Sprengel Ostfriesland-Ems, KK Harlingerland | Patrozinium: Georg | KO: Ostfriesische KO von 1716
Orts- und Kirchengeschichte
Die ursprüngliche Warftsiedlung im Wattenmeer rückte erst mit der Eindeichung des nördlichen Harlingerlandes ins Binnenland. Der heute an der Ostgrenze des Harlingerlandes gelegene Ort wird 1124 als villa Anaclingun in einer päpstlichen Urkunde über die Bestätigung der Rechte und Besitzungen des Klosters Rastede erwähnt. Im Ksp. muss es ein oder mehrere Häuptlingsfamilien gegeben haben, über die aber keine Nachrichten vorliegen. Auf der Kirchwarft sind Spuren eines noch im 15. Jh. bewohnten festen Hauses nachgewiesen.1 Eggelingen teilte später die Geschichte des Harlingerlandes und kam 1582/1600 mit diesem an die Gft. Ostfriesland, 1744 an Preußen, nach dem napoleonischen Intermezzo 1815 an das Kgr. Hannover (Amt Wittmund) und 1866 wieder an Preußen. Seit 1972 ist es Ortsteil der Einheitsgemeinde Wittmund.
Das auf einer Warft am östlichen Ortsrand gelegene KGb wird auf das 14. Jh. datiert. Offenbar bestand bereits ein Vorgängerbau, denn schon 1258 wurde die Kirche in Eggelingen durch den Bremer Domdekan in Vertretung des Domscholasters dem Hayo Olericus de Geverde (Jever) zugesprochen.2 Als weitere vorref. Geistliche sind belegt: Volkmarus (1479/86); Ryckel Heryghes (1513) und Ehr Rickel (1541).
Als erster luth. P. wird der bis 1576 amtierende Hajo Eibo Mamäus geführt. P. Albert Heinaeus (amt. 1656–1658) veröffentlichte mehrere theologische Schriften. P. Bernhard Peter Karl (amt. 1719–1723) war Vertreter der Aufklärung und wurde vom Konsistorium zeitweilig seines Amtes entsetzt. Zu P. Johann Georg Gerdes (amt. 1807–1825) vgl. Esens. Sein Nachfolger Rudolph Christoph Gittermann (amt. 1825–1848), der wiederum der Aufklärungstheologie nahestand, tat sich als vielseitiger Schriftsteller und Verfasser theologischer, historischer und geographischer Werke hervor und gründete in seinem Haus eine Privatschule für die männliche Jugend.3
Mit dem 1. Juli 1978 wurde die KG Eggelingen mit der St.-Nicolai-KG in Wittmund pfarramtlich verbunden.4
Umfang
Die Dörfer Barums, Eggelingen, Toquard und Warfen; die Höfe Greehörn, Harringhausen, Itzhausen, Schepershausen, Schluis, Schluisweg, Schmackens und Türkei. In einem Streit zwischen den Ksp. Eggelingen und Wiefels um die Zugehörigkeit der Bauerschaft Scheperhusen wurde Scheperhusen 1479 (1486) Eggelingen zugesprochen.
Aufsichtsbezirk
Archidiakonat des bremischen Domscholasters (Sedes Wittmund). – Von 1631 bis 1643 unterstand die KG dem luth. Coetus in Esens und ab 1643 unmittelbar dem luth. Konsistorium in Aurich. Mit Erlass der ostfriesischen Insp.-Ordnung von 1766 zur 8. luth. Insp. mit Sitz in Wittmund (zwischen 1804 und 1818 geändert zu: 9. luth. Insp.), ab 1924 KK Wittmund (1. Januar 1974 mit dem KK Esens zum KK Harlingerland vereinigt).
Patronat
Der Landesherr (bis 1871).
Kirchenbau
Rechteckige, romanische Saalkirche aus Ziegelsteinmauerwerk auf einem Fundament aus Granitwerksteinen, ursprünglich mit halbrunder eingezogener Ostapsis. Die Bauzeit ist unsicher und wird auf das 13. oder 14. Jh. angegeben. 1836 stürzte die Kirche bei einem Orkan teilweise ein. Wiederaufbau 1837 mit verkürzten Wänden, neuen Fenstern und geradem Ostschluss ohne Apsis. Anstelle der bisherigen Giebel erhielt der Bau ein Walmdach. Von 1837 stammt auch das neugotische Portal in der Westwand. Der Innenraum wird von einer Holzbalkendecke geschlossen. Orgelempore auf der Westseite.
Turm
Südwestlich der Kirche ein freistehender, zweigeschossiger, walmdachgedeckter Glockenturm des geschlossenen Typs (1989/90 saniert).
