zur luth. Lehre als Hzgn. Elisabeth von Calenberg-Göttingen († 1558) die Reformation im Fsm. Calenberg einführte.8 Im Protokoll der Kirchenvisitation 1542/43 ist die Capellen zu Lanckreder erwähnt; an Cleinodia besaß die Kapelle einen Kelch.9 Mit Küster und Schulmeister Heinrich Sander ist 1660 erstmals ein Lehrer in Langreder nachgewiesen.10 Vor 1734 schenkte der Langrederer Licentschreiber und Gastwirt Henrich Rappen, ein Katholik, der Kapelle einen gotischen Schnitzaltar, den er der Gemeinde Völksen abgekauft hatte; das Flügelretabel befindet sich bis heute in der Kapelle.11
In der ersten Hälfte des 19. Jh. hielt der Kirchdorfer Pfarrer an jedem ersten Sonntag im Monat einen Nachmittagsgottesdienst in der Kapelle Langreder und dreimal pro Jahr einen Vormittagsgottesdienst.12 P. Friedrich Dahl (amt. 1930–1949) gab in den Unterlagen zur Visitation 1935 an, er halte in Langreder pflichtgemäß jährlich einen Hauptgottesdienst (Sonntag vor oder nach dem Martinstag) sowie zwei Abendmahlsgottesdienste an einem Wochentag (Gründonnerstag, um den Johannistag), überdies freiwillig Gottesdienste an Heiligabend, Silvester und während der Passionszeit.13 In der Nachkriegszeit kamen weitere Gottesdienste hinzu: an allen hohen Festtagen, an Himmelfahrt, an Erntedank und von März bis Advent wenigstens ein monatlicher Sonntagsgottesdienst.14
Die Zahl der Gemeindeglieder in Langreder lag 2015 bei rund 515. Zum 1. Januar 2023 löste sich die KapG Langreder auf. Rechtsnachfolgerin ist die KG Kirchdorf, die Gleichzeitig den Namen „Ev.-luth. Heilig-Kreuz-KG Kirchdorf-Langreder“ annahm.15

Kapellenbau

Kleiner Rechteckbau. Satteldach. Verputztes Bruchsteinmauerwerk, an der Westseite zwei geböschte Stützpfeiler. Nach Süden zwei Rechteckfenster mit Sandsteinlaibungen, nach Norden eines; an den Giebelseiten je ein Halbkreisfenster mit Sandsteinlaibung, Rechteckportal nach Westen. Im Innern holzverschaltes Tonnengewölbe; Westempore. 1630 Kapelle erbaut oder erneuert (laut CB von 1734 stand die Jahreszahl 1630 neben der Eingangstür).16 1840 Uhr vorhanden.17 1854–58 Umgestaltung Innenraum, u. a. neue Emporenbrüstung, Altar zu Kanzelaltar umgebaut. 1959–61 Renovierung, u. a. Kanzel aus Altar entfernt. 1977–79 Jahre Renovierung, u. a. neuer Außenputz, Decke neu gestrichen (vorher blau). 1992 Sanierung, u. a. Putz erneuert (Entfernen des alten Putzes in Eigenarbeit).

Fenster

Im Nordfenster figürliches Glasbild (um 1900), Pelikan mit Jungen, umgeben von Dornen, ursprünglich im Ostfenster, 1979 versetzt. Im Osten abstraktes Buntglasfenster (1979, Entwurf: Maria Katzgrau, Aachen; Ausführung: Glasmalerei Dr. Heinrich Oidtmann, Linnich).

Turm

Über dem Westgiebel vierseitiger, offener Dachreiter mit kupfergedecktem, viertseitigen Pyramidenhelm, bekrönt mit Kugel, Kreuz und Wetterhahn. 1992 neuer Wetterhahn.

Ausstattung

Blockaltar (um 1979), Stipes aus Sandsteinquadern, Sandsteinplatte als Mensa. – Geschnitztes Flügelretabel (zwischen 1493 und 1505, dendrochronologische Datierung), Schrein farbig gefasst (rot, blau, ocker), Figuren und Reliefs holzsichtig; im Mittelfeld figurenreiche Kreuzigungsszene, rechts und links davon je zwei übereinander angeordnete Heiligenfiguren (Georg, Petrus, Katharina, Paulus); im linken und rechten Flügel jeweils vier Szenen der Passionsgeschichte, in zwei Reihen angeordnet (links: Gethsemane, Gefangennahme Christi, Christus vor Pilatus, Kreuztragung; rechts: Kreuzabnahme, Grablegung, Christus in der Vorhölle, Auferstehung); auf den Außenseiten der Flügel Gemäldereste (links: Mariä Verkündigung; rechts: Engel der Verkündigung); in der Predella modernes Gemälde (2004, Michael Triegel, Leipzig), Acryl auf Platte, das Gemälde „greift die Thematik des Abendmahls in beiderlei Gestalt unter Berücksichtigung des Luthergedankens von Gesetz und Evangelium auf“18; Retabel befand sich ursprünglich in der Kirche in Völksen, vor 1734 erwarb der Gastwirt Henrich Rappen das Retabel und schenkte es der Kapelle Langreder19; Retabel 1961 restauriert (ältere Farbfassungen entfernt, Reliefs und Figuren grau-grün lasiert, Schreinhintergrund neu vergoldet); Retabel 2001–2004 restauriert (Lasur entfernt, Fassungsreste retuschiert, Pupillen monochrom angelegt „zur Steigerung von Lebendigkeit und Ausdruck“, Schreinhintergrund mit Azurit lasiert).20 Lesepultartige Kanzel (zweite Hälfte 20. Jh.). – Taufe (um 1100), zylindrisches Becken mit reliefierten Wandungen (rundbogige Arkaden mit verknoteten Schlangen), kurzer Säulenschaft, vierseitiger Sockel (modern); Becken 1921 aufgefunden („ein ehemaliges Weihwasserbecken, das bei der Renovierung der Kapelle im Jahr 1921 aus dem Boden unter dem Gestühl ausgegraben wurde“).21 – Außen: An der Ostseite Denkmal für die in den beiden Weltkriegen getöteten Gemeindeglieder (1922 und 1955), Inschrift: „1914–1918. 1939–1945. Dem Andenken ihrer Gefallenen Söhne. Die Gemeinde Langreder“; ursprünglich Ädikulaform, nach dem Zweiten Weltkrieg um zwei Seitenflügel ergänzt.22 – Ehemalige Ausstattung: Leicht erhöhte Holzkanzel mit polygonalem Kanzelkorb.

Orgel

1906 oder 1907 Harmonium angeschafft. 1967 Orgelpositiv, erbaut von Ludwig Hoffmann (Betheln), 3 I/–, mechanische Traktur, Schleifladen.

Geläut

Eine LG, as’’ (Bronze, Gj. 14. Jh.), ohne Inschrift.

Friedhof

Ehemaliger Friedhof bei der Kapelle. Kirchlicher Friedhof am nordwestlichen Ortsrand, angelegt 1874, zweitweise in kommunaler Trägerschaft, seit 1992 wieder in kirchlicher Hand23, FKap (Bj. um 1969/70).

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 6508–6509 (Pfarroffizialsachen); E 5 Nr. 647 (Konsistorialbaumeister); L 5a Nr. 226 (LSuptur. Calenberg-Hoya mit Verden-Hoya und Celle); S 11a Nr. 7267 (Findbuch PfA).

Literatur & Links

A: Gemeindebuch KK Ronnenberg, S. 34–36; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 827; Hannig, Denkmaltopographie Lkr. Hannover, S. 192–193; Holscher, Bisthum Minden, S. 216; Ohainski/Udolph, Ortsnamen Hannover, S. 276–278; Piper, Glocken und Orgeln, S. 70; Wolff, KD Lkr. Hannover und Linden, S. 93–94.