Ausstattung
Massiver Altarunterbau mit dreigeschossigem, hölzernem Barockaufsatz (1659), wahrscheinlich aus der Werkstatt von Jacob Cröpelin (Esens). Dargestellt sind Abendmahl, Kreuzigung und Grablegung; an den Seiten die Figuren der vier Evangelisten. An der Südwand der Kirche befand sich früher ein von einem Bauern gestifteter Seitenaltar. –Fragmentarisch erhaltene Taufe des westfälischen Typs aus Baumberger Sandstein (Mitte 13. Jh.), auf den Wandungen Szenen aus der Kindheit Jesu (Anbetung der Drei Könige, Flucht nach Ägypten). – Kreuzigungsrelief mit Inschrift (1567). – Zwei Grabplatten (16. Jh.).
Orgel
1767–71 Neubau von Hinrich Just Müller (Wittmund). 1836 beim Einsturz des Kirchendachs zerstört. 1843–46 Neubau von Gerd Sieben Janssen (Aurich) unter Verwendung erhaltener Teile (Keilbälge) des Vorgängerinstruments. 1904 Umbau durch Johann Martin Schmid (Oldenburg i. O.). Die Prospektpfeifen wurden im Ersten Weltkrieg ausgebaut. 1956 Instandsetzung und Einbau neuer Prospektpfeifen aus Zink durch Firma Alfred Führer (Wilhelmshaven). 1999 Restaurierung durch Firma Alfred Führer (Wilhelmshaven), 8 (10) I/aP, mechanische Traktur, Schleifladen.
Geläut
Eine LG in e’ (Bronze, Gj. 1830, Mamaeus Fremy, Burhafe) – Früherer Bestand: Die älteste bekannte Glocke aus Eggelingen wurde 1461 gegossen (sogenannte Marienglocke) und 1540 als Kriegsbeute nach Jever verbracht, wo sie sich noch heute befindet. 1608 goss Peter Melchior sen. (Husum) eine weitere Glocke (Umguss einer älteren), die nach Zerspringen 1830 zur heutigen Glocke umgegossen wurde.
Weitere kirchliche Gebäude
Pfarrhaus (Bj. 1827). – Küsterhaus (Bj. 1899), bis Ende der 1960er Jahre von der politischen Gemeinde als Schulhaus mit Lehrerwohnung genutzt, danach zum Gemeindehaus umgebaut.
Friedhof
Eigentum der KG. Auf dem Kirchhof.
Liste der Pastoren (bis 1940)
Bis 1576 Hajo Eibo Mamäus. – 1576–1613 Ludolph Blanke. – 1618–1623 Magister Johann Oldewelt. – 1629–1637 Gellius Foccius Roeling. – Um 1640 Henricus Welberus. – 16.. –1656 Johann Cramer. – 1656–1658 Magister Albert Heinäus. – 1658–1678 Johann Conrad Wagner. – 1679–1713 Christoph Molitz. – 1714–1719 Heinrich Friedrich Eiben. – 1719–1723 Magister Peter Bernhard Karl. – 1723–1750 Ephraim Andreae. – 1750–1783 Diedrich Ludwig Goedeken. – 1783–1805 Gerhard Julius Leiner. – 1807–1825 Johann Georg Gerdes. – 1825–1848 Dr. Rudolph Christoph Gittermann. – 1849–1864 Conrad Hemken. – 1865–1885 Friedrich Wilhelm Heinen. – 1886–1900 Enno Heinrich Budde. – 1901–1918 Gerhard Christoph Hermann Beckmann. – 1922–1939 Gerhard Johann Benno Behnen.
Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 230–231
Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)
A 5 Nr. 928 und 931 (Spec. Landeskons.); A 6 Nr. 2015–2021 (Pfarrbestallungsakten); A 8 Nr. 112 (CB); A 12 d Nr. 450(GSuptur. Aurich); D 57 (EphA Wittmund).
Kirchenbücher
Taufen: ab 1651 (unvollständig: 1657)
Trauungen: ab 1652 (Lücken: 1657)
Begräbnisse: ab 1651 (Lücken: 1657)
Kommunikanten: ab 1765
Konfirmationen: ab 1876
Literatur
A: Orgelstadt Aurich, S. 81–83; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 423; Kaufmann, Orgeln Ostfrieslands, S. 96 f.; Meinz, Sakralbau Ostfriesland, S. 126; Mithoff, Kunstdenkmale VII, S. 56 f.; Müller-Jürgens, Vasa sacra, S. 56 f.; Noah, Kirchen Harlingerland, S. 84–90; Rogge, Kirchen, S. 61.
B: Harald Iderhoff und Eduard Ahrends: Dorfchronik Eggelingen, o. O. [1992]; Ingeborg Nöldeke: Spuren aus der Zeit vor der Reformation in der St.-Georgs-Kirche in Eggelingen, in: Harlinger Heimatkalender 2013, S. 43–48; Upte Siuts: Die Familien der Kirchengemeinde Eggelingen (1651–1920) (= Ostfrieslands Ortssippenbücher 54), Aurich 1989.
Weitere Bilder
Website der Kirchengemeinde (23.12.2018)