B: 900 Jahre Langreder. Betrachtungen zu Ort und Geschichte, hrsg. vom Arbeitskreis Chronik 900 Jahre Langreder, Barsinghausen 2023, bes. S. 38–47; Wolfgang W. Ewig: Die Besitzer der alten Höfe und Häuser in Langreder von 1592 bis in die Gegenwart, Barsinghausen 2020; Wolfgang W. Ewig: Das Kriegerdenkmal an der Kapelle in Barsinghausen-Langreder, [Barsinghausen 2016]; Wolfgang W. Ewig: Die Kapelle zu Langreder (Sonderveröffentlichung des Vereins für Orts- und Familienkunde e. V. 45), Barsinghausen 1998; Wolfgang W. Ewig: Die Besitzer der Rittergüter I. und II. in Langreder, Barsinghausen 1996; Thomas Kräckel-Hansum: Die Restaurierung des gotischen Wandelaltars in der Kapelle zu Langreder, in: Berichte zur Denkmalpflege in Niedersachsen 25 (2005), S. 81–83; Helmut Steinert: Das Findbuch zu den alten Akten der Ortschaft Langreder (= Mitteilungen zur Geschichte der Stadt Barsinghausen und ihrer Ortsteile 3), Barsinghausen 1986.

Internet: Denkmalatlas Niedersachsen: Kapelle.


Fußnoten

  1. Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien I, S. 206.
  2. Würdtwein, Subsidia VI, Nr. 106 [Digitalisat]. Zur Datierung: 900 Jahre, S. 10 f.
  3. Dobbertin, Hisse, S. 185, Anm. 85. Cal. UB IX, Wunstorf, Nr. 16. Zum Ortsnamen und für weitere Belege vgl. Ohainski/Udolph, Ortsnamen Hannover, S. 276 f.
  4. Vgl. zum Folgenden Spieß, Calenberg, S. 10 ff. und S. 57 ff.
  5. Zur Teilung von 1432 vgl. Pischke, Landesteilungen, S. 137 ff.; das 1432 entstandene Fürstentum hatte zunächst keinen Namen und hieß erst später Calenberg.
  6. LkAH, L 5a, Nr. 226 (Visitation 1948).
  7. Holscher, Bisthum Minden, S. 210; Dolle, Klosterbuch III, S. 1581. Den 1333 urkundlich genannten Lambertus in lancredere (Cal. UB VI, Marienwerder, Nr. 132), bezeichnet Holscher, Bisthum Minden, S. 216, als plebanus; die Passage in der Urkunde lautet allerdings Rodolfo plebano in gerdene domino johanne viceplebano in leueste, lamberto in lancredere ac rabodone de hareboldessen militibus, bei Lambertus handelt es sich also wahrscheinlich um einen Ritter.
  8. Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 6,1, S. 708 ff.; Butt, S. 47 ff.
  9. Kayser, Kirchenvisitationen, S. 414.
  10. 900 Jahre, S. 42.
  11. 900 Jahre, S. 42 f. Henrich Rappen hatte 1717 die ev. Müllerstochter Marie Elisabeth Stemme geheiratet und verstarb 1736; der Altar und Schenkung sind im CB von 1734 erwähnt.
  12. 900 Jahre, S. 44.
  13. LkAH, L 5a, Nr. 226 (Visitation 1935).
  14. LkAH, L 5a, Nr. 226 (Visitation 1948).
  15. KABl. 2022, S. 166 f.
  16. 900 Jahre, S. 43.
  17. 900 Jahre, S. 44.
  18. Kräckel-Hansum, S. 82.
  19. 900 Jahre, S. 43.
  20. Ausführlich: Kräckel-Hansum, S. 81 ff.
  21. LkAH, L 5a, Nr. 226 (Visitation 1948).
  22. Ausführlich: Ewig, Kriegerdenkmal, S. 6 ff.
  23. 900 Jahre, S. 45; LkAH, S 09 rep, Nr. 1535.